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Kälteerzeugung trotz zu geringer Anschlussleistung

Eisspeicher mit Kapillarrohrmatten: Mit kleiner Leistung kühlen

Am neuen Außenstandort in Weiterstadt setzt Merck für die Raumkühlung Eisspeicher zum Ausgleich von Lastspitzen ein.

© GA-tec Gebäude- und Anlagentechnik GmbH

Am neuen Außenstandort in Weiterstadt setzt Merck für die Raumkühlung Eisspeicher zum Ausgleich von Lastspitzen ein.

Bei der Modernisierung eines Bürogebäudes stellte sich heraus, dass die elektrische Anschlussleistung für die geplante Kälteerzeugung viel zu klein ist. Durch den Einsatz eines schnell ladbaren Eisspeichers mit Kapillarrohrmatten konnte die Leistung der Kältemaschine halbiert und der vorhandene Anschluss belassen werden.

Jahrelang stand der östliche X-Tower in Weiterstadt leer – bis die Merck KGaA im Sommer 2017 sieben der zehn Stockwerke mit einer Fläche von circa 15  000    m2 anmietete. Da der Hauptstandort im benachbarten Darmstadt mit mehr als 11  000 Mitarbeitern zu klein wurde, sollten hier moderne Büros für etwa 1000 Mitarbeiter geschaffen werden. Zu diesem Zweck plante das Chemie- und Pharmaunternehmen den Einbau einer Umluftkühlung.

Eisspeichertechnik auf Basis von Kapillarrohrmatten

Doch im Zuge der Modernisierung stellte sich heraus, dass die vorhandene elektrische Anschlussleistung für die Spitzenlast mit Kältemaschinen nicht ausreichte – bis zu 1000    kWel    wären nötig gewesen. Bei der Suche nach einer Möglichkeit, diesen Wert zu verringern, wurde Merck auf eine neue Eisspeichertechnik auf der Basis von Kapillarrohrmatten aufmerksam, den Eisspeicher sp.ICE von Beka Heiz- und Kühlmatten.

Mit moderner Raumkühlung angenehmes Arbeiten ermöglichen

Martin Füllsack, der bei Merck für das Projekt zuständige Ingenieur: „Durch den langen Leerstand des X-Towers und der veralteten Einzelbüro-Struktur stand außer Frage, dass wir die angemieteten Flächen des X-Towers modernisieren mussten. Wir wollten eine Atmosphäre schaffen, in der sich unsere Mitarbeiter wohlfühlen und die ein angenehmes Arbeiten möglich macht. Zu den Maßnahmen zählte deswegen die Umstrukturierung zu Open-Space-Büros und eine moderne Raumkühlung.“

Bei den sp.ICE-Eisspeichern von Beka Heiz- und Kühlmatten kommt erstmals Kapillarrohrtechnik zum Einsatz: Der Wärmeübertrager besteht aus dünnen Kapillarrohren, die zu Modulen zusammengefasst und in einen normierten Container gebettet werden.

© Beka Heiz- und Kühlmatten GmbH

Bei den sp.ICE-Eisspeichern von Beka Heiz- und Kühlmatten kommt erstmals Kapillarrohrtechnik zum Einsatz: Der Wärmeübertrager besteht aus dünnen Kapillarrohren, die zu Modulen zusammengefasst und in einen normierten Container gebettet werden.

Mit Eisspeichern Gebäude energetisch nachhaltig betreiben

Für die Planung und Ausführung der neuen Haustechnik beauftragte das Unternehmen im August 2017 GA-tec Gebäude- und Anlagentechnik. Schon bei der anfänglichen Bestandsaufnahme stellten die Verantwortlichen fest, dass die elektrische Anschlussleistung des Gebäudes für eine Umluftkühlung mit konventionellen Kältemaschinen sehr knapp bemessen ist, aber durch den Einsatz von Eisspeichern mit einer schnellen Lade- und Entladezeit eine energetisch nachhaltige Gebäudebetreibung möglich ist.

Kältemaschine im energetischen Optimum betreiben

Ortwin Hees, Niederlassungsleiter der Region Berlin bei GA-tec: „Durch den Einsatz von Eisspeichern, die nachts geladen werden und tagsüber für die Grundlast zuständig sind, muss die Kältemaschine nur noch für die Spitzenlast zugeschaltet werden und kann so während eines Großteils der Einschaltzeit in ihrem energetischen Optimum betrieben werden.“ Gemeinsam mit Merck und Beka wurde ein Optimum für die Betriebszeiten der Kältemaschine in Abhängigkeit der Jahreszeiten entwickelt und in der Betreibersoftware umgesetzt.

Eisspeichertechnologie als Alternative

Kälteproduktion in die Nacht verschieben

Um die Kältemaschinen mit der zur Verfügung stehenden Anschlussleistung nutzen zu können, mussten entsprechende Leistungsspitzen vermieden werden. Dies kann nur mit einer zeitlichen Verschiebung der Kältebereitstellung erreicht werden. So entstand die Idee, einen Eisspeicher zu nutzen, der in den Nachtstunden mit einer Kältemaschine geladen wird und am Tag die gespeicherte Kälte wieder abgibt. In der Folge konnte die Kältemaschine deutlich kleiner ausgelegt werden. Gleichzeitig eröffnete sich die Möglichkeit einer Effizienzsteigerung der gesamten Anlage, da sich durch die Verschiebung der Kälteproduktion in die Nacht eine gleichmäßigere Auslastung der Maschine ergibt.

Vorteile der Kapillarrohrtechnik bei Eisspeichern nutzen

Bei dem verwendeten Eisspeicher sp.ICE handelt es sich um eine gemeinsame Entwicklung von Beka und Gefga Energiesysteme, die erst kurz vor dem Planungsbeginn für die Modernisierung des X-Tower im April 2017 in Shanghai vorgestellt wurde. Sie nutzt erstmals die Eigenschaften von Kapillarrohrmatten für Eisspeicher. Albrecht Bauke, Geschäftsführer der Beka Heiz- und Kühlmatten GmbH: „In Gesprächen mit Fachkollegen, vor allem mit der Firma Gefga, wurden die technisch bedingten Einschränkungen beim Einsatz von traditionellen Eisspeichern deutlich. Dazu zählen lange Ladezeiten und ein verhältnismäßig großes Eigenvolumen der Wärmeübertrager. So lag es nahe, die Vorteile der Kapillarrohrtechnik – extrem kleine Rohrdurchmesser und Wandstärken – auch bei Eisspeichern zu nutzen.“

Kompakt durch hohe Leistungsdichte

Was ist der Unterschied des sp.ICE zu herkömmlichen Eisspeichern?

Im Prinzip funktioniert der sp.ICE (speedy powerful ICE storage) ähnlich wie übliche Eisspeicher: Über einen Wärmeübertrager wird in einem Behältnis stehendes Wasser in Eis umgewandelt, um später die Schmelzwärme wieder nutzen zu können. Neu an dem patentierten Eisspeicher sind die Kapillarrohrmatten aus Polypropylen, aus denen der Wärmeübertrager besteht. Die Rohre weisen einen Durchmesser von 4,5  mm bei einem Abstand von 10  mm auf, wobei die parallel geschalteten Kapillaren in einem Verteilerstamm zusammenlaufen. Der Rohrinnendurchmesser der Kapillaren beträgt 2,9  mm.

 

Der sp.ICE ermöglicht eine effiziente Eiserzeugung bei einer mittleren Ladetemperatur von lediglich – 2,5 °C. Die Ladezeiten konnten mit etwa 6 h gegenüber traditionellen Eisspeichern deutlich verringert werden.

© Beka Heiz- und Kühlmatten GmbH

Der sp.ICE ermöglicht eine effiziente Eiserzeugung bei einer mittleren Ladetemperatur von lediglich – 2,5 °C. Die Ladezeiten konnten mit etwa 6 h gegenüber traditionellen Eisspeichern deutlich verringert werden.

