Im TGA-Letter 03-2008 hatten wir bereits auf den Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) der seit 13 Jahren ausstehenden Novellierung der Honorarordnung für Architekten und Ingeniere (HOAI) und die Eckpunkte des noch nicht mit den anderen Ressorts abgestimmten Papiers hingewiesen (zum Bericht). Zwischenzeitlich fand im BMWi eine erste Anhörung der betroffenen Architekten- und Ingenieurverbände statt. Zur Beruhigung der aufgebrachten Branche hat sie nicht beigetragen. Im Gegenteil: Die Branche fühlt sich bestätigt, dass auf der Arbeitsebene im BMWi über den Anpassungsbedarf an die EU-Dienstleistungsrichtlinie hinaus die faktische Abschaffung der Honorarordnung bzw. des in ihr verankerten Preisrechts betrieben wird.
Das fordert die Branche
Um nicht den Anschein zu erwecken, dass der zur Diskussion gestellte Entwurf durch Korrekturen repariert werden könnte, hatte die Branche zu Beginn der Anhörung klar gemacht, dass der Entwurf mit ihr nicht verhandelbar sei. Prof. Arno Sighart Schmid, Präsident der Bundesarchitektenkammer (BAK), auch stellvertretend für die Bundesingenieurkammer (BIngK) und den Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung (AHO): „Die Branche sieht in dem Entwurf zur Novellierung der HOAI keine systemkonforme Umsetzung, so wie es im Koalitionsvertrag angekündigt worden ist. Wir fordern deswegen, dass der vorgelegte Entwurf zurückgezogen und eine Facharbeitsgruppe eingerichtet wird, die aus Vertretern des BMWi, des BMVBS und der Berufsstände der Architekten und Ingenieure und Stadtplaner besteht. Diese Facharbeitsgruppe soll dann eine grundlegende Überarbeitung unter Einbeziehen des Fachwissens und der Praxiserfahrung der Betroffenen bis möglichst zur Sommerpause vornehmen. Außerdem fordern wir zur Überbrückung unzumutbarer weiterer Verzögerungen die Tabellenwerte sofort um 20% anzuheben und die Honorarordnung durch eine Erklärung zur Inländer-HOAI europarechttauglich zu machen.“
Ist das BMWi übereifrig?
Gestützt auf ein Gutachten einer renommierten Anwaltskanzlei geht die Branche davon aus, dass die Beschränkung der HOAI auf Inländer ausreicht, um sie an die bis zum 28. Dezember 2009 in nationales Recht umzusetzende EU-Dienstleistungsrichtlinie anzupassen. Das BMWi sieht damit noch nicht aller Vorgaben aus der selbst ausgehandelten EU-Richtlinie erfüllt. Darum nimmt der Entwurf eine Beschränkung auf kleine Bauvorhaben und auf die Leistungsphasen 1 bis 5 vor. Außerdem sollen verbindliche Honorarregeln für thermische Bauphysik, Schallschutz, Raumakustik, Bodenmechanik und vermessungstechnische Leistungen entfallen. Dass diese Vorgehensweise im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage verfassungsrechtlich gedeckt ist, wird von Branchenexperten bezweifelt, vom BMWi aber behauptet. So wundert es nicht, dass die Branche dem BMWi misstraut, denn die Argumentation erscheint erfahrenen Juristen sehr spitzfindig (eine ausführliche Analyse enthält Entwurf zur HOAI-Novelle - Pure Provokation in der aktuellen Ausgabe TGA 05-2008).
Honorarsenkung statt Honoraranhebung
Besondere Empörung besteht, weil der Entwurf nicht die vom BMWi beworbene Erhöhung der Vergütung um 10% bewirkt, sondern unter Berücksichtigung von Zuschlagsregelungen eine deutliche Kürzung der Honorare vorsieht. In der Begründung zur HOAI-Änderung wird das sogar offen ausgesprochen: „Nicht zuletzt wegen des haushaltsrechtlichen Gebots der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sollen die Forderungen der Kommunen nach besseren Möglichkeiten zur Nutzung des Marktes beim Einkauf von Planungsleistungen Berücksichtigung finden.“ Die Branche ist sauer. In einigen Verbänden wurden bereits Aufrufe verfasst, Omnibusse zu chartern und nach Berlin zu fahren und zu demonstrieren. Und mittlerweile sind von den Verbänden beeindruckende Aktionskalender zusammengestellt worden, mit denen Ingenieure und Architekten auf ihre wirtschaftliche Lage und die Bedeutung für die Gesellschaft aufmerksam machen wollen. ToR
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