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Groß- und Hochtemperatur-Wärmepumpen

Wärmepumpen machen Dampf

Kompakt informieren

  • Im produzierenden Gewerbe wird häufig Prozesswärme und -kälte zeitgleich und räumlich zusammenliegend benötigt. Bei einer hohen Betriebsstundenzahl liegen günstige Bedingungen für rentable Wärmepumpenkonzepte vor.
  • Das Marktpotenzial für solche dezentrale Lösungen ist sehr groß. Hemmnisse sind die fehlende Information und mangelndes Vertrauen bei den Betreibern, die hohe Individualität und Komplexität der Anwendungen, mangelndes Know-how bei den möglichen Initiatoren (Planer, Anlagenbauer) und eine noch begrenzte Produktauswahl;…
  • …den Herstellern gelingt es jedoch, fortschrittliche und die Einsatzgrenzen ausdehnende Wärmepumpenentwicklungen mit unproblematischen Kälte­mitteln zu realisieren.
  • Gute Erfolgsaussichten haben in den nächsten ­Jahren Wärmepumpenkonzepte, die sich auf häufig anzutreffende Standardanwendungen fokussieren.

Hauswärmepumpen sind am Markt inzwischen fest etabliert. Brancheninsider gehen davon aus, dass durch das erweiterte Angebot an standardisierten „Rumpfwärmepumpen“, also in hohen Stückzahlen vorgefertigte Kältemodule – ein Beispiel ist das A+++ Refrigerant Modul Heating Abb. 1 von Emerson Climate Technologies – der Markt für preisgünstige Standard-Hauswärmepumpen weiter wachsen wird.

Auffallend ist die Abkehr von Kaskadenlösungen aus Wärmepumpen kleiner Leistung zugunsten leistungsstärkerer Wärmepumpenunits mit einem oder mehreren Verdichtern und mehrstufigen Leistungsregelungen. Als Vorteil werden die bessere Wirtschaftlichkeit sowie die höhere Effizienz größerer Wärmepumpenaggregate genannt. CTA, Münsingen, Schweiz, bietet beispielsweise in ihrer Eco-Baureihe die sehr kompakte All-in-One-Wärmepumpe Optipro Abb. 2 mit zwei Verdichtern und zwei getrennten Kältekreisläufen mit Wärmeleistungen von 100 bis 230 kW an. Smart­heat, Güstrow, stellte in Nürnberg eine 280-kW-Wärmepumpe der Serie Titan Abb. 3 vor, die mit einem mehrfach regelbaren Bitzer-Schraubenverdichter arbeitet. Auch dort hieß es, dass eine Großwärmepumpe effizienter als mehrere kleine Wärmepumpen in Kaskade arbeite.

Mit steigenden Leistungsgrößen wächst bei den Herstellern allerdings auch die Sorge um die richtige Auslegung und Inbetriebnahme von Wärmepumpen. Ein Hersteller dazu: Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Wärmepumpen durch unseren Werkskundendienst oder durch von uns geprüfte Fachhandwerker in Betrieb genommen werden. SHK-Handwerker ohne ausreichende Wärmepumpenkenntnisse gehen ein hohes Risiko ein. Typisch seien hohe Ausfallraten in den ersten drei Monaten nach der Inbetriebnahme.

System für Heizen, Kühlen und TWE

Dass sich das Angebot an Wärmepumpen in den nächsten Jahren stark verändern wird, zeigt die Markteinführung der AxAir-Energiestation Abb. 5 von Walter Meier. Die Kombination von Heizen, Kühlen und Trinkwassererwärmung (TWE) in einem System dürfte den künftigen Anforderungen an Gebäude mit gleichzeitigem Heiz- und Kühlbedarf sehr nahe kommen, zumal die neue AxAir-Baureihe Heizleistungen von 39 bis 252 kW (B0W35) und Kühlleistungen von 42 bis 278 kW (7/12 °C Kaltwassertemperatur und 30/35 °C Soletemperatur) abdeckt. Trinkwarmwasser kann auf bis zu 65 °C aufgeheizt werden, Heizwasser auf bis zu 60 °C. Die hohe Zukunftssicherheit der Energiestation wird durch den Einsatz des Kältemittels R290 (Propan) unterstrichen, ebenso durch das sehr ambitionierte integrierte Regelungs- und Steuerungssystem, das auch die Leistungszahlen (EER, COP, EPS) mitschreibt und visualisiert.

Großwärmepumpe für bis zu 90 °C

Für Überraschung sorgte auf dem Stand von Emerson Climate Technologies die 500-kW-Großwärmepumpe mit der Bezeichnung Neatpump Abb. 4, die, Zitat, „zuverlässig heißes Wasser mit 90 °C erzeugt.“ Die von Star Refrigera­tion gebaute Wärmepumpe arbeitet mit einem Vilter VSSH Einschraubenverdichter und dem Kältemittel Ammoniak. Besonders hervorgehoben wird die Null-Emissions-Lösung bei Betrieb des Aggregats mit Strom aus erneuerbaren Energien, da in diesem Fall die mit dem Kältemittel Ammoniak1) (NH3) arbeitende Wärmepumpe bei Öko- und Green-Building-Zertifizierungen als 100%ig emissionsfrei eingestuft werden kann. Dieses grüne Alleinstellungsmerkmal eröffnet neue Märkte, insbesondere im CO2-zertifizierten industriellen Bereich sowie bei Fernwärmesystemen.

In Norwegen werden „Neatpumps“ bereits in einem 15-MW-Fernwärmesystem eingesetzt, um 90 °C heißes Wasser aus Nordseewasser zu generieren. Der COP soll bei über 3 liegen. Interessant ist, dass die Maschine auch als Booster zur Rückkühlung der Kondensatorwärme vorhandener Kälteanlagen genutzt werden kann. Der Leistungsbereich der einstufigen Maschine reicht von 380 bis 2600 kW, der der zweistufigen Maschine bis 6 MW. In der Funktion „Kältemaschine“ kann die Neatpump Kaltwasser mit +4 °C bzw. eine Glykol-Wasser-Lösung mit –8 °C bereitstellen, als Wärmepumpe steht Heißwasser mit 80 bzw. mit 90 °C bei zweistufigem Betrieb zur Verfügung.

CO2-Großwärmepumpe

Es ist noch nicht lange her, da galt die Frage nach der künftigen Rolle des Kältemittels CO2 und den dazu passenden Kälteverdichtern auf einschlägigen Veranstaltungen noch als politisch unkorrekt. Bekannte Verdichterhersteller dementierten jegliches Gerücht, sie würden an CO2-Verdichtern arbeiten. Inzwischen hat der Markt entschieden, welche Kältemittel langfristig tragbar sind und welche nicht. Davon profitiert auch Thermea Energiesysteme, Freital, Spezialistin für Hochtemperatur-Wärmepumpen mit dem Kältemittel CO2 Abb. 6.

Solche Wärmepumpen sind wie geschaffen für Anwärm- und Abkühlprozesse in der Industrie, aber auch als Ersatz für konventionelle Heizkessel. Immerhin schafft die Thermea-Maschine in der Wärmepumpenversion bis zu 90 °C Vorlauftemperatur; bei gleichzeitigem Heizen und Kühlen 90 °C auf der warmen und bis zu –10 °C auf der kalten Seite. Da es sich um ein natürliches Kältemittel handelt, schneidet auch diese Maschine bei Green-Building-Zertifizierungen oder Öko-Audits besonders günstig ab (ODP = 0, GWP = 1).

Bei den von Thermea ausgewiesenen Referenzanlagen geht es fast immer darum, Wärme und Kälte gleichzeitig zu nutzen. Ideal seien Schlachthöfe, Rechenzentren, Hotels, Rundfunkgebäude, Bürogebäude und Hochschulen. Die Baureihe umfasst elf Leistungsstufen und reicht von 43 bis 1000 kW. Welchen Stellenwert künftig Hochtemperatur-Wärmepumpen, die mit natürlichen Kältemitteln arbeiten, einnehmen werden, verdeutlichen die Beteiligungen von Robert Bosch, Gerlingen, und Dürr, Bietigheim-Bissingen, am Unternehmen Thermea (Webcode 375534).

Hochtemperatur-Industriewärmepumpe

Einen Vorgeschmack, welches Entwicklungspotenzial bei der Wärmepumpe noch zu erwarten ist, bekamen die Teilnehmer des IEA Industriewärmepumpen-Symposiums am Vortag der Chillventa. Eindeutige Triebkraft für noch höhere Temperaturen sind die Temperaturerfordernisse der Industrie mit ihren spezifischen Erwärmungs- und Abkühlprozessen.

Das Marktpotenzial für Hochtemperatur-Wärmepumpen ist riesig. Rund 65 % der von der Deutschen Industrie genutzten Endenergie wird als Prozesswärme eingesetzt. Etwa 25 % davon könnte durch Wärmepumpen bereit­gestellt werden. Nach Berechnungen des Instituts für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung der Uni Stuttgart besteht bei der deutschen Industrie für eine Nutztemperatur bis 70 °C ein Wärmebedarf von 64 TWh/a (64 Mrd. kWh/a), für eine Nutztemperatur bis 100 °C ein Wärmebedarf von 110TWh/a. Fachleute sind sich einig darüber, dass das Poten­zial für Industriewärmepumpen bei Weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Allerdings scheinen in Deutschland entsprechende Hochtemperatur-Komponenten für Wärmepumpentemperaturen über 90 °C noch in der Entwicklung zu sein.

Offensichtlich ist die japanische Kälteindustrie hier schon einen Schritt weiter. Auf dem IEA-Industriewärmepumpen-Symposium erklärte Dr. Choyu Watanabe vom Central Research Institute of Electric Power Industry (CRIEPI), Tokyo, welche Anstrengungen derzeit in Japan unternommen werden, um den Wirkungsbereich von Hochtemperatur-Wärmepumpen auszuweiten. Primär gelte es, die in industriellen Prozessen eingesetzten elektrischen Nachwärmer in Ferndampfnetzen durch dezentral aufgestellte Hochtemperatur-Wärmepumpen zu ersetzen. Im Fokus lägen dabei insbesondere Prozesse mit Trocknung (Luft, Güter), Sterilisation, Erhitzen und Reinigen. Wichtig für eine möglichst hohe Effizienz der Wärmepumpe seien Koppelprozesse mit gleichzeitigem Heizen und Kühlen sowie die Nutzung von Abwärme mit vergleichsweise hoher Temperatur, um mittels Hochtemperatur-Wärmepumpe Heißwasser oder Dampf zu generieren.

Gängige Praxis sei mittlerweile die Erzeugung von Heißwasser von bis zu 90 °C mittels CO2-Wärmepumpe über einen transkritischen Kälteprozess. Voraussetzung für den Einsatz von CO2 als Kältemittel sei, dass das zu erwärmende Medium eine möglichst niedrige Temperatur aufweist. Eine solche Wärmepumpe wird bereits von Mayekawa-Mycom zur Trinkwassererwärmung oder zur Erzeugung von Prozesswärme mit Temperaturen von bis zu 90 °C angeboten. Die Leistungszahl des 74-kW-Geräts soll bei 4,2 liegen.

Eine ebenfalls mit dem Kältemittel CO2 arbeitende Wasser/Luft-Wärmepumpe – Leistungszahl 3,7 – liefert Prozessluft mit 100 °C (Ausgangstemperatur 20 °C). Die Verflüssigung des Kältemittels erfolgt mittels Grauwasser bei etwa 20 °C. Die Wärmeleistung des Aggregats beträgt 110 kW.

In Nürnberg zeigte Mycom die Hochtemperatur-Wärmepumpe „Mayekawa plus Heat“ Abb. 7 zur direkten Nutzung der Kondensatorwärme aus bestehenden Kälteanlagen in einem separaten Wärmepumpenprozess. Der NH3-Hochdruckverdichter (50 bar) ist in der Lage, bis zu 85 °C heißes Wasser mit einem COP von 4,8 zu erzeugen.

Speziell für die Kühlung von Bohr- und Schneidöl sowie für die Reinigung von industriell hergestellten Werkstücken ist die Wärmepumpe von Zeneral Heat Pump Industry, Nagoya, Japan, entwickelt worden. Das Gerät ist in der Lage, die Temperatur der Waschflüssigkeit auf 60 °C zu halten und die der Bohr-/Schneidölemulsion auf 20 °C zu begrenzen. Bei gleichzeitigem Heizen der Waschanlage und Kühlen des Schneidöls erreiche die Anlage einen COP von etwa 5,0. Die Primärenergieeinsparung gegenüber konventionellen Lösungen soll bei 73 % liegen.

Dampferzeugung bis 165 °C

Zentrale Dampfnetze gelten als wahre Energieschleudern. Wo immer möglich werden diese zurückgebaut oder durch dezentrale Dampferzeuger ersetzt. In Japan ging ein Konsortium der Unternehmen Kobe Steel, Tokyo Electric Power, Chubu Electric Power und The Kansai Electric Power in der Dampferzeugung für industrielle Prozesse neue Wege und entwickelte zwei Wärmepumpenaggregate, die aus Prozessabwärme von 35 bis 65 °C bzw. 70 °C Sattdampf mit Temperaturen von 120 bzw. 165 °C produzieren.

Die beiden von Kobe Steel unter der Marke Kobelco produzierten Aggregate sind so kompakt gebaut, dass sie prozessnah installiert werden können und damit zentrale Dampfversorger ersetzen. Die Kobelco Steam Glow Heat Pump SGH 120 kommt auf einen COP von 3,2 bei einer Abwärmetemperatur von 65 °C. Die SGH-165-Wärmepumpe Abb. 8 benötigt Abwärme mit etwa 70 °C, um eine Temperatur von 165 °C mit einem COP von 2,5 zu erreichen. Die Energieeinsparungen gegenüber einer zentralen Versorgung mit Dampf (gasbefeuerter Dampfkessel) werden mit fast 60 % angegeben, die Betriebskosteneinsparungen sollen bei rund 55 % liegen. Über die Wirtschaftlichkeit wurden keinen Angaben gemacht.

Als Kältemittel wird HFC-245fa eingesetzt, eine Pentafluorpropan-Verbindung, die unter dem Namen Genetron R245fa von Honeywell angeboten wird. Als Kälteprozess wählten die Japaner den linksläufigen, zweistufigen Rankineprozess. Bevorzugte Einsatzgebiete der dezentralen Wärmepumpen-Dampferzeuger ist die Sterilisierung von Nahrungsmitteln und Getränken, die Aufkonzentration von Flüssigkeiten und Säften, Trocknungsprozesse und die Destillation von Alkohol. Kobe Steel hat bereits im Mai 2011 mit der Vermarktung der Kobelco-Wärmepumpen-Dampferzeuger begonnen.

Großes Potenzial für Prozesswärme

In Europa wurde die Rolle der Industriewärmepumpe offenbar lange Zeit sowohl von den potenziellen Anwendern als auch von den Herstellern unterschätzt. Die wesentlichen Hemmnisse, die einem breiten Einsatz von Groß- und Hochtemperaturwärmepumpen entgegen stehen, sind fehlendes Know-how, Zweifel an der Zuverlässigkeit, aber auch fehlende Informationen über den Stand der Technik.

Jochen Lambauer, Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER), Uni Stuttgart, ist überzeugt, dass Hochtemperatur-Wärmepumpen künftig in der Industrie eine maßgebliche Rolle spielen werden. Allerdings sei noch erhebliche Entwicklungsarbeit zu leisten. Das technische Potenzial für Industriewärmepumpen liege in Deutschland bei rund 75 TWh/a mit Schwerpunkt auf den Branchen Nahrungsmittel, Chemie, Maschinenbau und Automobilindustrie.

