Wesentlicher Kritikpunkt war somit auch die kurze Frist für eine Prüfung und Stellungnahmen, immerhin war die Zusammenführung von Energieeinsparungsgesetz (EnEG), die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) im GEG seit der Zustimmung des Bundesrats zur EnEV 2014 eine Aufgabe der Bundesregierung.
Die Zusammenführung des Energieeinsparrechts für den Gebäudebereich sollte im Zusammenhang mit einer grundlegenden Vereinfachung und den Anforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Niedrigstenergiegebäuden erfolgen. Hintergrund ist eine Verpflichtung aus der EU-Gebäuderichtlinie. Laut Energieeinsparungsgesetz hatte die Bundesregierung die Rechtsverordnung für die Anforderungen Niedrigstenergiegebäude, die von Behörden genutzt werden, vor dem 1. Januar 2017 und für privat genutzte Gebäude vor dem 1. Januar 2019 zu erlassen. Also jeweils zwei Jahre bevor der Niedrigstenergiegebäude-Standard für Neubauten verbindlich wird.
Effizienzhaus-55-Standard ist umstritten
Tatsächlich sieht der GEG-Entwurf aber nur Anforderungen für Behördengebäude vor, die näherungsweise dem Effizienzhaus-55-Standard entsprechen. Der Niedrigstenergiegebäude-Standard für den privaten Neubau soll erst in einer zweiten Stufe „rechtzeitig vor 2021“ festgelegt werden.
Mehreren Verbänden geht der – durch die KfW-Förderprogramme längst mit einem signifikanten Anteil (über 50 % der Wohngebäude im Jahr 2016) realisierte – Effizienzhaus-55-Standard viel zu weit. So moniert der Zentrale Immobilien Ausschuss (zur ZIA-Stellungnahme), dass der Effizienzhaus-55-Standard „in der Praxis schlichtweg nicht darstellbar“ sei. Zudem sei „bei einer weiteren Verschärfung der EnEV 2016 die Wärmeversorgung nicht mehr mit allen Energieträgern möglich beziehungsweise stelle unverhältnismäßig hohe Anforderungen an die thermische Qualität der Gebäudehülle“. Andererseits bringe der Effizienzhaus-55-Standard keinen nennenswerten Fortschritt bei der Reduktion von CO2-Emissionen, kritisiert der ZIA.
Das Deutsche Energieberater-Netzwerk (zur DEN-Stellungnahme), weist darauf hin, dass die im GEG-Entwurf definierten Anforderungen hinter dem von der KfW definierten Effizienzhaus-55-Standard zurückbleiben, gleichwohl halte man diesen für nicht ausreichend. Der Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (zur eaD-Stellungnahme) plädiert für eine stärkere Annäherung an den KfW-40-Standard. Zahlreiche Stellungnahmen mahnen auch an, die Anforderungen für privat genutzte Gebäude zügige zu erarbeiten und festzuschreiben.
Weitere Kritikpunkte der Verbände (Auszug):
- Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) lehnt eine Gewichtung der Primärenergiefaktoren nach Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Nutzungskonkurrenz ab. Eine Bewertung der Nachhaltigkeit und anderer Faktoren der genutzten Energieträger sollte bei Bedarf zusätzlich erfolgen und nicht in einer Rechtsverordnung mit den Primärenergiefaktoren vermischt werden.
- Für den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) werden mit dem GEG-Entwurf die bisherigen gesetzlichen Regelungen nicht systematisch vereinheitlicht und vereinfacht. Zudem würden Regelungen fehlen, um Fernwärme oder erneuerbare Energieträger wie Bio-Erdgas in die Quartiersversorgung zu integrieren. Einige Regelungen wären für die künftig wichtiger werdende Sektorkopplung sogar kontraproduktiv, da sie Strom aus Erneuerbaren den Zugang zum Wärmemarkt erschweren würden.
- Für den Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) bleibt der GEG-Entwurf deutlich hinter den Erwartungen zurück. Der Klimaschutzgedanke komme zu kurz. Anstatt bei der Wärme- und Kälteversorgung „erneuerbar und effizient“ als Priorität zu setzen, würden effiziente, aber fossile Lösungen honoriert. Gleichzeitig bleibe der Bestandsschutz für ineffiziente Heizungsanlagen unnötig lange erhalten. Zudem biete der GEG-Entwurf keine deutliche Vereinfachung, weil die mögliche Abstimmung der Regelwerke nur in Ansätzen erreicht werde. Eine vergebene Chance sei auch, dass der Niedrigstenergiegebäude-Standard für privat genutzte Gebäude erst in der nächsten Legislaturperiode festgelegt werden soll, obwohl der Effizienzhaus-55-Standard 55 wegen der Klimaziele der Bundesregierung vorprogrammiert sei.
- Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert bei Neubauten Planungssicherheit für private Bauherren. Der Gesetzentwurf schreibe nur für Nichtwohngebäude der öffentlichen Hand eine hohe Energieeffizienz nach KfW-55-Standard vor. Dieser Standard müsse auch für Wohngebäude zügig übernommen werden. Der vzbv kritisiert zudem, dass keine neuen Impulse für die Modernisierung des Gebäudebestands geschaffen werden. Weiterhin fordert der Verband, dass alle neuen Wärmeerzeuger durch den Hersteller mit Wärmemengenzählern ausgestattet werden müssen, dass in Zukunft ausschließlich bedarfsorientierte Energieausweise für alle Gebäude verpflichtend ausgestellt werden dürfen, dass Instrumente zur Qualitätssicherung bei der Planung und Ausführung eingeführt werden und die ersatzlose Streichung des § 109 GEG zum „Anschluss- und Benutzungszwang“ im Fernwärmesektor.
- Der Fachverband Gebäude-Klima (FGK) hat die Beibehaltung der bisher in § 12 EnEV verankerte Pflicht zur energetischen Inspektion von Klimaanlagen mit einer Kälteleistung von mehr als 12 kW im GEG-Entwurf ausdrücklich begrüßt. Entscheidend werde jedoch sein, in welchem Maße die Umsetzung durch die Länder erfolgen wird.
- Der Bundesverband Bioenergie (BBE), der Deutsche Bauernverband (DBV), der Fachverband Biogas (FvB) und der Fachverband Holzenergie (FVH) sehen den GEG-Entwurf als vertane Chance für den Wärmemarkt, die Bedeutung der Bioenergie für die Energiewende im Wärmesektor werde nicht anerkannt. „Aus der Sicht des Klimaschutzes“ werde die „völlig ungerechtfertigte Diskriminierung von Biomethan in vielen Hinsichten fortgesetzt“. Gefordert werden an die Treibhausgasemissionen angepasste Primärenergiefaktoren sowie die Berücksichtigung von in Brennwertheizkesseln eingesetztem Biogas/-methan (auch als Fernwärme) als Erfüllungsoption für die Pflicht zum Einsatz erneuerbarer Energien in Neubauten.
- Der Deutsche Verband Flüssiggas (DVFG) kritisiert, dass der Gesetzentwurf biogen erzeugtes Flüssiggas als neue Energieform nicht berücksichtige. Der DVFG fordert, biogenes Flüssiggas (dazu gehört insbesondere Biopropan) im GEG Biomethan gleichzustellen. Es müsse bei der Nutzung in KWK-Anlagen und bei der Verwendung in Brennwertthermen anrechenbar sein. Anmerkung: Bisher hat Biopropan für den Gebäudebereich keine Bedeutung und wird sie aufgrund der aktuellen Verfügbarkeit auch nicht erlangen können.
- Der Biogasrat sieht im GEG-Entwurf die Chance vertan, „die bereits heute zur Verfügung stehenden Potenziale der Bioenergie und insbesondere Biomethan für eine schnelle und nachhaltige Treibhausgasminderung zu nutzen“. Mit dem technikoffenen Einsatz von Biomethan sei bereits heute eine klimaschonende und sozialverträgliche Wärmeversorgung möglich. Zudem fordert der Biogasrat eine Nutzungspflicht für Erneuerbare im Gebäudebestand: „Nur so lässt sich der Wärmemarkt dekarbonisieren, alles andere ist Augenwischerei.“
- Fast schon rekordverdächtig: Die Interessenvertretung für Contracting und Energiedienstleistungen (VfW) hat in ihrer Stellungnahme neun Textstellen benannt, wo ein Hydraulischer Abgleich ausdrücklich als bedingte Nachrüstungspflicht im Altbau bei Verbesserung an Wärmeschutz und Wärmeerzeugung oder als Vorschrift für den Neubau berücksichtigt werden sollte. Neben zahlreichen Vorschlägen zur Integration von Energiedienstleistungen in das GEG wird auch gefordert, Zentralheizungen grundsätzlich zur Qualitätskontrolle mit einem Wärmemengenzähler auszurüsten und das Betriebsverbot auf Niedertemperaturheizkessel, die älter als 30 Jahre sind, zu erweitern. Zudem solle das Betriebsverbot auf solche Brennwertheizkessel erstreckt werden, die älter als 30 Jahre sind und nicht mit Brennwertnutzung betrieben werden.
Bemerkenswert ist, dass der GEG-Referentenentwurf mehrere Normen in Bezug nimmt, die noch gar nicht existent sind und für die erst im Oktober 2016 erneuerte Berechnungsnorm DIN V 18599 (für DIN V 4108-6 und DIN V 4701-10 ist eine Übergangsfrist bis Ende 2018 vorgesehen) noch keine Validierung mit eventueller Fehlerkorrektur existiert. Wühlt man sich durch die zitierten und zahlreiche weitere Stellungnahmen in Gänze, bleibt kaum ein Paragraph, für den nicht Kritik oder Wünsche vorgetragen werden bzw. auf Fehler oder Überflüssigkeit hingewiesen wird. Es ist deshalb zu erwarten, dass bis zur Kabinettsvorlage am GEG-Entwurf noch zahlreiche Änderungen vorgenommen werden. Das GEG soll am 1. Januar 2018 in Kraft treten, die bisherige EnEV, das EEWärmeG und das EnEG treten dann außer Kraft. So lautet der Plan im GEG-Referentenentwurf.
Um das Gesetzgebungsvorhaben noch in dieser Legislaturperiode geordnet abzuschließen, ist ein Kabinettsbeschluss am 15. Februar 2017 wichtig. Dann fehlen aber noch mehrere Rechtsverordnungen, um das GEG im geplanten Umfang anwenden zu können. Zudem wird die Bundesregierung wohl parallel zum Bundestag an den Gesetzestexten weiterarbeiten, denn einen Tag vor der Anhörung der Verbände haben auch die Länder ihre Kritik bei den zuständigen Ministerien vorgebracht. ■