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- Die Analyse der Bausubstanz und der Gesamtsituation einer 1972 errichteten Grundschule mündete in einer Generalsanierung. Einzelmaßnahmen hätten langfristig einen höheren Aufwand bedeutet.
- Die Gebäudehülle wurde energetisch modernisiert, die ursprüngliche elektrische Fußbodennachtspeicherheizung wurde zurückgebaut und durch eine Deckenstrahlheizung sowie eine solarunterstützte, zentrale Sole/Wasser-Wärmepumpen-Anlage ersetzt.
- In der Gesamtmaßnahme wurde der Heizenergiebedarf um über 90 % verringert und die Lern- und Lehrbedingungen deutlich verbessert.
Im südlich von Würzburg gelegenen Giebelstadt wurde 1972 bzw. 1974 eine Volksschule errichtet und mit einer Elektrodirektheizung ausgestattet. In späteren Jahren hat man angebaut und teilweise modernisiert, sodass ein uneinheitliches Ensemble mit unterschiedlichen energetischen Werten entstand. Ein durchgängiges Konzept für alle Bauteile – die Schulgebäude und die Turnhalle – wurde schon Ende 2007 aufgestellt. Ausgangspunkt für diesen Schritt waren etliche bauliche Mängel. Außerdem entwickelten sich die Schülerzahlen rückläufig.
Die Ausgangssituation
Zunächst ermittelte das Architekturbüro Werner Haase anhand der alten Unterlagen und einer akribischen Bestandsaufnahme den Ist-Zustand. Das zuerst errichtete Schulgebäude und die Turnhalle wurden als Stahlbeton-Skelettbau mit zweischaligem Wandaufbau mit Kerndämmung bzw. ungedämmten Stahlbetonstützen plus Riegelbauteile ausgeführt. Die außenseitigen Betonbauteile wurden in Sichtbeton errichtet, wobei lediglich der Bereich der beheizten Räume im Untergeschoss mit einer ca. 6 cm dicken Innendämmung versehen wurde.
An einigen Stellen waren außen Risse und Abplatzungen zu erkennen. Probleme mit Schimmel an Fensterlaibungen, verzogene Kunststofffenster, teilweise fehlende Lüftungsmöglichkeiten und Feuchtigkeit in der nachträglich veränderten Dachkonstruktion wurden festgestellt. Der U-Wert der Fenster lag bei ca. 2,9 W/(m2 K), für die Gebäudehülle im Mittel bei ca. 0,75 W/(m2 K) und für die Stahlbetonbauteile bei ca. 2,9 W/(m2 K). Die Werte für den 1989 bzw. 1998 errichteten Trakt wurden mit ca. 0,5 W/(m2 K) für die Gebäudehülle und mit ca. 2,2 bzw. 1,5 W/(m2 K) für die Fenster ermittelt.
Neben dem nicht mehr zeitgemäßen Wärmeschutz zählten zu den weiteren kritischen Bereichen der Brandschutz und der Schallschutz in den Klassenräumen und Fluren. Die Beheizung erfolgte über eine Elektrofußbodenheizung, die in einem 7,5 bis 11 cm starken Estrich eingebunden war. Laut den alten Plänen wurde eine Grundlast von 296 kW für die Leistung der Fußbodenheizung und eine Spitzenlast von 91 kW für Konvektoren und Nachtspeicheröfen angesetzt. Die Regelung war zum Zeitpunkt der Erhebung nicht mehr voll funktionstüchtig.
Verbrauchswerte
Auf den ersten Blick erschien der Heizenergieverbrauch eher gering, vor allem im Hinblick auf den geringen Wärmedämmstandard. Dies hatte mehrere Gründe: Durch die elektrische Direktheizung entstanden keine Wärmeverluste bei Kessel, Rohrleitungen und Wärmespeichern. Die Aufheizung erfolgte über Nacht (zu 99 % Nutzung des Niedertarifs), tagsüber sank die Raumtemperatur aber teilweise unter 20 °C. Die Flure wurden nur gering beheizt. Durch teilweise fehlende Lüftungsmöglichkeiten waren zwar die Wärmeverluste geringer, doch dafür auch die Luftqualität schlecht.
Nach der Energiebedarfsrechnung des Büros Sperber, das mit der Planung der Haustechnik betraut war, lag der Heizenergiebedarf im Bestand bei 324900 kWh/a, wovon ca. 199200 kWh/a auf den ältesten und größten Gebäudeteil entfielen. Im Folgenden wird dieser Baukörper näher betrachtet, die Turnhalle und der Anbau aus 1989/98 werden nicht einbezogen.
