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Entwurf zur HOAI-Novelle

Pure Provokation

Eigentlich sind Architekten und Ingenieure nicht so schnell aus der Fassung zu bringen. Was das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) am 26. Februar als HOAI-Novelle in einem frühen Entwurfsstadium vorgelegt hat, lässt den Berufsstand aber nicht mehr ruhig schlafen. Sie sehen sich durch den Verordnungsentwurf massiv in ihrer Existenz bedroht. Bei genauerem Hinsehen bewirke er nicht die vom BMWi angepriesene und eigentlich unbestritten erforderliche Anhebung der Honorare, sondern führe zu einer geringeren Vergütung. Nach begründeter Einschätzung der Branche ist der vorliegende Entwurf zudem keine Novelle des Preisrechts, ­sondern eine offensichtliche Abschaffung ver­bindlicher Honorarermittlungsregeln. Zwangsläufig werde daraus ein ruinöser Preiswettbewerb entstehen.

Mit einer Mischung aus Arroganz, Ignoranz, Unkenntnis über die Arbeit von Architekten und Ingenieuren, übertriebener Europahörigkeit und einseitiger juristischer Interpretation sei der noch nicht mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) abgestimmte Entwurf deswegen skandalös, ein Laienspiel, wettern die Berufsorganisationen. Auf einer Anhörung im BMWi am 9. April machten die betroffenen Architekten- und Ingenieurverbände dann auch unmissverständlich deutlich, was sie von der für die Verordnung zuständigen Bundesregierung erwarten. Prof. Arno Sighart Schmid, Präsident der Bundesarchitektenkammer (BAK), auch stellvertretend für die Bundesingenieurkammer (BIngK) und den Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung (AHO):

„Die Stellungnahmen der Berufsstände sind weitgehend deckungsgleich. Daraus ergibt sich, dass bezogen auf den uns vorgelegten Entwurf eine vertiefte Diskussion einzelner Detailpunkte nicht sinnvoll ist, sondern zunächst grundsätzliche Aspekte angesprochen werden müssen. Die Branche sieht in dem Entwurf keine systemkonforme Umsetzung, so wie es im Koalitionsvertrag1) angekündigt worden ist. Wir fordern deswegen, dass der vorgelegte Entwurf zurückgezogen und eine Facharbeitsgruppe eingerichtet wird, die aus Vertretern des BMWi, des BMVBS und der Berufsstände der Architekten und Ingenieure und Stadtplaner besteht. Diese Facharbeitsgruppe soll dann eine grundlegende Überarbeitung unter Einbeziehen des Fachwissens und der Praxiserfahrung der Betroffenen bis möglichst zur Sommerpause vornehmen. Außerdem fordern wir zur Überbrückung unzumutbarer weiterer Verzögerungen die Tabellenwerte sofort um 20 % anzuheben und die Honorarordnung durch eine Erklärung zur Inländer-HOAI europarechttauglich zu machen.“

Der verfassungsrechtliche Rahmen

Neben vielen sachlichen Argumenten gegen den Entwurf zur HOAI-Novelle, reklamiert die Branche auch rechtliche Bedenken. Ernst Ebert, Vorstandsvorsitzender des AHO, bezweifelt, dass der vorliegende Entwurf von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt wird. Aus Branchensicht sind die Spielregeln eindeutig. Prof. Dr. Rudolf Jochem für den Deutschen Baugerichtstag: „Die HOAI ist eine Rechtsverordnung, sie beruht auf einer Ermächtigungsgrundlage, dem Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (siehe Kasten). Der vorliegende Entwurf beachtet die Ermächtigungsgrundlage nicht. Es finden sich im Entwurf nicht die geforderten Regelungen zur Vergabe, zur Ausschreibung und zur Objektüberwachung, weshalb grundsätzliche Bedenken zur Verfassungskonformität anzumelden sind.“

Die rechtliche Interpretation der Branche ist, dass die Bundesregierung beim Erlass den Rechtsrahmen in vollem Umfang ausschöpfen muss. Dabei bezieht man sich auf Artikel 80 Abs. 1 des Grundgesetzes: „Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetze bestimmt werden […].“ Das Ausmaß will die Bundesregierung nun aber nachträglich selbst bestimmen. Rainer Eich, ehemaliger Vorsitzender des HOAI-Ausschusses der BAK: „Zum Schluss wird das Bundesverfassungsgericht die HOAI kassieren, wenn das Konzept des Entwurfs beibehalten wird.“

Unstrittig ist, dass die Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung keine Verpflichtung zum Erlass einer Verordnung ist. Die Auffassung des BMWi und des Bundesinnenministeriums, dass auch einzelne Aspekte einer Ermächtigungsgrundlage unausgefüllt bleiben können, teilt die Branche allerdings nicht. Jochem: „Wenn die Bundesregierung sich entscheidet, von der Ermächtigungsgrundlage Gebrauch zu machen, dann muss sie den vorgegebenen Rahmen auch ausschöpfen. Das ist nach meiner Auffassung eine Verpflichtung. Das Bundesverfassungsgericht hat dies sogar schon im Rahmen der HOAI klargestellt, denn in der ersten Fassung waren die Mindestsätze nicht unterschreitbar.“

Folgt man der Rechtsauffassung von Jochem, dann wäre die im Entwurf vorgesehene Beschränkung auf die Leistungsphasen 1 bis 5 und der Entfall von Beratungsleistungen nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt, denn die nennt explizit „Leistungen bei der Beratung des Auftraggebers“ und „Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen“. Unklar ist auch, ob der HOAI ein unverbindlicher Teil überhaupt angehängt werden darf bzw. welchen Status er dann hat.

Anke Pleuger, Regierungsdirektorin im BMWi und Autorin des diskutierten Entwurfs: „Der unverbindliche Teil ist ein Zugeständnis an den Berufsstand, der sagt, ‚ohne HOAI und ohne Orientierungsgeländer kann man nicht leben’. Die Ermächtigungsgrundlage rechtfertigt und trägt die­se Lösung: Sie spricht von ‚Regelungen’ und nicht von ‚verbindlichen Regelungen’.“ Mindestens juristischen Laien verschlägt dies die Sprache. Eindeutig ist jedenfalls, die Bundesregierung ist nicht gewillt, die Ermächtigungsgrundlage vom Bundestag aktualisieren zu lassen. Pleuger: „Auf der parlamentarischen Ebene könnte man entscheiden, dass in diesem Bereich kein Preisrecht benötigt wird und die Ermächtigungsgrundlage kassieren. Wir sind uns aber nach verfassungsrechtlicher Prüfung sicher, dass das Konzept des Entwurfs von der Ermächtigungsgrundlage getragen wird.“ Die Begründung zur HOAI-Novelle führt dazu aus: „Der Verordnungsgeber muss nur den Zweckerwägungen folgen, die der Gesetzgeber im ermächtigenden Gesetz angelegt hat.“

Der europarechtliche Rahmen

Die Ermächtigungsgrundlage ist für die Bundesregierung zwar ein Korsett, das man nicht anrühren will, sie ist aber nicht der primäre Ansporn nach mehr als einem Jahrzehnt Untätigkeit für die Novellierung der HOAI. Antrieb der Bundesregierung ist zum einen, dass eine gänzliche Abschaffung der HOAI der Öffentlichen Hand eindeutig mehr Nachteile als Vorteile bringen würde. Noch konkreter ist aber die von den Mitgliedstaaten bis zum 28. Dezember 2009 umzusetzende „Dienstleistungsrichtlinie“ (Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt).

Dass europarechtlich kein Weg an einer Inländer-HOAI [2] vorbei führt, hat die Branche zähneknirschend akzeptiert. Die Dienstleistungsrichtlinie lässt hier für Architekten- und Ingenieurleistungen mit expliziten Verboten keinen Spielraum. Die HOAI wird dabei in ihrem Anwendungsbereich auf Büros mit Sitz im Inland beschränkt bzw. „ausschließlich im Ausland niedergelassene Architekten und Ingenieure“ sind von der HOAI befreit. Aufgrund sehr länderspezifischer Gegebenheiten bei der Leistungserbringung sind zumindest keine sofortigen Konsequenzen zu erwarten. Im Preiswettbewerb wäre ein deutsches Planungsbüro unterhalb vorgeschriebener und objektiv feststellbarer Mindestsätze jedoch gezwungen auszusteigen („Inländer-Diskriminierung“). Die „Dienstleistungsfreiheit“ wäre damit erfüllt.

Umstritten ist aber, ob eine Inländer-HOAI allein ausreichend ist oder ob gegenüber der bisherigen HOAI weitere Abstriche zwingend sind. Das BMWi sagt ja, ein juristisches Gutachten, das die Branche beauftragt hat, sagt nein. Fakt ist indes, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, beim Aufrechterhalten von festgesetzten Mindest- und/oder Höchstpreisen durch den Dienstleistungserbringer gegenüber der EU-Kommission zu begründen, wie die in der Dienstleistungsrichtlinie näher definierte Nicht-Diskriminierung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit erfüllt wird. Als einziger „zwingender Grund des Allgemeininteresses“ lässt sich für die HOAI der Verbraucherschutz reklamieren. Erklärte Taktik des BMWi ist es, die EU-Kommission durch möglichst viele Abstriche von der bisherigen HOAI freundlich zu stimmen.

Folgt man der Rechtsauffassung des BMWi, ließen sich nur kleine Projekte mit dem Verbraucherschutz in Einklang bringen, weil bei diesen typischerweise unerfahrene Bauherren Auftraggeber sind und die unausgewogene Information der Parteien ein Schutz des Verbrauchers rechtfertigt. Damit wird die drastische Absenkung der Tafelwerte im HOAI-Entwurf begründet. Bitter für die Branche: Der Schutz von Unternehmen ist in der EU-Dienstleistungsrichtlinie nicht vorgesehen. Aus dem BMWi hört man nur „tut uns auch leid“. Wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt soll die EU-Dienstleistungsrichtlinie sichern. Wie das im Geltungsbereich der HOAI durch eine Zerschlagung des Preisrechts funktionieren soll, kann den Eigentümern von Architektur- und Ingenieurbüros jedoch niemand schlüssig erklären.

Mit auskömmlichen Honoraren dürfen Architekten und Ingenieure bei einer Durchsetzung des Entwurf-Konzepts wohl nur noch bei einem extremen Bauboom rechnen. Also nie. „Wirtschaftswachstum und mehr Beschäftigung“ kann der BMWi-­Entwurf lediglich bei Rechtsanwälten, Arbeits­agenturen und Insolvenzverwaltern auslösen.

Faktische Abschaffung der HOAI

Nur noch für kleine Bauvorhaben und hier nur noch verbindlich bis zur Ausführungsplanung – faktisch bedeutet dies eine Abschaffung des Preisrechts bzw. die Abschaffung einer Mindestvergütung: Durch die freie Vereinbarkeit der Honorare für die Leistungsphasen 6 bis 9 kann das Preisrecht der Leistungsphasen 1 bis 5 durch eine Mischkalkulation rechtskonform ausgehebelt werden. Dieser Punkt dürfte auch bei einer nur oberflächlichen Prüfung durch die EU-Kommission auffallen und könnte dann sogar zur Ablehnung der gesamten HOAI führen: Wenn das Preisrecht rechtskonform umgangen werden kann, bietet es unerfahrenen Verbrauchern keinen wirksamen Schutz. Die Begründung des BMWi für die Abspaltung: „Leistungsbeschreibungen zählen nicht zum Kerngeschäft der Architekten und Ingenieure.“ Es sind genau diese Unglaublichkeiten, die den Unmut der Branche provozieren.

Faktisch abgeschafft würde die HOAI auch durch die deutliche Reduzierung der Tafelendwerte. Ebert: „Nach Berechnungen des AHO wären nach dem neuen Entwurf 79 % des heutigen Honorarvolumens nicht mehr dem Preisrecht unterworfen.“ Das BMWi hat ermittelt, dass nur etwa 20 % aus dem bisherigen Preisrecht entfallen.

Ein weiterer Bestandteil des Entwurf-Konzepts ist die Baukostenvereinbarung. Statt die Honorare auf der Basis festgestellter Baukosten abzurechnen, sollen künftig Baukosten vorab als Honorarbasis vereinbart werden. Neben der Möglichkeit auch hier das Preisrecht auszuhebeln, würde das bedeuten, dass schon vor Auftragserteilung Leistungen erbracht werden müssen, um zu einer Baukostenvereinbarung zu gelangen. Ebert: „Für das Leistungsbild Technische Ausrüstung ist es unvorstellbar, vor dem Beginn einer Planung bereits die Kosten und damit das Honorar festzuschreiben. Wir wissen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, welche Energie zur Verfügung steht, es müssen Wirtschaftlichkeitsberechnungen durchgeführt werden und der Bauherr muss sich schließlich noch für eines der vorgeschlagenen Konzepte entscheiden. In Deutschland werden Lösungen maßgeschneidert geplant. Das ist nicht mit der überwiegenden ‚Schubladenplanung’ im Ausland vergleichbar.“

Das eigentliche Anliegen – eine Abkopplung der Honorare von den Baukosten – unterstützt die Branche indes ausdrücklich. Aber nicht die untaugliche Methode im Entwurf. Michael Frielinghaus, Präsident des Bund Deutscher Architekten (BDA): „Wir hätten uns sogar noch viel mehr Mut gewünscht, denn die Abkopplung sollte noch konsequenter erfolgen. Wir können uns beispielsweise Flächenzahlen und Kennwerte vorstellen. Jedenfalls wollen wir durch die Abkopplung den latenten Vorwurf der Preistreiberei durch ‚bewusste Baukostenerhöhung zur Honoraroptimierung’ endgültig aus der Welt schaffen, zumal er auf die Praxis seriöser Büros nicht zutrifft.“

Honorare werden sinken

Der HOAI-Entwurf enthält weitere Einschnitte. So wurden sogar die Regelungen zu Abschlagszahlungen im Eifer des Entschlackens gestrichen, so dass jetzt Architekten und Ingenieure erstmals einen Anspruch auf die Bezahlung ihrer Leistungen hätten, wenn diese vollständig erbracht worden sind. Nur die in der Praxis selten anzutreffende Vereinbarung in einem individuellen Ingenieurvertrag könnte dies abwenden. Selbst der einzige vermeintliche Lichtblick, eine Anhebung der Honorare um 10 %, verkehrt sich bei genauerem Hinsehen ins Gegenteil, beispielsweise durch den Entfall des Umbauzuschlags. Dr. Jens Karstedt, Präsident der Bundesingenieurkammer (BIngK): „Wir sehen uns getäuscht. Statt einer ohnehin schon zu geringen Erhöhung der Honorare um 10 %, beschneidet der BMWi-Entwurf die Vergütung um 25 bis 50 %.“

Rechnerisch hätte die Anhebung ohnehin nur 5 % ausgemacht, weil die Beschränkung auf den Anwendungsbereich ungefähr halbiert worden ist. Welches Ziel mit dem Entwurf der HOAI verfolgt wird, wird vom BMWi auch gar nicht verschwiegen: „Nicht zuletzt wegen des haushaltsrechtlichen Gebots der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sollen die Forderungen der Kommunen nach besseren Möglichkeiten zur Nutzung des Marktes beim Einkauf von Planungsleistungen Berücksichtigung finden.“ Wen wundert es, wenn die Branche von Mogelpackung, Täuschungsversuch und Skandal spricht?

Es gibt seitenweise weitere Kritikpunkte, die nahezu alle Branchenverbände in den öffentlichen Bereichen ihrer Webseiten anbieten. Interessant ist ein Vorschlag des Verbands Unabhängig Beratender Ingenieure und Consultants (VUBIC). Er sieht vor, das Planen und Bauen im Bestand bei der ­Honorarermittlung zum Regelfall zu machen und Abschläge für Neubauvorhaben einzuführen.

