In wärmegedämmten Gebäuden wird mehr Energie verschwendet als in ungedämmten. Der absolute Energieverbrauch wird mit zunehmender energetischer Gebäudequalität immer kleiner, aber der Einfluss der Nutzer und ihre Neigung zum verschwenderischen Umgang nehmen deutlich zu. Zu diesem Ergebnis kommt die bundesweit größte Studie zur Energieeffizienz in Gebäuden von
Prof. Dr.-Ing. Clemens Felsmann
. Sein Fazit: Je besser der energetische Zustand der Gebäudehülle ist, desto weniger kümmert die Bewohner ihr Umgang mit der Wärme. Deshalb plädiert der Wissenschaftler für verursachergerechtes Abrechnen der Heizkosten auch in sehr gut wärmegedämmten Gebäuden. Darüber hinaus belegt die Studie das hohe CO
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-Minderungspotenzial der Heizkostenabrechnung.
Felsmann hat die bislang größte deutsche Studie zu den „Auswirkungen der verbrauchsabhängigen Abrechnung in Abhängigkeit von der energetischen Gebäudequalität“ vorgestellt. Der Professor für Gebäudeenergietechnik und Wärmeversorgung lehrt am Institut für Energietechnik der TU Dresden. Die Arbeitsgemeinschaft Heiz- und Wasserkostenverteilung ( Arge Heiwako ) hat Felsmann anonymisierte Messdaten von 3,3 Mio. Wohnungen zur Verfügung gestellt. Insgesamt gibt es in Deutschland 18 Mio. Wohnungen in Mehrfamilienhäusern.
Die Analyse belegt, dass in Mehrfamilienhäusern die gemessenen Raumtemperaturen in zwei Dritteln aller untersuchten Wohnräume deutlich unter dem theoretischen Sollwert von 20 °C liegen. Die Hälfte aller erfassten Werte lag unter 19 °C. Demnach verhalten sich Nutzer in Altbauten deutlich energiebewusster als bisher angenommen, und ihr Verhalten hat einen größeren Einfluss auf den Gesamtverbrauch als vermutet. Der gemessene Energieverbrauch von Altbauten fällt im Durchschnitt deutlich niedriger aus als der berechnete Bedarf nach EnEV. Einsparpotenziale von energetischen Maßnahmen an Gebäudehülle und Anlagentechnik werden deshalb überschätzt.
Die Felsmann-Studie weist nach, dass die durchschnittlichen Raumtemperaturen mit der energetischen Qualität der Gebäude deutlich steigen. Wohnungen, die zwischen 1958 und 1967 erstellt wurden, sind durchschnittlich 18,1 °C warm. Solche aus den Jahren 1978 bis 1995 sind nur unwesentlich höher temperiert. Doch bereits die Baujahre von 1996 bis 2001 sind mit 19,4 °C deutlich wärmer. Wohnungen nach dem EnEV-2002-Standard legen weiter zu auf rund 20 °C. In Gebäuden nach aktueller EnEV sind die Raumtemperaturen im Mittel noch höher.
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass der Gebäudezustand keinen Einfluss auf den Energiebedarf für die Trinkwassererwärmung hat. Allerdings steigt der relative Anteil am Gesamtwärmeverbrauch mit zunehmender energetischer Gebäudequalität. Für Neubauten beträgt der Anteil hierfür über 30 %. Aus dem umfangreichen Datenmaterial ermittelte Felsmann einen durchschnittlichen Energieverbrauch von 26 kWh/(m 2 a) für die Trinkwassererwärmung. Dieser Verbrauchswert liegt mehr als das Doppelte über dem in DIN V 18599 Teil 10 angenommenen Nutzenergiebedarf von 12,5 kWh/(m 2 a).
In einem Altbau, der vor 1977 erstellt wurde, enfallen durchschnittlich 17 % des Heizwärmeverbrauchs auf die Trinkwassererwärmung. In Gebäuden, die nach der EnEV 2002 gebaut wurden, sind es bereits 28 %. In Einzelfällen kann der Anteil der Wassererwärmung im Neubau auf bis zu 50 % steigen. Deshalb empfiehlt Felsmann, die verursachergerechte Heiz- und Wasserkostenverteilung auch im Neubau und im energetisch optimierten Altbau einzusetzen, um die Nutzer zum Energiesparen zu bewegen.
Weil die Berechnungsgrundlage (DIN V 18599) auf anderen Grundannahmen beruht, wird der berechnete Energieverbrauch im Neubau nicht erreicht. Einsparpotenziale im Altbau könnten jedoch nur dann seriös prognostiziert werden, wenn für jeden Einzelfall die tatsächliche Verbrauchssituation geprüft werde. Ebenso wie im Altbau würden die Auswirkungen der energetischen Vorschriften nach EnEV im Neubau überschätzt. Der Wissenschaftler macht auch hierfür im Wesentlichen das Nutzerverhalten verantwortlich. Vor allem in neuen Gebäuden mit niedrigem Energiebedarf verbrauchen die Nutzer durch ihr Heiz- und Lüftungsverhalten mehr Wärme als berechnet.
Die Studie bestätigt auch das hohe CO 2 -Minderungspotenzial der Heizkostenabrechnung. Seit Einführung der Abrechnungspflicht im Jahr 1981 wurden rund 350 Mio. t an CO 2 -Emissionen vermieden. Während die meisten Energieeffizienzmaßnahmen zur CO 2 -Vermeidung Kosten verursachen, entstehen bei der verbrauchsabhängigen Abrechnung Einsparungen in Höhe von knapp 200 Euro/t vermiedenes CO 2 .
„Keine im Ansatz vergleichbare Maßnahme weist derart geringe Vermeidungskosten auf wie die verbrauchsabhängige Abrechnung“, sagt Felsmann. Seinen Berechnungen zufolge sind Heizkostenabrechnungen in ihrer Wirkung besser als Energiesparlampen und sogar vergleichbar mit der Sanierung aller unsanierten 1- bis 2-Familienhäuser. Das Nutzerverhalten ist entscheidend. Nur wer weiß, wie viel Energie er verbraucht und was das kostet, wird sein Verhalten im Umgang mit Energie überdenken. Und nur wer sein Verhalten überdenkt, wird sein Verbrauchsverhalten anpassen.
Die komplette Studie kann unter info@arge-heiwako.de bestellt werden. ■
Messdaten von 3,3 Mio. Wohnungen
Felsmann hat die bislang größte deutsche Studie zu den „Auswirkungen der verbrauchsabhängigen Abrechnung in Abhängigkeit von der energetischen Gebäudequalität“ vorgestellt. Der Professor für Gebäudeenergietechnik und Wärmeversorgung lehrt am Institut für Energietechnik der TU Dresden. Die Arbeitsgemeinschaft Heiz- und Wasserkostenverteilung ( Arge Heiwako ) hat Felsmann anonymisierte Messdaten von 3,3 Mio. Wohnungen zur Verfügung gestellt. Insgesamt gibt es in Deutschland 18 Mio. Wohnungen in Mehrfamilienhäusern.
Nutzer in Altbauten deutlich energiebewusster
Die Analyse belegt, dass in Mehrfamilienhäusern die gemessenen Raumtemperaturen in zwei Dritteln aller untersuchten Wohnräume deutlich unter dem theoretischen Sollwert von 20 °C liegen. Die Hälfte aller erfassten Werte lag unter 19 °C. Demnach verhalten sich Nutzer in Altbauten deutlich energiebewusster als bisher angenommen, und ihr Verhalten hat einen größeren Einfluss auf den Gesamtverbrauch als vermutet. Der gemessene Energieverbrauch von Altbauten fällt im Durchschnitt deutlich niedriger aus als der berechnete Bedarf nach EnEV. Einsparpotenziale von energetischen Maßnahmen an Gebäudehülle und Anlagentechnik werden deshalb überschätzt.
Raumtemperatur steigt mit dem Dämmstandard
Die Felsmann-Studie weist nach, dass die durchschnittlichen Raumtemperaturen mit der energetischen Qualität der Gebäude deutlich steigen. Wohnungen, die zwischen 1958 und 1967 erstellt wurden, sind durchschnittlich 18,1 °C warm. Solche aus den Jahren 1978 bis 1995 sind nur unwesentlich höher temperiert. Doch bereits die Baujahre von 1996 bis 2001 sind mit 19,4 °C deutlich wärmer. Wohnungen nach dem EnEV-2002-Standard legen weiter zu auf rund 20 °C. In Gebäuden nach aktueller EnEV sind die Raumtemperaturen im Mittel noch höher.
Energieverbrauch für Warmwasser wird unterschätzt
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass der Gebäudezustand keinen Einfluss auf den Energiebedarf für die Trinkwassererwärmung hat. Allerdings steigt der relative Anteil am Gesamtwärmeverbrauch mit zunehmender energetischer Gebäudequalität. Für Neubauten beträgt der Anteil hierfür über 30 %. Aus dem umfangreichen Datenmaterial ermittelte Felsmann einen durchschnittlichen Energieverbrauch von 26 kWh/(m 2 a) für die Trinkwassererwärmung. Dieser Verbrauchswert liegt mehr als das Doppelte über dem in DIN V 18599 Teil 10 angenommenen Nutzenergiebedarf von 12,5 kWh/(m 2 a).
In einem Altbau, der vor 1977 erstellt wurde, enfallen durchschnittlich 17 % des Heizwärmeverbrauchs auf die Trinkwassererwärmung. In Gebäuden, die nach der EnEV 2002 gebaut wurden, sind es bereits 28 %. In Einzelfällen kann der Anteil der Wassererwärmung im Neubau auf bis zu 50 % steigen. Deshalb empfiehlt Felsmann, die verursachergerechte Heiz- und Wasserkostenverteilung auch im Neubau und im energetisch optimierten Altbau einzusetzen, um die Nutzer zum Energiesparen zu bewegen.
Verbrauchsausweis bildet die Realität besser ab
Weil die Berechnungsgrundlage (DIN V 18599) auf anderen Grundannahmen beruht, wird der berechnete Energieverbrauch im Neubau nicht erreicht. Einsparpotenziale im Altbau könnten jedoch nur dann seriös prognostiziert werden, wenn für jeden Einzelfall die tatsächliche Verbrauchssituation geprüft werde. Ebenso wie im Altbau würden die Auswirkungen der energetischen Vorschriften nach EnEV im Neubau überschätzt. Der Wissenschaftler macht auch hierfür im Wesentlichen das Nutzerverhalten verantwortlich. Vor allem in neuen Gebäuden mit niedrigem Energiebedarf verbrauchen die Nutzer durch ihr Heiz- und Lüftungsverhalten mehr Wärme als berechnet.
Geringste CO2-Vermeidungskosten
Die Studie bestätigt auch das hohe CO 2 -Minderungspotenzial der Heizkostenabrechnung. Seit Einführung der Abrechnungspflicht im Jahr 1981 wurden rund 350 Mio. t an CO 2 -Emissionen vermieden. Während die meisten Energieeffizienzmaßnahmen zur CO 2 -Vermeidung Kosten verursachen, entstehen bei der verbrauchsabhängigen Abrechnung Einsparungen in Höhe von knapp 200 Euro/t vermiedenes CO 2 .
„Keine im Ansatz vergleichbare Maßnahme weist derart geringe Vermeidungskosten auf wie die verbrauchsabhängige Abrechnung“, sagt Felsmann. Seinen Berechnungen zufolge sind Heizkostenabrechnungen in ihrer Wirkung besser als Energiesparlampen und sogar vergleichbar mit der Sanierung aller unsanierten 1- bis 2-Familienhäuser. Das Nutzerverhalten ist entscheidend. Nur wer weiß, wie viel Energie er verbraucht und was das kostet, wird sein Verhalten im Umgang mit Energie überdenken. Und nur wer sein Verhalten überdenkt, wird sein Verbrauchsverhalten anpassen.
Die komplette Studie kann unter info@arge-heiwako.de bestellt werden. ■