Besonders hohe Prozesstemperaturen werden in der Nahrungsmittelindustrie, der Papierindustrie und der Chemischen Industrie be­nötigt. Durch die Ausweitung des Tempera­turspektrums der Wärmepumpe von 80 auf 140 °C Vorlauftemperatur erhöhe sich das ­Potenzial für die Industriewärmepumpe – bezogen auf Deutschland – von 75 auf 166 TWh/a. Für höhere Vorlauftemperaturen als 100 °C ­seien zweistufige Kälteprozesse notwendig, z.B. mit dem Kältemittel R134a in der ersten Stufe und dem Kältemittel ÖKO1 in der zweiten Stufe. Temperaturen von 160 °C zu erreichen sei jedoch immer noch eine Herausforderung, da hierfür spezielle Schraubenverdichter notwendig sind.

Heiz-/Kühl-Wärmepumpen: hoher COP

Unabhängig vom Temperaturspektrum ist es vorteilhaft, Erwärmungs- und Abkühlprozesse zu koppeln. Heiz-/Kühl-Wärmepumpen mit einem Temperaturniveau unter 70 °C könnten einen COP von durchschnittlich 7,7 erreichen, so die Recherchen im Rahmen der Annex-35-Aktivitäten. Bei Holztrockungsanlagen könne man trotz hoher Vorlauftemperaturen (90 bis 120 °C) und einer Abwärmetemperatur (Wärmequelle) von 50 bis 60 °C mit einem COP von 5 rechnen. Interessant ist die Anwendung der Hochtemperatur-Wärmepumpe in der Metallindustrie, beispielsweise um Dreh-, Schneid- und Frästeile zu reinigen, da dort Temperaturen von bis zu 140 °C benötigt werden und an gleicher Stelle Wärmequellen von 60 bis 80 °C zur Verfügung stehen.

Mit dem Bau einer Demonstrationsanlage erhofft man sich mehr belastbare Werte über Zuverlässigkeit, Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen. Partner im Hochtemperatur-Wärmepumpen-Projekt der IEA sind die Firmen Combitherm, Emerson Climate Technologies, Ochsner und Thermea. Die aktuelle Situation der Industriewärmepumpe in Europa – bezogen auf erreichbare Vorlauftemperaturen – sieht Lambauer so:

  • unter 80 °C: Standard-Wärmepumpe, am Markt erhältlich
  • bis 100 °C: erste Aggregate erhältlich
  • bis 140 °C: in naher Zukunft erhältlich
  • bis 160 °C: die Suche nach geeigneten Kältemitteln hält an.

Voraussetzungen für die Wirtschaftlichkeit von Hochtemperatur-Wärmepumpen sind nach den jetzigen Erkenntnissen eine maximale Temperaturdifferenz zwischen Wärmesenke und Wärmequelle von 50 K sowie hohe Jahresbetriebsstunden.

Fazit

Die Hauswärmepumpe wird zum Massenprodukt, insbesondere durch das wachsende Angebot an vorgefertigten, standardisierten Kältemodulen. Nach Ansicht von Marktkennern wird dadurch das Angebot an Hocheffizienz-Hauswärmepumpen weiter wachsen. Aktuell geht der Trend zu größeren Wärmepumpenleistungen; Kaskadenlösungen sind eher rückläufig. Groß- und Hochtemperatur-Wärmepumpen spielen in Zukunft in der Industrie eine wichtige Rolle; insbesondere für Koppelprozesse mit gleichzeitigem Heizen und Kühlen, und zwar möglichst dezentralisiert und produktionsnah. Ob die industriellen Anwender in Europa bereit sind, auf konventionelle Dampferzeuger zugunsten von dampferzeugenden Wärmepumpen zu verzichten, darf momentan infrage gestellt werden. Japanische Unternehmen zeigen mit der 165-°C-Wärmepumpe Pioniergeist. Der Wettbewerb bei den Hochtemperatur-Wärmepumpen ist damit eröffnet. •

1) Das Kältemittel R717, Ammoniak, NH3, wird für die Nutzung in Kälte­prozessen zwar synthetisch erzeugt, gilt aber als natürliches Kältemittel, da es in den Stoffkreisläufen der Erde vorkommt. Ammoniak hat kein Ozonabbaupotenzial (Ozone Depletion Potential, ODP = 0) und keinen direkten Treibhauseffekt (Global Warming Potential, GWP = 0).

Weitere Fachberichte zum Thema Wärmepumpen enthält das TGAdossier Wärmepumpe: Webcode 718

Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Bauherren

TGA-Planer: Die Anwendungspotenziale für Groß- sowie Hochtemperatur-Wärmepumpen im produzierenden Gewerbe erfordern neben dem Kreisprozess-Know-how auch umfassende Kenntnisse über die zu koppelnden Prozesse und Verfahrensschritte einschließlich ihrer (Anfahr)Dynamik sowie eine weit­gefasste Wirtschaftlichkeitsanalyse.

Anlagenbauer: Mit der Dezentralisierung der Wärme- und Kälteerzeugung innerhalb einer Produktionskette steigt die Ausfallwahrscheinlichkeit. Gleichzeitig bedeutet dies, dass eine Alternativaus­rüstung die Verfügbarkeit erhöht. Besonders interessant sind deswegen Anlagenkonzepte, die sich ­parallel zu der Vorhaltung einer zentralen Versorgung amortisieren.

Bauherren: Insbesondere wenn in Prozessen zeitgleich (und voneinander abhängig) Heiz- und Kühl­bedarf auf moderaten Temperaturniveaus existiert, lohnt sich eine Analyse, ob mit Wärmepumpen­prozessen die Wirtschaftlichkeit erhöht werden kann.

Schweden: Verdichter führen Schadenstatistik an

Schweden zählt zu den reifen Wärmepumpenländern, also zu den Musterländern. Erdgekoppelte Wärmepumpen kommen in Schweden bereits seit über 25 Jahren zum Einsatz. Der Markt gilt als stabil und etabliert, wenngleich steigende Kosten für Sondenbohrungen dafür sorgen, dass vermehrt hocheffiziente Luft/Wasser-Wärmepumpen installiert werden. Doch auch nach 25-jähriger Erfahrung mit Wärmepumpen gibt es Probleme im Betrieb, wie eine Auswertung der Versicherungsfälle mit Grundwasser-Wärmepumpen zeigt: 21916 Schadensfälle in den Jahren 1999 bis 2009 verursachten demnach Kosten in Höhe von 31 Mio. US-$, das sind durchschnittlich rund 1400 US-$ pro Schaden. Auffallend bei allen Wärmepumpenbauarten ist die hohe Schadenshäufigkeit des Verdichters, gefolgt vom Regelungssystem. Bei der Grundwasser-Wärmepumpe klemmt zudem öfters mal das Regelventil, dagegen fallen bei Schadensfällen mit Luft/Luft-Wärmepumpen häufiger die Ventilatoren aus.

Als Gegenmaßnahme empfiehlt das zuständige schwedische Forschungsinstitut Sveriges Tekniska Forsknings­institut:

  • Verbesserung der fachspezifischen Kenntnisse der Installateure
  • bessere Information des Endverbrauchers über die Besonderheiten des Wärmepumpenbetriebs
  • leicht verständliche Betriebsanleitung
  • Aufklärung des Nutzers über die Notwendigkeit einer regelmäßigen Wartung der Wärmepumpe
  • Verbesserung der Produkt- und Installationsqualität/Zertifizierung
  • Verbesserung der Kommunikationskette vom Hersteller bis zum Endkunden.

Aus Großbritannien meldet das Department of Energy & Climate Change folgende Probleme mit Wärmepumpen:

  • fehlerhafte Dimensionierung der Erdsonden, der Wärmepumpe, der Wärmeverteilanlage, des Warmwasserspeichers und der Umwälzpumpe(n)
  • fehlerhafte Regelungsstrategien, zum Beispiel zu lange Enteisungsintervalle, verfrühtes Zuschalten von externen Nachheizern, selbst wenn die Wärmepumpe noch im Teillastbetrieb fährt, permanenter ­Betrieb der Umwälzpumpe, auch wenn kein Bedarf besteht, defekte Regelventile
  • Leckstellen im Glykolkreislauf
  • nicht ausreichende Wärmedämmung von Speicher und Rohrleitungen.

