Kompakt informieren
- Marktforscher weisen darauf hin, dass durch die hohen Einstiegspreise von Stirling-Mikro-KWKGeräten der Markt ohne staatliche Förderung kaum in Bewegung kommt.
- Im Markt existieren falsche Erwartungen: 75 % der potenziellen Mikro-KWK-Käufer gehen von einer Amortisation ihrer Investition aus.
- Die wärmegeführte Betriebsweise als Standardstrategie für Mikro-KWK muss überdacht werden.
- Aus der Netzeinspeisung mit einem Stirling-Mikro-KWK-Gerät ergibt sich keine Rendite.
Die Anzahl der installierten Mikro-KWK-Geräte wird bis zum Jahr 2020 bei rund 100000 Anlagen liegen, resümieren die Marktforscher von trend:research, Bremen, aufgrund der Ergebnisse von zwei Multi-Client-Studien über Mikro-KWK-Geräte1) und BHKW in Deutschland. Wesentliche Triebkräfte für diesen Markt seien der inzwischen verlängerte Förderzeitraum2) durch das KWK-Gesetz sowie die Möglichkeit, die Vorgaben im Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) über den Anteil erneuerbarer Energien in Gebäuden durch den Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) zu kompensieren. Wegen der hohen Entwicklungskosten und der damit hohen Einstiegspreise von Mikro-KWK-Geräten wird der Markt ohne staatliche Förderung bei der aktuellen Wettbewerbssituation auf dem Wärmemarkt kaum in Bewegung kommen, so Jens Gatena von trend:research.
Hauptwettbewerber der Mikro-KWK sind aus Sicht der Marktforscher Hocheffizienz-Wärmepumpen sowie Biomasse-Heizungen. Bemerkenswert ist, dass der Begriff „Mikro-KWK“ nur bei 15 % der gewerblichen Kunden bekannt ist. Offenbar hat der Endkunde auch noch keine Vorstellung, welchen Preis er für seine künftige Rolle als Betreiber eines Mikro-Kraftwerks bezahlen muss Abb. 1. Während in Fachkreisen offen darüber gesprochen wird, dass sich in den meisten Fällen die Investition in ein Mikro-KWK noch nicht lohnt, gehen rund 75 % der Befragten von Kosteneinsparungen und einer Amortisation ihrer Investition aus. Rund 47 % der von trend:research Befragten rechnen sich sogar Verdienstmöglichkeiten aus, sei es durch Förderung und Zuschüsse oder durch Einnahmen aus der Stromeinspeisung in das Netz.
Als auffälligste Marktbremse gilt die unstete Förderpolitik des Bundes. Andere Marktakteure sehen in dem kaum mehr zu durchschauenden Dschungel aus Verordnungen, Richtlinien und Gesetzen das eigentliche Markthemmnis. Obwohl immer mehr Hersteller auf den Markt drängen – das BHKW-Infozentrum schätzt die Anzahl der BHKW-Module im Leistungsbereich von 1 kW bis 20 MW auf 1200 Einheiten – sank die Anzahl neuer Anlagen laut trend:research im Jahr 2010 um 10 %. Insgesamt wird die Anzahl installierter Mikro-KWK-Anlagen bis 10 kW elektrischer Leistung mit rund 30000 angegeben. 2010 gingen in Deutschland etwa 4000 Anlagen in Betrieb. Der Privatsektor spiele derzeit in diesem Leistungssegment eine untergeordnete Rolle. Hauptabnehmer seien vor allem gewerbliche Kunden. Erst ab 2015 werde der Anteil an Privatkunden deutlich zunehmen, so trend:research.
Statussymbol anstatt Heizkesselersatz
Wer Mikro-KWK dem Kunden nur als Austauschkomponente für abgängige Öl- oder Gasheizkessel anbietet, verkennt offenbar den Mehrwert und das Lifestyle-Potenzial des Minikraftwerkes. Fiona Riddoch, Geschäftsführerin des Lobbyverbands Cogen Europe, European Association for the Promotion of Cogeneration, Brüssel, betonte auf der KWK-Fachtagung der Renexpo 2011 in Augsburg die tragende Rolle, die Mikro-KWK-Geräte in der Energieeffizienzoffensive der EU einnehmen könnten. Wichtig für die Vermarktung seien mehrdimensionale Geschäftsmodelle, die Smart-Grid-Funktionen mit einbeziehen. Die Bedienung der Bedürfnisse von Netzbetreibern und Stromversorgern sei bei Mikro-KWK jedoch nur über einen stromgeführten Betrieb, das heißt über dezentrale Speicherfunktionen möglich.
Dabei sollten Gebäude, Warmwasser-Pufferspeicher oder die Batterien von Elektroautos gleichermaßen mit einbezogen werden. Nur durch Zusatzfunktionen, mit denen der Endverbraucher Geld verdienen kann, würden sich Mikro-KWK-Geräte langfristig am Markt etablieren Abb. 2. Je mehr diese Geräte in Smart-Grid-Funktionen eingebunden seien, desto mehr können sie zur Kompensation volatiler Stromkontingente aus Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen beitragen. Ein wichtiges Nahziel zur Durchsetzung von mehr Marktakzeptanz sei die Energieeffizienz-Klassifizierung der Mikro-KWK-Geräte im Rahmen der EU-Ecodesign-Richtlinie. Dadurch werde Transparenz zu konkurrierenden Produkten, wie Brennwertheizgeräten und Wärmepumpen geschaffen, so Riddoch.
Nationaler Wärme- und Kälteplan
Unterstützung erhält die Mikro-KWK-Branche durch den Plan der Bundesregierung, durch die Novellierung des KWK-Gesetzes den Anteil an KWK-Strom bis 2020 auf 25 % zu verdoppeln. Außerdem solle die Richtlinie 2006/32 EG über Energieeffizienz und Energiedienstleistungen (EDL-Richtlinie) mit der KWK-Richtlinie zusammengefasst und überarbeitet werden, so Wolfgang Müller, Referat Energieeffizienz im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU).
In einem nationalen Wärme- und Kälteplan sei außerdem vorgesehen, effiziente Fernwärme- und Fernkälteinfrastrukturprojekte auf der Basis der Kraft-Wärme-Koppelung „generell“ zu fördern Abb. 3. Mehr noch: Künftig solle im Zusammenhang mit der Kraft-WärmeKoppelung immer auch die Option „Kälte aus Wärme“ genannt werden, zumal der Kältebedarf von Gebäuden stetig zunehme, betont Wolfgang Müller.
Zweifel gäbe es allerdings darüber, ob eine Wirtschaftlichkeit von Mikro-KWK-Anlagen mit 5 bzw. 1 kWel schon erreicht werde. Die Konsequenz wäre, die Förderung sehr kleiner Anlagen zu vereinfachen. Neben der Vor-Ort-Versorgung mit Strom und Wärme sollen KWK-Anlagen künftig auch für Regelungsaufgaben im Netz zur Verfügung stehen. Dazu sei es notwendig, ausreichende Wärmespeicherkapazitäten zur Überbrückung netzstabilisierender Abschaltzeiten bereitzuhalten. „Die Fernsteuerbarkeit muss auch für kleinere KWK-Anlagen möglich sein“, so Wolfgang Müller.
1 kWel ist für Einfamilienhäuser zu groß
Aus Sicht von Josef Lipp vom Lehrstuhl für Energiewirtschaft und Anwendungstechnik an der Technischen Universität München eignen sich die jetzt auf den Markt kommenden Mikro-KWK-Geräte mit Stirlingmotor nur bedingt für das Einfamilienhaus. „Die meisten Nutzer sind erstaunt darüber, dass die elektrische Grundlast ihres Haushaltes nur 200 bis 300 W beträgt. Ein KWK-Gerät, das eine Leistung von 1 kWel produziert, ist deshalb für das Einfamilienhaus zu groß“, belegt Lipp anhand von gemessenen Lastgängen. Mikro-KWK-Geräte würden sich deshalb eher für gewerbliche Gebäude eignen. Einen 1-kW-Stirlingmotor abzuregeln sei nicht ganz einfach und deshalb auch nicht anzustreben.
