Kompakt informieren
- Die Technik für die Wärmewende im Gebäude ist ausgereift vorhanden und bietet – intelligent kombiniert – große Potenziale zum Einsparen von Energie und Energiekosten.
- Künftig werden immer häufiger Hybridsysteme zum Einsatz kommen, beziehungsweise vorhandene Systeme zum Hybridsystem erweitert werden.
- Während im Bestand noch lange konventionelle Wärmeenergieträger genutzt werden, wird im Neubau schon bald das Niedrigstenergiegebäude zum Standard.
- Bei einer sachgerechten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist die energetische Gebäudesanierung unter Berücksichtigung von Instandhaltungsmaßnahmen sehr oft wirtschaftlich.
- Mit der Kombination von Wärmepumpe und PV-Anlage ist eine klimaneutrale Beheizung bereits realisierbar und könnte in wenigen Jahren zum Standard werden.
- Ab dem 26. September 2014 müssen Raumheizgeräte (Heizkessel, Wärmepumpen, KWK-Geräte etc. und Verbundanlagen) mit einem ErP-Label gekennzeichnet werden.
- Bei der Auswahl und Dimensionierung der Trinkwassererwärmung muss an erster Stelle die Trinkwasserhygiene stehen.
- Die Selbstvermarktung von KWK-Strom kann die Wirtschaftlichkeit eines BHKW verbessern ist aber juristisch und bürokratisch sehr ambitioniert.
Die Zeit der einfachen Lösungen in der Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechnik (HLS) ist vorbei. Die Auswirkungen der Energiewende erfordern bei den betroffenen Akteuren eine hohe Wachsamkeit, denn die Neuordnung der Energiewirtschaft beeinflusst die Gebäudetechnik in sehr viel stärkerem Maße als bisher angenommen. Christian Lorenz Abb. 2, Hoval-Geschäftsführer Heizungstechnik, zeigte auf, wie komplex die Wechselbeziehungen und Einflussnahmen künftig in der HLS-Technik sein werden.
Neben vertrauten Abkürzungen wie EnEV, EEG, EEWärmeG, ErP-Labelling und TrinkwV müsse sich die Branche auch mit den aktuellen Megatrends wie demographischer Wandel, Urbanisierung, Klimawandel und Glokalisierung1) auseinandersetzen. Hinzu kommen Einflüsse durch die Energiewende, wie Dezentralisierung der Energieerzeugung, intelligente Stromnetze, Smart-Home- und Smart-Building-Funktionen sowie neue Energiespeicher, wie Power-to-Gas, dezentrale Stromspeicher und Elektroautos, erläutert Lorenz. „Wir haben die Technologien für die Energiewende, aber wir müssen innovative Lösungen schneller umsetzen.“
Große Einspar- und Effizienzpotenziale
Die nächsten Dekaden gehören weiterhin den fossilen Brennstoffen. Diesen Schluss zieht Andreas Lücke Abb. 3, Hauptgeschäftsführer des Bundesindustrieverbands Deutschland, Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH). Den Grund dafür sieht Lücke in den wachsenden Reserven beim konventionellen Erdgas sowie dem Boom bei Schiefergas durch Fracking und das daraus resultierende Flüssig-Erdgas (LNG). Auch Biogas in Erdgasqualität könne in das Gasnetz eingespeist werden.
Auf der anderen Seite wachse auch das Energieangebot aus erneuerbaren Energien, wie Biomasse sowie Strom aus Windkraft- und Photovoltaik(PV)-Anlagen. Eine neue, interessante Variante sei Power-to-Heat, also die Nutzung von Überschussstrom aus Wind-, PV- und KWK-Anlagen in Wärmenetzen. Diese Option begünstige in Zukunft hybride Lösungen aus konventioneller Brennwertheizung, Solarthermie, Stromdirektheizung und Wärmepumpe. Dadurch könne der Anteil an erneuerbaren Energien am Gesamtmarkt weiter gesteigert werden. Wichtig sei es jetzt, die Wärmewende voranzutreiben, mahnt Lücke. Allein durch die Modernisierung des Bestands an Heizkesseln auf Brennwerttechnik könne 13 % des gesamten deutschen Energieverbrauchs eingespart werden, „das ist mehr als Putin uns an Erdgas liefert“, so Lücke.
Heute verfügbare Technik reicht aus
Doch nicht nur die Modernisierung von Heizkesseln, auch die energetische Sanierung der Bausubstanz ist in Verzug. „Die Soll-Sanierungsrate liegt bei 2,5 % des Gebäudebestands pro Jahr, tatsächlich wird aber nur etwa 0,9 bis 1,3 % pro Jahr saniert“, erklärt Christian Stolte Abb. 4, Bereichsleiter für energieeffiziente Gebäude der Deutschen Energieagentur (dena), und fordert von allen Beteiligten mehr Engagement, um die Einsparlücke gegenüber den EU-Vorgaben zu schließen. „Die Verbesserung der Gebäudeenergieeffizienz vermindert nicht nur unsere Energie-Importe, sie ist gleichzeitig der Schlüssel, um erneuerbare Energien wirtschaftlich in konventionelle Heizsysteme einzubinden.“
Oft vorgebrachte Kritik an hohen Kosten für eine energetische Gebäudesanierung lässt Stolte nicht gelten. „Eine Sanierung bis zum KfW-Effizienzhaus 70 ist bei vielen sanierungsbedürftigen Gebäuden durchaus wirtschaftlich. Das Problem sei, dass viele Hausbesitzer die ohnehin anfallenden Kosten für die Außenputzerneuerung und andere Instandhaltungen mit den energiebedingten Maßnahmen, wie Wärmedämmung und Anschlussarbeiten an Fenstern und Dach, in einen Topf werfen. Die Vollkosten für eine Außenwanddämmung nach KfW-Effizienzhaus 70 lägen nach Berechnungen der dena beispielsweise bei 355 Euro/m2, die eigentlichen Mehrkosten zur Verbesserung der Energieeffizienz aber nur bei 160 Euro/m2.
Wichtig sei, nicht auf vielversprechende Innovationen zu warten, sondern die heute verfügbare, erprobte Technik einzusetzen. Stolte: „Die reicht völlig aus.“ Allerdings müssten künftig die Energieeinsparverordnung, das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz und die ErP-Richtlinie in Gleichklang gebracht werden. „Hier gibt es noch erheblichen Harmonisierungsbedarf“, sagt Stolte.
Gesamtwirkungsgrad bis zu 98 %
Ein herausragendes Beispiel für eine innovative Lösung mit erprobter Technik ist die neue Heizzentrale bei der Liechtensteinischen Gasversorgung in Triesen. Bei der Sanierung der 20 Jahre alten Heizzentrale zur Versorgung von Hallenbad, Schulen, Kindergärten, Turnhallen, Verwaltungsgebäuden, Alters- und Pflegeheimen sowie diverser Mehrfamilienhäuser entschied sich der Bauherr für eine multivalente Wärmezentrale aus Hoval-Komponenten.
Das Kraft-Wärme-Konzept besteht aus zwei Blockheizkraftwerken Powerbloc (81 kWth / 50 kWel und 365 kWth / 240 kWel), zwei Wärmepumpen (Thermalia twin 6,8 / 12,5 kWel; Thermalia dual H, 18,5 / 37,0 kWel), einem Gas-Brennwertheizkessel (Ultragas, 1000 kW), einem Öl-Brennwertheizkessel (UltraOil, 600 kW als Redundanz) und einer Wärmeübergabestation (Transtherm, 194 kW) Abb. 1.
Oke Seißer, Hoval-Produktmanager für Gas, Öl, BHKW und Fernwärme, weist auf die Besonderheiten des Anlagenkonzepts hin: „Mit den beiden Wärmepumpen gewinnen wir die nicht unerhebliche Strahlungsabwärme der BHKW zurück.“ Zusätzlich werde die Abgaswärme von den BHKW-Modulen über einen Abgaswärmeübertrager in den Netzvorlauf eingespeist. Damit erhöht sich der Gesamtwirkungsgrad der Wärmezentrale von 91 auf 98 %. Abb. 5
Niedrigstenergiegebäude-Standard
Nach der letzten Novellierung des Energieeinsparungsgesetzes (EnEG) sollen ab 2019 alle Behördengebäude und ab 2021 alle übrigen Neubauten den Vorgaben eines „Niedrigstenergiegebäude-Standards“ entsprechen. Der Gesetzgeber definiert den sperrigen Begriff in § 2a Abs. 1 EnEG so: „Ein Niedrigstenergiegebäude ist ein Gebäude, das eine sehr gute Gesamtenergieeffizienz aufweist; der Energiebedarf des Gebäudes muss sehr gering sein und soll, soweit möglich, zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden.“
Laut § 2a Abs. 3 EnEG hat die Bundesregierung die Anforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Niedrigstenergiegebäuden vor dem 1. Januar 2019 und für Nichtwohngebäude, die im Eigentum von Behörden stehen und von Behörden genutzt werden sollen vor dem 1. Januar 2017 zu erlassen. Die Anforderungen werden voraussichtlich in der Energieeinsparverordnung geregelt.
