Erdgas ist zwar noch der am häufigsten gewählte Energieträger – doch der Thron wackelt. 2005 lag der Erdgasanteil im Neubau auf Basis der Baugenehmigungen bei 74 %. 2006 hatten Pellet-Heizkessel und Wärmepumpen davon bereits etliche Prozentpunkte abgeknapst. Das in 2007 die Erdgasquote 66 % erreicht hat, dürfte weniger am guten Erdgas-Marketing als an der Kaufzurückhaltung bei Pellet-Heizkesseln gelegen haben. In der Bilanz 2008 wird Erdgas im Neubau wohl weiter Marktanteile verlieren.
Dabei ist dies für Neubau von der Bundesregierung vorgezeichnet. Aus dem Integrierten Energie- und Klimaprogramm (IEKP, Meseberg): „Ab dem Jahr 2020 soll die Wärmeversorgung von Neubauten möglichst weitgehend unabhängig von fossilen Energieträgern sein.“ Heizöl und Erdgas sind im Neubau also schon bald nicht mehr erwünscht. Ein blankes Auswechseln gegen Methangas aus frischer Biomasse ist aber damit nicht gemeint. Das IEKP sieht bis zum Jahr 2020 nur ein Erschließungspotenzial bei Biogas von 6 % des heutigen Erdgasverbrauchs.
Das Marktanreizprogramm soll den Investitionskostenunterschied von alternativen und konventionellen Heizungssystemen verringern. Ein Förderprogramm von E.on Ruhrgas hält dagegen.
Beide Ziele sind aus der Sicht der Gaswirtschaft „falsche Weichenstellungen“. Eine Politik „weg vom Gas“ führe in die energiepolitische Sackgasse war kurz nach der Veröffentlichung des Meseberger Eckpunktepapiers aus der Vorstandsetage von E.on Ruhrgas zu hören. Und weiter: „Klimaschutz ist nicht gleichbedeutend mit erneuerbaren Energien.“
Um den heute unbestreitbar vorhandenen Investitionskostenunterschied von alternativen Heizungssystemen gegenüber konventioneller Heiztechnik mit Erdgas und Heizöl auszugleichen, greift der Staat seinen Bürgern tief in die Tasche: 2008 stellt das Marktanreizprogramm für die Förderung erneuerbarer Energien 350 Mio. Euro zur Verfügung. Neben dem abrufenden Bürger sind das installierende Handwerk und die Heizungsindustrie Hauptprofiteure der staatlichen Subvention. Deswegen ist es kaum verständlich, dass sich einige Heizungshersteller an einem Förderprogramm von E.on Ruhrgas finanziell beteiligen, dass die mit Steuermitteln finanzierte Reduzierung des Investitionskostenunterschieds teilweise negiert.
Konkret fördert das 27-Mio.-Euro-Programm von E.on Ruhrgas, seinen weiterverteilenden Kunden und einigen Heiztechnikanbietern (ab April) den Austausch von mindestens 15 Jahre alten Ölheizungen gegen eine Erdgas-Brennwertheizung, beispielsweise mit mindestens 450 Euro im Einfamilienhaus (750 Euro inkl. Solarthermie) und mindestens 1125 Euro in Mehrfamilienhäusern ab zwölf Wohneinheiten (1875 Euro inkl. Solarthermie). Im Interview mit der Messezeitung IKZ today für die SHK Essen nannte der Projektkoordinator bei E.on Ruhrgas, Horst Korte, Planzahlen: „Nach unseren Berechnungen können im Rahmen des Programms rund 50000 Brennwertheizungen und 7500 Solarthermieanlagen gefördert werden.“ Im Fokus steht also die Verdrängung von Öl-Heizungen. Damit bliebe das Förderprogramm deutlich hinter dem „Stand der Technik“ zurück, den die Heizungsindustrie als Brennwert-Heizkessel plus Solarthermie, Wärmepumpe oder Holzzentralheizungskessel definiert. Weiterhin dürfte die von der Wirtschaft vehement eingeforderte „Nutzung der günstigsten Maßnahmen“ im vorliegenden Fall aus Endgebrauchersicht kaum erfüllt werden. Schon gar nicht bei einer Gesamtkostenbetrachtung.
Die Beteiligung der Heiztechnikhersteller mag zum Ausdruck bringen, wie groß der Verkaufsdruck nach dem Markteinbruch 2007 ist. Trotzdem ist sie ein falsches Signal und hat mit einer nachhaltigen Marktentwicklung und dem Erreichen der offiziellen Klimaschutzziele wenig zu tun. Heizkessel, die heute älter als 15 Jahre sind, werden mit höchster Wahrscheinlichkeit bis 2020 ohnehin ausgewechselt. Das Vorziehen verringert zwar schon heute den CO2-Ausstoß, ob es in der Gesamtsumme zu einem positiven Effekt kommt, hängt aber von vielen Parametern ab, u.a. von der peniblen Dimensionierung, der Verwendung ausreichend kleiner Geräte mit maximaler Modulation, der sorgfältigen Reglereinstellung, einem Energiemonitoring und der ausbaufähigen Integration von erneuerbarer Energie, vorzugsweise von Solarthermie. Solche Entwicklungen zu fördern, wäre wesentlich weitsichtiger. Begrenzte Austauschprogramme verschieben lediglich Dellen in der Absatzstatistik in die Zukunft.
Ihr
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de