Das Sanierungskonzept
Von den insgesamt zehn vorhandenen Klassenräumen werden acht für den Betrieb einer Grundschule genutzt. Diese Räume befinden sich alle im alten Komplex. Im neueren Teil bleibt die Mittags- bzw. Ganztagsbetreuung erhalten. Darum finden alle hier angeordneten Nutzungen weitgehend zur Mittagszeit und am Nachmittag statt. Daraus resultieren u.a. organisatorische Vorteile, etwa hinsichtlich der Aufsicht und der ungestörten Reinigung der Klassen. Die Sanierung der Turnhalle soll in einem zweiten Bauabschnitt erfolgen.
Als Maßnahmen mit erster Priorität für den ältesten Gebäudeteil wurden genannt: Beseitigung der Undichtigkeiten und der Kondensat-Problematik am Dach, Dämmung der Gebäudehülle, Fenstererneuerung, Sonnenschutz, Sanierung der Haustechnik und Elektroinstallation, Verbesserung der Raumakustik und der Luftqualität, Aktualisierung des Brandschutzes und die komplette Heizungserneuerung.
In diesem Zusammenhang hatten Bauherr und Planer im Blick, dass eine Maßnahme dieser Größenordnung zwar eine höhere Investition erfordert, langfristig aber sinnvoller ist als Einzelmaßnahmen. Spätere Nachrüstverpflichtungen wären mit hoher Wahrscheinlichkeit mit sehr viel größerem Aufwand verbunden gewesen.
Klimaschutz-Modellprojekt
Um als Modellprojekt im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative vom Bundesumweltministerium gefördert zu werden, mussten die CO2-Emissionen um mindestens 70 % gesenkt oder die Höchstwerte der endenergiebezogenen CO2-Emissionen für einen entsprechenden Neubau laut EnEV um mindestens 60 % unterschritten werden. Mindestens die Hälfte der Einsparungen musste durch verfügbare Effizienztechnologien und Energieeinsparmaßnahmen erreicht werden.
Die Dämmung der Außenwände wurde mit Mineralschaumplatten vorgenommen, die bei einer Dämmstärke von 20 cm mit WLG 045 eingestuft sind. Damit wird ein U-Wert von ca. 0,17 W/(m2 K) erreicht und die Vorgabe der EnEV von 0,35 W/(m2 K) werden deutlich unterschritten. Die Fenster wurden in einer gedämmten Holz-Aluminium-Ausführung mit 3-fach-Verglasung und außenliegenden RaffstoreSonnenschutz gewählt. Das flach geneigte Blechdach wurde zurückgebaut und das alte Flachdach mit einer 20 cm starken Mineralfaserdämmung und einer Edelstahldacheindeckung versehen.
Durch den Rückbau ließ sich auch die Belichtung der Räume verbessern. Dazu hat man die Shed-Aufsätze wärmebrückenfrei gedämmt und die Lichtkuppeln erneuert. Außerdem erhielt das Dach kleine Aufbauten zur Installation von Lüftungsgeräten. Die Dachaufbauten ließen sich zusätzlich zur Leitungsführung für die Heizungs- und Elektroinstallation nutzen, da kein durchgehender Keller vorhanden ist.
Durch die Maßnahmen an der Gebäudehülle reduzierte sich der Heizwärmebedarf des Gebäudes von ca. 199200 auf ca. 77300 kWh/a. Das entspricht 38,8 % des Ausgangswerts. Zudem bedingten die baulichen Veränderungen den Einbau einer kontrollierten Lüftung mit Wärmerückgewinnung, denn eine Fensterlüftung kann die Luftqualität in einem Schulraum bei einer Belegung mit 20 bis 25 Personen nicht sicherstellen. Eine Lüftungsanlage verringert dagegen die Wärmeverluste und verbessert die Luftqualität. Es wurde jeweils ein zentrales Gerät für zwei bis vier Klassen vorgesehen, das präsenzabhängig arbeitet. Damit wird die als unbedenklich eingestufte CO2-Konzentration von weniger als 1500 ppm sichergestellt (Arbeitsstätten-Richtlinienwert). Außerdem lässt sich das System im Sommer zur Nachtkühlung nutzen.
Heizen mit regenerativen Energien
Das Energiekonzept wurde für den alten Gebäudeteil komplett umgestellt. Der 1989/98 errichtete Trakt blieb vorerst unverändert, eine spätere Sanierung bzw. ein Neubau der Turnhalle wurde aber bereits berücksichtigt. Der Schwerpunkt bei der neuen Anlage lag auf der Nutzung von Umweltenergie und der Senkung von CO2-Emissionen. Folgende Eckdaten spielten eine Rolle: Die Deckung des Heizbedarfs des sanierten Schulgebäudes erfolgt durch zwei Sole/Wasser-Wärmepumpen und Erdsonden über ein Niedertemperatursystem im monovalenten Betrieb. Die thermische Solaranlage mit 29 Flachkollektoren dient der Trinkwassererwärmung, der Heizungsunterstützung und der Regeneration der Erdwärmesonden-Anlage. Mit diesem Ansatz ging die Entfernung der bestehenden Elektrofußbodenheizung und der Konvektoren einher. Zur Wärmeverteilung wurde eine Deckenstrahlheizung gewählt.
Die Effizienz der Lösung verdeutlicht eine Gegenüberstellung des errechneten Heizenergiebedarfs Abb. 2. Von 19920 Euro/a (2006) Energiekosten können dauerhaft über 90 % eingespart werden; die Energiekosten verringern sich auf 1790 Euro/a. Eine Standardlösung aus Gaskessel und Fensterlüftung hätte eine Verminderung von ca. 75 % auf 5000 Euro/a bewirkt. Ähnlich verhält es sich mit dem Primärenergieaufwand und den CO2-Emissionen. Die optimierte Lösung aus der Kombination Wärmepumpe, Lüftungsanlage und Solaranlage weist jeweils die besten – sprich niedrigsten – Werte auf. Folgende Vorteile sind mit ihr verbunden:
- Komforterhöhung und Verbesserung der Lehr-/Lernbedingungen
- keine Nachrüstverpflichtungen
- Nachtlüftung im Sommer ohne Sicherheitsrisiko möglich
- die spätere Anbindung der Schulräume im zweiten Bestandsbau an die Heizzentrale ist einfach realisierbar
- passive Kühlung über Wärmepumpe (bzw. die Erdwärmesonden-Anlage) ist optional möglich (durch den Ganztagesbetrieb und interne Wärmelasten kann eine aktive Kühlung erforderlich werden)
- hohe Energie- und damit Kosteneinsparung für die nächsten Jahrzehnte
Deckenstrahlheizung im Vorteil
Ein nicht zu unterschätzender Anteil am Erfolg der Sanierung kommt der Deckenstrahlheizung zu. Thomas Wehner vom zuständigen Ingenieurbüro Sperber verweist auf die positiven Erfahrungen: „Deckenstrahlsysteme haben sich in Schulen und Sportstätten überaus bewährt. Sie arbeiten mit niedrigen Vor- und Rücklauftemperaturen, was sehr gut mit der Nutzung von Solarenergie bzw. Wärmepumpen harmoniert.“ Die Heizflächen in der Schule Giebelstadt wurden auf die Temperaturpaarung 36/31 °C ausgelegt.
Als wichtigste Faktoren sind die effiziente Betriebsweise und die positive Auswirkung auf das Raumklima zu nennen. Die Strahlungswärme wird als ausgesprochen angenehm empfunden und die geringe Staubaufwirbelung verbessert die Hygiene. Gleichzeitig arbeitet die Deckenstrahlheizung sehr wirtschaftlich, denn die höhere Temperatur der Umgebungsflächen sowie eine geringe Luftbewegung bewirken eine höhere Empfindungstemperatur: Bei gleicher Behaglichkeit kann die Raumlufttemperatur so um 2 bis 3 °C abgesenkt werden.
Eine gute akustische Qualität der Klassenzimmer hat einen wesentlichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Schüler. Darum war es von Vorteil, dass sich das System im Rahmen der ohnehin erforderlichen Akustikunterdecke integrieren ließ. Hier macht sich die Konstruktion der eingesetzten Heiz-Kühlelemente positiv bemerkbar: Die HKE-CS von Best wurden als entfettete Rohaluminium-Ausführung mit einer 40 mm starken eingelegten Dämmschicht versehen. Dann wurden gelochte Gipskartonplatten thermisch leitend mit dem Strahlblech verschraubt, sodass der Schall gut absorbiert wird. Für einen Standardklassenraum mit einem Raumvolumen von 180 m3 wird eine Sollnachhallzeit von 0,55 s angesetzt (DIN 18041 Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen). Mit der vollflächigen Konstruktion kam man dem angestrebten Wert nah. Insgesamt wurden ca. 350 m2 HKE-CS verarbeitet Abb. 3 4.