Als Konsequenzen aus den Schäden fordern die Initiatoren der britischen Untersuchung eine obligatorische Wärmebedarfsberechnung für jedes mit einer Wärmepumpe zu beheizende Gebäude, eine Auslegung der Wärmepumpe auf höchstens –1 bis –3 °C sowie bei Erdwärmepumpen die Berechnung der Erdsonden. Auch gibt es Forderungen, dass die Daten der Erdsondenbohrung an die British Geological Survey weitergeleitet werden müssen. Der Referent des Vortrags, Van B. Baxter vom renommierten Oak Ridge National ­Laboratory, Oak Ridge, Tennessee, USA, machte keinen Hehl daraus, dass es auch in den USA Nachholbedarf bei der Verbesserung der Installationsqualität gibt. Seine Einschätzung: Die Produkte sind in Ordnung, aber die Installateure geben ein schwaches Bild ab. „30 % machen einen guten Job, 30 % glauben, sie machen einen guten Job und der Rest arbeitet schlecht. Ja, es ist noch ein langer Weg für die Installateure“, sagt ­Baxter resigniert.

Von der großen Wärme­pumpe zur ­Groß­wärmepumpe

Der Begriff „Großwärmepumpe“ ist in der Kälte-/Wärmepumpenbranche nicht exakt definiert, ebenso verhält es sich mit dem Begriff „Industriewärmepumpe“. Hersteller von Hauswärmepumpen sehen die Grenze zur Großwärmepumpe oft schon ab einer Wärmeleistung von 20 kW, andere geben 50 kW als Leistungsgrenze an. Im BAFA-Teil des Marktanreizprogramms (MAP) ist generell nur von „Wärmepumpen“ die Rede, die Leistungsgrenze liegt bei 100 kW; die Förderung von „großen Wärmepumpen“ mit über 100 kW Wärmeleistung im Auslegungspunkt delegiert das MAP an die KfW.

Glen Dimplex definiert „Großwärmepumpen“ so: „Wenn ein besonderer Aufwand bei der Planung und Erschließung der Wärmequelle notwendig ist, mehrere Bedürfnisse, wie Heizen, Kühlen oder Entfeuchten, mit einer Anlage gleichzeitig abgedeckt werden sollen, die Wärmepumpe in eine übergeordnete Gebäudeleittechnik integriert ist oder die Wärmepumpe zur Abwärmenutzung in industriellen und gewerblichen Prozessen eingebunden ist.“ Nicht die Leistung der Wärmepumpe sei das maßgebliche Kriterium, sondern die Art und Weise, wie die Anlage errichtet wird. Allgemein habe sich jedoch eine leistungsabhängige Bezeichnung für den Begriff Großwärmepumpe durchgesetzt, die bei 100 kW thermischer Leistung liege, so Glen ­Dimplex.

Combitherm, Hersteller von gewerblichen und ­industriellen Flüssigkeitskühlsätzen, definiert Großwärmepumpen „beginnend bei einer Heiz­leistung von 2000 kW bis 50 MW und höher, bei maximalen Heizwassertemperaturen von 75 °C“. (Quelle: KKA Großkälteheft 2009, Hochtemperaturwärmepumpen, aktuelle Situation und Perspektiven. Steffen Klein, Combitherm, Fellbach). ­ Der Begriff „Industriewärmepumpen“ sei dagegen weniger an eine Leistung gebunden, sondern an die jeweiligen industriellen oder verfahrenstechnischen Prozesse. Steffen Klein definiert den Begriff Industriewärmepumpe mit Heizleistungskapazitäten von 20 bis 5000 kW und vergleichsweise hohen Temperaturen. Er schlägt in seinem Fach­beitrag ­außerdem vor, ab einer Vorlauftemperatur von 70 °C von einer Hochtemperaturwärmepumpe zu sprechen.

Wolfgang Schmid

ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de

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