Dagegen ließen sich die kommenden Brennstoffzellen-KWK-Geräte leichter an die Lastkurve eines Einfamilienhaushalts anpassen. Außerdem würden Brennstoffzellen bedeutend leiser arbeiten als Stirlingmotoren; ein Hinweis auf mögliche Schallprobleme. Mit dem Mikro-KWK auch noch Geld durch Netzeinspeisung zu verdienen, sei derzeit eine Illusion. Durch den Stromverkauf bekommt der Mikro-KWK-Betreiber lediglich eine Vergütung von 10 ct/kWh, beim Eigenverbrauch läge sein Tarifvorteil bei 26 ct/kWh. Insgesamt seien die Investitionskosten des 1-kW-Stirlingmotor-KWK-Geräts noch zu hoch, um ihren Betrieb wirtschaftlich darstellen zu können. Eine bessere Amortisation böten 5-kW-Mini-KWK-Geräte à la Dachs, wenn diese auf die Grundlast eines Gebäudes ausgelegt seien und Mittel- bzw. Spitzenlast von einem Heizkessel bereitgestellt werde. „Das 5-kW-BHKW ist Stand der Technik, wenn es richtig eingesetzt wird“, so Lipp.
Im Hinblick auf die Zunahme fluktuierender Stromeinspeisungen aus Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen in das öffentliche Stromnetz geht Lipp davon aus, dass auch Mini- und Mikro-KWK-Anlagen künftig eher stromgeführt betrieben werden müssen. Deshalb spiele die Speicherdimensionierung und das Speichermanagement eine zunehmend größere Rolle. Ziel müsse es sein, BHKW in virtuelle Kraftwerke einzubinden, damit sie als schaltbare Regelenergie zur Verfügung stehen. Deshalb sei die Entwicklung effizienter Speicherstrategien eine wichtige Zukunftsaufgabe. Überschüssiger Strom Vor-Ort in Batterien zu speichern sei mit der aktuell zur Verfügung stehenden Technologie noch nicht wirtschaftlich. „Das billigste Wärmespeichermedium ist derzeit Wasser“, betont Lipp.
Planungsaufwand wird unterschätzt
Über die Sinnhaftigkeit von Mikro-KWK-Anlagen in Einfamilienhäusern ist die Branche jedoch gespalten; schließlich will jeder Hersteller und jeder Heizungsfachmann möglichst viele der teuren Geräte verkaufen. Häufig heißt es dazu, der Kunde habe es so gewollt. Basta! Manche dieser überdimensionierten Anlagen seien nur eine Stunde am Tag in Betrieb, sickerte bei den informellen Gesprächen am Rande der Tagung durch.
Andreas Bachor, Leiter Produktentwicklung Marketing Services der E.on Ruhrgas AG, Essen, rat davon ab, Passiv- oder Niedrigenergiehäuser mit Mikro-KWK-Geräten auszustatten, da bei weniger als 7500 kWh Jahreswärmeenergieverbrauch ein geordneter Betrieb nicht möglich sei. Um spätere Reklamationen zu vermeiden sollte man die Anlage nach der Richtlinie VDI 4656 „Planung und Dimensionierung von Mikro-KWK-Anlagen“ auslegen. Durch den Vergleich mit Referenzlastprofilen für Wärme, Strom und Warmwasser von Ein- und Mehrfamilienhäusern (bis 70 kW Heizlast) könne man Typ und Größe des Mikro-KWK-Gerätes optimal auf das Gebäude und die Nutzergewohnheiten abstimmen.
Grundsätzlich neigten Planer und Heizungsfachleute dazu, KWK-Geräte zu groß auszulegen. Damit würden die Wirtschaftlichkeit und langfristig auch das Image der Geräte infrage gestellt. Am meisten unterschätzt werde aber die Komplexität der Planung, die laut VDI 4656 rund 20 Arbeitsschritte umfasse. Insbesondere der Aufwand über die rechtlichen und vertraglichen Rahmenbedingungen sowie für Anmeldung und Inbetriebnahme der Anlage werde unterschätzt.
Steiniger Weg: Stromverkauf an Mieter
Die meisten der neu am Markt eingeführten Stirling-Mikro-KWK-Geräte haben eine typische Heizleistung von 6,0 kW, mit Zusatzbrenner etwa 20 bis 24 kW sowie eine elektrische Leistung von 1 kW. Senertec, der im Segment Mini-KWK wohl erfahrenste Hersteller – vom Dachs wurden inzwischen rund 18000 Gas- und 7000 Heizölgeräte ausgeliefert – empfiehlt das Dachs Stirling-Gerät Abb. 4 für Gebäude mit einem Jahreswärmebedarf zwischen 15000 und 35000 kWh. Bei gleichzeitig erzeugten 3000 bis 5000 kWh Strom läge die Eigennutzung des KWK-Stroms zwischen 40 und 70 %, rechnet Jochen Senft von Senertec vor.
