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- Bereits kleinere Brände in einer Industriehalle können zu erheblichen Schäden durch eine Rauchbeaufschlagung führen, wenn das Brandschutzkonzept lediglich die Mindestschutzziele der Bauordnung erfüllt.
- Schon sehr geringe Mehrkosten für eine qualifizierte Rauch- und Wärmeabzugsanlage können dies ändern und bei einem Brand Leben und Unternehmen retten.
- Qualifizierte Rauch- und Wärmeabzugsanlagen begrenzen das Brandereignis, ermöglichen eine schnelle thermische Entlastung, unterstützen die Selbst- und Fremdrettung, erlauben den gezielten Löschangriff und verringern die Brandfolgeschäden. Die Gefahr von Lieferausfällen und Kundenverlusten wird so verringert und das Risiko einer Insolvenz reduziert.
Üblicherweise werden Brandschutzkonzepte lediglich auf die Mindestschutzziele der Bauordnung zur Erlangung einer Baugenehmigung ausgelegt. Doch bereits kleinere Brände in einer Industriehalle können zu erheblichen Schäden durch eine Rauchbeaufschlagung führen.
Hier zahlt sich die Investition in eine qualifizierte Rauch- und Wärmeabzugsanlage (RWA) aus, die nach den Vorgaben von DIN 18 232-2 (natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (NRA)) projektiert ist. Eingebaut im Dach oder oberen Wandbereich leiten sie Rauch, Hitze und giftige Brandgase durch thermischen Auftrieb ins Freie. Beim Rauchschutz geht es aber nicht allein um den Schutz von Gebäuden und Maschinen. Schon wenige Atemzüge in einem verrauchten Raum können tödlich enden.
Das folgende Beispiel zeigt anhand dreier typischer Brandverläufe mit und ohne RWA die unterschiedlichen Schadenausmaße in einer 3000 m2 großen Industriehalle mit Bau- und Einrichtungskosten in Höhe von 6 Mio. Euro. Halle 1 verfügt in dem Szenario über keine qualifizierte RWA. Halle 2 dagegen ist mit qualifizierter RWA ausgestattet. In Halle 3 ist zusätzlich zur qualifizierten RWA eine Sprinkleranlage eingebaut. Bei der Rauchentwicklung in den drei Hallen zeigen sich erhebliche Unterschiede.
Halle 1: Totalverlust ist beinahe unvermeidbar
Brandrauch strömt naturgemäß zunächst in den oberen Raumbereich. Halle 1 ist ohne qualifizierte Rauchabzugsanlage, aber gemäß den Mindestanforderungen der Muster-Industriebaurichtlinie gebaut. In ihr breitet sich der Rauch bereits nach fünf Minuten in großen Teilen des Raumes aus, da er über unqualifizierte Rauchableitungsöffnungen nur teilweise entweichen kann.
Menschen, die sich jetzt noch im Inneren des Gebäudes aufhalten, verlieren die Orientierung. Das gilt gleichermaßen für die Mitarbeiter, als auch für Feuerwehrleute. Später eintreffende Rettungskräfte können wegen der starken Rauchentwicklung meist nur noch von außen eingreifen. Aus der Halle retten können sie dann niemanden mehr. Außerdem zerstört die Rauchbeaufschlagung vorhandene Technik und weiteres Inventar.
Eine halbe Stunde nach Ausbruch des Brandes erreichen die tragenden Bauteile durch die heißen Gase ihre Standfestigkeitsgrenze. Es besteht akute Einsturzgefahr: Ein Totalschaden des Gebäudes und seiner Einrichtung wäre die Folge. Bei Betrachtung des Gebäudes nach 24 Stunden sind die tragenden Teile und Bereiche der Dachkonstruktion mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest teilweise eingestürzt, verletzte Personen oder sogar Tote sind zu erwarten.
Hinzu kommt häufig eine hohe Belastung der Umwelt rund um die Halle. In vielen Fällen droht dem Unternehmen wegen des lang anhaltenden Lieferausfalls der Verlust von Kunden und dadurch auf längere Sicht die Insolvenz.
