Ein Pfund CO2emittieren Sie, wenn Sie sich mit dem Auto einen Snack von der einen Kilometer entfernten Tankstelle holen. Mit 650 kg/a CO2wird die Atmosphäre belastet, um mit dem Pkw 10 km zum Arbeitsplatz zurückzulegen, staufreie Fahrt vorausgesetzt. 163 g/km CO2entlässt ein durchschnittliches Kraftfahrzeug aus dem Auspuff. Dagegen hilft kein Filter, kein Katalysator, nur Autos mit sparsameren Motoren.
Europas Autokonzerne hatten der EU-Kommission bis zum Jahr 2008 zugesichert, den CO2-Ausstoß auf 140 g/km abzusenken, um eine Verordnung mit Verbrauchsobergrenzen zu verhindern. Der durchschnittliche Verbrauch müsste dazu auf 5,9 l/100 km für Benziner und auf 5,3 l/100 km bei Dieseln herunter. Klingt eigentlich nicht so schwer, wohl aber für die Automobilkonzerne. Der Kunde sei schuld, so die schwache Entschuldigung. Der fordere immer mehr Leistung und man befriedige nur seine Wünsche. Pferdestärken satt, ist wirklich ein tolles Gefühl, aber ein hoher Verbrauch steht nicht auf meiner Wunschliste.
Die Autobauer haben unfreiwillig ein ernstes Problem aufgezeigt: Erst wenn CO2 einen Preis bekommt, wird sich das ökologische Bewusstsein wandeln. Unsere Branche würde davon profitieren
Statt Strafe gab es ein Bonbon. Das neue Ziel lautet: Erst ab 2012 beträgt der Grenzwert 120 g/km CO2in der Gesamtbilanz und wenn es ganz dicke kommt, wird der Grenzwert sogar noch nach Fahrzeuggröße gestaffelt. Ohne Kompensation der Emissionen bei Modellen mit hohem Verbrauch wäre das eine verrückte Logik.
Bis dahin kann nur der Verbraucher etwas unternehmen, denn die maximale Abstrafung hat er in der Hand. Man muss nur nach Amerika schauen, wo sich die Verbraucher scharenweise von dem heimischen, Sprit saufenden Geländewagen verabschiedet haben und die Alternativen aus Übersee bevorzugen. Und damit auch einen Weltkonzern wie DaimlerChrysler zum Schlingern bringen. Verschaukelt wird der Verbraucher ohnehin: Der neue Grenzwert soll nämlich gesplittet werden. Tatsächlich dürfen verbrauchsrelevante 130 g/100 km emittiert werden, 10 g werden für die biogene Beimischung abgezogen. Der Verbrauch sinkt damit nur um 20 und nicht um 26 %. Biomasse statt Effizienz.
Und der neueste Streich wird schon vorbereitet: Die Novellierung der Kfz-Steuer. Bisher am Hubraum orientiert, hat sie jahrelang fragwürdige Motorenkonzepte protegiert. Jetzt soll sie aufkommensneutral - so etwas ist politisch immer besonders wichtig, denn der Bürger soll Belastungen nicht direkt spüren - nach dem Schadstoffausstoß geregelt werden. Aber nicht nach dem absoluten, sondern nach dem relativen. Sprich: Ein Auto mit hohem spezifischen Verbrauch zahlt viele Steuern, ein Auto mit sehr geringem Schadstoffausstoß soll sogar von der Steuer befreit werden. Klingt vernünftig, ist es aber nicht. Wirkungsvoll wäre es, wenn die Kfz-Steuer schrittweise auf den Benzinpreis umgelegt würde. Wer viel fährt, verschmutzt viel und muss auch viel bezahlen. Wer weniger unterwegs ist oder Alternativen benutzt, zahlt zwar den gleichen Literpreis fährt aber sicher gleich noch etwas preisbewusster. Dafür bleibt bei beiden die Kfz-Steuer auf dem Konto.
Für Vielfahrer mag das ungerecht klingen, aber ist es nicht viel ungerechter, wenn jemand, der nur wenig fährt, die gleiche Kfz-Steuer zahlt? Eine Flatrate für Umweltbelastungen darf es nicht (mehr) geben. Wenn wir die Schrittgeschwindigkeit bei der Dekarbonisierung erhöhen wollen - und alles spricht dafür, dass wir das schleunigst tun müssen - muss die Klimabelastung in die Produkte eingerechnet werden. Aufkommensneutral bedeutet es, dass überdurchschnittlich saubere oder effiziente Produkte günstiger werden. Die Einpreisung erfolgt quasi automatisch, wenn die externen Kosten (siehe auch Seite 40) auf den Energiepreis aufgeschlagen werden. Zwar werden die Energiepreise bereits massiv durch Steuern geprägt, die decken aber längst noch nicht die Folgekosten. Die Schäden werden von der Allgemeinheit über andere Abgaben mitfinanziert. Darum wird das ökologische Bewusstsein nicht sensibilisiert und der Ausbau der erneuerbaren Energien kommt nur schleppend voran. Wenn CO2einen Preis hat, wird Klimaschutz plötzlich für jeden attraktiv. Dann werden nicht nur sparsame Autos gebaut und gekauft, sondern auch Investitionen zur Modernisierung von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen locker gemacht. Wetten?
Ihr
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner