Nicht nur die Energieeinsparverordnung (EnEV) definiert Klimaanlagen völlig anders als dies ein TGA-Planer tun würde. Konnten sie ihren Auftraggebern früher anhand von DIN 1946 Teil 1 und 2 oder mit einem Auszug aus dem Klimatechnik-Standardwerk „Recknagel“ die Einteilung Lüftungsanlage/Teilklimaanlage/Klimaanlage bisher übersichtlich erläutern, müssen sie heute immer öfter ein „Aber“ einfließen lassen. Denn viele neue Regelwerke definieren eine Klimaanlage nicht mehr auf Basis von vier unabhängig voneinander regelbaren thermodynamischen Behandlungsfunktionen, sondern werten mitunter mit dem Begriff Klimaanlage auch reine Lüftungsanlagen über ihren tatsächlichen Funktionsumfang hinaus auf. Die EnEV hat sich eine nähere Erläuterung, was eine Klimaanlage im Sinne der Verordnung ist, im offiziellen Teil gleich ganz gespart. Gleichwohl benutzt sie den Begriff augenscheinlich abweichend von der in Fachkreisen üblichen Definition.
Wie ist die 12-kW-Anwendungsgrenze zu verstehen?
Dies führt bei der Umsetzung der EnEV zu Irritationen und zu einer Fülle recht unterschiedlicher Interpretationen. Die Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz hat nun in einer eigens eingerichteten Arbeitsgruppe für die Auslegung der EnEV Klartext gesprochen. Ausgangspunkt war die Frage: Wie ist die Anwendungsgrenze in § 12 EnEV 2009 und in § 15 EnEV 2009 hinsichtlich der Nennleistung von Klimaanlagen zu verstehen, wenn bei ansonsten dezentralen Anlagen eines Gebäudes eine gemeinsame Kälteversorgung vorhanden ist?
Die in § 12 Absatz 1 EnEV 2009 erhobene Verpflichtung zur regelmäßigen energetischen Inspektion von Klimaanlagen gilt für „Klimaanlagen“ mit einer Nennleistung für den Kältebedarf von mehr als 12 kW. An dieselbe Leistungsgrenze sind für Klimaanlagen beim Einbau in Gebäude und bei bestimmten Erneuerungen weitere Anforderung und Fristen geknüpft. Mangels einer Definition in der EnEV greift die Fachkommission Bautechnik auf die Begriffserläuterung der EU-Gebäuderichtlinie zurück, da die Bundesregierung schon beim Erlass der EnEV 2007 in ihrer Begründung zu § 12 auf die Legaldefinition in Artikel 2 Nr. 5 der EG-Gebäuderichtlinie verwiesen hat: „Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck [...] „Klimaanlage“ eine Kombination sämtlicher Bauteile, die für eine Form der Luftbehandlung erforderlich sind, bei der die Temperatur, eventuell gemeinsam mit der Belüftung, der Feuchtigkeit und der Luftreinheit, geregelt wird oder gesenkt werden kann.“
Anwendung bei der Inspektionspflicht
Nach der quasi-amtlichen1) Auslegung der Fachkommission Bautechnik gehören damit alle Elemente zu einer Klimaanlage, die zur Erfüllung einer Klimatisierungsaufgabe erforderlich sind. Die Leistungsgrenze ist nicht auf das jeweilige Gebäude, sondern auf die jeweilige Anlage bezogen. Daraus folgt, dass
- einerseits im Falle der Ausstattung eines Gebäudes mit mehreren völlig voneinander unabhängigen Anlagen die Leistungsgrenze für die genannten Regelungen der Verordnung für jede Anlage einzeln zu bestimmen ist und
- andererseits aber für den Fall, dass solche Teilanlagen eine wesentliche Komponente (meistens die Kälteerzeugung) gemeinsam nutzen, diese im Sinne der vorstehenden europäischen Definition als eine zusammenhängende Anlage zu sehen sind.
Danach unterliegt beispielsweise eine Anlage mit raumweisen (dezentralen) RLT-Geräten (z.B. Fassadenlüftungsgeräte) mit einer zentralen Kaltwasserversorgung über 12 kW insgesamt der energetischen Inspektionspflicht.
Anwendung bei der Pflicht zur Wärmerückgewinnung
Gleichzeitig hat die Fachkommission Bautechnik eine Auslegung zur Anwendung der 4000-m 3 /h-Regel für den verpflichtenden Einbau einer Wärmerückgewinnung veröffentlicht: In § 15 Absatz 5 EnEV 2009 wird hinsichtlich der Pflicht zur Ausstattung mit Einrichtungen zur Wärmerückgewinnung auf DIN EN 13053 verwiesen. Diese technische Regel stellt Anforderungen in Abhängigkeit vom Luftvolumenstrom und der jährlichen Betriebszeit der Anlage. Bei Anlagen, die aus mehreren, luftseitig nicht verbundenen Teilanlagen bestehen [auch wenn sie beispielsweise über eine gemeinsame Kaltwasserversorgung verfügen], kann eine Wärmerückgewinnung nicht zentral, sondern nur in der Teilanlage erfolgen. Deshalb ist in diesen Fällen – unbeschadet der Feststellung zur Anwendung bei der Inspektionspflicht – DIN EN 13053 sinngemäß nicht nach Maßgabe des summierten Luftvolumenstroms und der jährlichen Betriebszeit der Gesamtanlage, sondern einzeln auf die Teilanlagen nach Maßgabe ihres jeweiligen Luftvolumenstroms und ihrer jeweiligen jährlichen Betriebszeit anzuwenden.
Damit schreibt die EnEV beispielsweise für eine Anlage mit raumweisen (dezentralen) RLT-Geräten (z.B. Fassadenlüftungsgeräte) mit einer jeweiligen Luftleistung von unter 4000 m 3 /h keine Einrichtung(en) zur Wärmerückgewinnung vor. In Fachkreisen wird der Einbau (mit einem Bypass) allerdings dringend empfohlen. ToR
1) Aktuelle Auslegungen der am 1. Oktober 2009 in Kraft getretenen neuen Energieeinsparverordnung (EnEV) sind auf der Website des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) verfügbar. Durch die Auslegungen der Fachkommission Bautechnik der Länder sollen Anwender der Verordnung eine höhere Rechtssicherheit beim Bauen erhalten.
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