Kompakt informieren
- Mehrere Trends führen dazu, dass Gewerbeimmobilien künftig nur noch so gebaut und ausgerüstet werden, dass ganzjährig eine komfortable Raumtemperatur gewährleistet werden kann.
- Erst durch eine thermisch-dynamische Simulation ist es möglich, das Gebäude und die Anlagentechnik bedarfsgerecht auszulegen. In der Regel können die Systeme gegenüber Auslegungswerten durch eine statische Berechnung erheblich kleiner ausgelegt werden.
- Weitere Einsparungsmöglichkeiten ergeben sich durch eine genaue Analyse aller Komponenten. Bei einem Bürogebäude konnte für die Kühlwasserverteilung durch die Verwendung eines speziellen Presssystems für dickwandige Stahlrohre der Korrosionsschutz bereits werkseitig kostengünstig aufgetragen werden.
„Im Raum München sind neue Verwaltungsbauten ohne Gebäudeklimatisierung undenkbar“, kennt Axel Scharff die Gegebenheiten in der Region sehr genau. Als TGA-Planer mit 40 Jahren Berufserfahrung ist er Geschäftsführer der GE-Planung GmbH in Sauerlach, eine Gemeinde südlich von München.
Dass die Kühlung von Nutzobjekten hier eine Selbstverständlichkeit ist, liegt wohl nicht nur an den vergleichsweise vielen Sonnenstunden. Die bayrische Metropole und das Umland sind ein Hotspot von global operierenden Unternehmen bis hin zu erfolgreichen Start-ups in Zukunftsbranchen wie der Biochemie. Entsprechend intensiv konkurrieren Firmen um die besten Mitarbeiter. Da sind die Qualität und das Wohlfühlklima des Arbeitsplatzes ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsvorteil.
Ablesbar ist das an dem neuen Bürokomplex, den die Santo Service GmbH in Holzkirchen baute. Eine großzügige Tiefgarage und eine stilvolle Kantine, klimatisierte Arbeitsplätze sowie eine optimale IT-Infrastruktur sind wesentliche Ausstattungsmerkmale, mit der die Arbeitgeber bei potenziellen Mitarbeitern punkten.
Profitables Investitionsklima
Damit die Wirtschaftlichkeit von Vermarktungsvorteilen hochwertiger Objekte gegeben ist, stellen die Investoren allerdings die Erstellungskosten ebenso wie die späteren Betriebskosten bis ins Detail auf den Prüfstand. Was das für die Klimatisierung des Holzkirchner Komplexes bedeutete, erläutert Axel Scharff als verantwortlicher TGA-Planer:
„Zunächst haben wir eine dynamische Kühl- und Heizlastsimulation in Auftrag gegeben. Das ermöglichte dem Architekten, noch in der Entwurfsphase bauliche Einflüsse wie Verglasungs- und Verschattungskonzepte durchzuspielen. Auf dieser Basis konnten wir den tatsächlichen Energiebedarf für den späteren Betrieb und eine dazu passende Anlagentechnik wirtschaftlicher bestimmen.“
Den Auftrag zu einer solchen thermisch-dynamischen Simulation erhielt das Büro „ACE Andrea Costa Engineering“ aus Großkarolinenfeld. Anhand eines virtuellen 3D-Gebäudemodells wurden unter anderem der Verschattungsentwurf, die Auswirkung von Fensterlüftung sowie die Klimatisierung über Kühldecken mit erhöhtem konvektivem Anteil in Relation zur Behaglichkeit nach DIN ISO 7730 bewertet.
Dipl.-Ing. Andrea Costa, mit der Erfahrung von 20 Jahren Simulationspraxis, schildert die Vorteile dieser Methode: „Im Gegensatz zu einer statischen Berechnung werden bei einer dynamischen Simulation die zeitlichen Effekte sämtlicher thermischen Vorgänge in einem Gebäude genau betrachtet und zusammengeführt. Dazu zählen Solareinträge, der Luftaustausch und interne Wärmequellen. Diese sehr realitätsnahe Abbildung des Gebäudebetriebs ermöglicht oft eine Herabsetzung der Investitionskosten für die Anlagentechnik und nennenswerte Energieeinsparungen durch die Ausreizung von passiven Maßnahmen, beispielsweise natürliche Kühlung und Tageslichtnutzung. Über eine thermische Simulation sind wir nicht nur dichter am realen Bedarf, sondern können auch die energetischen Auswirkungen unterschiedlicher Anlagen- und Klimatisierungskonzepte bewerten.“
Als Ergebnis der Simulation stand fest, in welchen Gebäudeteilen welche Heiz- und Kühllasten anfallen, wo durch zusätzliche Verschattung und nächtliche Querlüftung Energie zur Gebäudekühlung eingespart werden kann, in welchen Räumen Wärmespitzen tolerierbar sind und in welchen nicht. Dadurch konnte die Dimensionierung der Wärme- und Kälteversorgung nahezu um den Faktor drei gegenüber der konventionellen Heiz- und Kühllastberechnung reduziert werden.
Das wirkte sich natürlich auch auf das Verteilungsnetz der Wärme- und Kälteversorgung aus. Und selbst bei der Rohrinstallation wurden durch innovative Technik der hohe Qualitäts- und der Wirtschaftlichkeitsanspruch vereinbar.
Korrosionsschutz ohne Mehrarbeit
Etwa 2,4 km dickwandiges Stahlrohr in den Dimensionen DN 15 bis DN 50 sind in dem Holzkirchner Gebäudekomplex für die Wärme- und Kälteversorgung installiert. An die Dämmung der Kühlleitungen stellt DIN 41401) in Abschnitt 4.6 besondere Anforderungen: Nicht nur eine Dämmung zur Reduzierung der Transmissionsverluste ist vorgeschrieben, sondern auch ein Korrosionsschutzanstrich bei unlegierten Stahlrohren.
Für die genaue Ausführung hat die Arbeitsgemeinschaft Industriebau (AGI) das Arbeitsblatt Q 151 „Korrosionsschutz unter Isolierungen“ herausgegeben. Als allgemein anerkannte Regel der Technik wird hier eine jeweils 80 m starke Grund- und Deckbeschichtung festgelegt.
„Den Korrosionsschutz an Kühlleitungen anzubringen, ist aber eine Herausforderung“, weiß Martin Berger, Planerberater bei Viega: „Eine durchgehend 160 m-starke Beschichtung herzustellen erfordert nämlich einiges an Fachwissen zu den Eigenschaften des eingesetzten Materials, zur Oberflächenbeschaffenheit der Rohre, Verbinder und Schweißnähte sowie zur Verträglichkeit mit dem Klebesystem der Dämmung.“ Deshalb rät beispielsweise der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) in einer Fachinformation Handwerkern zu einer Korrosionsschutzschulung als fachlichem Eignungsnachweis.
In dem Holzkirchner Objektbau konnte der nachträgliche Korrosionsschutz der Kühlleitungen jedoch umgangen werden. „Zum Einsatz kamen industriell vorlackierte Stahlrohre. Die konnten mit den Pressverbindern Megapress direkt installiert werden“, beschreibt Scharff die technisch und wirtschaftlich sinnvollere Alternative. Sie ersparte den kostenintensiven zweimaligen Anstrich, den in der Regel ein spezialisiertes Gewerk übernimmt. „Denn die Viega-Pressverbinder bringen werkseitig den Korrosionsschutz schon mit“, erläutert Berger. Bei annähernd 2500 verbauten Verbindern war das ein großer Zeitgewinn. Der außerdem noch höher ausfiel, weil Pressverbindungen um bis zu 60 % schneller als Schweißverbindungen hergestellt werden.
Die Megapress-Verbinder sind aus unlegiertem Stahl und mit einer Zink-Nickel-Beschichtung gegen Korrosion geschützt. Ein spezielles EPDM-Dichtelement gewährleistet die dichte Verbindung auch bei rauen Rohroberflächen – außer den hier eingesetzten, industriell vorlackierten Rohren gilt das auch für mit Epoxidharz beschichtete oder unbeschichtete schwarze Stahlrohre. Die von Viega-Verbindern bekannte SC-Contur stellt auch bei den Megapress-Verbindern die Zwangsundichtheit im unverpressten Zustand über den gesamten Prüfbereich einer Dichtheitsprüfung sicher.
Ausblick
Der Deutsche Wetterdienst bestätigt in seinem aktuellen Klimastatusbericht einen anhaltenden Trend: Nicht nur in Süddeutschland, sondern bundesweit steigt die Anzahl der Sommertage mit einer Höchsttemperatur von mindestens 25 °C und die Zahl der heißen Tage mit Temperaturen jenseits der 30 °C. Der Schutz vor Überhitzung von Arbeits- und Wohnräumen erhält damit immer größere Bedeutung – und damit auch wirtschaftliche Lösungen wie die kostensparende Pressverbindungstechnik für vorlackierte Stahlleitungen.
Fußnoten
1) DIN 4140 Dämmarbeiten an betriebstechnischen Anlagen in der Industrie und in der technischen Gebäudeausrüstung – Ausführung von Wärme- und Kältedämmungen. Berlin: Beuth Verlag, April 2014
Integrale Planung par excellence
Die Ermittlung der thermischen Kondition in dem Holzkirchner Verwaltungsneubau erfolgte in einem virtuellen 3D-Modell, erstellt von dem Büro ACE. Daten über die thermische Speicherfähigkeit der geplanten Materialien wurden ebenso hinterlegt wie innere thermische Lasten und das typische Nutzungsverhalten in verschiedenen Räumen.
Anhand der Wetterdaten von Holzkirchen simulierte ACE am Computermodell die thermischen Vorgänge und Luftbewegungen in dem Gebäude, die sich jede Stunde über ein gesamtes Jahr hinweg ergeben. Diese hohe Auflösung der Simulation spiegelt den tatsächlichen, zukünftigen Betrieb wider. Das stellt praxisgerechte Resultate sicher. Dabei wurden die Auswirkungen von Sonnenstand, Verschattung durch Gebäudeteile, Sonnenschutzkonzepte, die Speicherung von Wärme durch die Gebäudesubstanz, innere Wärmeerträge und nächtliche Fensterlüftung durch elektromotorisch gesteuerte Fassadenöffnungen betrachtet und ihre gegenseitige Wechselwirkung errechnet. Auf Basis der tatsächlichen Heiz- und Kühllasten wurde die Anlagentechnik und Konditionierung der Gebäudeteile ausgelegt. So erhielten die innen liegenden Serverräume beispielsweise eine Vollklimatisierung durch Kühlgeräte, während in anderen Räumen Kühldecken ausreichen und gleichzeitig für die Wärmezufuhr genutzt werden.
„Eine thermisch-dynamische Simulation“, so Andrea Costa, „ist ein Praxisbeispiel integraler Planung par excellence. Es ermöglicht Architekten und TGA-Planern schon in der Entwurfsphase, Maßnahmen für eine energieeffiziente Gebäudeklimatisierung zu koordinieren.“ Die Kostenersparnisse in der Erstellungs- und Betriebsphase, aber auch die hohe Zufriedenheit von Investoren und Gebäudenutzern spricht aus Sicht des Simulationsexperten Costa für dieses Planungsinstrument.