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Die Politik ist zu langsam

Erneuerbare auf dem Wunschzettel

Als eines der wichtigsten Probleme in Deutschland stuft die Bevölkerung den Umweltschutz ein. Zwar mit deutlichem Abstand hinter dem Arbeitsmarkt, aber noch vor Sozialer Gerechtigkeit, Wirtschaftslage und Rentenpolitik. Genau ein Viertel, und damit sieben Prozentpunkte mehr als vor zwei Jahren, zählt den Umweltschutz zu den wichtigsten Problemen in Deutschland. Das Ergebnis ist bemerkenswert, wurde doch die Umfrage allenfalls von verschobenen Jahreszeiten, aber kaum von Wetterkapriolen begleitet.

Auch die Berichterstattung für den Klimagipfel in Nairobi lief im Befragungszeitraum April bis Juni 2006 noch lange nicht auf Hochtouren. Oder ahnte man schon, dass dort, trotz allgemein erkannter Dringlichkeit, kaum mehr als auf der Stelle getrampelt wird? Das Umweltbewusstsein-2006-Team vom Institut für Erziehungswissenschaft der Philipps-Universität Marburg, das die Studie konzipiert und in Kooperation mit TNS Emnid durchgeführt hat, sieht dennoch einen Zusammenhang: Die ansteigende Bedeutung des Umweltschutzes dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, dass der weltweite Klimawandel in das ­öffentliche Bewusstsein vorgedrungen ist.

„Umweltschutz ist für die Deutschen das zweitwichtigste Problem. 62 % glauben, dass Deutschland die Probleme, die aus dem Klimawandel resultieren, nicht bewältigen kann. Ist Umweltschutz wirklich ein Problem?“

Es ist aber nicht mehr nur akzeptierte Erkenntnis, sondern schon Furcht vor dem, was kommen wird: 62 % der Deutschen glauben, dass Deutschland die Probleme, die aus dem Klimawandel resultieren, nicht bewältigen kann. Nun gehört Optimismus nicht gerade zu unseren Tugenden. Dass aber so viele Deutsche sich sorgen, obwohl die Klimamodelle im Vergleich zu anderen Nationen eher moderate Folgen für Deutschland prognostizieren, lässt aufhorchen. Was ist zu tun? 67 % der Deutschen fordern, dass Deutschland in der internationalen Klimaschutzpolitik Vorreiter sein soll. Den Umweltminister wird es freuen, aber auch den Wirtschaftsminister. Denn ein wenig Eigennutz ist bei dem hehren Ziel dann doch dabei: 70 % der Deutschen sind der Ansicht, dass sich eine konsequente Umweltpolitik positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft auswirkt.

Auch bei erneuerbaren Energien ist der Auftrag an die Volksvertreter überdeutlich: 87 % der Deutschen fordern den konsequenten Umstieg auf erneuerbare Energien. Annähernd 90 % sind für einen Ausbau der Solarenergie, über 70 % für den Ausbau von Offshore-Windenergie. Für 59 % der Bundesbürger gehört es zu den wichtigsten umweltpolitischen Aufgaben, für eine Unabhängigkeit von Öl und Gas durch erneuerbare Energien zu sorgen. Ein Wunschzettel kann kaum deutlicher ausfallen. Auch bezüglich der Atomenergie. Zwei Drittel der Deutschen wollen am beschlossenen Atomausstieg festhalten oder ihn sogar noch beschleunigen. Auch Industrie und Handel will man mehr in der Pflicht nehmen: Fast 100 % wünschen sich mehr energiesparende Produkte im Angebot.

Vergleicht man die Erwartungen der Bundesbürger bezüglich erneuerbarer Energien mit den Zielen der Bundesregierung, wird schnell die Diskrepanz sichtbar. Die Entwicklung weniger Jahre hat gezeigt, dass wir erheblich schneller fossile Energieträger substituieren können, als es die Politik vorgesehen hat. Doch keiner steckt die Ziele höher, niemand schmiedet neue, ehrgeizige Pläne und bei der Bewilligung von Anschubfinanzierungen für Erneuerbare im Wärmemarkt bleibt der Staat knauserig. Dabei ist die Katerstimmung nach der Veröffentlichung der nächsten nationalen Energiebilanz schon vorprogrammiert. Oder glauben Sie, dass der allerorts spürbare Wirtschaftsaufschwung ohne einen Mehrverbrauch an Energie auskommt?

Die Ergebnisse der UmweltbewusstseinsStudie spiegeln naturgemäß nicht die ganze Realität wider. Der Antwortende ist sich der Tragweite für das eigene Portemonnaie nur ungenau bewusst und kann sich zudem einer ausgeprägten Lethargie in der Politik sicher wähnen. Möglicherweise hat die Bevölkerung aber auch instinktiv und vor der Politik erkannt, wie stark alle Probleme mitei­nander verwoben sind - und irrt doch. Schauen Sie noch einmal auf den ersten Satz mit den fünf wichtigsten Problemen: Arbeitsmarkt, Umweltschutz, Soziale Gerechtigkeit, ­Wirtschaftslage, Rentenpolitik. Genau. Es sind nur vier Probleme. Und eine Lösung. Sie heißt ­Umweltschutz.

Das TGA-Team wünscht Ihnen und Ihren ­Angehörigen und Mitarbeitern frohe Weihnachten und einen guten Start ins Jahr 2007.

Ihr

Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner