Für Planer und Betreiber von RLT-Anlagen für Krankenhäuser entsteht durch die starke inhaltliche Überschneidung von VDI 2167-1 und DIN 1946-4 ein erheblicher Konflikt, weil beide Dokumentationen den anerkannten Regeln der Technik (RdT) zuzuordnen sind. Die neue VDI-Richtlinie baut stark auf die Schweizer Richtlinie SWKI 99-3 „Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen in Spitalbauten (Planung, Bau, Betrieb)“, die auch in Deutschland über die Abweichungsklausel in der aktuell noch gültigen DIN 1946-4 schon mehrfach zur Planungsgrundlage gemacht worden ist. Denn seit Jahren ist bekannt, das die DIN 1946-4 in der Fassung März 1999 nicht mehr den Stand des Wissens dokumentiert. Doch nun liegt auch hier eine Neufassung (im Entwurf) und damit demnächst ein zweites Regelwerk vor.
„Doch welches Regelwerk soll ich benutzen?“, wird und muss sich der Planer fragen. Wenig hilfreich ist da der Hinweis des VDI in einer Pressemitteilung zur Veröffentlichung seiner „Richtliniensicht“: „Nun ist es doch passiert: Es gibt zwei technische Regeln zur Krankenhauslüftung: VDI 2167-1 und DIN 1946-4, und die Qual der Wahl, welche der beiden angewendet werden soll, bleibt den Regelwerksanwendern, das heißt insbesondere Fachplanern und Krankenhausträgern, überlassen. Die VDI-Gesellschaft Technische Gebäudeausrüstung empfiehlt dringend, schon in der Planungsphase [Anmerkung: In welcher?] die Anwendung einer technischen Regel vertraglich zu vereinbaren.“
Doppelter Standard
Damit sind die Regelsetzer „fein raus“, doch haben sie entgegen ihrer Basisaufgabe nicht nur Standards für die Branchenakteure geschaffen, sondern auch Probleme auf Planer und Betreiber abgewälzt. Dabei wird impliziert, dass sich alle Beteiligten so eingehend mit den Regelwerken auskennen, dass sie bereits im Vorfeld eine sichere Entscheidung treffen können, welches bei dem jeweiligen Bauvorhaben ein Optimum nach diversen Kriterien erfüllen wird. Das wäre eigentlich die Aufgabe der Regelsetzer gewesen, denn ohne entsprechende Erfahrungen kann kein Planer dies erfüllen. Und Erfahrungen zu sammeln, bedeutet oft auch, aus Fehlern zu lernen. Ob diese Vorgehensweise bei der sensiblen Krankenhauslüftung wirklich angebracht ist?
Eine Vereinbarungsformulierung, wie sie schon in den TGA-Normen DIN EN 13779 (Raumlufttechnik) und DIN EN 12831 (Heizlastberechnung) zu finden ist, schafft zwar einerseits eindeutige Voraussetzungen für den Planer und bringt ihn stärker in seine Beraterrolle, setzt aber beim Auftraggeber ebenfalls entsprechendes Fachwissen voraus. Im Spezialfall „Krankenhaus“ kann und sollte das gegeben sein, entschärft die Situation in diesem sensiblen Bereich allerdings nicht. Durch die Veröffentlichung der beiden Regelwerke, die eine Reihe von Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede insbesondere beim Abnahmeverfahren von RLT-Anlagen für OP-Räume haben, ist zukünftig ein aus der Sicht des Autors unnötiges Konfliktpotenzial bei der Realisierung und dem Betrieb von RLT-Anlagen in Krankenhäusern zu erwarten.
Parallelität nicht nachvollziehbar
Stellt man beide Regeln gegenüber und vergleicht sie, ist es höchstens für Insider hinter den Kulissen nachzuvollziehen, warum es zu keiner einheitlichen Regelung gekommen ist. Sollte es etwa daran liegen, dass sich die DIN 1946-4 nur auf die RLT-Anlagen beschränkt, während die VDI 2167 durch Einbeziehung von heizungstechnischen und bautechnischen (thermoaktive Bauteile) Aspekten u.a. auf eine Minimierung des RLT-Aufwands bzw. des Mindestaußenluftvolumenstroms aus investiven, energetischen und auch hygienischen Gründen orientiert?
Tabelle 1 versucht, trotz der unterschiedlichen inhaltlichen Platzierung in den beiden Regelwerken, einige Aspekte gegenüberzustellen. Eine Wertung bzw. Empfehlung für deren Anwendung wird aber nicht vorgenommen. Pauschal wäre eine objektive Wertung ohnehin nicht möglich, und würde dem Informationsgehalt und dem in den Regeln komprimierten Wissen in keiner Weise gerecht werden.
Beide Regeln erheben den Anspruch, dass sie den erhöhten technischen und hygienischen Forderungen an die RLT-Anlagen, der Gewährleistung bestmöglicher Raumklimaparameter unter Nutzungsbedingungen, einer klar definierten Planung und Abnahme sowie einem störungsfreien Betrieb gerecht werden und gleichzeitig eindeutige Regelungen zur Gewährleistung und zum Nachweis bzw. zur Überprüfung der Hygiene treffen.
Fazit
Aus der Sicht des Technikers – und diese Sichtweise sollten planungsrelevante TGA-Regelwerke haben – ist kein Grund erkennbar, warum nicht beide Regeln zusammengefasst werden können. Wenig Hoffnung für ein solches Vorhaben macht allerdings der VDI in der oben erwähnten Pressenotiz: „Die Suche nach Wegen, diese unglückliche Situation zu verhindern, wie es Wunsch vieler Einsprecher gegen die Entwürfe der VDI-Richtlinie und die DIN-Norm war, hat die VDI-TGA bis auf die höchste Ebene beschäftigt. Die fachlichen Differenzen in den beiden Ausschüssen ließen sich nicht beilegen. Zwar wurden bei der Bearbeitung der Einsprüche Teile von VDI 2167-1 in die DIN 1946-4 übernommen, dabei jedoch so sinnentfremdet, dass der Ausschuss VDI 2167-1 dies nicht mittragen konnte.“ Es bleibt zu hoffen, dass sich alle Beteiligten im Sinne der Branche doch noch zusammenraufen.
Achim Trogisch
Prof. Dr.-Ing., lehrt an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (FH) im Fachbereich Maschinenbau/Verfahrenstechnik auf dem Gebiet TGA. Telefon (03 51) 4 62 27 89 E-Mail: trogisch@mw.htw-dresden.de http://www.htw-dresden.de/mb