Nach dem Gasstreit Anfang des Jahres hätte man eigentlich davon ausgehen können, dass die Gasversorger – um Schadenbegrenzung bemüht – besonders bestrebt sind, ihre Tarife zügig der Ölpreisentwicklung anzupassen. Nun deutet sich an, dass Versorger genau dies verzögert haben. In einer aktuellen Studie kommt der Gashandels-Experte Gunnar Harms zu dem Schluss, dass die Gasverkäufer bisher nur rund die Hälfte der möglichen Preissenkungen an ihre Kunden weitergeben haben.
Die Gasversorger sollen ihren Kunden gesunkene Einkaufspreise nur verzögert weitergegeben haben. Das könnte den Schwund bei den Marktanteilen im Neubau noch verstärken. Die Zukunftsaussichten der Gasheizung will die Branche am 13. und 14. Mai in Dortmund präsentieren.
Wie viel Wahrheit im Einzelfall und im Allgemeinen in dem Zahlenwerk steckt, das nur wenige, aber regional bedeutsame Gasversorger unter die Lupe genommen hat, ist indes durch die Vorveröffentlichung über die Nachrichtenagenturen kaum noch relevant. Der Zeigefinger ist längst ausgestreckt, der Ruf der Versorger und des Energieträgers noch ein Stück tiefer angekratzt. Und wenn man die Analysen der Verbraucherportale auswertet, die Wechselkunden Kostenvorteile von bis zu 400 Euro/a vorrechnen, muss man sich wirklich fragen, ob nicht viele Versorger stärker auf die mit einem Lieferantenwechsel verbundenen Ängste als auf faire Preise setzen.
Doch offensichtlich kann man selbst mit solchen Blößen gutes Geld verdienen. Als Versorger. Geräteindustrie, Planer und Handwerk haben bei derart kurzsichtiger Gewinnmaximierung aber gegenüber ihren Kunden Erklärungsnotstand. Denn auch der Vorwahlkampf sorgt dafür, dass die Gier-Botschaft transportiert wird. Wer schnell reagiert, darf mit ins Boot. Wenngleich die zitierte Studie von der Bundstagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen beauftragt worden ist, stand in vielen Zeitungsberichten auch ein Auszug aus einem Statement von Bundeswirtschaftsminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU), indem er die Gasversorger unter Hinweis auf „aktuelle Vergleiche“ aufgefordert hat, gesunkene Gasbezugspreise in vollem Umfang und zeitnah an die Verbraucher weiterzugeben.
Dabei kann die Gasbranche solche Diskussionen absolut nicht gebrauchen. Zwar ist der zu über 80 % importierte Energieträger bei der Beheizung von Wohnungen mit Abstand führend (2008: 48,5 % Erdgas; 30,0 % Heizöl; 12,5 % Fernwärme; 6,0 % Strom; 3,0 % Kohle; Quelle: BDEW), doch im Neubau sind die einstigen Marktanteile von 74 % (2005, auf Basis der Baugenehmigungen) Geschichte. 2007 erreichten sie nur noch 66 %; laut der Zeitung „Die Welt“ unter Berufung auf noch unveröffentlichte Daten des Statistischen Bundesamtes werden sogar nur noch 59 % der 2008 neu gebauten Wohnungen mit Erdgas beheizt. In Thüringen wird wohl demnächst die Wärmepumpenheizung die Marktführung übernehmen.
Mittlerweile ist die Verzweiflung in der Erdgasbranche so groß, dass sie von der Bundesregierung eine stärkere Förderung für Erdgasheizungen verlangt. Zudem kritisiert beispielsweise die Initiative Erdgas pro Umwelt (IEU), dass erneuerbare Energien stärker gefördert werden als Erdgas und pocht auf Gleichstellung. Dabei lässt sie unter den Tisch fallen, dass die Förderung erneuerbarer Energie im Wärmemarkt (auch) dem Zweck dient, Technik zum Durchbruch zu verhelfen („Marktanreizprogramm“), die den Willen der Bundesregierung umsetzt, die Wärmeversorgung von Neubauten ab 2020 weitgehend unabhängig von fossilen Energieträgern zu machen (IEKP, Top 10).
Fördermittel gegen Versorgungs- und Kostenängste? Die Branche wird wohl deutlich mehr auf- und anbieten müssen, will sie den Schwund ihrer Marktanteile bremsen. Für Erdgas lassen sich viele gute Argumente aufzählen, doch immer weniger werden sie vom Verbraucher als Vorteile akzeptiert. Noch nie war der Wechselwunsch von Erdgasheizern so groß, war schon im Oktober 2007 auf dem vom Gaswärme-Institut Essen initiierten Zukunftsforum Gasheizung zu hören. Wie wohl aktuell die Stimmung ist? Antworten auf diese und andere Fragen will das 2. Zukunftsforum Gasheizung am 13. und 14. Mai 2009 in der Zeche Zollern, Dortmund, geben. Aktueller Anlass ist die von DVGW und ASUE beauftragte Prognos-Studie: „Innovationsstudie Gasverwendung“, deren Aussagen auf der Tagung präsentiert werden (detaillierte Infos: https://www.gwi-essen.de/ ).
Ihr
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA FachplanerSie sind anderer Meinung?
Ich freue mich darauf:
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