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- Eisspeicher für Klima- und Prozesskälteanlagen haben sich seit Jahren bewährt. Der steigende Anteil von Photovoltaik- und Windkraftstrom verkürzt ihre Amortisationszeit bei lastgesteuerten Tarifen auf wenige Jahre.
- In Kombination mit einer Lastprognose unter Berücksichtigung der Wettervorhersage lassen sich weitere Einsparpotenziale erschließen.
- Um künftig schnell wechselnde Tarifangebote zu nutzen und zur Bereitstellung von Regelenergie sind Eisspeicher erforderlich, die unabhängig von ihrem Ladezustand be- oder entladen werden können.
Für die Technische Gebäudeausrüstung sind der wachsende Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien am Strommix und die damit einhergehenden Herausforderungen für die Kraftwerks- und Netzbetreiber eine große Chance. Da konventionelle Kraftwerke die für die Netzstabilität notwendige Ausgleichsleistung wirtschaftlich nicht erbringen können, wurden weltweit Forschungsvorhaben für die preisgünstige Speicherung von Strom initiiert. Das Marktforschungsunternehmen Boston Consulting Group erwartet bis zum Jahr 2030 ein weltweites Marktpotenzial von rund 330 GW; bereits ab dem Jahr 2015 soll das Marktvolumen bei rund 6 Mrd. Euro liegen.
Triebkräfte für den Stromspeichermarkt sind die prognostizierten hohen Tarifunterschiede (zeit- und lastvariabel), bedingt durch die steigende Anzahl an volatilen Einspeisungen (Strom aus Windkraft-, Photovoltaik-, Mikro-KWK- und Biogasanlagen), auf die die vorhandenen Netze nicht ausgelegt sind. Wegen des schleppenden Netzausbaus sowie berechtigter Zweifel an der langfristigen Wirtschaftlichkeit schnell reagierender Gaskraftwerke konzentrieren sich Energieversorger und Netzbetreiber vermehrt auf die Stabilisierung der Netze durch die Bereitstellung von positiver und negativer Regelenergie. Aus Sicht von Energiewirtschaftlern könnte dabei auch der Eisspeicher als Kältebatterie für Klima- und Kälteanlagen eine wichtige Rolle übernehmen Abb. 1.
Entscheidungskriterien für Eisspeicher
Standardisierte Eisspeicher für Klima- und Prozesskälteanlagen sind in der Technischen Gebäudeausrüstung nichts Neues. Bis zur Öffnung der Strommärkte in den EU-Staaten Ende der 1990er-Jahre beziehungsweise bis zur praktischen Umsetzung eines freien Marktes etwa ab dem Jahr 2003 war die Investitionsentscheidung für den Einbau eines Eisspeichers durch folgende Markt- und Rahmenbedingungen geprägt:
- Stromkosteneinsparung:
- Kappung der elektrischen Lastspitze eines Gebäudes durch Senkung der Spitzenkältelast, dadurch geringerer Leistungspreis
- Nutzung von preiswertem Nachtstrom zur prädiktiven Kälteerzeugung
- Anlagenerweiterung/Leistungsreserve/Prozesssicherheit:
- Leistungserweiterung einer bestehenden Kälteanlage, ohne dass neue Kältemaschinen/Rückkühlwerke installiert bzw. Trafostationen erweitert werden müssen
- Leistungserweiterung, wenn keine zusätzlichen Kühltürme/Rückkühler installiert werden können
- Notkälteversorgung über Eisspeicher bei Ausfall des Stromnetzes oder der Kältemaschine, beispielsweise für Rechenzentren, industrielle Prozesse (Elektronik, Chemie, Pharma, Nahrungsmittel)
- FCKW-Ausstieg:
- Minimierung der Kältemittelfüllmenge; dadurch Einbau kleinerer Kältemaschinen mit Leistungserweiterung über Eisspeicher
- Effizienzverbesserung im Betrieb:
- Stabilisierung des Nennleistungsbetriebs bei hohem Anteil an Teillastfällen in Kombination mit zeitlich begrenzter Kältehöchstlast
- Flexibilität und Versorgungssicherheit bei unregelmäßigen, aber hohen Kälteanforderungen, beispielsweise in Kongresszentren, Messehallen, Theatern, Sporthallen, Molkereien, Brauereien, Lebensmittelindustrie sowie anderen industriellen Prozessen
- Verlagerung des Kältemaschinenbetriebs von den heißen Mittagsstunden (Kältehöchstlast) in die kühlen Nachtstunden; dadurch hohe Einsparungen durch besseren COP der Kältemaschine sowie eine höhere Effizienz der Rückkühlung. Dies gilt besonders für trockene Rückkühler in Stadt- und Industriegebieten.
Aus der Kombination von Kältemaschinen und Eisspeicher ergeben sich folgende zusätzliche Vorteile:
- weitgehender Volllastbetrieb für die Kältemaschine
- Verzicht auf den „Warmhaltebetrieb“ von Reservekältemaschinen zur Deckung der Kältehöchstlast, dadurch auch Kosteneinsparungen für Stand-by, Wartung und Betrieb
- hohe Flexibilität bei der Bereitstellung von Kälte
- geringere Kältemittelfüllmenge, bezogen auf die höhere verfügbare Kälteleistung
- geringere Wartungskosten der Kältemaschine, bezogen auf die höhere verfügbare Kälteleistung.
Der Eisspeichermarkt in Frankreich
Mit der Liberalisierung des Strommarktes in Deutschland entstand mehr Wettbewerb unter den Stromanbietern. Durch Senkungen des Leistungspreises und des Arbeitspreises sowie neue pauschalierte Tarifangebote entwickelten sich die Rahmenbedingungen für Eisspeicher ungünstig. Auch eine neue Generation an hocheffizienten, gut regelbaren Kältemaschinen beeinflusste den Markt.
Im Gegensatz dazu entwickelt sich in Frankreich seit Anfang der 2000er-Jahre aufgrund von Kapazitätsengpässen im Stromnetz ein stabiler Markt für Eisspeicher Abb. 2. Triebkräfte sind eine mehrfach gestaffelte Tarifstruktur sowie vertraglich vereinbarte Abschaltzeiten von Klimakälteanlagen und anderen Stromverbrauchern. Auch die Bewilligungspflicht für Klimaanlagen mit mehr als 500 kW elektrischer Anschlussleistung begünstigte den Einbau von Eisspeichern. Einen zusätzlichen Marktimpuls bewirkte der Hitzesommer im Jahr 2003. Damals sahen sich viele Krankenhäuser in Frankreich gezwungen, ihre Kälteversorgung für Operationssäle und Patientenzimmer zu erweitern. In den meisten Fällen war dies nur über eine Leistungserweiterung durch Eisspeicher möglich.
Neue Tarife begünstigen Eisspeicher
Nach Deutschlands Entscheidung im Frühjahr 2011, schneller als zuvor geplant aus der Kernenergie auszusteigen, den Vorgaben zur Nutzung erneuerbarer Energien sowie kontinuierlicher Verschärfungen von Energieeffizienz- und Umweltstandards fordern Politiker und Wissenschaftler einen neuen Ansatz bei der Planung von gebäudetechnischen Anlagen. Ziel ist es, durch angepasste Normen und Richtlinien energieeffiziente Gebäude, Übertragungsnetze und Energieerzeuger über intelligente Stromnetze (Smart Grids) durchgängig miteinander zu verbinden. Dadurch sollen elektrische Lastspitzen vermieden und nach aktueller Nutzungssituation überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien gezielt an Kunden mit verschiebbaren Lasten und Speichermöglichkeiten weitergeleitet werden. Allerdings fehlt es bisher – abgesehen von Pilot- und Modellprojekten – an konkreten Geschäftsmodellen.
