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Lüftungs- und Klimatechnik auf der ISH/Aircontec

“Die Luft wird dünner“

Kompakt informieren

  • Technischer Fortschritt, normative Vorgaben sowie gesetzlich vorgeschriebene Umweltaspekte und freiwillige Nachhaltigkeitsbewertungen führen bei der Lüftungs- und Klimatechnik zu starken ­Veränderungen auf Komponenten-, System- und Konzeptebene.
  • Angebot und Nachfrage nach RLT-Anlagen mit ­hohem Ausrüstungsgrad steigen. Die Integration von Kälte- und Regelungstechnik in Verbindung mit durchdachten Wärmerückgewinnungskonzepten kann die Energieeffizienz der Gesamtanlage deutlich steigern.
  • Neue Materialien für Sorptionsrotoren mit niedriger Desorptionstemperatur und selektiver Sorp­tion sowie das Menerga-Konzept mit einer Lithiumchlorid-Lösung stellen deutliche Primärenergieeinsparungen in Aussicht.
  • Durch Sanierungsbedarf und günstigere Lastsituationen erfahren Induktions-Klimageräte eine Renaissance.
  • Bei der Schullüftung steht ein breites Angebot ­einem großen Marktpotenzial, aber leeren Kassen gegenüber.

Auffallend schnell haben sich die An­bieter von RLT-Geräten auf eine um­fassende Transparenz der Energieeffizienz geeinigt, und zwar auf nationaler wie auch auf europäischer Ebene. Einige der im deutschen RLT-Herstellerverband organisierten Unternehmen bieten ihre Geräte sowohl in den Effizienzklassen A+, A und B des RLT-Herstellerverbands als auch in den Eurovent-Energieeffizienzklassen A bis E an Abb. 2. Eine knapp gehaltene, gut verständliche Erklärung der beiden Energieeffizienzlabel von RLT-Verband und Eurovent ist bei http://www.robatherm.com/de/fuer-ingenieure/energieeffizienzlabel nachzulesen. Allerdings lässt die Klassifizierung den Herstellern noch erheblichen Spielraum zur Optimierung der Geräte. Beispielsweise hat robatherm für seine neue RM-/RL-Line die Wärmeverluste minimiert. Die erreichte Wärmebrückenklasse „TB1“ nach DIN EN 1886 ist weitgehend einmalig bei serienmäßigen RLT-Geräten Abb. 3.

Neben dem Trend zu einem höheren Ausstattungsgrad von RLT-Geräten mit Wärmerückgewinnern Abb. 4 – der Geräteanteil mit Wärmerückgewinnung liegt bei den Verbandsmitgliedern bei rund 54 % (Webcode 310144) – steigt auch das Interesse an RLT-Geräten mit integriertem Kaltwassersatz nach dem Prinzip der Direktverdampfung. Die Vorteile liegen – nach Aussagen von Wolf, Mainburg – in der größeren Flexibilität bei der Aufstellung, dem reduzierten Installationsaufwand, dem Verzicht auf Wasser als Transportmedium (somit keine Einfriergefahr), der einfachen Leistungsregelung der Verdichter über Frequenzumformer sowie der Option einer Wärmepumpenschaltung. AL-KO fügt dem noch hinzu: Geringerer Platzbedarf, Verzicht auf Rückkühler bzw. Kühlturm, da die Rückkühlung über die Abluft des RLT-Gerätes erfolgt, klare Gewährleistungsgrenzen, effiziente Luftentfeuchtung durch Direktverdampfung und präzisere Leistungsregelung mit hohem Teillastwirkungsgrad. Allerdings seien dem Leistungsangebot an Kälte aus Platzgründen Grenzen gesetzt Abb. 5, so AL-KO. Für sein Kompaktlüftungsgerät EasyAir bietet AL-KO deshalb ein Verdampfer-Kondensator-Add-on mit einem VRF-Satelliten von LG an (Webcode 297956).

Für Robert Baumeister, maßgeblicher Entwickler der neuen Trox-RLT-Geräte Abb. 6 (Webcode 291609) und Vorstand des Herstellerverbandes RLT-Geräte, ist die Integration des Kälteteils in das Gerät die logische Konsequenz, um ohne zusätzliche Investitionskosten die Leistungszahl des Kälteerzeugers signifikant zu verbessern. Sein Argument: Die Rückkühlung konventioneller Kälteerzeuger erfolgt bisher bei einer Umgebungstemperatur von 35 °C. Bei der Rückkühlung über die Abluft der RLT-Anlage liege die Temperatur dagegen bei 26 bis 27 °C. Baumeister begrüßt, dass die Gerätehersteller wie auch die Betreiber von RLT-Anlagen die bereits vorhandenen Vorschriften und Richtlinien neuerdings ernster nehmen. Ziel müsse es sein, alle Anlagen, die älter als zehn Jahre sind, energetisch zu über­prüfen, insbesondere die Energieeffizienz von Ventilatoren und Pumpen sowie die kältetechnische Peripherie. Baumeister geht davon aus, dass künftig der Gesetzgeber den Energieverbraucher „Gebäude“ noch stärker unter die Lupe nehmen wird, um Kraftwerksleistung einzusparen.

Auch Prof. Dr.-Ing. Uwe Franzke vom Institut für Luft- und Kältetechnik gGmbH, Dresden, sieht in der energetischen Optimierung der Neben­antriebe von RLT- und Kälteanlagen noch ein hohes Energieeinsparpotenzial. Durch die enormen Fortschritte bei der Energieeffizienz von Flüssigkeitskühlsätzen müsse man der Rückkühlung von Kälteanlagen und ins­besondere der von solarbetriebenen Absorptions-, Adsorptions- und ­Sorptionskälteanlagen mehr Beachtung schenken. Mit der Verbesserung der Wirkungsgrade von Photovoltaik-Anlagen könne er sich in Zukunft durchaus auch Hocheffizienz-Kaltwassersätze vorstellen, die mit Solarstrom angetrieben werden.

Sorptionsgestützte Klimatisierung

Auch die sorptionsgestützte Klimatisierung ist wieder mehr im Gespräch. Dies hängt u.a. damit zusammen, dass heute Rotoren angeboten werden, die mit Austreibertemperaturen von 50 bis 60 °C statt wie früher mit 90 °C arbeiten. Munters zeigte in Frankfurt gleich zwei Gerätetypen, die mit den neuen Niedertemperatur-Entfeuchtungsrotoren arbeiten.

Das kältemittelfrei arbeitende DesiCool RLT-Gerät, eine Kombination aus Sorptionsrotor und Verdunstungskühler, liefert bei Umgebungs­bedingungen von 32 °C und einer relativen Luftfeuchte von 40 % eine ­Zulufttemperatur von 18 °C. Für die Regeneration des Sorptionsrotors reicht warmes Wasser mit einer Temperatur von 60 °C. Als Wärmequelle kommen Solarwärme, Fernwärme, Warmwasser aus einer Heizzentrale, BHKW-Abwärme oder Prozesskühlwasser zum Einsatz. Am Beispiel eines fiktiven Bürogebäudes in Frankfurt – Zuluft und Abluft jeweils 25000 m3/h, 8400 Betriebsstunden, Austreibertemperatur 60 °C – geht Munters von rund 43 % geringeren Jahresbetriebskosten gegenüber einer konventionellen Lösung (Klimagerät mit Wärmerückgewinnung und separater Kälteerzeugung) aus.

DryCool, die zweite Sorptionslösung von Munters, besteht aus einem Vorkühl-Direktkälteverdampfer (DX-Modul) mit nachgeschaltetem Niedertemperatur-Entfeuchtungsrotor. Hier wird die im DX-Modul gesättigte Luft auf Raumtemperatur mit einer relativen Luftfeuchte von unter 50 % konditioniert. Die Abwärme des DX-Moduls wird in die Abluft abgegeben, erwärmt diese auf 45 °C und regeneriert dadurch den Sorptionsrotor. Im Prinzip regeneriert sich das DryCool-System mit seiner eigenen Abwärme Abb. 7.

Rolf Waldschmidt, Vertriebsleiter von Munters, weist darauf hin, dass bei der Planung und beim Betrieb solcher Anlagen einige Besonderheiten beachtet werden müssten. „Voraussetzung für einen gesicherten Betrieb ist die integrierte Regelung, denn so eine Anlage kann man nicht einfach an- und abschalten.“ So müsse ein Sorptionsrad auch bei ­Außerbetriebnahme ständig gedreht werden, da es sich sonst einseitig mit Luftfeuchte vollsauge und instabil werde. Auch bei der Planung ­solcher Anlagen müsse man umdenken. Deshalb unterstütze Munters TGA-Fachplaner bei der Auslegung, der Wirtschaftlichkeitsberechnung und der Projektplanung.

Auch Menerga, Mühlheim an der Ruhr, gibt der sorptionsgestützten Klimatisierung in Zukunft große Chancen. Nur zwei Jahre nach der Markteinführung der Sorpsolair-Klimageräte (Webcode 293555) habe sich ­dieses System fest am Markt etabliert, so das Unternehmen. Im Gegensatz zu anderen Anbietern, die mit Sorptionsrädern arbeiten, entfeuchtet Menerga mithilfe einer Lithiumchloridlösung, die mittels Nieder­temperaturabwärme von 55 bis 70 °C im Desorber regeneriert wird. Die Leistungszahl soll bei 1,5 liegen, ein für Sorptionsverfahren beachtenswerter COP. Menerga gibt an, bei sehr guten Behaglichkeits- und Energieeffizienzwerten Primärenergieeinsparungen von bis zu 50 % zu erreichen. Menerga-Geschäftsführer Dr.-Ing. Jürgen Röben gibt allerdings zu bedenken, dass die Planung einer solchen Anlage sehr anspruchsvoll sei und immer im Systemverbund mit der gesamten Gebäudetechnik ausgelegt werden müsse.

Den Trend zur sorptionsgestützten Klimatisierung bestätigen auch die Lieferanten von Sorptionsrädern wie Enventus und Klingenburg. Enventus betont, mit neuen Beschichtungen von Rotationswärmetauschern die Effizienz der Wärmeräder hinsichtlich Feuchterückgewinnung bzw. Entfeuchtung wesentlich verbessert zu haben. Neu im Programm ist ein Molekular-Sieb auf der Basis von Zeolite Typ 3A, das Einsparungen bei der Kühlleistung von 30 bis 50 % ermöglichen soll. Der Molekular-Sieb-Rotor werde insbesondere bei geruchsbelasteter Abluft empfohlen, da damit eine Geruchsübertragung auf die Zuluft vermieden werden könne.

Auch Klingenburg setzt auf das neue Adsorptionsmittel Zeolith für ­seine patentierte HUgo-Sorptionsrotoren mit dem Hinweis, damit das ­Problem der Geruchsübertragung gelöst zu haben. Klingenburg geht ­davon aus, dass maßgebliche RLT-Gerätehersteller das Thema sorptionsgestützte Klimatisierung jetzt weiterentwickeln werden, da Rotoren mit niedrigeren Austreibertemperaturen zur Verfügung stehen und die Regelung solcher Anlagen entscheidend verbessert werden konnte. Bislang sollen in Europa nur etwa 50 RLT-Anlagen mit Wasser entziehender und Wasser verdunstender Kühlung (DEC) existieren.

Renaissance der Induktionsgeräte

Trotz oftmals harscher Kritik an den Komfortbedingungen von Induktions-Klimaanlagen sind viele dieser Anlagen immer noch in Betrieb oder sie stehen zur Sanierung an. Internet-Foren zu diesem Thema deuten darauf hin, dass selbst noch Anlagen aus den 1960er-Jahren im Einsatz sind. Zur Erinnerung: Während des Baubooms von Bürogebäuden in den 1970er- und 1980er-Jahren entwickelte sich die Hochdruck-Induktions­klimaanlage zu einem Quasi-Standard für Bürogebäude, häufig in Kombination mit fester Fensterverglasung.

Hauptgründe für die enorme Verbreitung der Induktionsklimaanlagen war die für die damalige Zeit hohe Wirtschaftlichkeit bei geringem Platzbedarf. Nachteile waren Zugerscheinungen durch die hohe Luftum­wälzung, Schallprobleme sowie aufwendige Wartungs- und Reinigungsarbeiten. Mit Beginn der 1990er-Jahre wurde die Induktionsklimaanlage zunehmend durch die Kombination von Kühldecke und Quelllüftung bzw. Kühldecke und Hygienelüftung verdrängt. Inzwischen sind die meisten Bürogebäude aus den 1960er- bis 1990er-Jahren energetisch saniert. Durch die Dämmung des Mauerwerks und den Einbau neuer Fenster bzw. Fassaden haben sich jedoch auch die Rahmenbedingungen für Induk­tionsgeräte wesentlich verbessert, sodass viele Gebäudeeigentümer die Teilsanierung der Induktionsanlagen einer Totalerneuerung ihrer RLT-Anlagen vorziehen.

Der „Erfinder“ der Induktionsklimaanlage, die LTG Aktiengesellschaft in Stuttgart, hat diesen Trend bereits vor einigen Jahren erkannt und ­einen Leitfaden für die Sanierung von Induktionsklimaanlagen erstellt. Wesentliche Unterschiede gegenüber der früheren Auslegung sind die niedrigeren Drücke, Zuluftströme und Schallleistungspegel, so der Leit­faden. Damit verringere sich der Energiebedarf für den Lufttransport ganz erheblich. Ebenso könne das Temperaturniveau zum Heizen auf 30 bis 45 °C abgesenkt, das zum Kühlen auf mindestens 16 °C angehoben werden.

Neu im Programm der vielfältigen Sanierungslösungen für Induktionsklimaanlagen Abb. 8, zu denen laut LTG auch aktive Kühlbalken gehören, ist das Smart-Flow-Induktionsgerät für den Einsatz mit variablen Primärluftvolumenströmen. Die Entwickler versprechen sich davon eine erheblich bessere Akzeptanz, denn im Gegensatz zu früheren Bauarten lasse sich das Induktionsgerät ein- und ausschalten und – wenn Bedarf besteht – über eine Booster-Funktion zeitbegrenzt auf erhöhte Kühlleistung und maximalen Luftstrom schalten. Kurzzeitig könnten dabei die Komfortparameter überschritten werden. Neu ist die Kombination aus Induktionsgerät und Quellluftauslass, mit dem es offensichtlich gelingt, die Lüftung von der Raumtemperierung weitgehend zu entkoppeln. In vielen Fällen könne bei Sanierungen das vorhandene Vier-Leiter-Netz und das Primärlüftungsnetz weiterverwendet werden. Meist käme man mit dem halben Primärluftstrom aus. Dadurch könne der Strombedarf für das Primärluftsystem um rund 80 % gesenkt werden.

Rolf Wagner, langjähriger Leiter der Entwicklungsabteilung und jetziger Vorstand der LTG, formulierte die Vorzüge der Induktionsklimaanlage auf der ISH/Aircontec so: „Eine gut austarierte Induktionsklimaanlage ist genauso gut wie eine Klimaanlage mit Bauer-Optimierung, nur billiger und energiesparender.“

Auch der neue aktive Kühlbalken Plexus von Lindab zählt zu den Induktionsgeräten. Das Deckengerät mit den Funktionen Belüftung, Kühlung und Heizung ermöglicht eine halbkugelförmige Luftverteilung sowie eine einfache Einregulierung der Luftmenge mittels JetCone-System. Durch den manuellen Einstellregler könne der Kühlbalken frühzeitig in ein Projekt eingeplant werden, selbst wenn noch nicht alle Daten über den Raum und dessen Nutzung vorliegen.

Auch bei Schako ist die Reduktion des Primärluftanteils ein wichtiges Argument bei der Neuvorstellung des Induktionsauslasses Disa-W. Ziel sei die Bewältigung hoher thermischer Lasten mit geringer Luftmenge. Schako erklärt die Vorteile so: Der einseitig ausblasende Induktionsauslass verbindet die strömungstechnischen Eigenschaften von Wand­auslässen mit den energetischen Vorteilen der Lastabfuhr über wasser­geführte Wärmeübertrager. Trotz hoher Kühlleistung von 2,4 kW und ­einer maximalen Heizleistung von 2,9 kW trage der zugfrei arbeitende ­Induktionsauslass wesentlich zur thermischen Behaglichkeit in Hotel- und Krankenzimmern oder Büroräumen bei.

