Vor einem Jahr hat Deutschland beschlossen, die Energiewende zu beschleunigen. Inzwischen verwischen die Beweggründe ein wenig. Die endgültige Abschaltung der ältesten Kernreaktoren und die Wiederinkraftsetzung des Ausstiegs aus der Kernenergie sind keine echten Elemente der Energiewende – sondern ein wesentlicher Grund für das Vorziehen ohnehin erforderlicher Maßnahmen zum Umbau der Energieversorgung. Der Rückgang der Ökostromwechselquote wenige Monate nach der Reaktorhavarie in Fukushima zeigt allerdings, dass die Energiewende zum Gelingen staatliche Impulse benötigt.
Werkzeuge für die Energiewende sind in unserer Branche genügend vorhanden: Wir benötigen sauberen Grundlaststrom? Den können wir beispielsweise durch den flächendeckenden Austausch alter Heizungspumpen gegen Hocheffizienzpumpen bereitstellen. Umsonst geht das nicht, aber der vorgezogene Austausch ist besonders wirtschaftlich. So rät beispielsweise Stiftung Warentest „Alte stromfressende Heizungspumpen sollten sofort gewechselt werden“ (test 1/2012, Bericht „Immer sparsamer“ über Haushaltsgeräte).
Wir benötigen sauberen Grundlaststrom? Kein Problem. Mit dem Einsatz von Blockheizkraftwerken, die mit Blick auf die Entwicklung der nächsten 10 bis 20 Jahre geplant und integriert werden, ist dieses gut möglich.
Wir benötigen Spitzenlaststrom? Kein Problem. Er kann mit stromgeführten Blockheizkraftwerken und über das Lastmanagement von Kälteanlagen und Wärmepumpen zur Verfügung gestellt werden.
Wir müssen den Primärenergieverbrauch senken? Kein Problem. Wo immer die TGA/SHK-Branche Heizungs- und Klimaanlagen im Bestand ersetzt oder optimiert, erfolgt dies. Auch hier fehlen die Impulse. Die energetische Inspektion von Klimaanlagen ist kein Kind der Energiewende, sondern der EU-Gebäuderichtlinie und bereits seit Jahren über die EnEV für Anlagen mit einem Kältebedarf über 12 kW verpflichtend. Doch die Inspektion hat Berlin verordnet und dann vergessen. Lediglich 2 % der Anlagen, die bis Oktober 2011 hätten inspiziert werden müssen, sind laut einer Studie tatsächlich gemäß Ordnungsrecht untersucht worden (Webcode 347600). Zwar sparen Inspektionen noch keine Energie, zeigen aber Maßnahmen mit extrem kurzer Refinanzierungszeit auf.
Wir müssen mehr erneuerbare Energie einsetzen? Kein Problem. Bei der Wärmeversorgung von Gebäuden ist dies besonders einfach und sinnvoll. Solaranlagen, Wärmepumpen, biogene Brennstoffe sowie Wärmerückgewinnung lassen sich fast überall einsetzen. Angesichts der Verkaufszahlen muss man aber konstatieren, dass auch hier offensichtlich ein Impuls fehlt.
Der Gebäudesektor hat eine Schlüsselrolle für den Erfolg der Energiewende. Das unterstreicht fast jede Ausarbeitung zum Thema. Doch die Realität sieht bisher anders aus. Die Politik agiert eher als Bremser, von Beschleunigung ist kaum etwas zu spüren. Deswegen muss die Branche neben der Mobilisierung der Öffentlichkeit auch Berlin deutlich mehr auf die Füße treten. Wir wollen nicht länger nur auf der Werkzeugkiste sitzen, sondern die Werkzeuge auch einsetzen.
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Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · https://www.tga-fachplaner.de/
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