 

Wärme optimiert übertragen

Dieser Aufbau ermöglicht eine optimierte Wärmeübertragung, da die Eisdecke vor allem durch die Nähe der Rohre zueinander konstruktiv verringert wird. Außerdem entsteht eine verhältnismäßig große Fläche zur Wärmeübertragung, was die Leistungskenndaten des Eisspeichers verbessert. Insgesamt kann auf diese Weise ein Eisfüllgrad – dieser gibt an, welcher Anteil des Speichers mit Eis gefüllt ist – von annähernd 100  % erreicht werden. Auch das Eigenvolumen des Wärmeübertragers fällt aufgrund der kleinen Durchmesser gering aus, sodass eine kompaktere Konstruktion als bei üblichen Eisspeichern mit gleicher Leistung möglich ist.

Ladezeiten deutlich verkürzen

Mit diesen Eigenschaften ist eine effiziente Eiserzeugung bei einer mittleren Ladetemperatur von –  2,5  °C möglich. Durch die geringe Temperaturdifferenz konnten die Ladezeiten mit etwa 6 h ebenfalls deutlich verkürzt werden. Das bei Merck verbaute Modell sp.ICE    20‘ erreicht so bei einer Größe von LBH: 6058 × 2438 × 2591    mm eine Wärmeübertragungsfläche von 1345 m2 und eine Ladeleistung von 416    kW bei 6  h. Da die Kapillarrohre nur eine Länge von 2000  mm aufweisen, sind zudem die Druckverluste äußerst gering.

Eisspeicher auch mobil möglich

Der Eisspeicher kann als mobile und als stationäre Version ausgeführt werden. Für die mobile Version werden normierte Container verwendet, die über eine Dämmebene aus Polystyrol-Hartschaum und eine Dichtebene aus glasverstärkter Polyethylen-Folie verfügen.

Die Nähe der Rohre zueinander bewirkt eine optimierte Wärmeübertragung. Außerdem entsteht eine sehr große Wärmeübertragerfläche. So kann ein Eisfüllgrad von annähernd 100 % erreicht werden. Links: traditionelles Rohrbündel-System, rechts: Kapillarrohr-System.

© Beka Heiz- und Kühlmatten GmbH

Die Nähe der Rohre zueinander bewirkt eine optimierte Wärmeübertragung. Außerdem entsteht eine sehr große Wärmeübertragerfläche. So kann ein Eisfüllgrad von annähernd 100 % erreicht werden. Links: traditionelles Rohrbündel-System, rechts: Kapillarrohr-System.
Auch das Eigenvolumen des Wärmetauschers fällt aufgrund der kleinen Rohrdurchmesser gering aus, weshalb eine kompaktere Konstruktion als bei üblichen Eisspeichern mit gleicher Leistung möglich ist. Links: traditionelles Rohrbündel-System, rechts: Kapillarrohr-System.

© Beka Heiz- und Kühlmatten GmbH

Auch das Eigenvolumen des Wärmetauschers fällt aufgrund der kleinen Rohrdurchmesser gering aus, weshalb eine kompaktere Konstruktion als bei üblichen Eisspeichern mit gleicher Leistung möglich ist. Links: traditionelles Rohrbündel-System, rechts: Kapillarrohr-System.

Geringer Wartungsaufwand gefordert

Anlage per Fernabfrage überwachen

Eine Anforderung von Merck war, dass sowohl Betrieb als auch Instandhaltung der Anlage möglichst unkompliziert sind und kaum Zeit in Anspruch nehmen. Füllsack: „Da sich der X-Tower außerhalb unseres Werksgeländes befindet, kann er nicht wie Anlagen am Hauptstandort überwacht und gesteuert werden.“ Um dem gerecht zu werden, hat GA-tec die Steuerung und Regelung der Anlage autark vom Werksgelände realisiert. Zusätzlich kann jederzeit der Betriebszustand der Anlage per Fernabfrage überwacht und auch, wenn notwendig, gesteuert werden. Der sp.ICE selbst ist gänzlich wartungsfrei: Das Innere des Eisspeichers ist ein geschlossenes System und als solches wenig anfällig für Störungen.

Eisspeicher hauptsächlich nachts aufladen

Aufgrund dieser Produkteigenschaften entschieden sich die Projektverantwortlichen für den Einsatz der neuen Technologie mit zwei sp.ICE 20‘. Das Konzept: Die Eisspeicher werden vor allem in den Nachtstunden aufgeladen – der Kältebedarf des Gebäudes ist in dieser Zeit vernachlässigbar. Tagsüber übernehmen die Eisspeicher mit einer Kapazität von zusammen 4200   kWh (47,6  t Eismasse) die Abdeckung der Grundlast, wobei ein Spitzenlastbedarf von über 1000    kW unproblematisch ist. Die Kältemaschinen werden dann nach dem jeweiligen Bedarf zugeschaltet, häufig ist der Kühlbetrieb tagsüber ohne Kältemaschine möglich. So muss die Kälteerzeugung am Tag lediglich eine Kälteleistung von maximal 500  kW erbringen, was mit der vorhandenen Anschlussleistung unproblematisch ist.

Zwei transportfähige Eisspeicher sp.ICE 20‘ für die Außenaufstellung

Eisspeicher schnell und sicher aufstellen

Im Oktober 2017 erhielt Beka von GA-tec schließlich den Auftrag für zwei transportfähige sp.ICE 20‘ für die Außenaufstellung. Diese Anordnung war notwendig, um aufwendige Umbaumaßnahmen am Gebäude zu vermeiden. Innerhalb von zwölf Wochen wurden die beiden Eisspeicher im Dezember 2017 im Beka-Werk in Berlin fertiggestellt und ausgeliefert. Damit die Aufstellung schnell und sicher vorgenommen werden konnte, wurden die Speicher werkseitig oberhalb des Speichers mit einer Verteilerrohr-Konstruktion und einer Wetterschutz-Einhausung versehen.

Der sp.ICE kann über im Parallelbetrieb mit dem Kälteerzeuger über eine Weiche oder einen Wärmeübertrager an den Verbraucherkreis angeschlossen werden.

© Beka Heiz- und Kühlmatten GmbH

Der sp.ICE kann über im Parallelbetrieb mit dem Kälteerzeuger über eine Weiche oder einen Wärmeübertrager an den Verbraucherkreis angeschlossen werden.

Zuverlässig kühlen im Hitzesommer 2018

Die Eisspeicher sind seit April 2018 im Einsatz, zu diesem Zeitpunkt schaltete das Wetter innerhalb weniger Tage von Winter auf Sommer um. April und Mai waren die wärmsten seit dem Beginn regelmäßiger Messungen. Im Juli und August gab es eine der längsten und gewaltigsten Hitzeperioden. Sommerlich warme Tage mit viel Sonnenschein gab es bis in den November.

Erweiterung flexibel möglich

Auch im Hitzesommer 2018 bewährten sich die sp.ICE. Füllsack: „Die Effizienz der Modelle überstieg unsere Erwartungen – selbst an sehr heißen Tagen war die Leistungsgrenze noch nicht erreicht.“ Eine Erweiterung der Gesamtanlage ist bereits geplant, um auch die noch nicht ausgebauten Bürobereiche und die Kantine zu kühlen. Eine modulare Erweiterung ist mit den Eisspeichern sehr flexibel möglich.

Kontakt zum Anbieter
BEKA Heiz- und Kühlmatten
13127 Berlin
Telefon (0 30) 47 41 14 31
info@beka-klima.de

 

Dieser Artikel ist eine Überarbeitung des Artikels „Drei, zwei, Eis: Kühlen mit geringer Leistung“, erschienen in TGA 04-2019.