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Nachhaltiges Kühlkonzept

Freie Kühlung und natürliches Kältemittel

Kompakt informieren

  • Heyl Mühlen hat die Kühlung seiner Technikräume zentralisiert und dabei auf die Kombination von Freikühlung mit einem Kaltwassersatz mit dem natürlichen Kältemittel R723 gesetzt.
  • Die Anlage wurde als komplette Einheit inklusive Regelungstechnik vorgefertigt geliefert.
  • Für die Kühlanlage wurde im Rahmen des Impulsprogramms für gewerbliche Kälte- und Klima­anlagen ein Zuschuss von 25 % zugesagt.

Mit der Mühlenromantik vergangener Jahrhunderte hat Heyl Mühlen in Bad Langensalza Abb. 1 wenig zu tun, das Unternehmen zählt zu den modernsten Mühlenbetrieben Deutschlands. Rund 250 000 t Weizen und 30000 t Roggen vermahlen die Heyl Mühlen pro Jahr. Beliefert werden unter anderem Bäckereien, Handelsketten und Unternehmen der Brot- und Teigwarenindustrie. Versorgungssicherheit hat darum oberste Priorität.

Die Leistung der hochtechnischen Mühlen Abb. 2 hängt stark von der Zuverlässigkeit der Stromversorgung und der Steuerungstechnik in den Schalträumen ab. Doch die Technik ist anspruchsvoll: Wird es in den Schalträumen zu warm, stellen sich die Frequenzumrichter und elektronischen Regelungen – die selbst viel Wärme abgeben – zur Sicherheit ab. Dezentrale Kühlgeräte und offenstehende Türen konnten den Hitzestau nicht sicher verhindern. Störungen der Schaltanlagen und kostspielige Produktionsausfälle waren die Folge.

Um dies künftig auszuschließen, ist bei Heyl Mühlen nun ein zentrales Kühlsystem im Einsatz. Es kombiniert die Nutzung eines natürlichen Kältemittels mit Freier Kühlung. „Wir hatten früher viele Splitanlagen zum Kühlen. Für zwei bis drei Schalträume mit vier bis sechs Innengeräten gab es ein Außengerät. Die Störanfälligkeit dieser Anlagen in den staubbelasteten Bereichen war aber sehr hoch“, berichtet Kristina Taschner, Ingenieurin für Versorgungstechnik und technische Leiterin des Heyl-Standorts Bad Langensalza. Wenn es zu heiß wurde, mussten die Türen im Gebäude offen gehalten werden. Dadurch konnten sich feine Partikel aus der Produktion überall verteilen, was vor allem in den Schalträumen einen sicherheitskritischen Aspekt darstellte. „Zudem könnten durch offenstehende Türen und Fenster Insekten in die Produktionsgebäude einwandern. Dies ist mit den hohen Anforderungen an eine Industriemühle nicht vereinbar.“

Kühlkonzept

Der Mühlenbetrieb entschied darum, mit einer zentralen Kühlanlage die Versorgungssicherheit zu verbessern und das Qualitätsmanagement zu erleichtern. Bei der Konzeption legte Heyl Mühlen – das Unternehmen ist nach § 41 EEG 2009 zertifiziert und hat Umweltschutz und Nachhaltigkeit in seinen Unternehmensleitlinien festgeschrieben – Wert auf ein energieeffizientes und klimafreundliches System. „Das Bewusstsein für umweltschonende und energieoptimierte Kälteanlagen wächst“, so Dipl.-Ing. (FH) Chris Schumann von Kühlanlagen Süd-West. Zusammen mit Burkhard Dunst von Frigoteam, einem Experten für Kälte- und Klimaanlagen mit natürlichen Kältemitteln, entwickelte er für Heyl Mühlen ein Kühlkonzept mit einer Kälteleistung von 160 kW, das die Räume auf 25 °C halten soll.

Das Kühlsystem besteht aus zwei Teilen: Ist die Umgebungsluft kalt genug, wird das Kälteträgermedium nur über einen zusätzlichen luftgekühlten Wärmeübertrager temperiert. Die Freikühlung greift vor allem im Winter und in den Übergangszeiten, wenn die Außentemperatur unterhalb der für den Kühlkreislauf erforderlichen Temperatur liegt. Bei höheren Außentemperaturen schaltet sich eine Kältemaschine zu, die das Kälteträgermedium dann zusätzlich herunterkühlt.

Der redundant ausgelegte Kaltwassersatz verfügt über zwei Verdichter, sodass auch bei Ausfall eines Kompressors noch 50 % Kühlleistung erbracht werden. Verwendet wird dabei das natürliche Kältemittel R723. Dunst: „Diese Mischung aus Ammoniak und Diemethylether ist ökologisch unbedenklich, sie hätte bei einer Freisetzung mit einem GWP-Wert von 8 nur ein sehr geringes Treibhauspotenzial und würde auch nicht der Ozonschicht schaden. Gleichzeitig besitzt sie sehr gute thermodynamische Eigenschaften, wodurch der Kaltwassersatz energieoptimiert mit einem mittleren EER-Wert von 4,1 betrieben werden kann.“ Die Umschaltung zwischen den beiden Betriebsarten erfolgt über einen Messfühler automatisch, bei 5 °C übernimmt die Freikühlung die Entwärmung der Schalträume zu 100 %.

Hohe Sicherheitsanforderungen

Eine große Herausforderung für die Konstrukteure waren die beengten Platzverhältnisse vor Ort: „Wir haben darum zunächst mit dem Betreiber verschiedene mögliche Montage­positionen und Leitungswege besprochen“, berichtet Schumann. Vor allem die Sicherheitsanforderungen waren hoch: Die Rohrleitungen durchqueren Brandschutzabschnitte. Eine neue Technikzentrale musste über einem Abpack­bereich – einer gegen jeglichen Fremdstoff­eintrag zu schützenden Sektion – eingerichtet werden.

„Zudem galt es, Explosionsentlastungsvorrichtungen von Staubfiltern umzubauen, ein Eingriff in die Mühlentechnik und in den Baukörper“, erläutert Taschner. Schließlich wurde eigens ein Stahlpodest gebaut, auf dem die Komponenten in 10 m Höhe übereinander gestapelt wurden Abb. 3. Die Bauteile selbst sind zusammen noch mal 4,2 m hoch. Schumann: „Hilfreich war dabei, dass wir den vollständigen Kaltwassersatz inklusive Freier Kühlung und Regelungstechnik als vorgefertigten Bausatz von Frigoteam geliefert bekommen haben.“

Hintergrund für diesen Aufwand waren zum einen die hohen Zertifizierungsstandards von Heyl Mühlen und zum anderen das Bundes-Immissionsschutzgesetz, unter das der Mühlenbetrieb mit seinen explosionsgefährdeten Zonen fällt. Um die notwendige Sicherheit zu gewährleisten, musste die Anlage deshalb nicht nur allen gesetzlichen Vorschriften entsprechen, sondern auch gemäß der elektromagnetischen Verträglichkeit, der ATEX-Richtlinie sowie der Maschinen- und Niederspannungsrichtlinie gebaut und geprüft werden.

Staatlich geförderte Kühllösung

Das neue Kühlsystem bei Heyl Mühlen ist seit einigen Monaten im Einsatz. „Die Versorgungssicherheit ist damit wesentlich höher“, erklärt Taschner. „Zudem gehen wir davon aus, dass die zentrale Kühlanlage nicht nur die Klimatisierung und die Sauberkeit verbessert, sondern auch einen geringen Stromverbrauch hat.“ Der Einbau der energieeffizienten und umweltfreundlichen zentralen Kälteanlage erhält außerdem staatliche Zuschüsse aus dem Impulsprogramm für gewerbliche Kälte- und Klimaanlagen des Bundesumweltministeriums. Die abwickelnde Behörde, die BAFA in Eschborn, hat eine 25%ige Förderung zugesagt. Die gesamte Antragstellung inklusive der notwendigen TEWI-Berechnung wurde von der Firma Frigoteam übernommen, die schon über 20 Anträge erfolgreich bearbeitet und mit der BAFA abgewickelt hat. •

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