Laut EU-Verordnung 2037/20001) durften bestehende Kälte- und Klimaanlagen nur bis zum 31. Dezember 2009 mit H-FCKW-Neuware wie R22 nachgefüllt werden. Seit dem 1. Januar 2010 bis Ende 2014 darf nur aufbereitete Recyclingware zur Wartung und Instandsetzung verwendet werden. Die Folgen dieser Regelungen sind klar: Das Angebot an R22 wird drastisch knapper und damit absehbar auch teurer. Bei einer geschätzten Zahl von über 1 Mio. R22-Klimaanlagen in Europa sind damit nicht nur Versorgungsengpässe, sondern auch deutlich höhere Kosten im Service vorprogrammiert. Von 2015 an gilt dann ein generelles Verbot für die Befüllung bzw. den Service mit H-FCKW für Kälte- und Klimaanlagen.
Damit ist künftig nicht auszuschließen, dass eine durch Leckage ausgefallene, mit dem Kältemittel R22 befüllte Klimaanlage kurzfristig nicht in Betrieb genommen werden kann. Geschieht das bei wärmesensiblen Anwendungen, wie Serverräumen, sind mobile Kühlsysteme zwar ein Notbehelf, aber keine dauerhafte Lösung. Zwar soll noch ein Ersatz für R22 von einem Chemieunternehmen auf den Markt gebracht werden. Doch das sehen die Klimatechnikhersteller unisono kritisch. Derzeit seien die Folgen bei Altanlagen durch die Verwendung eines R22-Substituts nicht absehbar. Erst langfristige Tests könnten zu einer Freigabe führen. Mit kurzfristigen Freigaben durch die Hersteller ist nicht zu rechnen – zu groß ist das Risiko von Schäden am Kompressor.
Dazu kommt, dass derzeit mit R22 betriebene Klimaanlagen mindestens seit zehn Jahren in Betrieb sind und zwischenzeitlich Geräte mit einer erheblich besseren Energieeffizienz verfügbar sind. „Vor zehn Jahren lagen Klimageräte durchschnittlich bei einem COP von 2,5. Heute erreichen sie durchschnittlich einen COP von 4,3“, so Andre Hillmer, Product Support Engineer bei Mitsubishi Electric. „Außerdem sind die Klimageräte aller führenden Hersteller in diesem Zeitraum auch deutlich komfortabler und geräuschärmer geworden. Werden mit R22 betriebene Altanlagen gegen aktuelle Modelle ausgetauscht, profitieren die Nutzer auf Dauer von deutlich geringeren Betriebskosten.“
Auch bietet der Markt heute ein erheblich größeres Spektrum an individuellen Innen- und Außengeräten – sowohl von der Bauform als auch der Leistung. Hillmer: „Das ermöglicht eine viel genauere Anpassung an die Bedürfnisse der Nutzer und durch gegebenenfalls kleinere Geräteleistungen einen geringeren Energieverbrauch.“
Risiko von Schäden am Kompressor
Mittelfristig werden also bestehende Kälte- und Klimaanlagen mit R22 auf den Stand der Technik gebracht werden müssen. Bei einem Teilaustausch besteht jedoch das Problem, dass sich die Öle zur Schmierung der Kompressoren von Alt- und Neusystemen technisch bedingt deutlich unterscheiden. Während mit R22 befüllte Systeme auf Mineralölbasis geschmiert werden, verwenden die mit höherem Druck betriebenen R410A-Klimaanlagen synthetische Öle, um die Schmierung der Kompressoren in jedem Betriebszustand sicher zu gewährleisten. Technisch lässt sich aber kaum vermeiden, dass sich Restbestandteile des Öls mit dem Kältemittel vermischen und sich auch in den Kältemittelleitungen sammeln. Zudem bilden sich in den Rohrleitungen chlorhaltige Rückstände und Feuchte. Dies kann in Verbindung mit den standardmäßig verwendeten synthetischen Ölen Reaktionen verursachen, die letztendlich zu Schäden am Kompressor durch eine ungenügende Schmierung führen. Auch können Ölschlamm und Korrosionsrückstände den Kompressor verstopfen.
Der Austausch eines bestehenden Rohrleitungsnetzes von Kälte- und Klimaanlagen ist jedoch nicht nur mit erheblichen Kosten, sondern auch teils erheblichen Eingriffen in die Bausubstanz sowie mit Belästigungen der Nutzer verbunden. Diese Aspekte werden umso deutlicher, je länger und verzweigter das Rohrnetz ist. Die Hersteller von Klima- und Kältetechnik haben darum nach Möglichkeiten gesucht, um das bestehende Rohrleitungsnetz weiterhin nutzen zu können, ohne Schäden an den neu installierten Anlagenteilen zu riskieren.
Replace-Technology
„Mit der seit Kurzem verfügbaren Replace-Technology haben wir individuelle Möglichkeiten entwickelt, um das bestehende Rohrsystem weiter nutzen zu können“, erläutert Hillmer. „Dabei haben wir unsere Replace-Technology genau auf die Notwendigkeiten und technischen Gegebenheiten jeder einzelnen Produktserie bzw. Leistungskategorie zugeschnitten, um einen möglichst geringen Aufwand für Planer, Kälte-/Klimaanlagenbauer und die Kunden zu erzeugen. Der Einsatz unserer Technik beschränkt sich dabei nicht nur auf die eigenen Geräte, sondern erlaubt auch den Austausch von Fremdfabrikaten an bestehenden Rohrnetzen gegen neue Mitsubishi-Geräte.“ Mitsubishi Electric hat verschiedene Verfahren entwickelt, die auf die Baureihen des Herstellers abgestimmt sind.
HAB-Öl
In der M-Serie (Klimageräte für private und leichte gewerbliche Anwendungen) wird ein speziell von Mitsubishi Electric entwickeltes synthetisches Öl eingesetzt. Aufgrund seiner Beschaffenheit kann es keine chemische Verbindung mit vorhandenen Mineralölresten eingehen. Der als HAB-Öl bezeichnete Schmierstoff verfügt über eine besonders hohe chemische Stabilität und Widerstandsfähigkeit gegen Verunreinigungen. Es altert deutlich langsamer als herkömmliche Kältemaschinenöle. Auch bei einer Vermischung mit Mineralölresten behält das HAB-Öl seine vollständige Schmierfähigkeit. Eine Spülung oder weitere Reinigungsmaßnahmen müssen nicht durchgeführt werden. Es findet lediglich ein Austausch der alten gegen neue Geräte statt. Das restliche, noch in den Leitungen verbliebene Mineralöl beeinträchtigt die Wirksamkeit der Kompressorschmierung und den Kälteprozess nicht.
„Das HAB-Öl ist ideal für den Einsatz in Anlagen mit kurzen bis mittleren Rohrleitungswegen. Bei Rohrleitungen bis zu 40 m verhält sich das Öl auf der Grundlage umfangreicher Studien absolut neutral. Daher stellt es eine ideale Lösung für unsere M-Serie dar, die Rohrleitungslängen bis zu 30 m ermöglicht“, berichtet Hillmer.
Neuer Scroll-Kompressor
Für die größeren Kälte- und Klimaanlagen der Geräteserie Mr. Slim Power Inverter, die überwiegend in gewerblichen Anwendungen zum Einsatz kommen, bietet Mitsubishi Electric eine Lösung an, die speziell auf die Belange dieser Anlagengröße ab ca. 6 kW Kälteleistung und Rohrlängen bis zu 120 m zugeschnitten wurde. Hauptelement ist ein speziell entwickelter Scroll-Kompressor. Hillmer: „Die kritische Phase im Kältekreislauf ist der Verdichtungsprozess mit hohen Heißgastemperaturen, weil hier eine Zersetzung infolge von Verunreinigungen durch alte Ölbestandteile stattfinden könnte. Die maximale Erhitzung findet in der Verdichtungsphase des Kältemittels statt. Darum haben wir den Scroll-Spiralen des Verdichters durch eine spezielle Beschichtung neue Materialeigenschaften gegeben. Sie führen dazu, dass weniger Reibungswärme in der Verdichtung entsteht. So wird vermieden, dass sich das in der Anlage verbliebene Öl zersetzen und aggressive Stoffe erzeugen kann. Gleichzeitig konnten wir die Effizienz der Anlagen weiter verbessern.“ Serienmäßig sind nun alle Power-Inverter der Mr.-Slim-Serie mit den neuen Verdichtern ausgerüstet, die einen einfachen Anlagentausch ohne weitere Maßnahmen ermöglichen.
VRF-Serie mit Replace-Funktion
Für VRF-Systeme bietet die neue VRF-Serie City Multi mit Replace-Funktion eine einzigartige Lösung. Bei VRF-Systemen mit bis zu 100 kW Kälteleistung und vielen Innengeräten können in dem oft stark verzweigten Rohrnetz Ölnester entstehen, die sich nur schwer lokalisieren und entfernen lassen. Ein Austausch des bestehenden Rohrleitungsnetzes wäre aber sehr teuer: Vielfach ist auch die Montage neuer Rohre in der ursprünglichen Trassierung bautechnisch kaum möglich. Alternativ müssten dann komplett neue Rohrleitungswege gefunden werden.
Abhilfe schafft hierbei eine serienmäßige Lösung, mit der auch VRF-Anlagen großer Leistung und Ausdehnung das bestehende Rohrnetz weiterverwenden können. Die Replace-Funktion wird nach dem Austausch aller Geräte im Innen- und Außenbereich durch eine automatische Spülfunktion aktiviert, die vom Außengerät initiiert und gesteuert wird. Im Gegensatz zu M-Serie-Invertern und Mr.-Slim-Power-Invertern, wo die Replace-Funktion zum Standard jedes Gerätes gehört, ist für die besonders hohen Anforderungen bei VRF-Systemen eine eigene Baureihe speziell für den Replace-Einsatz nötig. Während des ca. zweistündigen Spülbetriebes wird das R410A der Neuanlage in zweiphasigem Zustand durch die Anlage gefördert und nimmt dabei alle verbliebenen Mineralölreste auf, die dann im Außengerät durch einen Spülfilter wieder vom Kältemittel getrennt werden. Der Spülfilter mit den Mineralölresten kann beim nächsten Servicetermin entfernt werden.
Durch die üblicherweise größeren Rohrdurchmesser von R22-Systemen musste bei der Entwicklung ein besonderes Augenmerk auf die Strömungsgeschwindigkeit und den kontinuierlichen Öl-Rücktransport gelegt werden. „Bei der Replace-Serie City Multi haben wir die Rohrleitungsdimensionen so angepasst, dass sie den üblichen Durchmessern von R22-Systemen der jeweiligen Leistung entsprechen“, erläutert Hillmer. „Aber auch Abweichungen nach oben oder unten stellen erstmal kein Problem dar. Über Herstellertabellen ist dann zu prüfen, ob der vorhandene Rohrleitungsdurchmesser verwendet werden kann. Nach unseren bisherigen Erfahrungen lassen sich mehr als 90 % aller Anlagen ohne Modifikation übernehmen. Wir haben hier genaue Spezifikationen erstellt, mit denen die Minimalvorgaben einfach geprüft werden können.“
Unterm Strich bietet die Replace-Technology dem Anwender nachhaltige und geldwerte Vorteile:
- Die Entscheidung für hocheffiziente und umweltschonende Klimaanlagen mit R410A lässt sich schneller und leichter treffen, weil die Investitionssumme im Vergleich zu einem zusätzlichen Austausch des Rohrleitungssystems deutlich geringer ausfällt.
- Gleichzeitig bedeutet sie eine echte Zeit- und damit Kostenersparnis in der Installation. Zudem wird der eventuelle Geschäfts-, Büro- oder Hotelbetrieb kaum tangiert. Müssten alle Rohrleitungen getauscht werden, würde dies letztendlich sogar dazu führen, dass das jeweilige Gebäude zeitweise nicht genutzt werden kann.
Fazit
Kein erforderlicher Rohrleitungswechsel – selbst bei Großanlagen bis zu 1000 m Rohrleitungslänge – in der Regel nicht einmal die Notwendigkeit zum automatisch initiierten Spülvorgang, dafür aber dauerhaft geringere Betriebskosten und höherer Betriebskomfort. Der Markt bietet allen Betreibern durchdachte Perspektiven und Alternativen für den Tausch von R22-Anlagen. Durch die herstellerübergreifende Austauschmöglichkeit entfallen weitere Argumente, länger an veralteter R22-Technik festzuhalten.
Martin Schellhorn
Dipl.-Kfm., Freier Fachjournalist und Inhaber der Fachpresseagentur KommunikationsManagement Schellhorn in Haltern am See und Herne. Telefon (0 23 64) 10 81 99, info@die-agentur.sh