„Ein vermeintlicher Konflikt wird missbraucht“
Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH): „Dass die neue Landesregierung in NRW auf Druck der Baulobby die Effizienzstandards für den Neubau entkräften möchte, ist ein sehr schlechtes Signal für den Klimaschutz. Abgeschwächte Energieeffizienzstandards führen weder zu zusätzlichem Wohnraum noch zu sinkenden Mieten. Bei den gesamten Baukosten spielen Effizienzstandards eine untergeordnete Rolle. Einmal mehr wird der vermeintliche Konflikt zwischen bezahlbarem Wohnraum und Klimaschutz missbraucht, um wirtschaftliche Interessen durchzusetzen. Statt dieses alte, bereits widerlegte Argument immer wieder zur Schwächung der Energieeinsparverordnung ins Feld zu führen, brauchen wir ernsthafte Bemühungen für den Klimaschutz. Alle Gebäude, die heute neu gebaut werden, müssen mit dem Klimaschutzziel für 2050 konform sein. Ansonsten müssen wir vor dem Jahr 2050 nachjustieren, was zusätzliche Sanierungsmaßnahmen und Kosten bedeuten würde. Die Energieeinsparverordnung kann nur zum Klimaschutz beitragen, wenn sie Planungssicherheit bietet und ihre Anforderungen an den langfristigen Zielen für Energieeffizienz und Treibhausgasminderung ausrichtet.“
NRW ist kein Einzelfall
Die Diskussionen in NRW sind allerdings kein Einzelfall. Auch die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) hat sich in einem Brandbrief an Bau- und Energiepolitiker auf Bundes- und Länderebene gegen derzeit im Wahlkampf wieder aufkommende Ansinnen zur Abschwächung der Gebäude-Energieeffizienzstandards der EnEV gewendet. Hintergrund sind laut Deneff die Rufe nach einem Aussetzen der EnEV in den NRW-Koalitionsverhandlungen, aber auch die von anderen Kreisen geforderte Umstellung auf eine alleinige CO2-Anforderung an Stelle der bisherigen Anforderungen an Primärenergiebedarf und Wärmeschutz.
„Schleifen von Standards wäre kontraproduktiv“
Konkret heißt es in dem Brief der Deneff, durch niedrigere EnEV-Standards würden weder zusätzlicher Wohnraum geschaffen noch Mieten gesenkt, da die Baukosten in der Praxis vergleichsweise wenig von Energieeffizienzstandards beeinflusst seien. Das im Energieeinsparrecht fest verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot stelle zudem sicher, dass die Energieeinsparungen höher ausfallen als etwaige Mehrkosten beim Bau durch die Vorgaben. Deshalb würden durch ein Schleifen von Standards vor allem Mieter und Kommunen durch unnötig hohe Energiekosten über sehr lange Zeit zusätzlich belastet und das Wohnen würde mittelfristig sehr viel teurer.
Eine ausschließliche CO2-Anforderung an Gebäude, würde laut Deneff überdies nicht zu Einsparungen, sondern zu einer Umstellung auf Stromheizungen in Gebäuden mit unnötig hohem Wärmebedarf führen und verschiebe die Probleme so lediglich auf den Kraftwerkspark. Hierfür müssten allein etwa 60.000 neue Windräder zusätzlich zu den bisherigen Annahmen gebaut werden und die EEG-Kosten würden massiv ansteigen – notwendige Netze und Speicher noch nicht eingerechnet. ■