Es ist weniger als zwei Jahre her, da wurde man auf die Frage der Verfügbarkeit von Biomasse für den breiten Einsatz als Festbrennstoff oder als Beimischung in Heizöl oder Erdgas von Leitfiguren unserer Branche mit einem „Kinder, nun lasst uns doch erst einmal die Technik dafür entwickeln“ lapidar und unwillig um die thematische Auseinandersetzung mit den absehbaren Konflikten abgespeist. Tatsachen schaffen, stand ganz oben auf der Agenda.
Zum selben Zeitpunkt wurde die faktisch schon seit langem vorhandene Verbrennung von Getreide überwiegend auf ethisch moralischer Ebene diskutiert. Erneut angestoßen wurde sie in einer Periode höchster Öl- und niedrigster Getreidepreise. Plötzlich war es nicht mehr nur interessant, Schadgetreide nutzbringend zu beseitigen, sondern lukrativer eine Brennstoffversorgung direkt vom Acker in den Heizungskeller aufzubauen als die eigene Ernte für die Nahrungsproduktion zu verkaufen. Wegen der Symbolik von der Brotgetreideverbrennung zwar nicht begeistert, hatte sich die Kirche dennoch schnell zu dem Tabubruch positioniert: Auch Wärme ist ein Grundbedürfnis, die Verbrennung von Getreide bei der Beachtung bestimmter Grundsätze nicht verwerflich. Zumindest nicht verwerflicher, als nicht ersetzbare Ressourcen in vollen Zügen zu verbrauchen.
Biogene Brennstoffe haben ihre fossilen Pendants erreicht. Erste Lieferungen von Erdgas und Heizöl mit entsprechenden Beimischungen sind erfolgt. Die technischen Herausforderungen dürften gegenüber den gesellschaftlichen Herausforderungen aber eine vergleichsweise geringe Hürde sein.
Zwischenzeitlich ist die technische Seite weitgehend geklärt. Wenn zurzeit auch eher dafür gedacht, gegenüber der Politik und dem Verbraucher Zeichen zu setzen, positionieren sich immer mehr Hersteller mit Meldungen „für Bioöl/Biogas tauglich“. Heizkessel für feste Biomasse sind ohnehin seit Jahren ausgereift und offensichtlich auch viel einfacher von ihren Feinstaubemissionen zu befreien, als es das zum Spiel gehörende Branchenstöhnen vermuten ließ. Und seit wenigen Tagen können Verbraucher auch ihr ökologisches Gewissen um bis zu 5 % entlasten – ohne eine eigene Investition dafür zu tätigen: In den norddeutschen Bundesländern bietet LichtBlick ein entsprechendes Biogas-Erdgasgemisch an, Shell hat in der gleichen Region mit einem Heizöl mit 5%iger Biokomponente erneut eine Vorreiterrolle übernommen. Wobei in einer Gesamtbilanz die Entlastung der Atmosphäre von CO2-Emissionen deutlich unter 5 % ausfällt.
Der feine Unterschied der beiden Angebote: Das ökologisch aufgewertete Heizöl muss sich in dem verkauften Mischungsverhältnis mit allen (Rest-)Risiken direkt der vorhandenen Technik stellen. Die Bio-Methanmoleküle von LichtBlick (aufgrund der Förderlandschaft nicht aus Pflanzen, sondern überwiegend aus Gülle) werden den bestellenden Kunden Verbraucher höchstens zufällig erreichen. Dafür wird sich die Gerätetechnik von vermeintlich unbeteiligten Erdgaskunden in der Nähe von Einspeispunkten zukünftig auch mit hochprozentigen Biogasgemischen bewähren müssen. Zwar wird das eingespeiste „Bioerdgas“ auf genormte Bedingungen konditioniert, viele Geräte haben sich an den festgelegten Grenzwerten im breiten Praxiseinsatz aber nie auszeichnen müssen: Erdgas wird schon seit Jahren in erheblich besserer Qualität geliefert. Obwohl natürlich getestet wurde und wird, bleibt auch hier ein Restrisiko – allerdings bei Unbeteiligten. Im Schadensfall schon rechtlich gesehen ein spannender Schauplatz.
Neben der technischen Bewährungsprobe ist eine gesellschaftliche Auseinandersetzung im Zuge der Substitution fossiler durch biogene Brennstoffe unvermeidlich. Dafür werden schon andere Interessengruppen sorgen, die Politik mit den vielfältigen Nutzungskonflikten betreiben. Wegen der begrenzten und in Deutschland geringen Verfügbarkeit von zusätzlicher Biomasse ist eine Verteuerung von Lebens- und Futtermitteln sowie von Produkten auf der Basis von Holz und Pflanzenfasern unvermeidlich. Und ein großes Ziel der Politik wird sich ohne eine drastische Reduzierung des Energieverbrauchs auf keinen Fall erreichen lassen: Die Verringerung der Energieimportabhängigkeit. Biogene Brennstoffe werden ab einer schon bald erreichten Durchdringung nur die Produkte und die Lieferländer auswechseln. In erheblichem Maße kann aber unsere Branche dazu beitragen, die Importabhängigkeit zu verringern. Nicht durch die Substitution von Energieträgern, sondern durch das Auswechseln veralteter Technik.
Viel Erfolg dabei wünscht Ihnen
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de