Halle 2: Effektiver Löscheinsatz dank raucharmer Schicht
Über den eingebauten Rauchabzug in Halle 2 entweicht bereits in der Brandentstehungsphase ein Großteil des Rauchs über die Abzüge im Dach. Rauchschürzen verhindern die seitliche Rauchausweitung.
Durch die nachströmende Luft bildet sich am Boden eine raucharme Schicht. So können sich in der Halle befindliche Menschen ohne fremde Hilfe ins Freie retten oder durch die Rettungskräfte leichter geborgen werden. Die Löscharbeiten können wegen der erhaltenen Sicht im Halleninneren und damit gezielt am Brandherd stattfinden. Weitere Rauch- und Hitzeentwicklung werden dann gestoppt.
Der Totalverlust der Halle ist so vermieden, die Sach- und Umweltschäden bleiben gering.
Halle 3: Sprinkleranlage unterstützt Löscheinsatz
In der dritten Halle entspricht der Rauchabzug in der Anfangsphase dem in Halle 2. Allerdings löst die Hitze nach etwa 15 min die zusätzliche Sprinkleranlage aus. Dadurch wird die Brandenergie teilweise in Wasserdampf umgesetzt und die weitere Ausbreitung des Feuers verhindert. Außerdem dämmt die Sprinkleranlage den Brand im weiteren Verlauf ein und unterstützt damit die Arbeit der Feuerwehr, die Rettung oder auch Selbstrettung von sich im Gebäude befindenden Personen.
Schäden verhindern oder eindämmen
Der größte wirtschaftliche Schaden nach einem Brand entsteht durch den Stillstand des Betriebs und den damit einhergehenden Ausfall der Produktion. Bei längerem Stillstand springen Kunden ab. In den Hallen 2 und 3 sind diese Folgen vermieden oder zumindest erheblich entschärft.
Personen können sich aller Wahrscheinlichkeit nach rechtzeitig in Sicherheit bringen oder gerettet werden, Sach- und Umweltschäden bleiben begrenzt. Somit bleibt der Lieferverzug vermutlich in einem Rahmen, den das Unternehmen in der Regel ohne dauerhafte Folgen überstehen kann.
Stellt man die Kosten von Rauchschutz und Brandfolgen gegenüber, wird der Wert einer qualifizierten RWA besonders deutlich. Der Betreiber von Halle 1 muss bei kalkulierten Gebäudekosten von 6 Mio. Euro (gemäß den gesetzlichen Mindestanforderungen der Muster-Industriebaurichtlinie) im Brandfall mit mindestens 1 Mio. Euro Sachschaden und ca. sechs Monaten Stillstandszeit rechnen.
Durch eine zusätzliche Investition in eine qualifizierte RWA nach DIN 18 232-2 von etwa 25 000 Euro wäre der Sachschaden auf etwa 10 000 Euro und die Dauer des Lieferausfalls begrenzt geblieben. Diese Investition entspricht Mehrkosten von lediglich 0,5 %.
Und selbst Unternehmer, die sich neben einer Rauch- und Wärmeabzugsanlage für eine zusätzliche Sprinkleranlage entscheiden, investieren nur etwa 2,5 % mehr in den Bau als für eine Halle ohne qualifizierte RWA.
Die enorme Kostenersparnis im Brandfall allein sollte die vergleichsweise geringen Investitionen bereits rechtfertigen. Das wichtigste Argument pro Rauchschutz für jeden Unternehmer dürfte aber das Wohl seiner Mitarbeiter sein.
Dipl.-Ing. Thomas Hegger
ist Geschäftsführer des Fachverbands Tageslicht und Rauchschutz e. V. (FVLR), Obmann DIN 18 232 und ISO 21 927 (Entrauchung) und arbeitet in zahlreichen weiteren Normungs- und Richtlinienausschüssen zu den Themen Rauchschutz, Brandschutz und Ingenieurmethoden im Brandschutz, www.fvlr.de