Der Entwurf ist nicht verhandelbar

Dass das BMWi der Branche ohne zunächst vorzufühlen einen Entwurf vorgelegt hat, der von den Verbänden nur in Gänze zurückgewiesen werden konnte, ist nicht nachvollziehbar. Wechselt man jetzt vom Aussitzen zur Zermürbungstaktik? Dies will die Branche verhindern, denn aus ihrer Sicht muss das Konzept zunächst revidiert werden. Hans Georg Wagner, Präsident des Bund Deutscher Baumeister (BDB), für die überwiegende Mehrheit der betroffenen Verbände: „Das vorliegende Papier ist mit uns nicht verhandelbar. Über Details wollen wir deswegen gar nicht reden.“ Die Arbeitsebene im BMWi zeigt sich unbeeindruckt. Ministerialdirigent Dr. Friedhelm Marx, Leiter der Unterabteilung IB Wettbewerbs-, Verbraucher- und Preispolitik, Öffentliche Aufträge im BMWi, bei der Anhörung: „Jeder, der mit uns nicht darüber reden will, hat dies dann auch selbst zu verantworten.“ Ein unnötiges Muskelzucken, denn die Branche hat dem Ministerium bereits schriftlich umfangreiche Stellungnahmen vorgelegt.

Besonders wurmt die Verbände, dass das BMWi sie nicht in die HOAI-Novelle einbindet. Ebert: „Wir bedauern, dass der umfangreiche Vorschlag zur Novellierung der HOAI, den der AHO im Februar 2006 gemacht hat, nicht beachtet wurde.“ Wagner: „Wir wollen gemeinsam mit den Ministerien eine Lösung finden und nicht etwas aufs Auge gedrückt bekommen.“ Dass es zu einer offiziellen Facharbeitsgruppe kommt, ist eher unwahrscheinlich. Marx: „Die Gesetzgebung sieht nicht vor, dass die Betroffenen ihre Preise selbst bestimmen. Die Gesetzgebung sieht vor, dass der Gesetzgeber die­se erlässt.“ Dabei geht es der Branche gar nicht um die Preisgestaltung. Durch die Novelle auskömmliche Honorare zu erhalten ist zwar ein Grundanliegen, aber in der Facharbeitsgruppe soll es darum gehen, die novellierte HOAI anwendungsfreundlich und praxisgerecht zu gestalten, um mehr und nicht weniger Sicherheit für Auftraggeber wie Auftragnehmer zu schaffen.

Den Anspruch des Verordnungsgebers, „stärkere Anreize zum kostengünstigen und qualitätsbewussten Bauen“ zu machen, verfehlt der HOAI-Entwurf komplett, sind sich die Architekten und Ingenieure sicher. Schmid: „Wer billig plant, baut teuer.“ Es wird sich zeigen, ob Bundesbau­minister Wolfgang Tiefensee etwas mehr von der Sache versteht und das Reformvorhaben des BMWi auf den richtigen Weg bringt. Denn der im Februar vorgelegte HOAI-Entwurf ist noch gar nicht mit den anderen Ressorts abgestimmt. Die Branche wird es kaum trösten, dass das BMWi die frühe Einbindung der Branche als Sonderbehandlung herausstellt. Denn das BMWi und die Branche verstehen unter Einbindung etwas gänzlich anderes.

Busse nach Berlin

Es liegt in der Natur der Sache, dass bei einer neuen Verordnung die Auffassungen von ­Autoren und Betroffenen nicht deckungsgleich sind. Besonders wenn nicht (nur) Anliegen der ­Parteien zu regeln, sondern auch Vorgaben aus Europa umzusetzen sind. Ein besonderes Hemmnis ist, dass der rechtliche Rahmen offensichtlich unterschiedliche Interpretationen zulässt und während der Ressortabstimmung noch weitere Auf­fassungen hinzukommen können. Als Fundament für eine Zusammenarbeit oder eine Facharbeitsgruppe wäre also zunächst eine einheitliche Rechtsauffassung erforderlich. Während sich am EU-Recht nichts ändern lässt, ist dies für die Ermächtigungsgrundlage möglich. Hier teilt die Branche die Bedenken des BMWi einer möglichen „Überreaktion“ des Parlaments nicht und fordert, die Ermächtigungsgrundlage im Bundestag anpassen zu lassen.

Der größte Vorteil, den die Branche momentan hat, ist ihre Einigkeit und der Rückhalt von der Basis. Den hat sie bereits Ende letzten Jahres unter Beweis gestellt, als 14133 Ingenieure und Architekten aus ganz Deutschland eine Öffentliche Petition mitgezeichnet haben, die eine kurzfristige Realisierung der „überfälligen Reformen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI)“ fordert [3]. „Noch demonstrieren Ingenieure und Architekten nicht auf der Straße“, kommentierte Klaus Rollenhagen, Hauptgeschäftsführer des Verbands Beratender Ingenieure (VBI), nach der Mitzeichnungsfrist die für eine Öffentliche Petition bisher einmalige Unterstützung.

Das könnte allerdings bald überholt sein. In einigen Verbänden wurden bereits Aufrufe verfasst, Omnibusse zu chartern und nach Berlin zu fahren und zu demonstrieren. Aufgeschoben wurde dies lediglich, weil man zunächst die Anhörung abwarten wollte. Um Architekten und Ingenieure auf die Straße zu bringen, muss man sie schon ziemlich reizen. Der Punkt scheint erreicht. Vielleicht gibt es aber auch ganz andere Aktionen. Karstedt: „Wir können uns auch noch mehr vorstellen, um auf uns aufmerksam zu machen.“ Jochen Vorländer

1) Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD, November 2005: „Wir werden die HOAI systemkonform vereinfachen, transparenter und flexibler gestalten, sowie noch stärkere Anreize zum kostengünstigen und qualitätsbewussten Bauen verankern.“

Literatur

[1] Vorländer, Jochen: Branchenexperten diskutieren mit BMWi über Honorarordnung – HOAI: Rettung in Sicht? Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 1-2007

[2] Vorländer, Jochen: HOAI-Novelle – Kommt bald die Inländer-HOAI? Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 1-2008

[3] http://www.tga-fachplaner.de, Meldung vom 21. Dezember 2007

Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG)

Das Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen vom 4. November 1971 (BGBl. I S. 1745, 1749) ist erstmals am 10. November 1971 in Kraft getreten. Die bisher erste und einzige ­Änderung erfolgte am 12. November 1984 (BGBl. I S. 1337). Nachfolgend § 1 aus der HOAI-Ermäch­tigungsgrundlage. § 2 regelt dieses entsprechend für Architekten, wobei Abs. 3 Ziffern 1 bis 3 ­identisch sind:

§ 1 Ermächtigung zum Erlaß einer Honorarordnung für Ingenieure

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates eine Honorarordnung für Leistungen der Ingenieure zu erlassen. In der Honorarordnung sind Honorare für Leistungen bei der Beratung des Auftraggebers, bei der Planung und Ausführung von Bauwerken und technischen Anlagen, bei der Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen sowie bei der ­Vorbereitung, Planung und Durchführung von städtebaulichen und verkehrstechnischen Maßnahmen zu regeln.

(2) In der Honorarordnung sind Mindest- und Höchstsätze festzusetzen. Dabei ist den berechtigten Interessen der Ingenieure und der zur Zahlung der Honorare Verpflichteten Rechnung zu tragen. Die Honorarsätze sind an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an der Leistung des Ingenieurs auszurichten. Für rationalisierungswirksame besondere Leistungen des ­Ingenieurs, die zu einer Senkung der Bau- und Nutzungskosten führen, können besondere ­Honorare festgesetzt werden.

(3) In der Honorarordnung ist vorzusehen, daß

1. die Mindestsätze durch schriftliche Vereinbarung in Ausnahmefällen unterschritten werden können;

2. die Höchstsätze nur bei außergewöhnlichen oder ungewöhnlich lange dauernden Leistungen überschritten werden dürfen;

3. die Mindestsätze als vereinbart gelten, sofern nicht bei Erteilung des Ingenieurauftrages etwas anderes schriftlich vereinbart ist.

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