Idealerweise eigne sich der Dachs Stirling für Wohngebäude mit mehr als fünf Wohneinheiten, eine Gebäudekategorie, von der in Deutschland rund 1 Mio. existiert. Allerdings sei der Verkauf von Wärme und Strom aus Mikro-KWK-Anlagen an mehrere Mieter ein steiniger Weg mit zahlreichen rechtlichen Fallstricken. Insbesondere die lokalen Energieversorger würden den Pionieren der dezentralen Stromversorgung oft Steine in den Weg legen, berichtet Senft. Bis rechtssichere Geschäftsmodelle für den Verkauf von KWK-Strom an Mieter entwickelt worden sind, empfiehlt er, mit dem Stromversorger eine vernünftige Rückspeisevergütung auszuhandeln. Senft ist überzeugt, dass sich der Absatz von Mikro- und Mini-KWK-Anlagen durch ein rechtssicheres Geschäftsmodell „KWK-Stromverkauf an Mieter“ bedeutend steigern lasse.
Gesucht: SHK-Krafthandwerker
Zwar gibt es inzwischen Mikro-KWK-Geräte für den Einbau beim Endverbraucher, aber besteht beim SHK-Handwerk überhaupt Interesse, diese zu installieren und damit womöglich Risiken einzugehen? Im Kreise der Energieversorger gilt das SHK-Handwerk offenbar als nicht gerade innovationsfreudig: Über zehn Jahre habe es gedauert, bis Brennwerttechnik vom Handwerk als Standard akzeptiert wurde (erst im Jahr 2006 hat der Brennwerttechnikanteil in der Wärmeerzeugerabsatzstatistik die 50-%Marke übersprungen, 2011 wird er bei rund 66 % liegen).
Eine derart lange Markteinführungszeit könne man sich bei den Mikro-KWK-Geräten nicht leisten, so Bachor. Mehr als 50 Gerätehersteller und Energieversorgungsunternehmen haben sich in einer Mikro-KWK-User-Group zum Ziel gesetzt, bis Ende 2011 rund 150 Mikro-KWK-Anlagen im Rahmen ihres „Push-Programms“ in Betrieb zu nehmen, um Erfahrungen mit der Planung, Installation und Gerätezuverlässigkeit zu sammeln. In einem nächsten Schritt soll geprüft werden, inwiefern sich Mikro-KWK-Anlagen für Contracting eignen.
Wichtig sei es, einen Stamm an „SHK-Krafthandwerkern“ auszubilden, um ihn mit den spezifischen Rahmenbedingungen von Mikro-KWK-Geräten vertraut zu machen Abb. 5. „Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung gehört nicht unbedingt zum Tagesgeschäft eines klassischen SHK-Fachhandwerkers“, bemerkt Bachor. Die Amortisation der Investition sei aber ein wichtiges Verkaufsargument bei Mikro-KWK-Geräten. Verstärkt will sich die Mikro-KWK-User-Group auch um das komplexe Thema Strom- und Wärmeabrechnung in Mehrfamilienhäusern kümmern, ein Themenfeld, das von den Marktakteuren durchweg als problematisch beurteilt wird. Auch die Anmeldung und das Genehmigungsprocedere bei EVU und Behörden müssten für den SHK-Fachhandwerker einfacher und transparenter werden.
Marktbremse Bürokratie
Mikro-KWK-Geräte sind fast so einfach zu installieren wie Brennwertheizgeräte. Solche Aussagen finden sich fast in jedem Bauherren-Prospekt. Bis es zur Geräteinstallation kommt, müssen sich Bauherren und Fachhandwerker jedoch mit einer ausufernden Bürokratie rund um die Kraftzwerge herumschlagen. Zu berücksichtigen sind das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, Anträge auf die BHKW-Einspeisevergütung und auf die Befreiung von der Energiesteuer, Beantragung von Mitteln aus EVU- und KfW-Förderprogrammen, Antrag auf Stromeinspeisung beim Versorger und, und, und… Der bürokratische Aufwand könnte sich damit schnell zur Marktbremse entwickeln.
Mit der Dienstleistung „ecoPower Service Wunder“ will Vaillant potenzielle Mikro-KWK-Kunden, aber auch den Fachpartner im SHK-Handwerk vom bürokratischen Papierkram entlasten. Vaillant-Experten bereiten nicht nur alle Dokumente unterschriftsreif für die Erstzulassung vor, sie kümmern sich auch um die jährlichen Anträge und Meldungen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Hauptzollamt, Stromversorger und der Bundesnetzagentur. Der Preis für diese Dienstleistung beträgt 295 Euro brutto, das Anschlusspaket jährlich 39 Euro.
Marktunterstützung durch Contracting
Das Mikro-KWK-Gerät wird zunächst kein Selbstläufer sein. Darin sind sich die Marktakteure einig. Um das Risiko für Kunden und Fachhandwerk abzumildern, will der Energieversorger und Dienstleister EWE deshalb ein spezielles Contracting-Programm für Mikro-KWK auflegen. „Wir erleben SHK-Handwerker im Umgang mit Mikro-KWK-Geräten teilweise sehr hilflos“, sagte Markus Speidel, Vertrieb Energiedienstleistungen der EWE Energie AG, Oldenburg. „Als Contractor übernehmen wir das Risiko für diese neue Technologie, beziehen aber das SHK-Handwerk mit ein.“
Eine wichtige Zielgruppe für Mikro-KWK-Geräte seien Hausbesitzer, die vor den hohen Kosten einer energetischen Sanierung ihres Gebäudes zurückschrecken oder die die Vorgaben des EEWärmeG nicht umsetzen wollen oder können. So sei die Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energie erfüllt, wenn der Wärmebedarf mit mindestens 50 % aus Anlagen zur Nutzung von Abwärme oder unmittelbar aus KWK-Anlagen gedeckt werde. Größte Herausforderung für die erfolgreiche Markteinführung von Mikro-KWK-Geräten seien die vermutlich höheren Investitions- und Installationskosten, das fehlende Technologieverständnis bei Handwerkern und Kunden sowie der fehlende Bekanntheitsgrad“, so Speidel. Deshalb könnten Contractoren die Einführung der Technologie wesentlich schneller vorantreiben als das SHK-Handwerk.
Wirtschaftlich erst ab 3000 h/a
Die Grenze der Rentabilität einer Mikro-KWK-Anlage der Bauart Stirlingmotor mit 1 kW elektrischer und 6 kW thermischer Leistung rechnet sich nach der einfachen Formel: geringer Wärmebedarf – geringe Laufzeit – geringe Wirtschaftlichkeit. Mike Redder, Viessmann, sieht die untere Grenze eines Stirling-KWK-Geräts bei 3000 Betriebsstunden pro Jahr. Ideal seien ein Jahresverbrauch von ca. 4000 m3 Erdgas und eine Laufzeit von 5000 bis 6000 h/a. Neue Einfamilienhäuser kämen allenfalls auf eine Laufzeit von 1000 h/a sowie einen Jahresverbrauch von etwa 1000 m3 Erdgas und seien deshalb für Mikro-KWK-Geräte nicht geeignet. Besonderes Augenmerk bei der Installation müsse auf eine senkrechte, „lotrechte“ Ausrichtung des Gerätes und die Befestigung an einer möglichst massiven Wand gelegt werden Abb. 5. Sonst müsse mit Geräuschen und übermäßiger Beanspruchung des Stirlingmotors gerechnet werden.
Auch Detlef Oltmann von Brötje weist ausdrücklich darauf hin, dass sich Stirling-Mikro-KWK-Geräte nicht für die Montage an Leichtbauwänden eignen. Oltmann geht indirekt auf die Schallprobleme ein: „Wir haben viel Zeit und Material in die Schalldämmung gesteckt. Deshalb ist unser Gerät mit rund 139 kg auch relativ schwer.“
Freude hat der Betreiber eines Stirling-Mikro-KWK-Gerätes offenbar nur dann, wenn es gut zum Gebäude und den Nutzungsgewohnheiten der Bewohner passt. Häufiges Takten verschlechtert den Wirkungsgrad und verkürzt die Lebensdauer des Geräts. Auch an die träge Reaktion des Stirlingmotors müsse sich der Nutzer gewöhnen. So dauert es rund sieben Minuten, bis der Stirlingmotor seine maximale elektrische Leistung erreicht. Mangelhafte Installationen bei den Feldversuchen haben Brötje dazu bewogen, das Ecogen-Stirling-Gerät nur als Systembestandteil zusammen mit einem getesteten Pufferspeicher anzubieten. Im Hinblick auf Smart-Grid-Funktionen kann das Gerät von „wärmegeführt“ auf „stromgeführt“ umgeschaltet werden. Vorläufig werde man nur mit ausgesuchten Fachhandwerkern zusammenarbeiten, idealerweise mit Betrieben, die Heizung und Elektrotechnik aus einer Hand anbieten.
„Mehr auf Bauchgefühl setzen“
Mit rund 25000 verkauften Dachs-Mini-BHKW kann Senertec in punkto Auslegung, Behördenkram und Käufermotivation die meiste Erfahrung vorweisen. Senft sieht den Markt für Mikro-KWK-Stirling-Geräte deshalb positiver als Wettbewerber und Marktforscher: „Unser Ziel sind 30000 Einheiten pro Jahr. Endlich können wir mit dem Dachs Stirling auch die Kunden beliefern, für die der Dachs zu groß ist.“ Einen wichtigen Verbündeten sieht Senertec in der Elektromobilität. „Der Kunde will künftig den Strom für sein Elektroauto am liebsten selbst produzieren. Da kommt das Stirlinggerät gerade recht. Das hat eher etwas mit dem Bauchgefühl zu tun und weniger mit wirtschaftlichen Überlegungen.“
Auch Senertec weist auf Schwierigkeiten mit dem Schall bei Stirling-Mikro-KWK-Geräten hin. „Wir haben das Problem gelöst, indem wir das Aggregat direkt am Pufferspeicher befestigen Abb. 4. Ohne Pufferspeicher wird das Gerät ohnehin nicht verkauft.“ Auch wenn die Einspeisung von solarer Wärme in den Pufferspeicher den Gesamtwirkungsgrad des Gerätes eventuell schmälere, bietet Senertec diese Option an. „Die Kunden wollen die solare Einkopplung. Das müssen wir akzeptieren.“
Fazit
Mikro-KWK-Geräte machen nicht autark und müssen zum Gebäude und zu den Nutzungsgewohnheiten der Bewohner passen; für Einfamilienhäuser nach EnEV sind sie eher ungeeignet. Auch bei sorgfältiger Anlagenauslegung ist bei den aktuellen Gerätepreisen eine Wirtschaftlichkeit kaum darstellbar. Als ideal gelten Mehrfamilienhäuser ab etwa fünf Wohneinheiten. Firmen wie Senertec setzen eher auf Kunden mit Bauchgefühl und weniger auf Pfennigfuchser. Viele Kunden wollen ihren Strom einfach selbst erzeugen und unabhängig(er) werden Abb. 7, so die Erfahrungen. Das Elektroauto könnte diesen Trend noch beschleunigen Abb. 8. •
1) Die Prognose von trend:research bezieht sich auf Geräte mit einer Nennleistung bis 15 kWel.
2) Mit dem Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 2011, BGBl I Nr. 41 vom 3. August 2011, Seite 1554, wurde im Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG 2002) u.a. geändert, dass Betreiber kleiner KWK-Anlagen mit einer elektrischen Leistung bis 50 kW, die bis zum 31. Dezember 2020 in Dauerbetrieb genommen werden, für den KWK-Strom einen Anspruch auf Zahlung eines Zuschlags in Höhe von 5,11 Ct/kWh für einen Zeitraum von zehn Jahren ab Aufnahme des Dauerbetriebs der Anlage. Vor der Neuregelung sah das Gesetz den 31. Dezember 2016 als Frist vor.
Mehr Infos zum Thema im TGAdossier Mini-KWK: Webcode 716
Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Bauherren
TGA-Planer: Bei der Planung von Mikro-KWK-Anlagen ist die Entwicklung des Wärme- und Elektroenergiebedarfs während der Amortisationszeit zu berücksichtigen. Eine Gebäudedämmung, die Anschaffung sparsamer Haushaltsgeräte und eine Verringerung der Personenzahl können erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit haben.
Anlagenbauer: Mit der Installation ist es nicht getan: Die Planung einer KWK-Anlage umfasst nach VDI 4656 rund 20 Arbeitsschritte. Insbesondere der Aufwand für rechtliche und vertragliche Rahmenbedingungen sowie für Anmeldung und Inbetriebnahme der Anlage dürfen nicht unterschätzt werden.
Bauherren: Eine Mikro-KWK-Anlage mit Stirling-Motor ist unter den aktuellen Marktbedingungen kein Renditeobjekt. Ein wirtschaftlicher Betrieb ist nur möglich, wenn durch einen dauerhaft hohen Wärmebedarf lange Laufzeiten erreicht werden und ein hoher Anteil der erzeugten Elektroenergie für den Eigenbedarf eingesetzt wird.
Gemeinsame Beschaffung
Mini-KWK-Anlagen in Verbindung mit innovativen Geschäftsmodellen bieten Stadtwerken die Chance, einen Teil ihres Gasabsatzes abzusichern und sich mit der kombinierten Strom- und Wärmeerzeugung von reinen Energielieferanten und Wettbewerbern abzugrenzen. Die Stadtwerke-Kooperation Trianel will dazu mit dem technologieoffenen und herstellerunabhängigen „Umsetzungsprojekt Mini- und Mikro-BHKW“ den Weg und den Markt bereiten. Projektstart ist Anfang Dezember 2011. Im Zentrum der Initiative steht, massenmarkttaugliche Produkte (Gesamtangebote) mit einem möglichst hohen Standardisierungsgrad zu entwickeln, die sowohl für den Kunden als auch für die anbietenden Stadtwerke attraktiv sind, erläutert Projektleiter Michel Nicolai. „Mini- und Mikro-BHKW sind in Deutschland noch ein Nischenprodukt, obwohl mittlerweile technisch ausgereifte Produkte verfügbar sind und sich das Angebot stark vergrößert hat.“ Durch die geringe Verbreitung der Technik seien wirtschaftliche Geschäftsmodelle für einzelne Stadtwerke derzeit noch nicht erkennbar. Eine gemeinsame Beschaffungsplattform für die Projektteilnehmer soll dies ändern. Ziel ist es, durch Skaleneffekte, die ein einzelnes Stadtwerk nicht erreichen kann, zu jedem der im Rahmen des Projekts erarbeiteten Geschäftsmodelle das richtige BHKW zum richtigen Preis anbieten zu können. Vertrieb und Installation sollen in enger Kooperation mit dem regionalen SHK-Handwerk erfolgen. http://www.trianel.de
Tipp
Gesucht: Partner für die Erschließung des KWK-Marktes
Die Heizungsindustrie ist lange einem KWK-Konzept hinterhergerannt, das in kleinen Wohngebäuden ohne massive Dauerförderung kaum eine attraktive Amortisation gewährleisten kann. Im wärmegeführten Betrieb mit möglichst vielen Betriebsstunden, aber minimalem Ertrag pro Betriebsstunde, ist es extrem schwierig, innerhalb von nur zehn Jahren die hohen Investitionskosten zu tilgen. Denn ab dem elften Jahr erhält der Betreiber keinen KWK-Bonus mehr.
Spätestens seit LichtBlick vor zwei Jahren sein SchwarmStrom-Konzept (Webcode 257655) vorgestellt hat, ist die stromgeführte Betriebsweise für Mini-KWK-Anlagen in den Fokus gerückt. Es muss aber nicht gleich ein virtuelles Großkraftwerk sein, das an den großen Rädern am Strommarkt dreht. Seit sich durch eine Anpassung der Förderung ein hoher Eigenverbrauchsanteil lohnt, kann die Führung nach dem eigenen elektrischen Lastgang (sowie eine gezielte Beeinflussung des Lastgangs) wirtschaftlicher als die maximale Stromproduktion mit der wärmegeführten Betriebsweise sein.
Das Dilemma: Die Geräteanbieter haben dies nicht rechtzeitig erkannt oder noch keine Gesamtlösungen in petto. Während bereits viele Anbieter von kleinen Photovoltaik-Anlagen auf die Kombination mit einem Stromspeicher setzen, gibt es im Mini-KWK-Markt nur einen Hersteller, der dies propagiert. Auch das RWE-HomePower-Konzept (siehe Seite 18) zeigt, dass es (auch hier stromseitig) noch Potenziale gibt, um die Wirtschaftlichkeit von Mikro-KWK-Anlagen zu verbessern. Gleichzeitig ist es auch ein gutes Beispiel dafür, dass neue KWK-Konzepte kaum von einem einzelnen Unternehmen am Markt platziert werden können.
Es ist zu erwarten, dass in den nächsten Jahren noch diverse Lösungen im Markt getestet werden und um Kunden ringen. Einfacher wird das KWK-Geschäft für Planer und Anlagenbauer dadurch nicht. Aber bereits bei dem kleinen Markvolumen werden überall händeringend Partner, auch für die Planung, gesucht. KWK ist ein Thema, dass Sie sehr genau beobachten müssen, um nicht den Anschluss zu verlieren.
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner
Wolfgang Schmid
ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de