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Heiztechnikmarkt

Trendwende zur Normalität?

Die Zahlen sind hinreichend bekannt: Im letzten Jahr ist in Deutschland der Absatz für ­Wärmeerzeuger um rund 28 % eingebrochen, lediglich bei Wärmepumpen wurde durch statistische Verschiebeeffekte die Schwarze Null ­erreicht. Mit –21 % bei Gas- und Öl-Brennwertheizkesseln, –35 % bei Solarwärmeanlagen und –66 % bei Holzheizungen wurde binnen Jahresfrist eine bis dahin einmalige Kaufverweigerung gemessen. Aus dem Gesamtabsatz von 550 000 Wärmeerzeugern im Jahr 2007 ergibt sich rechnerisch ein Sanierungszyklus von 30 Jahren, im ­Mittel von 2002 bis 2006 waren es 22 Jahre. Beide Werte sind deutlich zu hoch, wenn man Deutschlands Klimaschutzziele bis 2020 als Schritt­vorgabe nimmt.

Der Absatz von Wärmeerzeugern schleppt sich wieder in die Wachstumszone. Die hohen Energiepreise helfen, überdecken allerdings auch grundsätzliche Probleme. Der nächste Absturz könnte damit schon programmiert sein.

Viel gegrübelt und umgefragt wurde nach den Gründen. Verunsicherung durch die Politik monier(t)en die offiziellen Stimmen. Berücksichtigt man die nun leicht positive Entwicklung der Absatzzahlen schon vor dem Saisongeschäft in der Analyse, dominieren vor allem die Energiepreise als Entscheidungsgründe. Da die spektakuläre Preisrallye beim Rohöl bis zu ihrem Zwischenhoch von rund 150 US-$/Barrel aber von Berlin bis ­München mit populistischem Gebrüll begleitet wurde, kann man es dem Wahlvolk kaum verübeln, dass es strohhalmklammernd abwartet.

Dass die Kunden unserer Branche allerdings nicht den feinen Unterschied zwischen Energiepreisen und Energiekosten machen, müssen wir uns auch selbst ankreiden. Nur an letzteren können wir schrauben. Wie kann es aber beispielsweise sein, dass die Heizungsindustrie der Tagespresse erklärt, dass die Heizölpreise seit Oktober 2007 um knapp 60 % gestiegen sind und fast im selben Atemzug mit dem Kesseltausch eine Heizkostenreduzierung „auf einen Schlag um rund 30 %“ in Verbindung bringt? Plus sechzig minus dreißig – wie soll man so als Problemlöser wahrgenommen werden? Wo sind die Antworten auf das tiefe Bedürfnis nach mehr Unabhängigkeit, nach Ausweichmöglichkeiten, nach Entscheidungssicherheit?

Als die jetzt schon lange überfälligen Heiz­kessel noch fabrikneu glänzten, war die Welt noch einfach. Im Wesentlichen musste man sich zwischen Öl und Gas entscheiden. In einigen Regionen kam die Nachtspeicherheizung mit ­billigen Versprechungen dazu. Heute ist alles ­anders. Heute muss sich ein Heizungsmoderni­sierer für (Bio-)Öl, (Bio-)Gas, Holz, Holzpellets, ­Arbeitsstrom und die Umweltwärmequelle, ­Solarunterstützung oder eine Wärmelieferung und gleichzeitig für eine Technik und dazu mit der jetzt aufkommenden Strom ­erzeugenden ­Heizung auch für ein Grundkonzept und somit ­neben dem Bezahl- für ein Vergütungsmodell und ganz grundsätzlich für einen oder mehrere Fördertöpfe entscheiden. Bei gleichzeitig schwach ausgeprägtem Beratungsangebot darf die Kauf­zurückhaltung kaum verwundern. Vielleicht kommt ja morgen schon die Universallösung? Vielleicht sind es die Hybriden (siehe Seite 41)? Die Kunden werden es beantworten.

Wer jetzt, nach einer optimistisch stimmenden Entwicklung in einigen Absatzsegmenten bereits von einer Trendwende spricht, drückt sich aber vor den Herausforderungen des Marktes. Von der Normalität sind wir weit entfernt. Neben einem technisch-wirtschaftlich vernünftigen Modernisierungszyklus sollte es normal sein, dass jeder Heizungsbesitzer eine reproduzierbare Beratung erhält, welches Heizsystem unter Berücksichtigung seiner ganz individuellen Bedingungen sowie harten und weichen Faktoren für ihn am besten geeignet ist. Wie weit wir von dem entfernt sind, zeigt sich auch an den Regeln der geförderten BAFA-Vor-Ort-Energieberatung. Bei aktuell rund 3000 Beratungen pro Monat müssen die Berater peinlich genau darauf achten, dass sie nicht die Lebensumstände der Beratungsempfänger in den Mittelpunkt stellen. Zu ermitteln sind die optimalen Maßnahmen für das „Beratungsobjekt“, unabhängig vom derzeitigen Besitzer oder den Bewohnern. Wer sich nicht daran hält, riskiert einen Aufhebungsbescheid der bereits in Aussicht gestellten Zuschüsse.

Ihr

Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner

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