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EnEV

Mutloser Novellierungs-Entwurf

„Wir stellen den Mut zur Zukunft der Verzagtheit ent­gegen.“ So lautet der erste Satz der Präambel im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP. Bezüglich des gerade vorgelegten Entwurfs zur Novellierung der Energieeinsparverordnung (Webcode 380608) lässt dieser Satz viele Interpretationen zu. Mutig im Sinne des Anspruchs der Bundesregierung ist der Entwurf nicht.

Im Koalitionsvertrag findet die EnEV nur indirekt Erwähnung: „Wir werden die Maßnahmen im Integrierten Energie- und Klimaprogramm [im Jahr] 2010 auf ihre Wirksamkeit überprüfen und gegebenenfalls nachsteuern.“ Das 2007 geschriebene Programm (IEKP) stellte fest: „Die Anforderungen der EnEV an den energetischen Standard von Gebäuden entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik.“ Eine erste Korrektur erfolgt mit der EnEV 2009, in einer zweiten, für das Jahr 2012 angestrebten Stufe sollten die Effizienzanforderungen nochmals um etwa 30 % angehoben werden.

Im Juni 2011 wurden vom Bundeskabinett 39 Punkte zur Beschleunigung der Energiewende beschlossen. Punkt 26: „Insbesondere wird mit der EnEV 2012 bis [zum Jahr] 2020 eine schrittweise Heranführung des Neubaustandards an den künftigen europaweiten Niedrigstenergiegebäudestandard erreicht, soweit dies im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Belastungen der Eigentümer und Mieter wirtschaftlich vertretbar ist.“

So viel zu den Ankündigungen. Nun zu den Realitäten des EnEV-Entwurfs: Für den Gebäudebestand ändert sich praktisch nichts. Der Effizienzstandard für Neubauten soll in zwei Stufen (2014 und 2016) um jeweils 12,5 % (Jahres-Primärenergiebedarf) bzw. 10 % (Gebäudehülle) angehoben werden. Verrechnet man dies mit gegenläufigen Entwicklungen, steigen die Anforderungen in noch geringerem Umfang.

Aus der Immobilienwirtschaft war trotzdem sofort zu hören: „Untragbare Anforderungen für den Neubau“. Das sehen viele Bauherren offensichtlich anders. Laut einer vom Bundesbauministerium beauftragten Studie (Webcode 380650) haben über 50 % aller Neubauten eine um mindestens 30 % höhere Energieeffizienz als es die EnEV fordert, über 10 % sind um mindestens 45 % besser.

Berücksichtigt man, dass eine planbare Verschärfung von Anforderungen Innovationspotenziale zur Kostensenkung freisetzen, ist der Entwurf zur Novellierung der EnEV nicht nur mutlos, sondern eine kostensteigernde Innovationsbremse. Ab 2021 sollen EU-weit alle neuen Gebäude Niedrigstenergiegebäude sein. Zwar ist dieser Standard noch nicht eindeutig definiert, er ist aber signifikant unter dem EnEV-Niveau für 2016 einzuordnen.

Dr. Peter Ramsauer sollte sich einmal an seinen Antritt als Bauminister erinnern. Am 11. November 2009 hatte er dem Deutschen Bundestag die Schwerpunkte seiner Politik erklärt (Webcode 264623): „Wir hätten es uns vor 20 Jahren nicht träumen lassen, dass wir eines Tages mit einer Entwicklung, die inzwischen Standard ist – ich meine das sogenannte Passivhaus – den Energieverbrauch beim Heizen auf rund 15 kWh/(m2 a) herunterschrauben könnten?“ Raumsauer versprach damals, dass er „diese großartige Perspektive“ über sein Ministerium „mit allen Kräften anschieben und fördern werde“. Aus der Traum?

Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · https://www.tga-fachplaner.de/

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