Kompakt informieren
- Bei der Planung von Kälteanlagen ist eine sorgfältige Bedarfsermittlung erforderlich, die insbesondere den tatsächlichen Kältebedarf, die Temperaturniveaus, den Energieeinsatz, die Verfügbarkeit der Anlagen und die Lastverläufe berücksichtigt.
- Insbesondere bei der Normalkühlung und gleichzeitigem Wärmebedarf ist die Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung oft eine wirtschaftliche Lösung.
- In der Industrie gibt es eine Renaissance für das Kältemittel Ammoniak.
- Bei Kälteanlagen ist es besonders wichtig, im Rahmen einer qualifizierten Inbetriebnahme die Einhaltung festgelegter Sollwerte nachzuweisen.
Kühlprozesse werden insbesondere in der Lebensmittelindustrie während der Produktion und Lagerung eingesetzt, um Waren haltbar zu machen. Auch in der Pharma- und IT-Industrie sind prozessbedingt Raumkühlungen notwendig, wenn konstant niedrige Raumtemperaturen gefordert werden, beispielsweise im Bereich der Datenverarbeitung in Rechenzentren und Serverräumen.
Zunächst ist zwischen verschiedenen Temperaturniveaus zu unterschieden. Bei der Normalkühlung wird die Temperatur auf ca. 4 °C reduziert. Das entspricht dem Niveau eines handelsüblichen Haushaltskühlschranks. Anwendung findet dies beispielsweise in Molkereien und bei der Fleischverarbeitung, aber auch bei der Zubereitung von Convenience-Food und Fertignahrung. Bei der Tiefkühlung wird die Temperatur auf mindestens – 20 °C herabgesetzt, bei Sonderanwendungen im Gesundheitswesen und der Pharmaindustrie, beispielsweise im Zuge der Blutplasmakonservierung, sogar auf – 40 °C und tiefer.
Energieschonend 365/24
Anders als etwa bei einer Büroklimatisierung arbeiten industrielle Kühlungen in vielen Fällen buchstäblich ganzjährig: 365 Tage im 24-Stundenbetrieb. Enorm wichtig ist deshalb die hohe Verfügbarkeit der Kühltechnik. Denn jeder Ausfall in der industriellen Fertigung würde hohe Folgekosten nach sich ziehen. Deshalb sind hier modular aufgebaute, teilredundante Anlagen erforderlich.
Wichtig ist auch ein guter After-Sales-Support, damit qualifiziertes Personal des Herstellers sofort verfügbar ist und die Ausfallzeiten minimiert werden. Um auch im Service bedarfsorientierte Lösungen anbieten zu können, müssen die Anforderungen in individuellen Verträgen mit den Anlagenbetreibern vereinbart werden. Auch benötigen die Anlagen durch den Dauerbetrieb viel Energie.
Umso stärker liegt in der industriellen Kälteproduktion der Fokus auf der Optimierung von Energieverbräuchen und dem Einsatz hochenergieeffizienter Anlagen. Aufgrund der hohen Verbräuche geht es häufig darum, ein hohes Maß an Betriebstransparenz zu erreichen, um die Betriebsdaten der Kälteanlage jederzeit auslesen und analysieren zu können. Darüber hinaus kann so auch frühzeitig auf veränderte Betriebswerte reagiert werden und Ausfälle lassen sich vermeiden.
Bedarf exakt ermitteln
Die Planung einer kältetechnischen Anlage erfolgt in der Regel in fünf Schritten mit: der Bedarfsermittlung, der Auswahl des Systems, der eigentlichen Planung und Ausschreibung sowie der anschließenden kontrollierten Inbetriebnahme der Anlagen.
Im Rahmen der Bedarfsermittlung ist zu klären, welches Temperaturniveau erforderlich ist und welche speziellen Anforderungen an den Kühlprozess gestellt werden. Unter dem Gesichtspunkt der Energieeffizienz ist es essentiell, dass das System auf den spezifischen Bedarf angepasst ist und nur die tatsächlich notwendige Kühltemperatur für den Einsatzbereich generiert. Dabei sind auch Lastkuren für die relevanten Zeiträume zu berücksichtigen.
Grundsätzlich gilt: je niedriger die geforderte Temperatur, desto mehr Energie ist aufzuwenden. Benötigt beispielsweise ein Unternehmen in Teilbereichen unterschiedliche Kühltemperaturen, wird für jeden Bereich eine separate Anlage eingesetzt. Soll etwa in der Produktion eine Temperatur von 4 °C und in einem Tiefkühllager ein Wert von – 20 °C erreicht werden, sind zwei Geräte erforderlich. Würde für beide Bereiche eine Anlage eingesetzt, die die Anforderungen für das Tiefkühllager erfüllt, wäre der Energieverbrauch für die Kältebereitstellung in der Produktion deutlich zu hoch.
Welches System?
Für die Auswahl der passenden Anlagentechnik ist ein Marktscreening erforderlich, um aktuelle Entwicklungen berücksichtigen zu können und Hersteller zu finden, die die spezifischen Anforderungen erfüllen. In den Auswahlprozess fließen auch Wirtschaftlichkeitserwägungen und Energiepreise ein. Beispielsweise sind Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungsanlagen (KWKK) wirtschaftlich geworden, weil der Strompreis gestiegen und der Gaspreis gesunken ist. Die Amortisationszeit dieser Anlagen liegt aktuell bei ca. 3,5 Jahren. Hinzu kommt, dass die Kapitalkosten durch niedrige Zinsen kaum mehr ins Gewicht fallen.
Planungsprozess
Für die individuelle Anwendung wird ein Konzept basierend auf den ermittelten Parametern entwickelt, das Redundanzüberlegungen einschließt. Aktuell sind verschiedene Anlagentypen im Einsatz. In der Lebensmittelindustrie sind insbesondere KWKK-Anlagen interessant, weil hier in der Regel auch kontinuierlich Wärme benötigt wird. Mit der Abwärme des Gasmotors können Heizprozesse bedient und über die bis zu 450 °C heißen Abgase auch Dampf für Kochprozesse erzeugt werden.
In KWKK-Anlage kommen häufig Absorptionskältemaschinen zum Einsatz. Sie erzeugen mit einer thermischen Verdichtung aus der Wärme des Motorkühlwassers Kälte bis zu 4 °C. Diese Systeme funktionieren nach folgendem Prinzip. Das dampfförmige, mit Wärme beladene Kältemittel wird bei geringer Temperatur in einem zweiten Stoff (Lösungsmittel) absorbiert und bei höherem Druck (Lösungspumpe) und höhere Temperatur im Austreiber desorbiert (abgetrennt). Das nun wieder dampfförmige Kältemittel wird unter Wärmeabgabe verflüssigt und anschließend entspannt. Dadurch sinkt die Temperatur des Kältemittels und es kann zur Kühlung (Verdampfer) genutzt werden. Parallel dazu wird die im Austreiber verdünnte Lösung durch prozessinterne Wärmübertragung abgekühlt und wieder zum Absorber geleitet.
Für Tiefkühlanlagen, oder wenn Abwärme nicht kostengünstig zur Verfügung steht, kommen Kompressionskältemaschinen zum Einsatz. Seitdem halogenierte Kohlenwasser-stoffe als Kältemittel aufgrund ihrer schädigen-den Wirkung für die Ozonschicht weitestgehend abgeschafft worden sind, u. a. durch Reglementierungen im Rahmen des Kyoto-Protokolls von 1997, erlebt in der Industrie das in der Frühzeit der Kältetechnik oft verwendete Ammoniak (NH3) eine Renaissance. Im direkten Vergleich zum Kältemittel CO2 ist es effizienter und der Prozess funktioniert mit deutlich geringeren Drücken. Weil CO2 bei 60 bar verdichtet wird, ist der Materialeinsatz bei den Anlagen höher und die Systeme sind kostenintensiver.
Ausschreibung und Inbetriebnahme
Auf die Planung folgt die Ausschreibung. Hier werden Leistungsverzeichnisse und Verträge vorbereitet und die Qualitätsanforderungen an die Anlage und den Partner schriftlich fixiert.
Eine wichtige Funktion im Rahmen der Realisierung übernimmt die qualifizierte Inbetriebnahme. Die Werte, die man im Vorfeld festgelegt hat, müssen in den ersten Monaten durch Messungen genau nachgewiesen werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Anlage tatsächlich das geforderte Ziel erreicht.
Dipl.-Ing. Martin Glane
ist in der pbr AG, 49076 Osnabrück, als Ingenieur mit dem Schwerpunkt Versorgungstechnik tätig, seit 2008 als Geschäftsbereichsleiter für die Technische Ausrüstung. Als Sachverständiger für Heizungstechnik, Lüftungs- und Klimatechnik hat er zahlreiche Gutachten für Amts-, Landes- und Oberlandesgerichte sowie für private Auftraggeber erstellt. www.pbr.de