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Contracting-Lösung Karma Bavaria Hotel Schliersee

Energieeinsparungen finanzieren BHKW und neue Heizkessel

Kompakt informieren

  • Mit einem individuellen Energiedienstleistungs-Modell wurde die abgängige Wärmeerzeugungsanlage im Hotel Karma Bavaria durch ein BHKW und zwei Gas-Brennwertheizkessel erneuert.
  • Über eine Laufzeit von zehn Jahren bezahlt das Hotel ein Entgelt für die Errichtung und Verpachtung der Wärme- und Stromerzeugungsanlage sowie die Betriebsführung und profitiert so ohne eigene Investition seit der Inbetriebnahme von den Einsparungen.
  • Erfolgsfaktoren derartiger Projekte sind eine sorgfältige Analyse der Energiebedarfe und Lastgänge, eine objektive Lösungsfindung, Kostenvergleiche, langjähriges Projekt-Know-how bei allen, möglichst lokalen an Planung, Umsetzung und Betrieb Beteiligten.

Andre Zuber, Prokurist beim ehemaligen Alpenclub, heute vier-Sterne-Hotel Karma Bavaria Abb. 1 in Schliersee / Bayern, hat eine Sorge weniger: Seit September 2016 bezieht die auf internationales Publikum ausgerichtete Hotelanlage die Wärme zu 100 % und den Strom zu rund 60 % von der ESB Wärme GmbH, einer 100%igen Tochter der Energie Südbayern GmbH (ESB), München.

Hierfür wurden die beiden mehr als 40 Jahre alten Gussglieder-Heizkessel durch ein Blockheizkraftwerk (BHKW) und zwei Gas-Brennwertheizkessel ersetzt, ohne dass der Eigentümer investieren musste. Die Grundlage dieser investorenfreundlichen Lösung war eine ausgefeilte Analyse der Jahresenergiebedarfe an Wärme und Strom sowie der Kostenvergleich zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung.

Energiecoach eingeschaltet

Um eine objektive, herstellerneutrale Lösung zu erreichen, beauftragte die Geschäftsleitung des Hotels die auf Energiecoaching für Gewerbe und Industrie spezialisierte ENES Ltd., Bindlach. Dieter Sternecker, Geschäftsführer ENES, erklärt seine Vorgehensweise so: „Wir sehen unsere Aufgabe darin, technisch und kaufmännisch optimale Lösungen zu erarbeiten und sie dann mit Partnern aus der Region umzusetzen. Dabei geht es uns immer auch um die technische Machbarkeit, beispielsweise den Umbau im laufenden Betrieb und eine auf den Kunden zugeschnittene Finanzierung. Unser wichtigster Orientierungspunkt für die Leistungsbemessung eines BHKW ist die Abdeckung der Grundlast.“

Die Schwelle zur Rentabilität von BHKW sieht Sternecker aufgrund des aktuellen förderpolitischen Umfelds bei einem Wärmebedarf von über 250 000 kWh/a und einem Strombedarf von mehr als 250 000 kWh/a oder etwa 100 kW Wärmeleistung. Sternecker: „Für Hotels wie das Karma Bavaria ist ein BHKW geradezu ein Muss.“

Moderne Energiebereitstellung war wirksamer als Wärmedämmung

Obwohl das ursprünglich von der Schörghuber-Gruppe gebaute und betriebene Hotel nur dem Wärmedämmstandard der 1970er-Jahre entspricht, ergaben die Analysen von ENES, dass sich eine nachträgliche Dämmung der Gebäudehülle wirtschaftlich nicht lohnt. Für die BHKW-Gas-Brennwertheizkessel-Lösung Abb. 2 sprachen der ganzjährig hohe Bedarf an Trinkwarmwasser aufgrund der alpinen Ausrichtung des Freizeitangebots sowie der große modernisierte Spa-Bereich, der sowohl von der lokalen Bevölkerung als auch von den internationalen Gästen intensiv genutzt wird.

Da die Heizungszentrale ebenfalls aus den 1970er-Jahren stammte, war es naheliegend, eine stark kostensenkende Lösung bei der Wärmeversorgung anzustreben. Sternecker räumt ein, dass die Dimensionierung eines BHKW keinesfalls trivial ist. „Da werden viele Fehler gemacht; meistens werden die KWK-Module zu groß ausgelegt oder die hydraulische Einbindung ist fehlerhaft. Wenn man jedoch alles richtig macht, dann finanzieren die Energieeinsparungen durch das BHKW und die Effizienzgewinne nicht nur das BHKW-Modul, sondern auch noch die Erneuerung der Heizkesselanlage. Es gibt Fälle, da amortisiert sich ein optimal auf die Nutzung abgestimmtes BHKW schon nach weniger als drei Jahren.“

Als Energiecoach sieht Sternecker nicht nur die rein energetische Seite und die daraus resultierende Amortisation. Auch die Beschaffung von Extra-Geld aus den Förderprogrammen für BHKW sowie die Erlöse durch die Rückerstattung der Energiesteuer für Strom und Gas, der KWK-Zuschlag für jede erzeugte kWh Strom sowie die Vergütung für die Einspeisung von nicht selbst genutztem BHKW-Strom in das Netz des Versorgers tragen zu einer schnelleren Rentabilität bei.

Für einen konventionellen TGA-Planer ist dies in der Regel mit viel Bürokratie und langjährigem Know-how-Aufbau verbunden. Für Sternecker, der bereits bei der Realisierung von mehr als 100 BHKW-Anlagen mitgewirkt hat, ist es eher Routine. Trotz großer Erfahrung greift Sternecker auch auf Hersteller-Know-how zurück: „Die BHKW-Experten von Wolf gaben schon im Vorfeld wichtige Tipps, wie das Projekt technisch am besten umgesetzt werden kann.“

Finanzierung, Realisierung und Betrieb als risikofreie Komplettlösung

Entscheidend für die Geschäftsleitung des Hotels waren nicht allein die hohe Wirtschaftlichkeit der BHKW-Lösung, sondern das Gesamtpaket Finanzierung ohne eigenes Investment und der Vorschlag für eine Hotel-konforme Umsetzung. Sternecker: „Gemeinsam mit unseren langjährigen Partnern Wolf Heiztechnik, Mainburg, und ESB Wärme, München, entwickelten wir ein Gesamtpaket, das jegliches Risiko für den Kunden ausschloss. Wichtig war auch, das Installationsunternehmen Stix Haustechnik, Kolbermoor, schon im Planungsstadium mit einzubeziehen, da die Modernisierung bei laufendem Hotelbetrieb erfolgen sollte. Gleichzeitig musste unser Vorschlag transparent und logisch aufgebaut sein, um nicht nur die Geschäftsleitung der Karma Bavaria in Schliersee, sondern auch die vielsprachigen Gesellschafter der internationalen Karma Group mit Sitz auf der Insel Bali in Indonesien zu überzeugen.“

Ausschlaggebend für den Prokuristen Zuber war, dass alle Partner, also Wolf Heiztechnik, ESB Wärme und Stix Haustechnik, ihre Kompetenz durch entsprechende Referenzen, langjährige Erfahrung und fachliches Know-how nachweisen konnten.

Für Steffen Otto, Geschäftsführer ESB Wärme GmbH, München, dessen Unternehmen letztendlich die technische und kaufmännische Verantwortung für das Gesamtprojekt trägt, ist es wichtig, mit lokalen Partnern zusam-menzuarbeiten, die sich bereits gut kennen. „Das mindert das Risiko für alle Beteiligten“, betont Otto.

Wichtig sei auch, dass der Anlagenbauer eine gewisse fachliche Reife im Hinblick auf das BHKW mitbringe, ergänzt Sternecker. Zuber sieht die energetischen Modernisierungsmaßnahmen nicht nur als eine Entlas-tung seines Budgets, sondern auch in einem größeren Zusammenhang: „Die weltweit tätige Karma Group ist sich ihrer Verantwortung, CO2 einzusparen, durchaus bewusst. Die BHKW-Lösung trägt entscheidend dazu bei. Und auch die Art der Finanzierung konnte die international aufgestellte Führungsgruppe überzeugen.“

Modernisierung bei laufendem Betrieb

Als Vorzug stellte sich bei der Umsetzung der Maßnahmen heraus, dass durch den Rückbau der alten, platzgeschweißten Heizöltanks genügend Raum vorhanden war, um die neue Heizzentrale parallel zur bestehen-den Anlage aufzubauen. Die Herausforderungen bei der Realisierung lagen vor allem darin, den Lärmpegel durch die Moderni-sierungsarbeiten mit Rücksicht auf die Hotelgäste und das Personal niedrig zu halten. Auch bei der schalltechnischen Ausstattung des BHKW wurden alle Register gezogen, um die Schallemissionen auf niedrigem Niveau zu halten Abb. 3.

Nicht ganz trivial war das Einbringen und Aufstellen der drei Pufferspeicher mit je 5 m3 Volumen ins Untergeschoss. Der insgesamt 15 m3 umfassende Pufferspeicher Abb. 5 auf der Heizwasserseite garantiert einen quasi unterbrechungsfreien BHKW-Betrieb und senkt dadurch die Laufzeit der beiden redundant aufgebauten Gas-Brennwertheizkessel Abb. 4.

Von Vorteil ist, dass die Regelung und Steuerung der Heizkessel und des BHKW ebenfalls von Wolf geliefert wurden und diese so ohne Schnittstellenverluste miteinander kommunizieren. Das vereinfacht auch die Fernüberwachung durch ESB Wärme. Otto beschreibt das Überwachungskonzept so: „Die Anlage ist per gesicherter IP-Verbindung auf die ESB-Zentrale aufgeschaltet. Dadurch sind alle Temperaturen und Durchflüsse für unsere Techniker einsehbar, ebenso die Laufzeiten und die Stromerzeugung Abb. 7. Stör- und Wartungsmeldungen werden per E-Mail abgesetzt. Alles wurde so einfach wie möglich gehalten, allerdings mit der Option, weitere Funktionen nachzurüsten.“

Durch den parallelen Aufbau der neuen Heizzentrale war das Umschaltprozedere vergleichsweise einfach. Ein Tag genügte für die Inbetriebnahme und die letzten Anpassungsmaßnahmen, was heute keine Selbstverständlichkeit ist. Dank der frühzeitigen Koordination von ESB Wärme, Wolf Heiztechnik und Stix Haustechnik unter Sterneckers Federführung verlief die Realisierungsphase quasi reibungslos.

Fazit

Die Wirtschaftlichkeit eines BHKW ist von mehreren Randbedingungen abhängig, die im Wesentlichen durch die aktuellen energiewirtschaftlichen und klimapolitischen Einflüsse geprägt sind. Bei Hotels kommt hinzu, dass dieses Gewerbe stark von disruptiven Entwicklungen beeinflusst wird. Deshalb werden hier Energiesparlösungen bevorzugt, die das eigene Budget nicht belasten, für die der Hoteleigentümer keine Verantwortung übernehmen muss und die aufgrund der CO2-Einsparung dennoch imagebildend sind.

Die im Karma Bavaria realisierte Contracting-Lösung zeigt außerdem, dass durch die gute Zusammenarbeit mit lokalen Partnern auch komplexe Fragestellungen und unkonventionelle Finanzierungsformen professionell und gewinnbringend zugunsten aller Beteiligten umgesetzt werden können.

