Die Energiewende wird scheitern. Ohne … wird die Energiewende nicht gelingen. Solche Prognosen und Zurufe kann man täglich lesen. Die Absender geben sich besorgt – weil die Energiewende zu schnell abläuft und deswegen scheitert (?) oder weil sie zumindest in Teilbereichen zu langsam voranschreitet. Wobei das Kostenargument fast immer aus dem Lager vorgebracht wird, das „die Ziele zwar unterstützt“, aber eigentlich nichts ändern will – außer Energie wird dadurch billiger. Was langfristige Betrachtungen im Vergleich zum „weiter so“ sogar eindrucksvoll zeigen.
Die meisten Klagen gibt es über erreichte Fortschritte. Denn es gibt Verlierer, die mit dieser Rolle naturgemäß nicht einverstanden sind. Nimmt man nur das übergeordnete Energiewende-Ziel, die CO2-Emissionen bis 2050 um 80 bis 95 % zu senken, ist vorgezeichnet, dass Steinkohle, Braunkohle, Mineralöl und Erdgase weitgehend aus dem Energiemix zurückgedrängt werden. Unternehmen, die auf Basis dieser Energieträger heute Geschäfte machen, müssen sich also neu positionieren, wenn sie nicht zu den Verlierern gehören wollen. Und was erst langsam klar wird, die Energiewende ist auch für Bund, Länder und Kommunen eine große Herausforderung, weil sie aus dem bisherigen Energieversorgungssystem vielfältige Einnahmen generieren, die schnell wegbrechen.
Zu Recht wird vielfach darauf hingewiesen, dass die Diskussion zu einseitig auf Strom fokussiert ist und die Umgestaltung des Wärmemarkts zu träge abläuft. Dabei wird übersehen, dass es im Stromsektor in erster Linie um eine neue Erzeugungsstruktur geht, während im Wärmemarkt zwei große Potenziale existieren: Die Verminderung des Energieverbrauchs durch effizientere Technik und die Umstellung der Wärmeerzeugung auf erneuerbare Energien.
Auch ist zu berücksichtigen, dass bei Wärmeerzeugern, die bis etwa 2025 modernisiert werden, vor 2050 eine weitere Erneuerung ansteht.
Dazu kommt, dass mit dem ab 2021 obligatorischen Niedrigstenergiegebäude eine neue Qualität Einzug hält: Der ohnehin sehr geringe Energiebedarf dieser Gebäude ist zu einem wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen zu decken. Was bald EU-weit für den Neubau gilt, soll in Deutschland auf freiwilliger Basis auch auf Bestandsgebäude übertragen werden (Sanierungsfahrplan). Pilotprojekte haben die technische Machbarkeit bereits belegt; die noch unzureichende Wirtschaftlichkeit dürfte sich jedoch kontinuierlich verbessern.
Unsere Branche hat die Technik und das Know-how, den Energieverbrauch im Gebäudebestand drastisch und mit hoher Kosteneffizienz zu senken. Ganze Branchenzweige machen dies bereits heute. Schon deshalb wird die Energiewende im Gebäudebereich und im Wärmemarkt nicht scheitern. Ob alle Zwischenziele erreicht werden, bleibt abzuwarten. So sehr sich manche Verkaufsabteilung für ihr Segment auch einen Nachfrageboom wünschen mag, meist ist anschließend dafür ein hoher Preis zu zahlen. Der Dauerstress im Photovoltaik-Markt sollte uns eine Lehre sein, wenn wir in Berlin bitten, unsere Märkte mit staatlicher Förderung künstlich zu entfesseln.
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Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · https://www.tga-fachplaner.de/
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