Kompakt informieren
- Abgesehen von Dübeln haben Produkte für die Rohrbefestigung keine Zulassung nach den in DIN 4102 geregelten Feuerwiderstandsklassen.
- Bei der Wahl von Rohrschellen, die für brandschutzsensible Bereiche geeignet sind, gibt das RAL-Gütezeichen „Brandgeprüfte Rohrbefestigung“ den Anwendern Orientierung.
- Generell ist es empfehlenswert, den Hersteller frühzeitig in die Planung einzubeziehen. Auf Befestigungstechnik für die TGA spezialisierte Anbieter rechnen die tatsächliche Einbausituation gemäß DIN EN 1993 durch und können so zuverlässig ermitteln, welche Konstruktionen auch im Brandfall Sicherheit bieten.
Montageschienen, Gewindestangen und Rohrschellen verformen sich bei starker Hitze, verlieren an Tragkraft und versagen nach einer gewissen Zeit den Dienst. Die Festigkeit und Elastizität von Stahl verringert sich bei 800 °C – diese Temperatur wird nach etwa 30 min Brandzeit erreicht – auf rund 10 % des Nennwerts.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Eine 1500 mm lange Schiene 45-45-2,5 mm wird mittig belastet. Beträgt die zulässige Belastung ohne Brandeinwirkung (mit RAL-Sicherheit) rund 160 kg, reduziert sie sich nach 30 min Brandeinwirkung (vollplastisch) auf ca. 20 kg.
Damit Rettungswege im Brandfall begehbar bleiben, muss die Befestigungstechnik auch bei hohen Temperaturen ihre Funktion auf jeden Fall eine bestimmte Zeit lang erfüllen – mindestens 30, 60 oder 90 min lang, je nachdem, welche Feuerwiderstandsdauer für das Gebäude bzw. den Gebäudeteil vorgeschrieben ist.
Nicht in DIN 4102 geregelt
Für Verwirrung sorgt mitunter, dass Rohrbefestigungen nicht als tragende Bauteile gemäß DIN 4102 gelten. Die Norm definiert den Brennbarkeitsgrad von Baustoffen und die Feuerwiderstandsfähigkeit von Bauteilen. Weil jedoch das Brandverhalten von Montageschienen, Rohrschellen etc. nicht in DIN 4102 geregelt wird, ist eine Zulassung der Produkte nach den dort festgelegten Feuerwiderstandsklassen F30, F60, F90 oder F120 nicht möglich.
Die Hersteller von Befestigungstechnik stehen somit vor der Herausforderung, ihren Kunden auf andere Weise die Sicherheit zu geben, dass ihre Stahlschienen oder Schellen über die jeweils geforderte Feuerwiderstandsfähigkeit verfügen.
Bevor die unterschiedlichen Vorgehensweisen der Hersteller beim Thema Brandschutz näher erläutert werden, ein kurzer Blick auf die gesetzlichen Grundlagen. Von Bedeutung für das Thema Brandschutz im Rohrleitungsbau sind vor allem die Musterbauordnung (MBO) und die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR).
Bestimmungen in MBO und MLAR
Auf der Musterbauordnung (MBO, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom 13. Mai 2016) basieren die Bauordnungen der einzelnen Bundesländer. Sie wird regelmäßig von der Bauministerkonferenz (Argebau) aktualisiert. Als Ziele des Brandschutzes legt die MBO fest (§ 14):
- die Entstehung eines Brandes und die Ausbreitung von Feuer und Rauch zu verhindern
- die Rettung von Menschen und Tieren bei einem Brand zu ermöglichen
- wirksame Löscharbeiten zu ermöglichen
Um dies zu erreichen, unterteilt man Gebäude in Rauch- bzw. Brandabschnitte. Brandwände, feuerwiderstandsfähige Trennwände und Decken kommen zum Einsatz (z. B. F30, F60, F90).
Leitungsanlagen sind laut MBO § 40 in notwendigen Treppenräumen nur dann zulässig, wenn sichergestellt ist, dass ihre Nutzung als Rettungsweg im Brandfall ausreichend lang möglich ist. Dasselbe gilt für notwendige Flure und für Räume zwischen notwendigen Treppenräumen und Ausgängen ins Freie.
Die Feuerwiderstandsfähigkeit aller tragenden Bauteile muss in allen Fällen gewährleistet sein. Öffnungen sind in diesen Bauteilen nur zulässig, wenn sie auf die Nutzung erforderliche Zahl und Größe beschränkt sind. Sie müssen feuerbeständig und dicht sein und selbstschließende Abschlüsse haben. Bei Leitungsdurchführungen kommen geprüfte Abschottungen zum Einsatz.
Die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR derzeit aktueller Stand: 17. November 2005) regelt die detaillierten Anforderungen an brandgeschützte Leitungsanlagen, etwa in Rettungswegen. Der Geltungsbereich dieser ebenfalls von der Bauministerkonferenz veröffentlichten Richtlinie umfasst Wohngebäude, Büro- und Verwaltungsgebäude, Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, Altenpflegeheime, Hochhäuser sowie industrielle und landwirtschaftliche Gebäude.
Die MLAR gilt für Leitungen in notwendigen Treppenräumen und Fluren, in Räumen zwischen notwendigen Treppenräumen und Ausgängen ins Freie sowie für Leitungen durch raumabschließende Bauteile (Wände und Decken). Zudem regelt sie den Funktionserhalt von elektrischen Leitungen im Brandfall. Sie gilt jedoch nicht für Lüftungs- und Warmluftheizungsanlagen – für diese gibt es eine gesonderte Muster-Richtlinie, die M-LüAR (aktueller Stand: 29. September 2005, zuletzt geändert durch Beschluss der Fachkommission Bauaufsicht vom 11. Dezember 2015).
Offene und verdeckte Verlegung
Die MLAR unterscheidet zwischen Rohrleitungsanlagen für nichtbrennbare Medien und solchen für brennbare oder brandfördernde Medien.
Leitungen für nichtbrennbare Medien können offen verlegt werden, wenn die Rohre selbst, einschließlich der Dämmung, aus nichtbrennbaren Materialien bestehen. Ausnahme: Die Rohrbeschichtung (bis 0,5 mm) darf brennbar sein, ebenso die Dichtungs- und Verbindungsmittel – also etwa SIMA-Verbinder mit Gummidichtung (Baustoffklasse B2 = normalentflammbar) oder auch Rohrschellen mit Einlagen aus Silikon oder dem synthetischen Kautschuk EPDM.
Sind die Rohre oder die Dämmung hingegen aus brennbaren Werkstoffen, müssen die Leitungen verdeckt verlegt werden, also unter Putz, über Zwischendecken, in Installationsschächten, Unterflurkanälen oder geeigneten Systemböden.
Andere Vorgaben gelten für Leitungen für brennbare oder brandfördernde Medien. Hier müssen sowohl das Rohr selber als auch die Rohrdämmung aus nichtbrennbarem Material bestehen. Ausgenommen sind wieder die Dichtungs- und Verbindungmittel sowie die Rohrbeschichtung. Diese Leitungen müssen entweder unter Putz oder in Installationsschächten oder -kanälen verlegt werden. Offen verlegt werden darf nur, wenn die Dichtungen der Rohrverbinder hitzebeständig sind.
Bei offen verlegten Rohrleitungen rückt die Frage der Befestigungstechnik in den Fokus: Sie muss brandschutztechnisch geprüft oder ausgelegt sein. Dies gilt für Rohrschellen, Montageschienen und Dübel.
Rohrschellen für den Brandfall
Stahl ist ein guter Wärmeleiter, sodass sich im Brandfall die Temperatur der Rohrschellen rasch der Umgebungstemperatur anpasst. Mit steigender Temperatur büßen die Rohrträger an Tragfähigkeit ein und sie verformen sich.
Die vertikale Längenänderung von Rohrschellen und Gewindestangen im Brandfall spielt in der Praxis etwa dann eine Rolle, wenn Rohre oberhalb von Brandschutzzwischendecken montiert sind. Es muss sichergestellt werden, dass die Rohrleitung sich im Brandfall nicht so tief absenkt, dass sie die Decke berührt (belastet).
Um zuverlässige Aussagen über die Veränderungen der Bauteile bei hohen Temperaturen treffen zu können, ist neben der rechnerischen Beurteilung auch eine Prüfung von Rohrschellen und Gewindestangen im Brandofen Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 erforderlich (siehe Info-Kasten „Rohrschellen im Brandversuch“). Materialprüfanstalten führen die Tests in Anlehnung an DIN 4102 im Auftrag der Hersteller durch und dokumentieren die Ergebnisse in Untersuchungsberichten.
Anhand des Versuchsablaufs zeigt sich, wie sich Rohrschelle und Abhängung vertikal verformen und welche Last das System nach einer bestimmten Zeit noch tragen kann Abb. 5. Die zulässige Last sinkt mit steigender Temperatur. Sie lässt sich im Brandversuch bis zur jeweils definierten Feuerwiderstandsdauer (30, 60, 90 oder 120 min) ermitteln.
Neben der Feuerwiderstandskurve wird im Versuch auch die Last-Verformungskurve ermittelt. Anhand dieser Kurve können Planer passend zum konkreten Installationsfall die Befestigungsabstände zwischen den Rohrschellen festlegen; wenn beispielsweise eine Feuerwiderstandsdauer von 30 min gefordert ist und die Leitung sich aufgrund der räumlich beengten Einbausituation nicht beliebig absenken darf. Die im Brandfall eintretende vertikale Längenänderung der Rohraufhängung lässt sich durch Reduktion der Last – also durch kleinere Befestigungsabstände – verringern.
Brandgeprüfte Rohrbefestigungen
Planern und Verarbeitern, die bei den brandschutztechnischen Eigenschaften der Rohrträger auf Nummer sicher gehen möchten, sei empfohlen, auf Produkte von Befestigungstechnik-Herstellern zu setzen, die das RAL-Gütezeichen „Brandgeprüfte Rohrbefestigung“ tragen.
Das Gütezeichen wird nur an Produkte verliehen, die die strengen, herstellerneutralen Kriterien der RAL-Gütegemeinschaft Rohrbefestigung erfüllen und die in Brandversuchen nach den Vorgaben des technischen Regelwerks RAL-GZ 656 geprüft wurden. RAL-GZ 656 schreibt eine unabhängige Bewertung der mechanischen Produkteigenschaften durch eine Materialprüfanstalt vor und enthält Regeln zur Durchführung und Auswertung von Brandversuchen Abb. 6.
Montageschienen für den Brandfall
Montageschienensysteme haben sich im Rohrleitungsbau bewährt; vor allem bei größeren Trassen mit mehreren Rohren neben- oder übereinander ist die Verwendung von Schienensystemen zeitsparend und wirtschaftlich. Bei Projekten mit erhöhten Brandschutzanforderungen müssen jedoch deutlich tragfähigere Schienen als im Normalfall zum Einsatz kommen.
Beim Nachweis des Verhaltens im Brandfall beschreiten Qualitätshersteller von Befestigungstechnik unterschiedliche Wege: Einige setzen analog dem Verfahren bei Rohrschellen auf praktische Brandversuche und Prüfberichte für ihre Produkte. Andere Unternehmen, beispielsweise Mefa, bieten ihren Kunden den Service der statischen Berechnung des kompletten Installationsfalls nach der europäischen Stahlbaunorm DIN EN 1993-1-2 (Eurocode 3) an.
Hersteller, die den Weg der Einzelbrandnachweise für ihre Produkte gehen, lassen Schienen, Gewindestangen und Wandbefestigungspunkte im Labor einer Materialprüfanstalt unter Brandbedingungen prüfen und auswerten (auf Grundlage der DIN 4102 und der MLAR). Die Prüfstelle fertigt danach einen Untersuchungsbericht an.
Der Anwender hat auf diese Weise den Nachweis, dass die Montageschienen für Bereiche mit erhöhten Brandschutzanforderungen geeignet sind – allerdings nur unter Bedingungen, die dem Versuchsaufbau im Labor genau gleichen. Nur dann gelten die im Prüfbericht dokumentierten zulässigen Lasten.
Planer bzw. Verarbeiter müssen ihre Konstruktionen also genau so realisieren, wie es im Bericht dargestellt ist; etwa Schienen der entsprechenden Länge verwenden, bei Gewindestangen und Muttern die vorgegebene Mindestgröße und -festigkeit beachten sowie Aufhängepunkte mit beidseitigen Profilhaltern ausführen.
Anwender müssen sich also intensiv mit dem Prüfbericht auseinandersetzen, ihn mit der vorhandenen Bausituation vergleichen und nach dem passenden Anwendungsfall suchen, was einen nicht geringen Aufwand und unter Umständen eine Einschränkung bei der Wahl der Konstruktionslösung bedeutet.
Maximale Flexibilität bietet der zweite Weg, bei dem der Hersteller für jeden individuellen Anwendungsfall berechnet (nachweist), welche Schienen und Gewindestangen eingesetzt werden müssen, damit sie auch im Brandfall noch lange genug funktionstüchtig sind. Basis hierfür ist die DIN EN 1993-1-2 (Eurocode 3).
Beim Mefa-Service schildert dazu der Kunde den Montagefall, den er im Brandbereich realisieren möchte. Hierfür sendet er eine Skizze der Einbausituation an die Mefa-Anwendungstechnik und bekommt sie anschließend mit den zur gewünschten Feuerwiderstandsklasse (30 bis 90 min) passenden Schienen sowie einer zur Montagesituation passenden Berechnung wieder.
Da gemäß DIN EN 1993 hohe Abminderungsfaktoren einzurechnen sind, liegen die zulässigen Lastwerte bei diesem Verfahren in der Regel etwas niedriger, der Materialaufwand ist entsprechend etwas höher.
Der Vorteil des Berechnungsverfahrens liegt darin, dass direkter auf den jeweiligen Anwendungsfall eingegangen werden kann. Der Installationsfall wird so berechnet, wie er später auch gebaut wird. Zudem ist die Flexibilität bei der Wahl der passenden Produktlösung größer: Es können unterschiedliche Schienensysteme und -abmessungen verwendet werden, je nachdem, welche Lösung die optimale ist.
Dübel für den Brandfall
Die Beschaffenheit des Befestigungsuntergrunds entscheidet über die Wahl der Dübel. Es gibt für Beton, Mauerwerk etc. optimierte Produkte. Dübel für brandgeprüfte Befestigungen haben heutzutage alle eine bauaufsichtliche Zulassung, in der auch die zulässigen Lasten im Brandfall dargestellt sind. Neben den Feuerwiderstandsklassen 30, 60 und 90 min ist hier oftmals sogar eine Branddauer bis 120 min möglich.
Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Bauherren
TGA-Planer: Der Nachweis des Verhaltens im Brandfall für Rohrbefestigungen kann über praktische Brandversuche und Prüfberichte oder die statische Berechnung des kompletten Installationsfalls nach der Stahlbaunorm DIN EN 1993-1-2 (Eurocode 3) erfolgen.
Anlagenbauer: Vorteil des Berechnungsverfahrens ist, dass direkt auf den individuellen Anwendungsfall mit einer optimalen Lösung eingegangen werden kann.
Bauherren: Gemäß DIN EN 1993 sind bei einem rechnerischen Nachweis für den Brandfall hohe Abminderungsfaktoren einzurechnen, sodass die zulässigen Lastwerte gegenüber dem Einzelbrandnachweis in der Regel etwas niedriger sind und der Materialbedarf etwas höher ist.
Rohrschellen im Brandversuch
Bei einem Brandversuch in Anlehnung an DIN 4102 bzw. EN 1363-1 wird die zunehmende Hitze während der Dauer eines Gebäudebrands simuliert. Zur Untersuchung des Verhaltens im Brandfall werden die Rohrschellen mit Gewindestangen an der Decke des Brandofens befestigt und mit Gewichten versehen, die die maximalen Rohrlasten simulieren. Ein Versuch läuft über mindestens 90 min. Während dieser Zeit wird die Temperatur gemäß der Einheitstemperaturkurve (ETK) nach DIN 4102 gesteigert. Gemäß der ETK herrschen folgende Temperaturen im Brandofen vor: nach 30 min 842 °C, nach 60 min 945 °C und nach 90 min 1006 °C. Spezielle Messgeber dokumentieren den Versuchsablauf und liefern die Ergebnisse für die zulässigen Lasten der Rohrschellen bis zur jeweiligen Feuerwiderstandsdauer.
Dipl.-Ing. (FH) Volker Weber
Ist Produktmanager bei der Mefa Befestigungs- und Montagesysteme GmbH, 74635 Kupferzell, volker.weber@mefa.de, www.mefa.de