Spätestens ab dem Jahr 2015 wollen innovative Energiedienstleister, sogenannte Demand Response-Operatoren, Verträge mit dynamisierten Stromtarifen für ausgewählte Kunden mit elektrischen Großverbrauchern, u.a. Kälteanlagen, Wärmepumpen oder Klimaanlagen, anbieten Abb. 3. Die Besonderheit solcher Vereinbarungen besteht darin, die Leistungsaufnahme der Kundenanlage über tarifliche Anreize sowie Entschädigungszahlungen für Abschaltzeiten so in ein zentrales Verschiebemanagement einzubinden, dass positive und negative Regelenergie gegenüber dem Energielieferanten oder Netzbetreiber bereitgestellt werden kann. Kälteanlagen für die Versorgung von Klimaanlagen oder für industrielle Prozesse bieten hierfür ein vergleichsweise hohes Abschalt- und Verschiebepotenzial, das durch die Kopplung mit Eisspeichern signifikant erweitert werden kann. Energiefachleute sehen in der Integration von Eisspeichern in ein Last- und Verschiebemanagement einen wichtigen Baustein in zukünftigen Geschäftsmodellen und damit auch zur Absicherung einer auf erneuerbaren Energien aufbauenden Stromversorgung. Folgende dynamisierte Stromtarife sind künftig denkbar:
- Strompreise variieren je nach Tageszeit; vertraglich fest mit dem Kunden vereinbart (Time-of-Use-Tarif).
- Tarif mit Preiserhöhung bei vorhersehbaren Spitzenzeiten. Kunde wird mindestens 24 Stunden im Voraus über Zeitfenster und Höhe des Spitzenstromtarifs informiert, um Vorkehrungen treffen zu können, beispielsweise den Eisspeicher beladen und/oder das Gebäude prädiktiv vorzukühlen (Critical-Peak-Tarif).
- Variabler Tarif je nach Erzeugerleistung (Angebot) und Last (Nachfrage) im Netz. Der Kunde wird kurzfristig über die Tarifentwicklung benachrichtigt (Real-Time-Pricing). Bei diesem Tarifmodell ist es sinnvoll, Reservekälte aufgrund von Erfahrungswerten bei der Tarifentwicklung und der wetter- oder prozesstypischen Bedarfsentwicklung in Form von Eis bereitzuhalten.
Es ist davon auszugehen, dass bei einem hohen Abschalt- und Verschiebepotenzial im Gebäude mit dem Real-Time-Pricing-Tarif die höchsten Kosteneinsparungen erzielt werden können. Vorteile durch den Einbau eines Eisspeichers:
- die Regelenergie ist sofort und ohne Komfortverzicht beziehungsweise ohne Prozessunterbrechung verfügbar
- durch eine entsprechende Dimensionierung des Eisspeichers lassen sich längere Hochtarifzeiten überbrücken (vertragliche Vereinbarungen möglich)
- preiswerter Überschussstrom aus Wind- und Solarstromanlagen (zum Beispiel an Wochenenden) kann für die Vorratskältespeicherung genutzt werden
Die Erfahrungen des Eisspeicher-Herstellers Fafco, Biel, Schweiz, in Frankreich zeigen Abb. 4 Abb. 5, dass sich Eisspeicher bei konventioneller Betriebsweise mit attraktiven Tag-/Nachttarifen innerhalb von etwa drei Jahren amortisieren. In einigen Jahren, wenn sich neue Geschäftsmodelle mit Smart-Grid-Tarifinformationen in der Energiewirtschaft etabliert haben, könne, so die Aussage von Fafco – je nach Tarifmodell – mit einer Amortisationszeit von ein bis zwei Jahren gerechnet werden.
Die ersten Ergebnisse mit modifizierten Lastmanagementsystemen mit Tarifeinspeisung zur gezielten Schaltung von Klima-Kältemaschinen mit Eisspeichern in Abhängigkeit des Kältebedarfs und des Tarifangebotes (Smart-Grid-Funktion) sind ermutigend.
Auch volkswirtschaftlich ist der Einbau von Eisspeichern attraktiv: Sie ersetzen Kraftwerksleistung, mindern den Zwang zum Ausbau der Netze und vereinfachen die Nutzung von lokal erzeugtem Solar- und Windstrom. Während sich Kraftwerke und Hochspannungstrassen erst in 20 und mehr Jahren amortisieren, rechnen sich Eisspeicher bei intelligenter Einbindung in ein Lastmanagement innerhalb von wenigen Jahren. Mehr noch: Die Speichertechnologie ist über Jahrzehnte erprobt; Eisspeicher können ohne langwierige Genehmigungsverfahren und innerhalb kurzer Zeit eingebaut werden. Für Gebäudezertifizierungen lassen sich die verwendeten Werkstoffe einfach dokumentieren. So bestehen die meisten Eisspeicher aus definierten Kunststoffen sowie Wasser als Speichermedium.
Eisspeicher als steuerbarer Peak-Shaver
Zur Minderung der Probleme im Netzbetrieb durch fluktuierende Stromeinspeiser setzen Stadtwerke und Energieversorger vermehrt auf virtuelle Kraftwerke. Ziel ist, durch Zu- und Abschaltungen von dezentralen Energieerzeugern und großen Energieverbrauchern positive und negative Regelenergie bereitzustellen.
Ein Beispiel: Beim Aufbau eines virtuellen Kraftwerks der Stadtwerke München (SWM) sollen die eigenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sowie externe Kundenanlagen gemeinsam in Abhängigkeit der Netzbelastung, der Strompreisentwicklung, der kurz-, mittel- und langfristigen Wetterprognose sowie der Erfahrungswerte aus den Kundenanlagen so gesteuert werden, dass Stromangebot und Stromnachfrage möglichst synchron verlaufen Abb. 8.
Um das Peak-Shaving, also die Kappung von Stromspitzen, zu unterstützen, beabsichtigen die Betreiber virtueller Kraftwerke künftig auch große Kälteanlagen von Stromkunden, wie Kältezentralen, Tiefkühllager oder Großwärmepumpen, in ihr virtuelles Kraftwerk mit einzubeziehen. Besonders attraktiv für virtuelle Kraftwerke sind Kältezentralen mit bereits vorhandenen Eisspeichern. Durch ein vom virtuellen Kraftwerk beeinflusstes übergeordnetes Energiemanagementsystem lässt sich mithilfe von Eisspeichern sowohl positive als auch negative Regelenergie generieren. Besteht beispielsweise ein Überangebot an Solar- oder Windstrom, könnten in Abhängigkeit der Wetterentwicklung sowie der Bedarfsentwicklung beim Kunden die Kälteerzeuger prädiktiv zum Niedertarif in Betrieb gesetzt werden, um den Eisspeicher zu beladen oder um in einem Tiefkühllager die Lagertemperatur weiter abzusenken. Bei ansteigender Netzbelastung, sprich höheren Tarifen, würde als erstes die Kälteerzeugung zurückgefahren und die Kälteleistung aus dem Eisspeicher entnommen werden.
Fazit
Die Kopplung von Klima- und Prozesskälteanlagen mit Eisspeichern ist ein probates Mittel, Ausgleichsleistung zur Glättung von Stromangebot und Stromnachfrage zur Verfügung zu stellen. Erfahrungen in Frankreich mit stark abgestuften Stromtarifen belegen, dass sich die Investition in einen Eisspeicher in wenigen Jahren amortisiert. Im Gegensatz zu den kommenden Generationen an Energiespeichern ist der Eisspeicher sofort verfügbar, ökologisch unbedenklich und einfach in ein bestehendes Anlagenkonzept einzubinden. Der Kunde hat die Möglichkeit, den Eisspeicher entweder selbst zu bewirtschaften oder ihn für ein virtuelles Kraftwerk zur Verfügung zu stellen. •
Weitere Fachartikel, die Smart-Grid-Funktionen mit TGA-Aspekten zusammenführen, enthält das TGAdossier Smart Metering und Smart Grid: Webcode 977
Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Bauherren
TGA-Planer: Die Versorgung eines Gebäudes oder einer Produktionsanlage mit Kälte erfordert Weitblick: Neben einem Vergleich der verfügbaren Technik müssen bei der Planung auch die vorgezeichneten Entwicklungen auf den Energiemärkten berücksichtigt werden. Danach entwickeln sich die Bedingungen für den Einsatz von Eisspeichern positiv.
Anlagenbauer: Kälteanlagen mit Eisspeicher erschließen diverse Vorteile. Sie und ihre Systemeinbindung sind seit Jahrzehnten erprobt. Differenzierungsmöglichkeiten bietet jedoch die intelligente Bewirtschaftung in Abhängigkeit dynamischer Einflüsse: Preise, Bedarfs - und Wetterprognose, Tarife etc.
Bauherren: Eisspeicher sind eine einfache Möglichkeit, die Stromkosten zu senken. Es ist zu erwarten, dass künftig Tarife die zeitliche Entkopplung von Kältebedarf und Kälteerzeugung attraktiv belohnen. Wer nicht selbst investieren will, kann seine Kältekosten über ein Contracting-Modell senken.
Mit niedrigen Tarifen den Eisspeicher laden
Für ein Bürogebäude mit Vollklimaanlage und Eisspeicher ist folgendes Betriebsszenario mit Smart-Grid-Funktionen denkbar:
22.00 Uhr (Vortag): Der Strompreis fällt, um das Grundlastangebot konventioneller Kraftwerke besser auszulasten; der Eisspeicher wird beladen.
4.00 Uhr: Der Eisspeicher ist zu 100 % beladen, das Gebäudeautomationssystem erkennt ein hohes Freikühlpotenzial der Außenluft und startet den Freikühlmodus der Klimaanlage.
6.00 Uhr: Strompreis steigt. Raumkomfort hat Vorrang, die Lüftungsanlage fährt auf Normalbetrieb, die Kühlung erfolgt über den Eisspeicher, die Kältemaschine ist ausgeschaltet.
11.00 Uhr: Der Energieversorger bietet kurzfristig sehr günstigen Strom an. Grund: hohe Einspeisung von regional erzeugtem Solarstrom in das Netz, zusätzlich sind überregionale Stromüberschüsse durch Windenergie vorhanden. Der regionale Wettervorhersagedienst signalisiert dem Wettervorhersage-Modul des Gebäudeautomationssystems (GA-System) anhaltend sommerliches Hochdruckwetter mit Gewitterneigung am Nachmittag. Das GA-System entscheidet, den Eisspeicher aufzuladen, da der Strompreis am Nachmittag wegen Gewitter ansteigen wird (PV-Stromangebot sinkt).
14.00 Uhr: Gewitter, hohe Luftfeuchtigkeit, der Strompreis steigt, weil das PV-Stromangebot sinkt. Notabschaltung von Windkraftanlagen wegen Gewittersturms. Der Strompreis steigt stark an, da Klimaanlagen zur Luftentfeuchtung mehr Kälte anfordern. Gleichzeitig wird in den Büros die Beleuchtung hochgefahren. Um die hohe Raumluftfeuchte abzubauen, ist eine hohe Entfeuchtungsleistung erforderlich; das GA-System schaltet auf reinen Eisspeicherentladebetrieb.
16.00 Uhr: Das Gewitter ist vorbei, der PV-Stromanteil steigt wieder, die Windkraftanlagen sind wieder in Betrieb. Die Netzlast geht zurück (Feierabendeffekt), der Versorger bietet Strom zum Normaltarif an. Das GA-System entscheidet aufgrund von Wettermeldungen (starker Wind am Abend und in der Nacht, in Folge sinkender Stromtarif) mit dem Beladen des Eisspeichers zu warten. Die Klimaanlage wird in Abhängigkeit der Bedarfsentwicklung (Feierabend) in Teillast mit minimaler Lüftung gefahren.
17.00 Uhr: Die Anlage geht in Minimalbetrieb (für Reinigungspersonal).
20.00 Uhr: Die Klimaanlage schaltet ab, der Energieversorger bietet ab 22.00 Uhr einen sehr günstigen Stromtarif an.
22.00 Uhr: Eisspeicher wird für den nächsten Tag beladen.
Es ist durchaus realistisch, dass bei ganz besonderer Wetterkonstellation (Wochenende, hohe Sonneneinstrahlung, starker Wind) oder bei besonders hohen Einspeisungen von Windstrom in der Nacht und geringer Netzbelastung überschüssiger Windstrom an der Strombörse in Leipzig verramscht, verschenkt oder mit Aufgeld (Negativtarif) angeboten wird. Solche „Schnäppchen“ lassen sich künftig über Smart-Grid-Funktionen mithilfe von Eisspeichern für die Klimatisierung von Gebäuden und die Kühlung von Prozessen nutzen.
Eisspeicher
Die Speicherung von Kälte in Form von gefrorenem Wasser ist die älteste Form eines Latentspeichers. Mitte der 1980er-Jahre kam erstmals ein wartungsfreies modular aufgebautes Eisspeichersystem über die USA nach Europa. Parallel dazu wurden in Europa zwei innovative Eisspeichersysteme entwickelt: In Frankreich entstand das Cristopia-System mit eutektischen Lösungen in Kunststoffkugeln, in der Schweiz entwickelte die Firma Fafco Rohrwärmeübertrager mit besonders großer Übertragungsfläche aus hoch stabilisiertem Polypropylen, die in hochwärmegedämmte kubische Behälter eingehängt werden.
Die kommerzielle Nutzung des Speichermediums Eis hat ihren Ursprung in Brauereien und Molkereien. Dort ist es notwendig, Flüssigkeiten innerhalb kurzer Zeiträume stark abzukühlen, damit eine bestimmte Produktqualität garantiert werden kann. Um die Investition in die Kältemaschine niedrig zu halten und den Spitzenstrombedarf zu begrenzen, wird dort mithilfe relativ kleiner Kältemaschinen über einen Zeitraum von 12 bis 14 h meistens mit preisgünstigem Nachtstrom Wasser zu Eis gefroren. Für den Abkühlprozess stehen sowohl die Entladeleistung des Eisspeichers als auch die Kälteleistung der Kältemaschine zur Verfügung.
Begünstigt wurde der Marktzugang in Deutschland durch unterschiedliche Stromtarife (Tag/Nacht) sowie hohe Preise für Spitzenlaststrom bei Verletzung der vertraglich festgelegten maximalen Bezugsleistung.
Physikalisch handelt es sich bei einem Eisspeicher um einen Latentspeicher, der die Schmelzwärme von Eis (332 kJ/kg) dazu nutzt, Energie zu speichern. Die theoretische Speicherdichte beträgt 84,4 kWh/m3 bei einer Dichte des Eises von 916 kg/m3. Durch die Latentenergie bei der Zustandsänderung von Wasser zu Eis lässt sich – bezogen auf das gleiche Speichervolumen von Wasser – die zwölffache Energiemenge gegenüber der sensiblen Energie nutzen. Die erforderliche Speichergröße beträgt darum bei einem Eisspeicher – im Vergleich zu einem Kaltwasserspeicher – bei gleicher Speicherkapazität nur etwa ein Zwölftel. Wegen der eingebauten Wärmeübertragerrohre sowie des für die Wärmeübertragung notwendigen Wasserdurchflusses im Eisspeicher rechnet man in der Praxis mit einer latenten Speicherkapazität zwischen 40 und 60 kWh/m3 Eis. Je nach Durchflussmenge und Abschmelzzustand des Eises liegt die ausgekoppelte Kaltwassertemperatur zwischen 0,5 und 20 °C.
Die Vorteile der modular aufgebauten Fafco-Eisspeicher Abb. 6 Abb. 7 liegen im ökologisch unbedenklichen Speichermedium Wasser, der einfachen Bauart sowie der problemlosen Einbindung in die Anlagentechnik. Im Gegensatz zu anderen Eisspeicherbauarten kann beim Fafco-Eisspeicher das Ladevolumen jederzeit als Prozentangabe abgelesen werden. Ein weiterer Vorteil ist die beliebige Unterbrechung der Be- und Entladung des Eisspeichers. Im Hinblick auf die Nutzung fluktuierender Stromangebote aus erneuerbaren Energien ist die Variabilität beim Be- und Entladen ein entscheidender Vorteil. Die Speichergröße lässt sich beliebig an den Kältebedarf eines Gebäudes, eines Prozesses, an die Leistung der Kältemaschine und an die Tarifstruktur des Versorgers anpassen. Bei optimaler Dimensionierung in Abstimmung mit den Tarifangeboten der Versorger und Energiedienstleister lassen sich mit Fafco-Eisspeichern hohe Energiekosteneinsparungen mit sehr kurzen Amortisationszeiten erzielen. Für Contracting-Unternehmen eröffnen sich durch die Integration von Eisspeichern in Energiekonzepte neue Möglichkeiten, ihr Portfolio zu erweitern sowie die Rentabilität für den Kunden und den Contractor zu verbessern, zum Beispiel durch kürzere Vertragslaufzeiten. Leasing-Projekte von Fafco in Frankreich haben gezeigt, dass sich Eisspeicher bei einer Leasing-Laufzeit von sechs Jahren bereits nach drei Jahren amortisiert haben. Hier besteht die Option, dass Fafco die Wartung und Fernüberwachung der Anlage übernimmt. Für den Contractor bedeutet das eine höhere Anlagenenergieeffizienz und ein geringeres Risiko.
Wolfgang Schmid
ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de