Was konkret ausgesetzt werden soll, ist bisher nicht genau klar, denn 2016 gab es keine EnEV-Novelle, lediglich das Inkrafttreten einer Verschärfung des Anforderungsniveaus aus der EnEV 2013/14. Theoretisch hätte es 2016 eine EnEV-Novelle geben müssen. Im Frühjahr 2017 hat allerdings die Bundesregierung beim Gebäudeenergiegesetz einen Rückzieher gemacht, weil keine reelle Chance mehr bestand, die Zusammenführung von EnEV, EnEG und EEWärmeG noch in der laufenden Legislaturperiode abzuschließen.
Eine Rolle rückwärts für seit Anfang 2016 geltende energetische Anforderungen nach zwei Jahren Gültigkeit, einem funktionierenden Baumarkt und fortentwickelten Förderprogrammen mutet recht einfältig an. Es wäre allerdings nicht die erste Kehrtwende. Im Vorfeld der letzten EnEV-Novelle wurde über das vierte Gesetz zur Änderung des Energieeinsparungsgesetzes vom 4. Juli 2013 das bis dato in der EnEV festgeschriebene schrittweise Verbot von Nachtspeicherheizungen nach einer Initiative des Deutschen Bundestages wieder aufgehoben, jedoch lange bevor Handlungsbedarf für betroffene Eigentümer bestand.
Vieles wäre plötzlich obsolet
Schon vor dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen hatte Dr. Kai Schiefelbein, Stiebel Eltron, in seiner Funktion als stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) neben Konsequenzen für den Klimaschutz vor allem wirtschaftspolitische Gründe gegen eine EnEV-Entschärfung oder -Aussetzung genannt: „Unternehmen brauchen verlässliche Rahmenbedingungen. Eine Aussetzung der EnEV bedeutet das Gegenteil von Verlässlichkeit. Die Konsequenz eines solchen Schrittes wären enorme Marktturbulenzen. Alle Vorkehrungen, die Hersteller, Baufirmen, Planer, Handwerker, Architekten und eine Vielzahl anderer Branchen in Vorbereitung auf die EnEV getroffen haben, wären plötzlich obsolet.“
Schiefelbein: „Dabei würde das Ziel einfacheren und günstigeren Bauens nicht einmal erreicht. Denn zum einen sind in den offiziellen Neubaustatistiken keine Auswirkungen der EnEV auf die Bautätigkeit ablesbar. Zum anderen ist die Wirtschaftlichkeit der Vorgaben in umfassenden Gutachten überzeugend nachgewiesen. Durch niedrigere Betriebskosten sorgt die EnEV nicht zuletzt erst dafür, dass Wohnen bezahlbar bleibt.“
Der BWP weist darauf hin, dass die Baukostensteigerungen der letzten Jahre vor allem auf höhere Grundstückspreise sowie gestiegene Löhne und Baunebenkosten zurückzuführen sind. Effizienzvorgaben verursachten dagegen nur geringfügige Mehrkosten. Dies wurde in einer umfassenden Untersuchung des ‚Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen‘ nachgewiesen. „Es gibt keine Studie, die diese Befunde stichhaltig widerlegt hat“, so der BWP-Geschäftsführer Dr. Martin Sabel. „Außerdem erscheint es aus unserer Sicht kurios, wenn ein Bundesland zunächst mit Erhöhungen der Grund- und Grunderwerbssteuer die Bauherren spürbar belastet, und anschließend den Klimaschutz als Sündenbock vorschiebt.“ ■