Im Vorgriff auf das kommende Energieeinsparrecht hat die Fritz Mönikheim GmbH, Weikersheim, im Auftrag der Klärle Gesellschaft für Landmanagement und Umwelt mbH, Weikersheim, ein von Prof. Dr. Martina Klärle und Andreas Fischer-Klärle geplantes Energiekonzept realisiert. Es besteht aus einem PV-Feld mit 80 kWp, einer Sole/Grundwasser-Wärmepumpe Hoval Thermalia twin (20-42), Heizleistung 13 bis 42 kW sowie zwei EnerVal-800-l-Pufferspeichern.
„Wir versorgen damit das Bürogebäude, eine Hebammenpraxis sowie zwei Wohneinheiten, auch an Tagen mit wenig oder ohne Sonne, erklärt Joachim Mönikheim das Konzept. Der Schlüssel zum Plusenergie-Ensemble, eine ehemals ungenutzte Hofstatt in Weikersheim, liegt im hohen Dämmstandard, gepaart mit energieeffizienter Technik und dem intelligenten Einsatz des selbst erzeugten Stroms Abb. 6. Ziel ist eine möglichst geringe Rückspeisung ins Netz. Was an PV-Strom übrig bleibt, wird in einer separaten Trinkwarmwasser-Wärmepumpe genutzt und in einem Elektroauto gespeichert. Die Organisation der Stromverteilung zwischen den Wärmepumpen, den Elektrohaushaltsgeräten, dem Wohnungslüftungsgerät (Hoval Homevent FR606) und der E-Mobil-Ladestation übernimmt ein PV-Lastmanager mit Smart-Grid-Funktion.
Wärmepumpe wird immer ökologischer
Auch Hoval sieht die Verbindung von Photovoltaik und Wärmepumpe als Chance, dem in Deutschland noch ausbaufähigen Wärmepumpenmarkt einen weiteren Impuls zu geben. Manfred Gerngroß, Hoval-Produktmanager Wärmepumpen, geht davon aus, dass die sinkenden Stromgestehungskosten bei PV-Anlagen ein neues Marktsegment für Wärmepumpen erschließen.
„Wir haben bereits Smart-Grid-Systemlösungen für Wärmepumpen mit PV-Anlagen ausgearbeitet. Unsere Regler bieten künftig auch die Option, die Temperatur im Trinkwarmwasserspeicher in Abhängigkeit des PV-Stromangebots weiter anzuheben, ebenso die Raumtemperatur. Damit können wir PV-Stromüberschüsse kurzfristig ohne Mehrkosten im Wärmesystem zwischenspeichern“, erklärt Gerngroß. Und weiter: „Die klimaneutrale Heizung ist heute bereits machbar und kann in wenigen Jahren zum Standard werden.“
Wichtig bei Anlagen dieser Art sei es, den Strombedarf der Wärmepumpe, das PV-Stromangebot und den voraussichtlichen Strombezug aus dem Netz genau zu bilanzieren, da davon die Berechnung der Gebäude-Energieeffizienzklasse abhänge, sagt Gerngroß. Bei solchen Anlagen gehe es in erster Linie darum, möglichst viel selbsterzeugten PV-Strom zu nutzen: „Der COP der Wärmepumpe spielt dann bei der energetischen Bewertung nicht mehr die entscheidende Rolle“, so Gerngroß.
Marketingmaßnahme „Energielabel“
Eine Frage treibt derzeit die ganze Heizungs-, Lüftungs- und Klima-Branche um: Was ist ErP? Was ist Labeling2)? Die Antwort von Hoval lautet: „Das in der ErP-Richtlinie definierte Labeling ist eine von der EU gewünschte Marketingmaßnahme, damit der Laie auf den ersten Blick erkennen kann, wie effizient das jeweilige Produkt beziehungsweise das System ist.“ Was einfach klingt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als tagesfüllendes Thema. Die Ergebnisse des akribisch aufgebauten Vortrags von Günther Köb, Hoval-Produktmanager fossile Brennstoffe, in Kürze:
- Die ErP(Ökodesign)-Richtlinie für „Raumheizgeräte<sup>3)</sup>“ gilt über direkt in jedem Mitgliedstaat verbindliche Umsetzungsverordnungen für Öl- und Gas-Heizkessel, Wärmepumpen (Öl, Gas, Elektro), KWK-Geräte (Gas und Öl), Packages / Systeme und Einzelkomponenten für eine Leistung von 0 bis 400 kW
- Alle „Produkte und Packages“ von 0 bis 70 kW fallen unter die Labeling-Richtlinie; im Leistungsbereich 71 bis 400 kW ist kein Label notwendig, aber es müssen Mindesteffizienzkriterien erstellt werden
- Die Berechnung der Raumheizungs-Energieeffizienz bezieht sich künftig nicht mehr auf den Heizwert, sondern ab 26. September 2015 auf den Brennwert.
- Der Teillast-Wirkungsgrad fließt in die Berechnung des Raumheizungs-Jahresnutzungsgrads mit ein, ebenso Korrekturfaktoren, bedingt durch Regler, elektrische Hilfsenergie, Stillstandsverluste oder den elektrischen Wirkungsgrad von KWK-Geräten.
- Ab 26. September 2015 dürfen bei Heizgeräten bis 70 kW nur noch Brennwert-Öl/Gas-Heizkessel verkauft werden; Ausnahme: atmosphärische Heizgeräte und Kombiheizgeräte bis 10 kW, sogenannte Etagenheizgeräte, unter bestimmten Bedingungen im Bestand.
- Aufgrund der veränderten Effizienzberechnung bei Heizkesseln (Brennwert statt Heizwert) schaffen Brennwertheizkessel nur die Effizienzklasse A, in Kombination mit solarthermischer Trinkwassererwärmung und solarer Heizung die Effizienzklasse A++. Die höchste Effizienzklasse A+++ erreichen Sole/Wasser- und Wasser/Wasser-Wärmepumpen.
- Die Berechnung des Labels für eine Verbundanlage Abb. 8, beispielsweise bestehend aus Gas-Brennwertheizkessel, thermischen Solarkollektoren, Trinkwassererwärmer und Regeleinrichtung, steht unter der Verantwortung des Inverkehrbringers (z. B. Hersteller) und des Händlers<sup>4)</sup>. Die Produkt-daten für den Händler liefert der Hersteller beziehungsweise der Lieferant des Händlers. In der Praxis werden die Hersteller definierte Systeme (Verbundanlagen) mit der entsprechenden Energieeffizienzklasse anbieten. Dabei muss die Effizienzklasse für Raumwärme und Trinkwassererwärmung separat ausgewiesen werden.
Herausforderung Trinkwasserhygiene
„In Deutschland sterben inzwischen mehr Menschen an Legionellen als bei Verkehrsunfällen.“ Norbert Osthoff vom gleichnamigen Ingenieurbüro in Erding verdeutlichte mit seinem Vortrag, dass weder Wohnungswirtschaft, Liegenschaftsverwaltungen und Behörden noch die ausführenden Gewerke die Tragweite der Legionellenproblematik in Trinkwassernetzen bislang richtig erkannt haben.
„Die Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Trinkwasserverordnung nehmen zu“, berichtet Osthoff. „Auf die Wohnungseigentümer kommen gigantische Kosten zu, sowohl durch Sanierungen des Trinkwassersystems als auch durch Mietminderungen.“ Osthoff kritisierte die vielen schwarzen Schafe, die sich im Schnellkurs zu „Gefährdungsspezialisten“ ausbilden lassen. Wichtig sei jetzt die Überarbeitung tangierender Arbeitsblätter, Normen und Vorschriften zur Trinkwasserverordnung, denn dort gebe es noch erheblichen Korrekturbedarf.
Wo immer möglich, sollte sich die Branche vom Trinkwarmwasserspeicher verabschieden und stattdessen Heizwasserpufferspeicher und Frischwasserstationen einsetzen. Vorwärmstufen bei der Trinkwassererwärmung seien grundsätzlich abzulehnen. Dazu zählt Osthoff Systeme mit Vorwärmern durch Wärmepumpen, Solarthermieanlagen oder durch die Kondensatorabwärme von Kälteanlagen. Generell müssten Trinkwassererwärmungsanlagen mit mehr als 400 l Speicherinhalt einmal täglich auf über 60 °C aufgeheizt werden, auch die dazugehörenden Vorwärmstufen.
Abschied vom Schubladendenken
Auch Hagen Jakubek, Hoval-Regionalleiter, betonte den hohen Stellenwert der Trinkwasserhygiene, die noch wichtiger als Energieeinsparung und Energieeffizienz sei. „Einfach einen Wärmeerzeuger und einen Trinkwarmwasserspeicher zusammenstellen, ist heute nicht mehr zeitgemäß.“ Jede Anlage müsse individuell betrachtet und den gesetzlichen und technischen Vorgaben entsprechend ausgelegt werden. Hoval biete dazu Unterstützung mit speziellen Lösungen für Brennwertgeräte, Wärmepumpen und Fernwärmeanlagen an. Letztere seien besonders anspruchsvoll, da die Fernwärmeversorger die primäre maximale Rücklauftemperatur vorgeben. Deshalb biete Hoval ein breites Spektrum an Trinkwassererwärmern an, angefangen beim klassischen Speicher über Speicherladesysteme bis zu Wellrohr-Hygienespeichern und Frischwassersystemen Abb. 7.
Selbstvermarktung von KWK-Strom
Auch die Planung von BHKW- und KWK-Anlagen wird anspruchsvoller. Der energiewirtschaftliche Rechtsrahmen von KWK-Anlagen hat sich soweit verändert, dass sich die Netzeinspeisung von selbst erzeugtem Strom nach der Novellierung des KWK-Gesetzes nicht mehr lohnt. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist deshalb die Selbstvermarktung von BHKW-Strom vor Ort, beispielsweise in einem Objekt der Wohnungswirtschaft. „Mieter zahlen derzeit 24 bis 28 Ct/kWhel. Wir können durch die Selbstvermarktung den Mietern Stromkosteneinsparungen von jährlich etwa 70 bis 100 Euro pro Wohnung zusagen“, sagt Cord Müller Abb. 9, Geschäftsführer der Stadtwerke Aalen.
Der Strompreisvorteil des Aalener Modells resultiert aus der Einsparung von Netzentgelten, Stromsteuer, KWK-Umlage, Offshore-Haftungsumlage, Umlage für abschaltbare Lasten nach § 18 AbLaV (Verordnung über Vereinbarung zu abschaltbaren Lasten) und der Konzessionsabgabe. Müller räumt ein, dass ein Direktverkauf von BHKW-Strom an Dritte juristisch und bürokratisch sehr ambitioniert sei. Stadtwerke seien durch ihr Abrechnungs-Know-how und ihre bestehende IT-Infrastruktur dafür gut aufgestellt. Durch die Partnerschaft mit Techem erhoffe man sich einen guten Zugang zur Wohnungswirtschaft. Deshalb wolle man das Konzept bundesweit vermarkten.
Ungenutzte Wärme bei der Industrie
Im Industrie- und Gewerbebau gibt es hohe Energieeinsparpotenziale, aber bisher wenig Motivation, diese auch zu realisieren. Diesen Eindruck vermittelte Peter Wimböck, Hoval-Geschäftsführer Klimatechnik, zum Abschluss der Veranstaltung. „Oft lässt sich die Wärme nicht nutzen, da einfach zu viel anfällt.“ Deshalb sei es wichtig, den Wärmeeintrag in Produktionshallen zunächst durch die Optimierung der Herstellungsprozesse, effizientere Produktionsverfahren sowie präzisere Regelungs- und Steuerungsstrategien zu vermindern.