Die Aufenthaltsräume für Pausen und die Flure wurden mit der Variante HKE-EL ausgestattet, wobei rund 170 m2 zum Einsatz kamen. Insbesondere die vorhandene Deckenausführung – Deckenbalken und die darüber liegende Dachkonstruktion – machte es erforderlich, einen Teil der HKE-EL als Deckensegel von 2,4 × 2,4 m einzuplanen. Die zweiteiligen in Sonderanfertigung erstellten Elemente wechseln sich im zentralen Pausenbereich mit Lichtelementen ab. Die Montage gestaltete sich dort aufgrund der beengten Verhältnisse schwierig Abb. 6. Darum nutzte das ausführende SHK-Unternehmen Lurz den Best-Montageservice. Die Anschlüsse wurden mit flexiblen Leitungen erstellt, ihre Anbindung erfolgte von der Decke zu den Shed-Aufsätzen. Boden und Wände bleiben bei der „Heizung von der Decke“ komplett frei, was sowohl der Einrichtung als auch der Reinigung zugute kommt. Die Schüler haben keine Zugriffsmöglichkeiten auf die Bauteile.
Umsetzung der Baumaßnahme
Der umfangreiche Eingriff in den Bestand machte es erforderlich, den Unterricht während der einjährigen Bauzeit in Schulcontainer zu verlegen. Neben den genannten Neuerungen waren im Innern des Gebäudes für Heizung und Warmwasser u.a. folgende Komponenten zu installieren: Zwei Wärmepumpen mit einer Gesamtheizleistung von 44,6 kW, zwei 1500-l-Pufferspeicher, Anbindung der Solaranlage und Herstellen des Wärmeverbunds zur Turnhalle Abb. 7.
Ein wichtiges Element der Anlage bildet die hydraulische Steuereinheit: Dieser „Energy Controler“ dient zur stufenweisen Abladung des Solarertrags auf drei Ebenen. Wärme auf hohem Temperaturniveau wird in die Pufferspeicher geladen. Erfolgt nur eine geringe Einstrahlung, wird die Sole direkt zu den Wärmepumpen geleitet, um die Leistungszahl zu erhöhen. Als dritte Ebene ist die Regeneration der Erdsondenanlage c zu nennen. Damit wird die solarthermisch gewonnene Energie Abb. 9 sozusagen zwischengespeichert. Drei Wärmemengenzähler und Temperaturfühler an einer Sonde erfassen kontinuierlich die entsprechenden Werte, die zur Auswertung per M-Bus an die Gebäudeleitzentrale übermittelt werden.
Das Ergebnis der Schulsanierung wurde im Juli 2011 anlässlich eines Tags der offenen Tür präsentiert. Insgesamt investierte die Marktgemeinde Giebelstadt rund 2,2 Mio. Euro, vom Bundesumweltministerium flossen 922000 Euro an Zuschüssen. Von den rund 2,7 Mio. Euro Gesamtbaukosten wurden ca. 1,5 Mio. Euro als energetisch relevant eingestuft und der Förderung zugrunde gelegt. Bei einem Fördersatz von 60 % ergab dies die genannte Zuwendung aus Bundesmitteln. Die am Bau beteiligten Planer und Handwerker sowie der Bauherr sind zuversichtlich, dass sich die Prognosen hinsichtlich Energieverbrauch und Einsparpotenzial erfüllen werden. Die Verbrauchsdaten sollen kontinuierlich erfasst und ausgewertet werden, um die Effizienz zu belegen. Optimale Lernbedingungen stehen den Kindern auf jeden Fall zur Verfügung.
Marion Paul-Färber, Pressebüro Dieter Last
Bautafel Grundschule Giebelstadt
Bauherr
Marktgemeinde Giebelstadt, Technisches Bauamt, 97232 Giebelstadt
Architekt und Energiekonzept
Architekturbüro Werner Haase, 97753 Karlstadt
http://www.arch-haase-karlstadt.de
Fachplanung Haustechnik
Sperber Ingenieurgesellschaft, 97076 Würzburg
http://www.sperber-ingenieure.de
Ausführung Haustechnik
Lurz Haus- und Energietechnik, 97980 Bad Mergentheim
Wärmeverteilung
350 m2 Deckenstrahlplatten HKE-CS für Klassenräume und Lehrerzimmer
170 m2 Deckenstrahlplatten HKE-EL für Pausenräume und Flure, davon ein Teil als 2,4 × 2,4 m große Deckensegel
Best, 30916 Isernhagen