Lufthydrant für persönliche Lüftung

Nach jahrelanger Entwicklungsarbeit – die ersten Prototypen wurden ­bereits auf der Clima 2007 in Helsinki gezeigt – kommt nun Exhausto mit einer „Persönlichen Lüftung“ (Personal Ventilation, PV) auf den Markt. Der T-förmige Lufthydrant Abb. 9 soll nicht nur im Normalbetrieb extrem energiesparend sein, sondern auch bei Raumtemperaturen von 28 °C noch bei 90 % der Personen Akzeptanz finden. Zur Erinnerung: Bisher galt eine Zufriedenheit von 95 % als maximaler Wert, so die Untersuchungen von Prof. P. Ole Fanger.

Neueste Arbeiten von Prof. Arsen Melikov von der Dänischen Technischen Universität Lyngby im Zusammenhang mit der persönlichen Lüftung führten zum Ergebnis, dass bei einer Raumtemperatur von 23 °C und persönlicher Lüftung nur 3,5 % der Nutzer mit dem Raumklima unzufrieden sind. Weitere Vorteile der „PV“ seien der signifikant niedrigere Krankenstand sowie eine Luftmengenreduktion von rund 28 % aufgrund der vorgeschalteten VAV-Regelung gegenüber einer Anlage mit konstantem Volumenstrom. Exhausto empfiehlt allerdings, zusätzlich zur „PV“ auch eine herkömmliche Raumventilation zu installieren, da die maximale Luftmenge von 10 l/s je PV-Auslass oft nicht ausreichten, die überschüssige Wärme aus dem Raum abzuführen. Auch ein Blick in die Projektierungs- und Montageunterlagen verdeutlicht, dass solche Anlagen nicht trivial sind und einen hohen Anspruch an Planung und Ausführung stellen.

Schullüftung: Sorge vor Vandalismus

Dem Angebot nach zu urteilen könnte die Schullüftung an den Erfolg der Wohnungslüftung anknüpfen. Fast alle Anbieter von RLT-Geräten boten auf der Aircontec „Großraum-Lüftungsgeräte“ an, wie sie beispielsweise in Schulen und Kindergärten oder für Großräume eingesetzt werden könnten. Könnten deshalb, weil sich der Verkauf dieser Geräte auffallend schleppend entwickelt, so zumindest die Aussagen einiger Aussteller. Noch im letzten Jahr war die Branche eher optimistisch gestimmt: Das Marktpotenzial für die Kategorie „Schullüftung“ wird auf rund 34000 allgemeinbildende Schulen und etwa 10000 Berufsschulen geschätzt. Auch die rund 48000 Kindergärten, Kindertagesstätten und Kindergrippen gelten als lüftungstechnisches Neuland, ebenso mehrere tausend Schulturnhallen. Nach einer Erhebung des Bundesbauministeriums im Rahmen des Konjunkturpakets II müssten rund die Hälfte der etwa 150000 Bildungs- und Sozialeinrichtungen energetisch saniert werden.

Aussteller von Schullüftungsgeräten äußerten sich jedoch eher zurückhaltend über die aktuelle Marktentwicklung. Nicht nur wegen der begrenzten finanziellen Mittel der Kommunen, sondern auch wegen der Sorge der Schulverwaltungen vor Vandalismus im Zusammenhang mit Schullüftungen, insbesondere bei der Bedieneinheit. Auffallend viele Hersteller geben deshalb Deckengeräten den Vorzug – sicher ist sicher Abb. 10.

Während Wolf, Mainburg, mit dem Großraum-Lüftungsgerät im Schrankformat CGL – Nennluftleistung bis zu 900 m3/h und einem Wärmerückgewinnungsgrad von mehr als 90 % – den Schülern einen Vertrauensvorschuss einräumt, setzt LTG auf eine Deckenlösung außerhalb der Reichweite der Schüler. Im frei abgehängten Fassaden-Lüftungsgerät Univent FVS sind die Lüftungsdurchlässe bereits integriert. Wird das Oberlicht eines Fensters zum Durchlass für Außen- und Fortluft umfunktioniert, kann das Gerät mit minimalen baulichen Maßnahmen nachgerüstet werden. Besondere Gerätemerkmale der LTG-Lösung sind der extrem niedrige Schallpegel von 34 dB(A) bei 680 m3/h und 10 dB Raumdämpfung, die nutzungsabhängige Betriebsweise mit CO2-Regelung, eine Wärmerückgewinnung von 85 % sowie der niedrige Strombedarf (130 W bei 680 m3/h) mit einem SFP-Wert vom 1. Grobstaub werde zu 99 %, Feinstaub zu 95 % abgeschieden, so LTG.

Auch Kampmann bietet mit dem dezentralen Lüftungsgerät „Klimanaut“ eine Lösung gegen stickige Klassenzimmer an. Das Schrankgerät benötigt nur zwei Mauerdurchbrüche für Frisch- und Fortluft sowie einen Stadt- und Abwasseranschluss, die Kühlung erfolgt mit Trinkwasser über einen Verdunstungskühler. Im Gegensatz zu vielen anderen Geräten, die an der Decke ausblasen, arbeitet das Kampmann-Gerät nach dem Prinzip der Verdrängungsströmung.

Nachholbedarf bei Ecodesign-Themen

Während die Hersteller von lüftungs- und klimatechnischen Komponenten und Systemen bei der Umsetzung europäischer und nationaler Energieeffizienzvorgaben eine Führungsrolle einnehmen, finden die in der Ecodesign-Rahmenrichtlinie festgeschriebenen Umwelt- und Entsorgungs­aspekte bisher beim Gros der Anbieter eine eher geringe Beachtung. Vereinzelt beklagten sich Aussteller sogar darüber, dass sie im Zuge von Green-Building-Zertifizierungen umfassende Nachweise für die verwendeten Materialien, deren Umweltauswirkungen im Betrieb sowie deren Aufwand für das Recycling erbringen müssten.

Vielfach wird verkannt, dass die Ecodesign-Rahmenrichtlinie nicht nur Mindestanforderungen an die Effizienz energieverbrauchender Produkte stellt, sondern auch an die Materialien, die während des Lebenszyklus eines Produktes verwendet werden. Selbst der VDMA-Fachverband ­Gebäudetechnik weist in seiner Pressenotiz zur ISH nur auf Mindest­energieeffizienzvorgaben des Gesetzgebers hin, nicht aber auf das ökologische Profil, das künftig von vielen Produkten der Lüftungs- und Klimabranche in „messbaren physikalischen Größen“ gefordert wird.

Eine offensive Ecodesign-Strategie findet man derzeit in der HLK-Branche am ehesten bei den Herstellern von Motoren, Ventilatoren und Heizungsumwälzpumpen. So stellte ebm-papst auf der Hannover Messe einen Biowerkstoff-Ventilator aus einem Holzverbundwerkstoff Abb. 11 für den Einsatz im Industriebereich vor. Unternehmensziel sei es, bis zum Jahr 2015 einen Anteil nachhaltiger Biowerkstoffe von mehr als 15 % innerhalb dieses Produktportfolios umzusetzen. Der Schrittmacher im Bereich der Energiesparventilatoren mit EC-Motoren will sich künftig verstärkt um die strömungstechnische Optimierung von Laufrädern und Laufrad­gehäusen kümmern. Im Gegensatz zu den hocheffizienten EC-Motoren mit Wirkungsgraden von 95 % läge hier noch ein wirtschaftlich bedeut­sames Verbesserungspotenzial.

Auch Ziehl-Abegg sieht die Verbindung von Effizienzverbesserung und Umweltverträglichkeit als Triebkraft für Innovationen. Das neue Laufrad für die Cpro-Radialventilatoren-Baureihe (250 bis 630 mm Laufraddurchmesser) besteht aus dem zu 100 % recycelbaren Verbundwerkstoff ZAmid Abb. 11. Dieser lässt sich in einem Arbeitsgang in eine strömungsoptimierte bionische Form bringen, das Produkt weist damit keinerlei Schweißnähte auf. Allein die neue Laufrad-Geometrie führe zu 15 % Energieeinsparung, so Ziehl-Abegg. Durch die Gewichtsreduzierung von mehr als 50 % ­gegenüber einem gleichwertigen Laufrad aus Stahl würden zudem die Motorlager geschont, Transportkosten reduziert und die Montage vor Ort erleichtert.

