Wann Apple den Verkauf des iPad in Deutschland tatsächlich startet, ist noch nicht endgültig geklärt (Nachtrag: Der offizielle Verkauf des iPad begann in Deutschland am 28. Mai 2010.). Die Amerikanischen Verbraucher haben die ersten Produktionslose überfallartig aus den Geschäften geräumt und den Rest der Welt auf die Warteliste gesetzt. Ein paar haben den Weg nach Deutschland aber dennoch gefunden. Die meisten wurden vom Hersteller direkt zu den Multiplikatoren der Presse gesendet, damit sie sich möglichst zur Markteinführung an Lobeshymnen die Finger wund schreiben. Die FAZ-Redaktion nahm das wörtlich und setzte einen Aprilscherz ab: Ein Journalist habe durch fleißigstes Schreiben auf dem berührungsempfindlichen Display dasselbe zum Schmelzen gebracht. Andere iPads haben den Weg zu Entwicklern für Haus- und Gebäudeautomationslösungen gefunden und waren nebst der Hersteller-Visionen für nutzbringende Anwendungen (Apps) auf der Light+Building und der Hannovermesse Publikumsmagneten.
Schon bald wird das iPad Einzug in Deutschland halten. Setzt es sich durch, könnte es auch als Bedienplattform für alle möglichen Anwendungen in der Haustechnik fungieren. Die ersten Hersteller haben ihre Entwickler schon darauf angesetzt.
Hinter der Begeisterung steht ein doppelter Glaube. Erstens: das iPad wird sich etablieren. So lautet etwa die Einschätzung der FAZ (9. April): „Das iPad setzt sich durch, es wird eine Erfolgsgeschichte schreiben und in zwei, drei Jahren gehört eine Art iPad, von welchem Hersteller auch immer, zur typischen Ausstattung des gehobenen Haushalts. Es wird bei den Zeitschriften im Wohnzimmer liegen und gegebenenfalls findet man ein zweites Gerät in der Küche oder im Esszimmer. Man wird zu diesem kleinen Tablett greifen, um flink die aktuellen Nachrichten im Netz sowie die E-Mail zu lesen oder um Youtube-Fernsehen zu gucken. Es wird ein Gadget wie die Fernbedienung des Fernsehgeräts sein und keine 200 Euro kosten.“
Zweitens: das iPad wird eine universelle Benutzerschnittstelle: Heute liegen viele Ideen, Konzepte und vor allem Potenziale für intelligente Gebäude (auch: Smarthome) und -systemtechnik brach, weil es schlichtweg niemandem geglückt ist, einer breiten Nutzerschaft eine begeisternde Bedienung zu bieten. So dümpeln nicht nur die technischen Lösungen – auch der Nutzen den sie stiften könnten, wird nicht abgerufen. Energieeinsparung durch Transparenz ist dabei nur ein Aspekt. Doch der Durchbruch ist denkbar. Nicht das iPad selbst, aber die spielerisch-intuitive Art, die in Kombination mit pfiffigen Apps bereits Millionen Handybesitzer fasziniert, scheint in der Lage zu sein, die bisher verschlossene Tür zu öffnen. Denn ein Kunde muss sich plötzlich nicht mehr in ein zumeist unplausibles Bedienkonzept hineinfuchsen, sondern kann sich voll und ganz mit den für ihn nützlichen Möglichkeiten der zu bedienenden Technik auseinandersetzen und davon barrierefrei profitieren. Und warum sollte man überhaupt wie bisher ein zusätzliches Bedienungsgerät kaufen, wenn es ein vorhandenes besser kann?
Es wird sehr schnell Marktsegmente in unserer Branche geben, die sich ihre erste iPad-App als Meilenstein in die Unternehmensgeschichte eintragen. Das wird auch berechtigt sein. Nicht wegen der App. Sondern weil es den Aufbruch in neue Märkte markieren wird. Weil sie es geschafft haben, vor eine früher schwer zu verkaufende Technik ein kräftiges Zugpferd zu spannen. Das wird nicht ohne Konsequenzen bleiben. Kommt der Zug insgesamt ins Rollen, wird dies die technische Entwicklung und die Nachfrage mit einer bisher in unserer Branche nicht gekannten Geschwindigkeit antreiben und damit auch die Märkte von TGA-Planern und SHK-Handwerkern verändern. Von Hausautomation bis zum Smarthome, Smart Metering, Energiemonitoring sind Anwendungen vorhersehbar. Aber in zwei bis drei Jahren könnten auch Anwendungen zum Normalen gehören, die heute noch gar keinen Namen haben. Eines darf man dabei nicht vergessen: Was sich über iPad und Co gut bedienen lässt, muss dem Anwender nachvollziehbar einen Nutzen bringen bzw. ihm ein Problem oder Sorgen abnehmen. Sonst kann es nicht erfolgreich sein. Für Spielereien (mit der Haustechnik) wird man keine Käufer finden, denn Spiele spielen kann man mit iPad und Co ohnehin.
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner