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F-Gase-Verordnung, HFO-Kältemittel

Echte Alternative oder Lückenbüßer?

Kompakt informieren

  • Über die F-Gase-Verordnung bzw. ihren Verknappungsmechanismus sind bereits viele Standardkältemittel unter Druck geraten bzw. werden vom Markt für Neuanlagen aussortiert.
  • Die künstliche Verknappung im Phase-Down-Szenario bewirkt auch bei R410A höhere Preise, aber im VRF-Segment dürfte das Kältemittel noch länger der Standard bleiben. Eine flexible Option sind HVRF-Systeme.
  • Bei Chillern wird schon in vielen Anwendungen R134a durch das HFO-Kältemittel R1234ze ersetzt.
  • Planer, Anwender und Verarbeiter müssen sich derzeit auf einen Markt einstellen, in dem es nicht mehr die eine, sondern viele Kältemittel-Lösungen gibt.

Menschen sind leichtgläubig, wenn es darum geht, eine Lösung für schwerwiegende Probleme zu finden. Je gravierender das Problem, desto spannender werden Lösungsvorschläge, die auf den Tisch kommen und auch noch Gehör finden. Es ist nun mal menschlich, einfach darauf zu hoffen, dass es „irgendwie weitergeht“ – und das mit möglichst einfachen Mitteln.

Und so wurde in den vergangenen Jahren immer wieder die sprichwörtliche „neue Sau“ in Form eines weiteren „Wunder-Kältemittels“ durchs Dorf getrieben. Ungiftig, nicht brennbar, einfach und schnell herzustellen bzw. bereits in der Natur vorhanden, keinerlei Potenzial zur Schädigung der Umwelt – und natürlich mindestens genauso effizient wie die derzeit eingesetzten Kältemittel. Dabei sind die Spielregeln für mögliche neue Kältemittel am Markt in der Prioritäts-Rangfolge recht klar:

  • Ein neues Kältemittel muss ohne Wenn und Aber umweltschonender sein, als das vorhergehende. Das bedeutet letztendlich: Das Treibhauspotenzial in Form des GWP muss deutlich geringer ausfallen. Wie gering – das regelt u. a. die F-Gase-Verordnung bzw. ihr Verknappungsmechanismus.
  • Parallel dazu darf die Effizienz des technologischen Prozesses insgesamt nicht leiden oder geringer werden. Denn das würde in Summe wieder mehr Energie verbrauchen und so dem Gesamtziel des Umweltschutzes widersprechen. Geregelt wird dies nicht durch die F-Gase-Verordnung, sondern durch die Umsetzungsverordnungen der ErP(Ökodesign)-Richtlinie.
  • Ist ein neues Kältemittel gefunden und es ist in der Lage, mindestens eine ähnlich hohe Wirtschaftlichkeit wie sein Vorgänger zu erbringen, muss die Investitions-summe für die jeweilige Technologie weiterhin passen. Erhebliche Preissprünge werden vom Markt abgestraft. Ist die Effizienz einer Technologie durch das neue Kältemittel nur geringfügig niedriger, müssen die Aggregate etwas größer ausfallen. Steigt die Gesamtinvestition dadurch im überschaubaren Rahmen, wird dies vom Markt toleriert.
  • Natürlich spielen auch die weiteren Eigenschaften eines Kältemittels eine große Rolle. Ist es toxisch? Ist es leicht entflammbar? Wie hoch liegt der maximale Betriebsdruck? Gibt es bereits zugelassene Komponenten am Markt?
  • Und letztendlich stehen auch die gute Verfügbarkeit und die Kosten für das Kältemittel im Fokus des Marktes.

Naturgemäß beantworten unterschiedliche Hersteller der Branche diese Fragen anders und bewerten auch die jeweiligen denkbaren Risiken abweichend. Und doch zeichnen sich nach einiger Zeit Trends und gleichläufige Entwicklungen am Markt ab. Beispielsweise in puncto Wärmepumpen – wer aufmerksam über die SHK Essen und die IFH/Intherm in Nürnberg gegangen ist, wird registriert haben, dass auch neue Wärmepumpen-Modelle im kleinen Leistungsbereich für die Wärme- und Warmwasserversorgung von Ein- und Mehrfamilienhäusern mehrheitlich mit dem Kältemittel R410A betrieben werden.

R410A bleibt Standard bei VRF-Anlagen

Und auch die Chillventa 2018 wird mit allergrößter Wahrscheinlichkeit ein ähnliches Bild in der VRF-Technik zeigen. Ganz offensichtlich wird sich R410A noch längere Zeit im Markt halten. Kältemittel ist nun mal kein Verbrauchsmaterial wie Benzin im Auto, sondern es wird in einem hermetischen Kreislauf immer wieder im gleichen Prozess eingesetzt. Die Leckageraten bei VRF-Anlagen sind denkbar gering.

Zwar bewirkt das Phase-Down-Szenario der F-Gase-Verordnung eine künstliche Verknappung von R410A und damit einen höheren Preis für das Kältemittel. Dennoch setzen namhafte Hersteller und vor allen Dingen auch die Verarbeiter auf die weitere Verwendung von R410A im VRF-Segment. „Das ist nachvollziehbar und wir werden diese Entwicklung so lange wie notwendig begleiten“, berichtet Michael Lechte, Leiter Produktmarketing bei Mitsubishi Electric, Living Environment Systems. „R410A wird sicherlich noch einige Jahre in neuen VRF-Systemen als ein bewährtes und effizientes Kältemittel eingesetzt. Wer sich heute für ein System mit R410A entscheidet, kann dies in der Gewissheit tun, dass er über die Lebensdauer der Anlage ein Kältemittel verwendet, das alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt.“

Dennoch werden langfristig durch die Verknappung des Angebots über das Phase-Down-Szenario und das weitere, starke Marktwachstum der VRF-Technik neue Lösungen benötigt. Doch die eine Alternative, die künftig allen Aufgabenstellungen gewachsen ist, wird es nach Ansicht von Branchenexperten nicht geben.

HVRF bleibt beim Kältemittel flexibel

Deswegen bietet das Hybrid-VRF-System (HVRF) von Mitsubishi Electric die beste Basis, um langfristig sicher sein zu können, quasi jederzeit das Kältemittel der Wahl einsetzen zu können. Bei der HVRF-Technik handelt es sich um das weltweit erste 2-Leiter-System zum gleichzeitigen Kühlen und Heizen mit Wärmerückgewinnung, das die Vorzüge eines direktverdampfenden mit denen eines wassergeführten Systems kombiniert Abb. 5.

Eine HVRF-Anlage besteht aus einem VRF-R2-Außengerät der City-Multi-Serie und einem speziell aufgebauten Hybrid-BC-Controller. Das Kältemittel zirkuliert ausschließlich zwischen Außengerät und HBC-Controller. Zwischen HBC-Controller und allen Innengeräten ist Wasser als Energieträger im Einsatz. Hierdurch ist im Vergleich zu konventionellen Systemen die notwendige Kältemittelmenge erheblich reduziert. Für das gleichzeitige Heizen und Kühlen sind – genau wie bei der weltweit patentierten VRF-R2-Anlagentechnik – lediglich zwei Rohrleitungen nötig. Lechte: „Die HVRF-Technik ist unabhängig von einem bestimmten Kältemittel und damit eine klare Antwort auf die F-Gase-Verordnung.“

HFO als Ersatz für R134a in Chillern

Doch was passiert bei Kaltwassererzeugern? R134a ist mit seinem hohen Treibhauspotenzial schon nicht mehr die erste Wahl. Hier haben in den letzten Jahren insbesondere HFO-Kälte-mittel (Hydro Fluor Olefine) oft für Ersatz sorgen können. Fluorierte HFO-Moleküle wirken sich kaum auf die Umwelt aus, da sie sehr schnell in der Atmosphäre zerfallen. Die nicht gesättigten Moleküle mit mindestens einer Kohlenstoff-Doppelbindung sind sehr reaktionsfreudig und haben deswegen in der Atmosphäre nur eine kurze Lebensdauer. Die mittlere Lebenszeit liegt bei ca. zwölf Tagen. Daraus resultiert ein besonders niedriges Treibhauspotenzial.

Als bestes Beispiel dafür dient das HFO-Kältemittel R1234ze. Es hat einen GWP von 7. Zum Vergleich: R134a hat einen GWP von 1430. R1234ze ist zudem nicht toxisch und wird als schwer entflammbar eingestuft (Klasse A2L). Dennoch bietet es ähnliche thermodynamische Eigenschaften wie die bekannten HFC-Kältemittel und erreicht somit eine hohe Energieeffizienz.

Dabei ist uns das europäische Umfeld derzeit im Einsatz von HFO-Chillern weit voraus – unter allen klimatischen Bedingungen haben sich die Geräte bereits überzeugend bewährt. Beispielsweise in Finnland beim Kommunikationsanbieter Ericsson. Hier speist das finnische Energieunternehmen Fortum die Abwärme eines Ericsson-Rechenzentrums in sein Fernwärmenetz ein. Ericsson brauchte für seine wachsende Wärmebelastung durch die IT-Technik dringend eine größere Kälteleistung. Dafür suchte das Unternehmen nach einer passenden, umweltschonenden Lösung. Zur gleichen Zeit war Fortum auf der Suche nach einer nachhaltigen Möglichkeit zur Einspeisung einer konstanten Heizleistung in sein Fernwärmenetz. Bei geringen Investitionskosten sollte die Amortisationszeit gleichzeitig möglichst kurz sein. Die effizienteste Lösung wurde in Form der Climaveneta-Wärmepumpen FOCS2-W gefunden, die das Kältemittel HFO R1234ze verwenden.

Lechte: „Generell sehen wir in den HFO-Kältemitteln eine der denkbaren Alternativen für den Ersatz von R134a bei Kaltwassererzeugern. Dabei müssen natürlich die unterschiedlichen Betriebsbedingungen von Kaltwassererzeugern berücksichtigt werden. Denn wir reden hier sowohl von teils sehr heterogenen Prozessanwendungen bis hin zur Kühlung von Rechenzentren und Komfortklimatisierungen. Das bedingt jeweils gänzlich unterschiedliche Ein- und Austrittstemperaturen. Um dann die gewünschte Effizienz erreichen zu können, kann nicht ein einziges Kältemittel angesichts der weiteren Betriebsbedingungen die universelle Lösung bilden.“

Schlagzeilen rund um HFO R1234yf

In einem anderen Markt – der Automobilindustrie – hat ein HFO-Kältemittel dagegen für negative Schlagzeilen gesorgt. HFO R1234yf wurde in den einschlägigen Boulevardmedien bereits als „Killer-Kältemittel“ verschrien. Der Grund dafür: Bei einer Crashsimulation der Daimler AG entzündete sich das ausströmende Kältemittel an den heißen Motorteilen und geriet in Brand. Dabei entstand als Verbrennungsprodukt auch hochgiftige Flusssäure. Die Folge? Daimler weigerte sich jahrelang, das Kältemittel in seinen Fahrzeugen einzusetzen. Erst als mit dem Edelgas Argon ein Mittel gefunden wurde, um bei einem Unfall die erhitzten Motorteile so abzukühlen, dass das Kältemittel nicht in Brand geraten kann, verwendete der Automobilhersteller HFO R1234yf.

Mittlerweile dreht sich der Markt der Auto-Klimatechnik in Richtung CO2 – ein unbrennbares, natürliches Gas, das aber unter vergleichsweise erheblichem Druck stehen muss, um die gewünschten Eigenschaften zu entwickeln. Mit rund 120 bar arbeiten die neuen Auto-Klimaanlagen – das ist rund zehnmal so viel wie bei herkömmlichen Anlagen.

Dass der Einsatz von HFO R1234yf in Automobilen kritisch bewertet wird, lässt sich nachvollziehen. Schließlich handelt es sich um Klimatechnik im beweglichen Einsatz, die letztendlich nachvollziehbaren vielfältigen Gefahren in Form von Unfällen ausgesetzt ist. Sprich: Beim Crash ist die Gefahr, dass HFO R1234yf austritt real vorhanden. Doch die Auswahl an industriell herstellbaren Kältemitteln, die alle oben genannten Grundbedingungen erfüllen, ist denkbar gering.

Fazit

Egal ob natürliche oder synthetische Kältemittel – die Marktbedingungen sind für alle Kältemittel gleich. Nicht alle Kältemittel haben dabei jedoch die gleichen Chancen. Toxische und leicht entzündliche Kältemittel haben es naturgemäß schwerer.

Es ist darum zu erwarten, dass das Angebot an Kältemitteln dem Trend der immer weiter individualisierten Gerätetechnologie folgt. Die Hersteller bieten hier eine immer heterogenere Struktur an Lösungskonzepten an – mit dem Ziel, die Energieeffizienz weiter zu erhöhen und die Klima- und Wärmepumpen-technik in den Anwendungen deswegen perfekt an die objektspezifischen Bedingungen anzupassen.

Auch wenn sowohl der Markt als auch die Hersteller so wenig Kältemittel wie möglich wollen, werden sich Planer, Anwender und Verarbeiter derzeit auf einen Markt einstellen müssen, in dem es nicht mehr die eine, sondern viele Kältemittel-Lösungen gibt. Langfristig jedoch könnten sich dann nach und nach wieder Kältemittel für bestimmte Technologien am Markt durchsetzen.

Dipl.-Kfm. Martin Schellhorn

ist freier Fachjournalist und Inhaber der Fachpresseagentur Schellhorn PR in Haltern am See und Herne. Telefon (0 23 64) 10 81 99, info@schellhorn-pr.de, www.schellhorn-pr.de

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