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Energiewende

Nicht auf jede Kilowattstunde schielen!

Die meisten Windkraftanlagen stehen in unserem Land an der Küste und im Hinterland, die meisten Photovoltaik-Anlagen im Süden. Das hat seine guten Gründe und bereitet bisher aus technischer Sicht auch keine nennenswerten Probleme – wenngleich mancher Zeitungsbericht gern das Gegenteil behauptet. Mit dem richtigen Abstand geht es auf dem heutigen Ausbaustand nur um wenige Stunden oder Tage, an denen es aus falsch verstandenem Vorrangdenken brenzlig werden kann.

Letztendlich ist es eine (Energie)Managementaufgabe, auch einmal auf zur Verfügung stehende erneuerbare Energie zu verzichten – und ggf. den Anlagenbetreiber dafür zu entschädigen. Und wenn ein Orkan aufzieht, muss man die Windkraft halt in den Stunden davor geordnet herunterfahren, um die Netzstabilität nicht durch ein kollektives Abschalten von Windfarmen zu gefährden. So könnten noch erhebliche ­Erzeugungskapazitäten ohne größeren Aufwand für die Netze zugebaut und an den meisten Tagen im Jahr genutzt werden.

Sie denken, solche Themen sind zwar wichtig aber für Ihre Arbeit nicht relevant? Ich behaupte, sie sind es.

Erstens: Langwierige Diskussionen rauben Kapazitäten. So hat beispielsweise kürzlich die Bundesregierung eingeräumt, dass sich wegen der vielen Energiewende-Themen die Novellierung der Energieeinsparverordnung verzögert – weil in den zuständigen Ministerien andere Prioritäten gesetzt worden sind. Man kann sich vor diesem Eingeständnis vorstellen, wie schwer es momentan ist, in Berlin für die Förderung von Zukunftsprojekten zu werben.

Zweitens: Mit steigendem Anteil erneuerbarer Energien im Stromnetz wird elektrische Energie sauberer. Davon profitiert unter anderem die CO2-Bilanz von Anlagenkonzepten mit Elektro-Wärmepumpen. Bei KWK-Systemen verschlechtert sich die CO2-Bilanz, wenn man gegen den Strommix rechnen muss.

Drittens: Der Energieverbrauch von Gebäuden kann durch gezieltes Zu- und Abschalten von Energieumwandlungs- und -speicheranlagen mit Verschiebepotenzial für das Energiemanagement im Stromnetz genutzt werden. Daraus werden neue Konzepte entstehen – aber auch neue Wettbewerber in den Markt eintreten.

Viertens: Wir können von der einleitenden Betrachtung mit einer Abstraktion für Gebäude viel lernen. Heute schielen wir auf jede Kilowattstunde – und schränken dadurch mitunter den Lösungsraum ein. Es kann aber ökologisch und ökonomisch sinnvoll sein, in begrenztem Umfang Strom und Wärme nicht zu nutzen – beispielsweise um die Betriebs- oder Investitionskosten zu senken. Wenn sich so vorzeitig eine ineffiziente Anlage ersetzen lässt, ist das eine legitime Strategie. So kann es beispielsweise sinnvoll sein, „Restmengen“ aus der eigenen Stromerzeugung zu verheizen, höhere thermische Speicherverluste für die Stromnetzintegration erneuerbarer Energien zu akzeptieren oder für die Grundlaststromerzeugung des eigenen Gebäudes aus betriebsbedingten Gründen im Sommer einen Kellerraum zu beheizen. Nur Mut!

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Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · https://www.tga-fachplaner.de/

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