Maßgeschneiderte Energiedienstleistung

Gute Contracting-Lösungen gibt es nicht von der Stange; jedes Projekt ist ein Unikat. ESB Wärme hat für ihren Kundenkreis unterschiedliche Contracting-Modelle entwickelt, die Kundenwünsche und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen berücksichtigen. Für das Hotel Karma Bavaria wurde ein maßgeschneidertes Energiedienstleistungs-Konzept erarbeitet, das Planung, Demontage der Altanlage, Bau der Neuanlage, Finanzierung aus den Energieeinsparungen sowie den Betrieb der neuen BHKW- und Heizkesselanlage inklusive Pufferspeicher umfasst. Durch den weitgehenden Eigenverbrauch des BHKW-Stroms lassen sich die normalerweise anfallenden Netzentgelte vollständig und die gesetzlich vorgeschriebenen Umlagen weitgehend einsparen.

Gleichzeitig konnten durch diese Art von Contracting weitere Zuschüsse generiert werden. Die Vertragslaufzeit beträgt im Falle Karma Bavaria zehn Jahre. Die Finanzierung erfolgt im hier vorliegenden Fall nicht – wie meist üblich – aus den Energiekosten-Einsparungen. Stattdessen bezahlt das Hotel an die ESB Wärme ein Entgelt für die Errichtung und Verpachtung der Wärme- und Stromerzeugungsanlage sowie ein Entgelt für die Betriebsführung. Dabei profitiert das Hotel direkt vom ersten Tag an von den erzielten Einsparungen durch die neue effiziente Anlage sowie die Strom-Eigenerzeugung.

Die Übergabestellen sind exakt definiert und schließen beispielsweise die Anlage zur Trinkwassererwärmung nicht mit ein. Der Vertrag beinhaltet Wartung, Instandhaltung, Fern- bzw. vor-Ort-Bedienung sowie einen 24-Stunden-Notdienst. Wichtig für den Kunden ist aber auch die Entlastung der bei BHKW-Projekten typischen „Bürokratie“, die von vielen potenziellen Kunden als Killerargument angesehen wird. Mit ausschlaggebend für diese Lösung waren neben der Finanzierung über die Einsparungen die vollständige Übernahme des Anlagenrisikos durch ESB Wärme für den Zeitraum von zehn Jahren.

Das BHKW-Projekt Karma Bavaria in Zahlen

Objekt

Karma Bavaria Superior Hotel, Schliersee / Bayern, Hotelklassifizierung: 4-Sterne

Eigentümer

Karma Group mit Sitz auf Bali, Indonesien

Daten zum Hotel

Anzahl Hotelzimmer: 60, plus Büros, Konferenzräume, Restaurant, Schwimmbad, Sauna, Spa; 90 externe Apartments, inklusive Apartments mit Leaseback-Verträgen (über Nahwärmesystem mit dem Hotel verbunden)

Beheizte Fläche: 13 000 m2

Heizenergieverbrauch vor Sanierung: 1,5 Mio. kWh/a

Strombedarf: 738 000 kWh/a

Theoretische Einsparung als Planungsgrundlage: 30 000 Euro/a

Realisierte Lösung

2 Gas-Brennwertheizkessel, Fabrikat Wolf, Nennwärmeleistung bei 80/60 °C: 2 × 510 kW

Auslegung BHKW: gemessene Werte im Jahresverlauf 2013

Höchstlast Wärme: 563,4 kW

Höchstlast Strom: 156,7 kW

BHKW-Modul: GTK 140 (MAN-Motor) von Wolf / Kuntschar & Schlüter

Elektrische Leistung: 140 kW

Max. thermische Leistung: 212 kW

Elektrischer Wirkungsgrad: 36,5 %

thermischer Wirkungsgrad: 55,2 %

Führungsart: wärmegeführt, bis 50 % modulierend

Betriebsweise: Netzparallelbetrieb mit Überschusseinspeisung

Deckungsrate BHKW-Wärme: 73 %

Deckungsrate BHKW-Strom: 60 %

Prognostizierte Einsparung (10 Jahre): 420 000 Euro (ohne Finanzierung)

Christoph Süßenguth

ist Projektleiter bei Wolf Heiztechnik, 84048 Mainburg, www.wolf-heiztechnik.de

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