Allerdings gebe es auch genügend Bei-spiele in Industrie und Gewerbe, bei denen mehr Licht, mehr Luft und mehr Sicht nach Draußen die Produktivität positiv beeinflussen. So wurde mithilfe von Hoval-Know-how und Hoval-System-Komponenten bei der Seeger Präzisionsdrehteile GmbH, Salem-Neufrach, ein dezentral aufgebautes Hallenlüftungssystem realisiert, das die stark ölhaltige Hallenluft so gut reinigt, dass die Abwärme über die Roofvent-Geräte zurückgewonnen werden kann. Um Maschinen und den Arbeitsbereich vor Ölnebel zu schützen, wird die aufbereitete Zuluft über Luftleitungen in die Aufenthaltszone geleitet und über 2,5 m hohe textile Luftschläuche nach dem Prinzip der Quelllüftung ausgebracht Abb. 10.
Ein ähnliches Lüftungskonzept mit Absaugung an Bandschleifmaschinen und Zuluft über Luftleitungen und Textilschläuche wurde auch bei Aesculap Medizintechnik, Tuttlingen, realisiert. Wimböck räumt ein, dass Energiesparmaßnahmen in Industrie und Gewerbe besonderen Anforderungen unterliegen: „Wichtig für Industriekunden sind Amortisationszeiten zwischen einem und vier Jahren und eine hohe Flexibilität bei der Luftleitungsführung. Im Durchschnitt werden Produktionslinien in der Industrie spätestens nach vier Jahren verändert oder erneuert. Deshalb sind dort flexible, dezentrale Luftverteilsysteme gefragt, die sich schnell anpassen lassen.“
Fazit
Die Energiewende nimmt verhalten, aber zu langsam Fahrt auf, so der Tenor des Hoval Fachsymposiums. Deutlich erkennbar ist das Zusammenwachsen von Gebäudetechnik und Energiewirtschaft. Im Vorteil sind problemorientierte Konzepte, die auf Systemtechnik aufbauen; Schubladenlösungen geraten dagegen ins Hintertreffen. ErP-Richtlinie und das Raumheizgeräte-Labeling begünstigen systemische Lösungen aus einer Hand. Eine bisher eher unterschätzte Herausforderung ist die technische Umsetzung der Trinkwasserverordnung. Hier müssen sich die energetischen Ansprüche dem übergeordneten Ziel der hygienischen und legionellenfreien Trinkwassererwärmung unterordnen.
Fußnoten
2) Oft wird auch die englische Schreibweise „Labelling“ verwendet.
3) Gemäß ErP(Ökodesign)-Umsetzungsverordnung bezeichnet „Raumheizgerät eine Vorrichtung, die a) eine wasserbetriebene Zentralheizungsanlage mit Wärme versorgt, um die Innentemperatur eines geschlossenen Raumes, etwa eines Gebäudes, einer Wohnung oder eines Zimmers, auf die gewünschte Höhe zu bringen und dort zu halten und b) mit einem oder mehreren Wärmeerzeugern ausgestattet ist.
4) „Händler“ sind im Sinne der ErP-Umsetzungsverordnungen und der Marktgegebenheiten in Deutschland auch die Handwerksbetriebe.
1) Der Begriff Glokalisierung ist ein sogenanntes Kofferwort, gebildet aus den Begriffen Globalisierung und Lokalisierung. Er beschreibt die Globalisierung und ihre Auswirkungen auf der lokalen und regionalen Entscheidungsebene.
Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Bauherren
TGA-Planer: Die Energieeffizienz der bekannten Wärmeerzeugungssysteme ist weitgehend ausgereizt. Die Energie- und Gesamtkosten lassen sich im Objektbereich durch Hybridsysteme und die Kombination mit einer Eigenstromerzeugung verringern. Wichtig ist ein Monitoring der Energieverbräuche/-kosten (Qualitätssicherung).
Anlagenbauer: Die ErP(Ökodesign)-Regelungen für Raumheizgeräte sind für ausführende Betriebe insbesondere dann relevant, wenn individuelle Verbundanlagen im Leistungsbereich bis 70 kW installiert werden. Für das Effizienz-Etikett (EU-Energielabel) ist dann der Anlagenersteller verantwortlich.
Bauherren: Ein preisgünstiges Heizsystem kann über die Nutzungsdauer deutlich teurer sein, als ein Heizsystem, das mit hinterlegten Kostenkennwerten flexibel auf die jeweilige Situation und die kostengünstigste Art der Wärmebereitstellung reagieren kann. Für (kleinere) Niedrigstenergiegebäude zeichnet sich die Kombination von Wärmepumpe und PV-Anlage als Standard ab.
Wolfgang Schmid
ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de