Es ist beschämend, dass es erst eines Naturereignisses mit katastrophalen Auswirkungen für viele Menschen, eine ganze Industrienation und der Havarie eines Kernkraftwerks mit beängstigender Sicherheitskultur des Betreibers bedurfte, um in Deutschland ein ausgeklüngeltes Energiekonzept neu zu diskutieren. Doch nun darf nicht die Frage im Vordergrund stehen, ob und wann und wir die Nutzung der Kernenergie beenden, sondern für welchen Zeitraum die Nutzung der Kernenergie überhaupt noch sinnvoll ist. Integriert in die Antwort muss zwar sein, welches Risiko und welche Kosten wir zu tragen bereit sind, trotzdem wäre es besser, dies im zweiten Schritt zu beantworten, um nicht die Diskussion zu verstopfen.
Vermutlich stellt sich dann die Kernenergiefrage gar nicht mehr: Viele seriöse und unabhängige Gutachten und Studien im Vorfeld des Energiekonzepts weisen jedenfalls keinen oder nur einen marginalen „Vorteil“ für eine Laufzeitverlängerung aus – einschließlich der Entscheidungsgrundlage der Bundesregierung. Und ein zweiter Aspekt lässt sich aus den Gutachten und Studien herauskristallisieren: Die Potenziale von Erdgas – in der Zukunft wegen der zunehmenden Substitution durch Bio- und Synthesegase besser als Gas bezeichnet – wurden bei Weitem nicht ausgeschöpft. Eine Studie vom Wuppertal Institut für Greenpeace zeigt, dass ausschließlich (Erd-)Gas als Brückentechnologie ins Zeitalter der erneuerbaren Energie benötigt wird. Der Mehrbedarf für die Stromerzeugung wird dabei über Einsparungen in Gebäuden kompensiert, sodass sich eine effektive Verzahnung ergibt. So könnte auch unsere Branche „Voll-Gas“ geben.
Die nächsten Monate werden zeigen, wie lernfähig Berlin ist. Bisher verdient das Energiekonzept nur für sein 2050-Ziel Lob. Gerne revidiere ich demnächst für den Weg bis dahin meine Meinung. •
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner
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