Zur Erinnerung: Die Umsetzung der Ecodesign-Richtlinie für Ventilatoren definiert Mindest-Wirkungsgrade im Leistungsbereich von 125 W bis 500 kW. Bewertet werden der Wirkungsgrad des gesamten Systems, bestehend aus Motor, Kraftübertragung (z.B. Riemenantrieb) und Laufrad. Die Umsetzung der Richtlinie erfolgt in zwei Stufen: 2013 Stufe 1, 2015 Stufe 2. In der Branche geht man davon aus, dass im Jahr 2015 etwa 50 % der am Markt befindlichen Ventilatoren den Effizienzanforderungen nicht mehr entsprechen und deshalb ausgetauscht werden müssten.

Neubewertung etablierter Klimatechnik

Die Ecodesign-Richtlinie und deren Umsetzung in Mindestanforderungen werden sich jedoch nicht nur auf die lüftungstechnischen Komponenten beschränken, sondern auch in die Klima- und Lüftungsanlagen-Systemtechnik eingreifen. Derzeit wird von einem französisch-britisch-niederländischen Konsortium eine Studie zur Umsetzung von Los 6 der EU-Ecodesign-Richtlinie erarbeitet, die im September 2011 vorgestellt werden soll. (Ecodesign Preporatory Study ENTR Lot 6, Air Conditioning and Ventilation Systems, http://www.ecohvac.eu ).

Einige Aussteller auf der ISH/Aircontec gehen davon aus, dass die kommenden Effizienz-, Nachhaltigkeits- und Recycling-Vorgaben die Systemtechnik in der Lüftungs- und Klimatechnik spürbar beeinflussen werden. Systeme, die in das Bauwerk integriert sind, beispielsweise die Betonkerntemperierung, Erdpfähle oder Erdsonden, müssten aufgrund der Rückbau- und Recyclingvorgaben der Ecodesign-Richtlinie womöglich neu bewertet werden.

Aus Sicht von Barcol-Air, Staefa, Schweiz, entsprechen an der Decke befestigte Hybriddeckenmodule eher dem Nachhaltigkeitsprinzip als in die Betondecke eingegossene Kunststoffrohre, denn sie vereinen die Vorzüge der thermoaktiven Decke mit denen der Strahlungskühldecke. Außerdem könnten Schallabsorptionsflächen in die Elemente integriert und über den Deckenzwischenraum dem Raum Zuluft zugeführt werden. Auch bestehe die Option, Sprinkler und Beleuchtungen in das Deckenmodul zu ­integrieren.

Einen guten Überblick über den Stand der Technik bei den Raumklimasystemen auf der Basis der VDI 3804: Raumlufttechnik Bürogebäude, der sogenannten VDI-Lüftungsregeln, gibt die Broschüre „Raumklimatisierung nach VDI 3804, Freiräume mit System“ von Emco Bau- und Klimatechnik, Lingen. In der VDI-Richtlinie 3804 werden erstmals die gängigen Lüftungs- und Klimakonzepte von der einfachen Fensterlüftung über klassische zentrale Systeme bis hin zur dezentralen Raumklimatisierung betrachtet und verglichen. Allerdings bleiben auch hier die Umwelt- und Nachhaltigkeitsforderungen der Ecodesign-Richtlinie weitgehend unberücksichtigt.

Einen anderen Nachhaltigkeitsansatz hat Hoval mit dem neuen dezentralen Hallenklimagerät „RoofVent twin heat“ gewählt: Die Hocheffizienzgeräte lassen sich mit wenig Aufwand gegen Altgeräte gleichen Typs aus den 1970er-Jahren austauschen, da beide Geräte auf die gleichen standardisierten Dachsockel aufbauen. Bei entsprechender Vorbereitung dauert der mechanische Alt-gegen-Neu-Austausch pro Gerät mit dem Hubschrauber gerade einmal drei bis vier Minuten, so die Erfahrung von Hoval Abb. 1. Mit dem energetisch optimierten Gerät können in vielen Fällen die Energie­kosten gegenüber Bestandsgeräten halbiert und die EnEV-Vorgaben für Bestandsbauten ohne weitere bauliche Maßnahmen erfüllt werden.

Fazit

Die Lüftungs- und Klimabranche ist für die kommende Energieeffi­zienzrunde bei der Gebäudesanierung und bei Neubauten bestens gerüstet. Allerdings sind mit der Umsetzung der Ecodesign-Richtlinie Verschiebungen zu erwarten, da dann neben der Energieeffizienz auch die Öko­bilanz eines Produkts von der Herstellung bis zur Entsorgung mitbeurteilt wird. Insgesamt werden von der Branche künftig energetisch hoch­effi­ziente, aber leichtere Produkte aus einfach zu recycelnden Materialien erwartet. Es bedarf jedoch noch einiges an Entwicklungsarbeit, auch ­regenerative Energien in die Prozesse von RLT-Anlagen zu integrieren, zum Beispiel durch die sorptionsgestützte Klimatisierung. Zitat Menerga: Für die klassische Klimatechnik wird die Luft sprichwörtlich dünner! •

Nachhaltiger Messestand

Der etwas andere Messestand auf der ISH/Aircontec 2011: Die Klima-Zone von Menerga. Er bestand fast ausschließlich aus wiederverwertbaren Waren- bzw. Geräteboxen sowie Europaletten. - Menerga - © Menerga
Der etwas andere Messestand auf der ISH/Aircontec 2011: Die Klima-Zone von Menerga. Er bestand fast ausschließlich aus wiederverwertbaren Waren- bzw. Geräteboxen sowie Europaletten. - Menerga

Klimatechnik aus der Perspektive künftiger Ecodesign-Vorgaben konnten die Besucher der ISH/Aircontec schon mal auf dem Stand von Menerga erleben. Das äußerlich gewöhnungsbedürftige, weil unkonventionelle, Standkonzept bestand fast ausschließlich aus wiederverwertbaren Material- und Geräteboxen auf Europaletten. Ein sehr mutiger Ansatz, zumal in unmittelbarer Nachbarschaft der architektonisch bis ins letzte Detail durchgestylte Trox-Stand in blau erleuchtetem Plexiglas erstrahlte. Doch der auf Recyclingfähigkeit optimierte Menerga-Messestand kam bei den Besuchern durchweg gut an, denn Nachhaltigkeit und Ecodesign-Vorgaben fanden sich auch in den Exponaten wieder. Aus Sicht von Menerga wird für die klassische Klimatechnik bis 2020 die Luft sprichwörtlich dünner, will heißen, dass strengere Effizienz- und Nachhaltigkeitsvorgaben auf die Branche zukommen, die mit konventionellen Lösungen kaum erfüllt werden können. Die Vorgaben zur Nutzung von regenerativer Energie hat Menerga mit dem sorptionsgestützten Klimagerät Sorpsolair bereits eingeleitet. Hinzu kommt eine neu entwickelte Speichermasse aus Kunststoff für regenerative Wärmeerzeuger, die eine doppelt so hohe Wärmespeicherfähigkeit aufweist wie das sonst verwendete Aluminium. Das Problem der bauartbedingten Leistungsbegrenzung von EC-Ventilatoren – derzeit 10000 m3/h – löst Menerga mit einer „Fanwall“. Die Vorteile der in einer Ebene parallel­geschalteten Ventilatoren: Höchste Wirkungsgrade auch bei Teillast, geringe Baulänge, effizientere Regulierung des Luftstroms sowie Ausfallsicherheit.

Schullüftung im Internet

Die Lüftungs- und Klimabranche hat umfassend auf das Konjunktur­programm II der Bundesregierung in der Hoffnung reagiert, dass im Zuge von Schulsanierungen auch Lüftungen nachgerüstet werden. Interessant ist, dass der sonst so agile Bundesverband für Wohnungslüftung zum Thema Schullüftung auf seiner Homepage keinerlei Informationen zu ­diesem Thema anbietet. Auch beim Fachverband Gebäude-Klima sucht man das Thema Schullüftung (fast) vergebens – auch mangels einer ­generellen Suchfunktion. Dafür täuscht die Energenio AG, Dautphetal, mit der www-Adresse „schullueftung.org“ eine nicht kommerzielle ­Organisation in Sachen Schullüftung vor (Anmerkung: Laut Wikipedia darf jedermann eine „org“-Adresse benutzen, auch wenn diese Top-Level-­Domain ursprünglich für freie Software-Projekte wie Linux oder Firefox ­reserviert war.). Dass es auch mit offenen Karten geht, zeigt beispielsweise Maico. Auf http://www.maico-schullueftung.de werden umfassende ­Lösungen für alle Arten von Schulräumen gezeigt: Von Klassenräumen über Lehrerzimmer und die Schulküche bis zur Schultoilette.

Wolfgang Schmid

ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de

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