Mit einer Zuordnung von Umweltkosten nach dem Verursacherprinzip ließe sich die Energiewende erheblich beschleunigen, da sie die Wirtschaftlichkeit von erneuerbaren Energien erhöht. Ein wesentlicher Baustein könnte dabei eine Bepreisung von CO2-Emissionen sein. Die politische Umsetzbarkeit von CO2-Preisen hängt jedoch weniger von deren geringen Kosten und wirtschaftlichen Vorteilen ab, sondern vor allem von der Akzeptanz der Bevölkerung.
Wie ausreichend hohe CO2-Preise politisch umsetzbar sind, zeigt nun die Studie „Making Carbon Pricing Work for Citizens“, die Forscher des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität Oxford und der London School of Economics sowie anderen Institutionen im Fachmagazin Nature Climate Change veröffentlicht haben.
Ausschlaggebend sind demnach unter anderem eine transparente Kommunikation der Kosten und Nutzen einer CO2-Steuerreform und eine Berücksichtigung der sozialen und wirtschaftlichen Um-stände in der jeweiligen Region. Abhängig von diesen Umständen kann zum Beispiel eine Verwendung der Steuereinnahmen für eine jährliche Scheck-Zahlung an jeden Bürger oder für eine Senkung der Unternehmenssteuern zur Steigerung der Produktivität die öffentliche Akzeptanz von CO2-Preisen erhöhen.
Falls Zweifel an der Lenkungswirkung eines CO2-Preises ein Haupthindernis für dessen Einführung sind, könne eine Verwendung der Einnahmen für nachhaltige Investitionen die Akzeptanz erhöhen. Wenn Verteilungsbedenken das größte Hindernis für höhere Kohlenstoffpreise darstellen, sind Klimadividenden oder Transfers an die Armen anderen Rückverteilungsmechanismen überlegen. Wenn Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit das größte Hindernis darstellen – zum Beispiel in Ländern mit CO2-intensiven, stark dem Weltmarkt ausgesetzten Industriezweigen – könnten Ausnahmeregelungen für Unternehmen durch Transfers oder Steuersenkungen besser sein. In der Realität ist oft eine Mischung optimal, da mehrere Punkte gleichzeitig adressiert werden müssen. Zudem sei es besser, statt von einer „Steuer“ eher von einer „Gebühr“ oder einem „Beitrag“ zu sprechen, da der Begriff „Steuer“ für viele Bürger negativ belegt ist, empfiehlt MCC-Direktor Ottmar Edenhofer.
Ein gutes Beispiel ist die Schweiz dar: Der Staat bezeichnet sein CO2-Preissystem als „CO2-Abgabe“ und schlüsselt die Verwendung der Einnahmen mit einem Drittel für nachhaltige öffentliche Investitionen und zwei Dritteln für Bürger und den privaten Sektor transparent auf. 2017 erhielt jeder Haushalt knapp 60 Euro als pauschale Rückerstattung. Die Wissenschaftler sind sich jedoch der politischen Hürden bewusst und mahnen zur Eile. Sie schreiben in ihrer Studie: „Die erfolgreiche Umsetzung im Jahr 2008 war das Ergebnis von 15 Jahren politischer Bemühungen, Abstimmungsniederlagen und Zugeständnissen an die Industrie.“
Auch die Energiekonzerne E.on und EnBW setzen sich für das Steuerungsinstrument ein, um Fehl-investitionen zu vermeiden. Großbritannien hat bereits einen CO2-Mindestpreis von etwa 20 Euro/t. Allerdings liegt der nötige Korridor bei 40 bis 80 US-$/t, um die in Paris beschlossenen Klimaziele zu erreichen. Es wird also höchste Zeit, um noch eine Lenkung zu erzielen. Aber Berlin könnte sich ja auf Märkte konzentrieren, in denen die Energiewende noch einen Impuls benötigt.
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · www.tga-fachplaner.de