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Bewertung innovativer Technologien im Rahmen der EnEV

Wege für neue Heizsysteme ebnen

Kompakt informieren

  • Innovative Systeme können derzeit nicht ohne Weiteres im Rahmen der EnEV bewertet werden. Die Zulassung „dynamisch-thermischer Simulationsrechnungen“ seit der EnEV 2014 ist nur für Nichtwohngebäude mit hoher Planungstiefe geeignet.
  • Für den Massenmarkt der kleinen Wohngebäude ist der Aufwand für eine entsprechende Simulation zu groß, das Ergebnis mit zu hohen Unsicherheiten behaftet, eine Prüfung durch die nach Landesrecht zuständige Behörde weiterhin unumgänglich und kompliziert.
  • Für innovative technische Lösungen, die in größeren Stückzahlen in Wohngebäuden eingesetzt werden sollen, stellt die gegenwärtige Vorgehensweise ein ernsthaftes Markthindernis dar.
  • Ein praktikabler Weg für eine EnEV-Bewertung innovativer Systeme, die nicht nur vereinzelt eingesetzt werden, besteht in der Erarbeitung eines möglichst allgemein gültigen Bewertungsansatzes durch eine unabhängige sachkundige Stelle.
  • In der zukünftigen EnEV sollte eine Möglichkeit zur Prüfung und Anerkennung derartiger Bewertungsansätze vorgesehen werden.

Die Energieeinsparverordnung (EnEV) formuliert Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden einschließlich der gebäudetechnischen Systeme. Sie fordert ganzheitliche Berechnungen, für die die energetischen Eigenschaften der verwendeten Baustoffe, Bauteile und energetischen Systeme definiert und bekannt sein müssen. Als Basis für eine einheitliche energetische Bewertung werden DIN-Normen in Bezug genommen.

Obwohl sie inzwischen marktverfügbar sind, können viele innovative Technologien, beispielsweise Mikro-KWK mit Brennstoffzellen, brennstoffbetriebene Sorptionswärmepumpen, Wärmepumpen mit Eisspeicher, direktkondensierende Wärmepumpen und dezentrale Heizungspumpen entweder gar nicht oder nicht ohne Weiteres im Rahmen der EnEV 2014 bewertet werden Abb. 1.

Normative Bewertung im Rahmen der EnEV 2014

Wie ihre Vorgängerversionen verweist die EnEV 2014 [1] für die Berechnung von Energiebedarfswerten statisch auf Berechnungsnormen mit einem bestimmten Ausgabedatum. Die Berechnungen für Wohngebäude erfolgen im Regelfall mit DIN V 4701-10:2003-08 [2] in Verbindung mit DIN V 4108-6:2003-06 [3]. So basieren beispielsweise etwa 95 % der bei der KfW gestellten Förderanträge für Effizienzhäuser auf diesen beiden Berechnungsnormen. Alternativ kann für Wohngebäude die Normreihe DIN V 18 599:2011-12 [4] angewendet werden.

Bei beiden Berechnungsverfahren ist die energetische Bewertung innovativer Technologien problematisch, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Mit der seit über zwölf Jahren unveränderten DIN V 4701-10 kann so gut wie keine der in Abb. 1 genannten Technologien und Komponenten energetisch bewertet werden.

Beispiel KWK

Eine Bewertung von KWK-Systemen (Kraft-Wärme-Kopplung) ist mit DIN V 4701-10 grundsätzlich möglich. Allerdings waren im Jahr 2003, als die Norm veröffentlicht wurde, praktisch keine für den Einsatz in Einfamilienhäusern geeigneten Mikro-KWK-Geräte am Markt verfügbar. Einen speziellen Berechnungsansatz gibt es deshalb in DIN V 4701-10 nicht, sodass diese Anlagen wie größere KWK-Anlagen behandelt werden müssen, was für den Anwender mit relativ hohem Aufwand verbunden ist.

Etwas erfreulicher ist der Blick in DIN V 18 599. Die Ausgabe 2011 enthält ein Bewertungsverfahren für motorische Mikro-KWK-Anlagen, sodass diese viel einfacher berechnet werden können. Für Brennstoffzellen ist das Verfahren jedoch nicht geeignet, da viele produkt- und systembedingte Eigenschaften eines Brennstoffzellen-KWK-Geräts im Bewertungsansatz nicht berücksichtigt werden.

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei brennstoffbetriebenen Sorptionswärmepumpen. Sie sind in DIN V 18 599 abgebildet, fehlen jedoch in DIN V 4701-10 Abb. 2.

Wenn man bedenkt, wie oft bzw. wie selten DIN V 18 599 bei der Nachweisführung für Wohngebäude angewendet wird, wird klar, dass sich die Lage für diese Technologien durch die Berücksichtigung in dieser Norm nur zum Teil verbessert.

Nachweisführung für innovative technische Systeme

Wenn innovative technische Systeme nicht in den EnEV-Normen enthalten sind und auch keine durch die EnEV gesicherten Erfahrungswerte vorliegen, dann muss für den EnEV-Nachweis eine vom Standard abweichende Nachweisführung gewählt werden. Nach EnEV 2009 [5] war für Komponenten, die in den EnEV-Normen nicht abgebildet waren, ein Nachweis für „ähnliche energetische Eigenschaften“ zu führen.

Dieser Weg war mit hohen Anforderungen an den Ersteller eines solchen Energieausweises verbunden. Gleichzeitig war eine „Zustimmung im Einzelfall“ durch die nach Landesrecht zuständige Behörde erforderlich. Mit dem Inkrafttreten der EnEV 2014 hat sich die Vorgehensweise geändert, die Schwierigkeiten bei der Nachweisführung bleiben aber weiterhin bestehen.

In Anlage 1 zur EnEV 2014 heißt es dazu: „2.1.3 Werden in Wohngebäude bauliche oder anlagentechnische Komponenten eingesetzt, für deren energetische Bewertung weder anerkannte Regeln der Technik noch gemäß § 9 Absatz 2 Satz 2 dritter Teilsatz bekannt gemachte gesicherte Erfahrungswerte vorliegen, so dürfen die energetischen Eigenschaften dieser Komponenten unter Verwendung derselben Randbedingungen wie in den Berechnungsverfahren nach Nummer 2.1.1 beziehungsweise Nummer 2.1.2 durch dynamisch-thermische Simulationsrechnungen ermittelt werden.“

Damit dürfen nach der aktuellen EnEV für bauliche oder anlagentechnische Komponenten, die in der Norm nicht abgebildet sind, die energetischen Eigenschaften „durch dynamisch-thermische Simulationsrechnungen ermittelt werden“. Das gilt sowohl für Wohngebäude als auch für Nichtwohngebäude (entsprechend Anlage 2 Nummer 2.1.5 zur EnEV 2014).

Dies kann eine geeignete Herangehensweise für komplexe Nichtwohngebäude mit großer Planungstiefe sein, bei denen häufig ohnehin Simulationsrechnungen durchgeführt werden. Für den Massenmarkt der kleinen Wohngebäude stellen Simulationen hingegen keinen geeigneten Ansatz dar, da der Aufwand für eine entsprechende Simulation groß und eine Prüfung im Einzelfall weiterhin erforderlich ist.

Möglichkeiten zur Vereinfachung der Nachweisführung

Ein praktikabler Weg für eine EnEV-Bewertung innovativer Systeme, die nicht nur vereinzelt eingesetzt werden, besteht in der Erarbeitung eines möglichst allgemein gültigen Bewertungsansatzes durch eine unabhängige sachkundige Stelle. Der Hersteller lässt sich dafür ein Gutachten zur energetischen Bewertung des jeweiligen Produkts erstellen. Aktuell sind solche Gutachten beispielsweise für Gas-wärmepumpen (Viessmann, Vaillant), Brennstoffzellen-Heizgeräte (Viessmann, Hexis, CFC), dezentrale Wohnungsstationen von Oventrop oder direktkondensierende Wärmepumpen von Acalor verfügbar.

Die Gutachten können in der Regel beim jeweiligen Hersteller bezogen werden Abb. 3 und sind gegebenenfalls dem erstellten EnEV-Nachweis beizulegen. Tauchen vonseiten der Baubehörden beim Prüfen der energetischen Berechnungen Fragen zur Bewertung der innovativen Komponenten auf, kann der Energieberater die Fragen an den Ersteller des Gutachtens weiterleiten. Der Energieberater wird damit fachlich entlastet, außerdem wird eine einheitliche Bewertung erreicht.

Bisher sieht die EnEV allerdings keine Möglichkeit für eine allgemeine Prüfung und Anerkennung derartiger Bewertungsvorschläge vor. Eine Abstimmung mit der für den Nachweis zuständigen Behörde (in der Regel die untere Baubehörde) ist daher weiterhin erforderlich. Damit vereinfacht sich zwar durch entsprechende Gutachten die EnEV-Nachweisführung für innovative technische Lösungen, die Abstimmung bzw. Prüfung im Einzelfall stellt jedoch weiterhin ein gewisses Hindernis bei der Markteinführung dar.

Theoretisch könnte das Problem gelöst werden, indem die innovativen Lösungen direkt in den EnEV-Normen behandelt werden. Der Normungsprozess ist jedoch lang: vom Beginn der entsprechenden Normungsaktivitäten bis zur Verfügbarkeit einer neuen Normfassung vergehen mehrere Jahre. So ist mit einer erneuten Anpassung der DIN V 18 599 frühestens zum Inkrafttreten der kommenden EnEV-Novelle (nicht vor 2017) zu rechnen. DIN V 4701-10 besteht seit 2003 unverändert, eine Anpassung ist derzeit nicht geplant.

Die Erarbeitung einer separaten DIN SPEC für die jeweilige Technologie stellt eine schnellere und aus Sicht des Normungsprozesses einfachere Möglichkeit dar, um eine normative Grundlage für die energetische Bewertung zu schaffen. Dieser Weg wurde für Brennstoffzellen mit der im Dezember 2014 erschienenen DIN SPEC 32 737 [6] gewählt. Das Bewertungsverfahren für Brennstoffzellen knüpft an die Systematik der DIN V 18 599-9 [7] zur energetischen Bewertung von KWK-Systemen an. Grund für die Erarbeitung einer DIN SPEC war vor allem die Möglichkeit das Bewertungsverfahren für Brennstoffzellen-Heizgeräte schneller in die Praxis umzusetzen.

Die Initiative Brennstoffzelle bietet eine Berechnungshilfe zur Nutzung der DIN SPEC 32 737, die unter www.ibz-info.de/berechnungs-hilfe.html kostenlos heruntergeladen werden kann. Sie soll für Anwender von EnEV-Berechnungssoftware als einfache Ergänzung dienen, damit auch Brennstoffzellen-Heizgeräte bei der energetischen Planung und Bewertung von Wohngebäuden nach der aktuellen EnEV berücksichtigt werden können.

Da allerdings DIN SPEC 32 737 in der EnEV 2014 nicht unmittelbar in Bezug genommen wird, ist auch in diesem Fall eine Prüfung im Einzelfall erforderlich. Eine „Freigabe“ durch die Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz innerhalb der Beantwortung von Auslegungsfragen zur Energieeinsparverordnung wird geprüft.

Eine tatsächliche Vereinfachung für innovative Technologien lässt sich deshalb nur erreichen, wenn sich in der zukünftigen Energieeinsparverordnung der Umgang mit diesen Technologien ändert. Um eine (rechts)sichere Situation zu erzielen, müsste der Verordnungsgeber in der künftigen EnEV eine Grundlage für die Umsetzung bzw. Anerkennung von Bewertungsvorschlägen für innovative Technologien schaffen. Daraus würden sich folgende Vorteile ergeben:

  • Förderung von Energieeinsparung und Klimaschutz,
  • Abbau von Markthemmnissen für innovative Technologien,
  • Ermöglichen einer EnEV-Berechnung für innovative Technologien mit branchenüblicher (Energieberater-)Software,
  • Vereinfachung und Rechtssicherheit für den nachweisführenden Planer bzw. Architekten,
  • Entlastung und Vereinfachung für die genehmigende Baubehörde,
  • Stärkung der deutschen Industrie, da innovative Produkte auf dem Heimmarkt abgesetzt werden können und
  • Fairer Wettbewerb zwischen Systemen und Technologien.

Literatur

[1] EnEV 2014 Zweite Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung vom 18. November 2013, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2013 Teil I Nr. 67, ausgegeben am 21. November 2013, Seite 3951, Vollversion der EnEV 2014 auf www.gesetze-im-internet.de: www.bit.ly/enev_volltext

[2] DIN V 4701-10 Energetische Bewertung heiz- und raumlufttechnischer Anlagen, Teil 10: Heizung, Trinkwassererwärmung, Lüftung. Berlin: Beuth Verlag, August 2003

[3] DIN V 4108-6 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden, Teil 6: Berechnung des Jahresheizwärme- und des Jahresheizenergiebedarfs. Berlin: Beuth Verlag, Juni 2003

[4] DIN V 18 599: Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung, Teil 1 bis 11. Berlin: Beuth Verlag, Dezember 2011

[5] EnEV 2009 Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung vom 29. April 2009 (Energieeinsparverordnung – EnEV), Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 23, ausgegeben am 30. April 2009, Seite 954

[6] DIN SPEC 32 737 Energetische Bewertung heiz- und raumlufttechnischer Anlagen – Brennstoffzellen. Berlin: Beuth Verlag, Dezember 2014

[7] DIN V 18 599-9: Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung – Teil 9: End- und Primärenergiebedarf von stromproduzierenden Anlagen. Berlin: Beuth Verlag, Dezember 2011

M.Eng. Bernadetta Winiewska

arbeitet seit 2010 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden Forschung und Anwendung GmbH. Zu ihren Aufgabengebieten gehört die Erarbeitung energetischer Bewertungsansätze u. a. für Gaswärmepumpen und Brennstoffzellen sowie Normungsarbeiten. www.itg-dresden.de

Prof. Dr.-Ing. Bert Oschatz

arbeitet seit 2004 als Geschäftsführer am ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden Forschung und Anwendung GmbH. Seit 2006 ist er nebenberuflich als Professor für Heizungstechnik / Erneuerbare Energien an der Hochschule Zittau tätig. www.itg-dresden.de

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