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Klimawandelkosten

3.000.000.000.000 Euro

Steigt die globale Oberflächentemperatur bis zum Jahr 2100 um bis zu 4,5 °C, entstehen nach Abschätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in Deutschland bereits bis 2050 Kosten von insgesamt 800 Mrd. Euro, bis zum Ende des Jahrhunderts Kosten in Höhe von 3000 Mrd. Euro.

Doch was bedeuten 3000 Mrd. Euro? Zum letzten Jahreswechsel türmte sich die als kaum noch rückzahlbar geltende Staatsverschuldung Deutschlands auf mehr als 1500 Mrd. Euro, jährlich kommen aktuell etwa 35 Mrd. Euro dazu. Der Klimawandel würde diesen Betrag verdoppeln. Legt man die Klimafolgekosten der DIW-Abschätzung linear auf die betrachteten 93 Jahre um, wären pro Jahr 32 Mrd. Euro aufzubringen. Warten wir weiter ab, werden wir uns selbst und nachfolgenden Generation kaum noch zu tilgende Lasten hinterlassen.

Die Kosten des Klimawandels werden alle Bereiche und jeden ganz persönlich treffen. Deutschland will gerne Vorreiter sein. Aber die Signale bleiben aus.

Hoffnungslos ist die Situation trotzdem (noch) nicht. 32 Mrd. Euro pro Jahr bei abgerundet 80 Mio. Einwohnern macht pro Kopf 400 Euro pro Jahr oder gut einen Euro pro Tag. Oder fünf Zigaretten weniger. Kaum zu glauben, dass wir unseren CO2-Ausstoß so billig bezahlen könn(t)en. Eine Kopfsteuer ist natürlich politisch nicht durchsetzbar und auch kaum gerecht. Umgelegt auf den deutschen Primärenergieverbrauch von 14450 PJ würde eine Kilowattstunde Primärenergie rund 0,8 ct teurer werden. Die Hälfte heute aufgeschlagen und sinnvoll eingesetzt, könnte sehr viel bewirken und die Klimawandelkosten-Rechnung in der Zukunft kleiner machen. Letztendlich geht es aber nicht darum, wie wir die Kosten des Klimawandels bezahlen, sondern dass wir zügig das im technischen Sinn maximal Mögliche unternehmen, ihn abzuschwächen.

Für einige Menschen wird die weitere Verzögerung eines schnellen Umsteuerns allerdings nicht nur finanzielle Konsequenzen haben: Ohne Anpassungsmaßnahmen wird die Zahl von Hitzetoten nach einer Prognose des Kieler Instituts für Wirtschaftsforschung (IfW) bis zum Ende des Jahrhunderts in Deutschland auf bis zu 15000 pro Jahr steigen. Das sind aber nur die mehr oder weniger gesicherten Erkenntnisse. Weitere Gefahren drohen durch die Ausbreitung von Krankheitserregern, von allergenen Pflanzen und von Krankheiten übertragenden Tieren, beispielsweise Zecken.

Die EU hat sich unter deutscher Ratspräsidentschaft Anfang März erstmalig auf verbindliche Ziele bis 2020 verständigt, um die CO2-Emissionen zu reduzieren. Das ist ein erster Schritt, aber kein ausreichender, um die globale Erwärmung entscheidend abzuschwächen.

Der Gebäudebereich einschließlich der Anlagentechnik verfügt über die größten CO2-Minderungspotenziale. Letztendlich gibt es keinen technischen Grund, warum ein modern(isiert)es Gebäude im Jahressaldo überhaupt einen Energieverbrauch aufweisen sollte. Erste Anbieter verkaufen das schon heute – nicht als Massen- aber als Standardprodukt. Doch die Politik lässt den Gebäudebereich links liegen. Zwar wurde die KfW-Förderung kräftig aufgestockt und das Marktanreizprogramm leicht erweitert, doch sind sie trotz Eigenlob der Regierung nur Tropfen auf den heißen Stein. Dazu kommt eine Energieeinsparverordnung mit einem Anforderungsniveau, das mit heute wirtschaftlicher Bauweise nichts zu tun hat. Bauherren, die die EnEV als Zielmarke verstehen, werden damit aufs falsche Gleis führt.

In fast allen Bereichen fehlen zu belobende Ziele und Pläne, diese zu erreichen. Auf nationaler wie auf europäischer Ebene. Kurzfristige und parteipolitische Interessen verhindern alles, was die Beschreibung „ambitioniert“ verdienen würde. Schon heute zeichnet sich ab: Der Vorteil einer großen Koalition wurde für wichtige Weichenstellungen im Gebäudebereich nicht genutzt. Geredet wurde viel, versprochen einiges, konsequent umgesetzt fast nichts. Es ist wie eine lange Silvesternacht, in der man sich zum guten Vorsatz macht, in der nächsten Silvesternacht darüber nachzudenken, ob man dem Problem nicht mit einem guten Vorsatz begegnen sollte.

Ihr


Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner