Kompakt informieren
- Mit dem Modellgebäudeverfahren der künftigen Energieeinsparverordnung kann für neu zu errichtende Wohngebäude unter definierten Randbedingungen ein energetischer Nachweis auf der Basis von Tabellenwerten geführt werden.
- Wesentliche Eingangsparameter in das Verfahren sind mehrere zur Wahl stehende, EEWärmeG-konforme Heizsysteme, das A/V<sub>e</sub>-Verhältnis, die energetische Nutzfläche A<sub>N</sub> und der Anbaugrad. Sie legen fest, welche von sechs Wärmeschutzvarianten mindestens erfüllt werden muss.
- Das Verfahren empfiehlt sich weniger für den öffentlich-rechtlichen Nachweis, sondern als Hilfe zur Vordimensionierung, Kostenschätzung und als Plausibilitätskontrolle.
Die Idee, den öffentlich-rechtlichen, energetischen Nachweis für den Wohnungsbau zu vereinfachen, geht auf das Land Baden-Württemberg zurück. Schon im Jahr 2010 schlug das dortige Wirtschaftsministerium vor, ein Verfahren zu entwickeln, das auf Basis von bestimmten Gebäudetypen den Nachweis erheblich abkürzen sollte. Eine Machbarkeitsstudie stellte das Fraunhofer-Institut für Bauphysik 2011 vor. Diese fand auch in anderen Bundesländern so viel Beachtung, dass die Einarbeitung in die neue EnEV auf den Weg gebracht wurde.
Inzwischen stehen die wesentlichen Eckdaten für die meist als „EnEV easy“ oder als Modellgebäudeverfahren bezeichnete Methode ebenso wie die genaue Vorgehensweise fest. Aufgrund der noch laufenden Einigungsprozesse zwischen Bund und Ländern (siehe Infokasten) wird es bis zur endgültigen Veröffentlichung allerdings noch Anpassungen in Details geben. Damit stehen auch die endgültigen Zahlenwerte der Tabellen noch nicht fest.
Prinzip des Verfahrens
Das Grundprinzip folgt einem einfachen Schema. Das vorgesehene Heizsystem bestimmt, ob der Primärenergiekennwert oder der Transmissionskoeffizient der entscheidende Faktor für die Anforderungen an das Gebäude ist. Danach richtet sich, ob bei der Gebäudehülle nur die Mindestanforderungen einzuhalten sind oder ob durch bessere Dämmwerte ein schlechterer Primärenergiefaktor des Heizsystems ausgeglichen werden muss. Der Nachweis muss dann zeigen, dass das Gebäude mindestens so gut wie das Referenzgebäude ist. Dieser Schritt lässt sich jedoch für Gebäude vorausberechnen, die bestimmte Rahmenbedingungen einhalten. Die Werte im Energieausweis für den Primärenergiekennwert des nachzuweisenden Gebäudes und des Referenzgebäudes hängen dann noch vom A/Ve-Verhältnis ab. Sie lassen sich pauschal hinreichend genau berechnen und in Tabellen bereitstellen.
Dabei wurden Sicherheitsspielräume eingebaut, sodass man im Einzelfall bei einer detaillierten Berechnung einen besseren Kennwert erhält als über EnEV easy ermittelt, bzw. umgekehrt ein wenig an der energetischen Qualität sparen kann. Denn das vereinfachte Verfahren soll lediglich das Einhalten der Mindestanforderungen belegen und gibt deswegen auch nur entsprechende Kennwerte aus.
Einzuhaltende Randbedingungen
Für den Nachweis mit EnEV easy ergibt sich damit ein relativ übersichtlicher Ablauf: Zunächst prüft man, ob das Gebäude die Zulässigkeitsgrenzen des Verfahrens einhält Abb. 2. Die A/Ve-Werte müssen in bestimmten Grenzen bleiben, damit das Verfahren funktioniert. Außerdem müssen die Flächenanteile der verschiedenen Bauteilarten, vor allem die Anteile der Fenster und Lichtkuppeln an Wänden und Dächern, in Grenzen gehalten werden, damit die vorausberechneten Primärenergiekennwerte und gemittelten Transmissionswärmekoeffizienten von genau berechneten Werten nicht zu weit abweichen. Die Kompaktheit des Gebäudes wird im Grundriss bestimmt:
UEtage2 ≤ 20 × ANEtage
UEtage: Umfang der beheizten Etage im Grundriss
AN Etage: Umfang der beheizten Gebäudenutzfläche der jeweiligen Etage
In vertikaler Richtung müssen die beheizten Etagen (mit Ausnahme der obersten) deckungsgleich sein. Darum lässt sich beispielsweise eine gestaffelte Bauweise mit mehreren Dachterrassen über das vereinfachte Verfahren nicht nachweisen.
Der Anteil der Fensterflächen an den Außenwänden ist auf 30 % beschränkt. Da aber auf den Seiten, die der winterlichen Sonne zugewandt sind, die solaren Gewinne rechnerisch die Verluste zumindest teilweise ausgleichen können, ist dort ein höherer Flächenanteil zulässig, wenn dafür auf den sonnenabgewandten Seiten der Anteil entsprechend verkleinert wird. Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen sind der Verzicht auf eine aktive Kühlung (passive Systeme wie Erdreichkollektoren oder erhöhte Nachtlüftung sind unproblematisch), die Durchführung einer Luftdichtheitsprüfung und die Ausführung normgerechter Wärmebrücken.
Ablauf des Verfahrens
Als nächstes benötigt man den Anbaugrad (freistehend, einseitig oder zweiseitig angebaut) und die energetische Nutzfläche AN des Gebäudes. AN lässt sich aus der Wohnfläche über einen Umrechnungsfaktor bestimmen, wenn sie nicht direkt zur Verfügung steht. Nun sucht man sich die Kennwerte-Tabelle, die zum vorgesehenen Heizungssystem gehört Abb. 3. Für die meisten Heizungssysteme steht je eine Tabelle für nicht mechanisch belüftete Gebäude und eine für Gebäude mit einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung zur Verfügung. Jede Tabelle enthält als Spalte die Gebäudegröße, relativ fein gruppiert nach der energetischen Nutzfläche AN. In drei Zeilengruppen für freistehende, einseitig angebaute und zweiseitig angebaute Gebäude finden sich dann für alle Gebäudegrößen die Kennwerte und das einzuhaltende Qualitätsniveau für die Gebäudehülle.
In dieser Tabelle sucht man die Spalte mit der passenden energetischen Nutzfläche und der Zeilengruppe, die dem Anbaugrad entspricht und ermittelt so Kennwerte für den Primärenergiekennwert und den gemittelten Transmissionswärmeverlust-Koeffizienten für den Energieausweis. Außerdem entnimmt man den Buchstaben, der einen Verweis auf die entsprechende Spalte in der Tabelle mit den verschiedenen Hüllflächenqualitäten liefert. Dort kann man direkt die einzuhaltenden U-Werte für die einzelnen Bauteile sowie den Gesamtenergiedurchlassgrad für die Verglasung ablesen Abb. 4.
Die genannten U-Werte sind verbindlich einzuhalten (bzw. zu unterbieten). Auch der Ausgleich eines nur geringfügig zu schlechten U-Werts für ein Bauteil durch einen besseren U-Wert bei einem anderen Bauteil ist nicht zulässig. Für solche Zwecke gibt es die detaillierten Berechnungsverfahren. Werden die zulässigen Grenzen eingehalten und das Verfahren korrekt angewendet, gilt der Nachweis als erbracht und der Energieausweis lässt sich ausstellen. Als Nachweis im Baugenehmigungsverfahren genügt im Wesentlichen eine kurze Zusammenstellung der Einhaltung der Zulässigkeitsgrenzen, der Nutzflächenberechnung und der U-Wert-Nachweise für die Bauteile. Da die Heizsysteme im Verfahren grundsätzlich das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) erfüllen, ist damit auch der Nachweis für dessen Einhaltung erbracht. Gegebenenfalls sind noch ergänzende Herstellerbelege für das Heizsystem entsprechend der Anlage zum EEWärmeG beizufügen.
Sinnvolle Einsatzzwecke
Ob man im Einzelfall das vereinfachte Nachweisverfahren wirklich zum Nachweis verwendet, sollte man allerdings sorgfältig überlegen. Ein Gebäude, das über die Mindestanforderungen energetisch hinausgeht, lässt sich nämlich im Energieausweis nicht besser darstellen als eines darstellen, das die U-Werte gerade noch einhält. Und auch selbst das energetisch schlechtere Gebäude, das gerade eben die EnEV-easy-Anforderungen einhält, ist eigentlich energetisch besser als eines, das nach einer detaillierten Berechnung gerade noch zulässig ist. Die Sicherheitszuschläge für die Pauschalisierungen im vereinfachten Verfahren sorgen dafür, dass höhere energetische Anforderungen als bei einer detaillierten Berechnung umzusetzen sind.
Trotzdem kann das Verfahren in der Praxis gute Dienste leisten, da es zu einem sehr frühen Planungszeitpunkt bereits Aussagen zur erforderlichen Qualität der Gebäudehülle und damit zu den Stärken von Wandaufbauten und der Preisklasse von Fenstern ermöglicht. Es ist in erster Linie zur frühzeitigen Vordimensionierung der energetischen Parameter zu empfehlen, je nach Landesrecht auch für den Nachweisstand zum Zeitpunkt des Bauantrags oder der Bauanzeige sowie als parallel laufende Plausibilitätskontrolle. •
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Weiterer Fahrplan zur EnEV 2013/14
Der Bundesrat hat am 5. Juli 2013 in der letzten regulären Sitzung vor der Sommerpause noch keinen Zustimmungsbeschluss zur Novelle der Energieeinsparverordnung gefasst, sondern eine Fortsetzung der Ausschussberatungen beschlossen. Zuvor war die Beratung der EnEV von der Tagesordnung abgesetzt worden, weil der Umweltausschuss seine Beratung zur EnEV-Novelle noch nicht abgeschlossen hat. Bayern hatte jedoch beantragt, die Vorlage auf die Tagesordnung zu setzen (Bundesratsdrucksache 113/1/13). Die nächste Sitzung des Umweltausschusses ist für den 5. September 2013 terminiert, die nächste Bundesratssitzung findet am 20. September 2013 statt. Zwei Tage danach ist Bundestagswahl, bereits am 15. September 2013 wird der Bayerische Landtag gewählt. Es ist zu erwarten, dass der Bundesrat frühestens am 11. Oktober 2013 einen Beschluss zur EnEV-Novelle fasst. Alle Änderungsmaßgaben, von denen der Bundesrat seine Zustimmung abhängig macht, müssen vom Bundeskabinett abgesegnet werden. Das vereinfachte Nachweisverfahren ist aber nicht mehr strittig, die Aufnahme in die EnEV und die Auslagerung der Verfahrensdetails in eine Bekanntmachung des Bundesbauministeriums wurden bereits abgestimmt.
Dipl.-Phys. Werner Niklasch
ist seit knapp 20 Jahren als Bauphysiker und Sachverständiger mit Energieeffizienzfragen beschäftigt. Seit 2007 betreut er beim TÜV Hessen das Fachgebiet Gebäudeenergieeffizienz. Er hat als wissenschaftlicher Leiter von 2010 bis 2012 an mehreren Forschungsprojekten zur Vorbereitung der EnEV 2013 mitgearbeitet. In diesem Rahmen hat er das vereinfachte Nachweisverfahren „EnEV easy“ bis zur praktischen Anwendbarkeit weiterentwickelt.