Neben den Diskussionen, wie der Klimawandel begrenzt werden kann, nehmen die Diskussionen und Forschungsaktivitäten Fahrt auf, welche Folgerungen und Konsequenzen aus dem Klimawandel zu ziehen sind. So erforscht beispielsweise der Deutsche Wetterdienst DWD die Folgen der Klimaveränderung und die notwendigen Anpassungen. Auf der DWD-KlimaPressekonferenz am 26. Juli 2011 wurde berichtet, dass Klimasimulationen für Deutschland eine weitere Erwärmung um 2 bis 4 K bis zum Jahr 2100 ergeben haben.
Gerechnet wird mit trockeneren Sommern, nasseren Wintern und mehr extremen Wetterereignissen. „Dieser Klimawandel wird unmittelbare Auswirkungen auf die sehr vom Wetter und Klima abhängige Bauwirtschaft haben“, prognostiziert Dr. Paul Becker, Vizepräsident des DWD. Und auf die Bauplanung, denn ein Gebäude und seine Technik werden von der Außenlufttemperatur, Niederschlag, Außenluftfeuchte, Sonneneinstrahlung und Windgeschwindigkeit wesentlich beeinflusst. Die Anforderungen an die Belüftung, Abschattung und Kühlung werden wachsen, im Interesse der Bewohner müsse dann auch die Isolierung gegen extreme Außentemperaturen verbessert werden. Schon Mitte des Jahrhunderts werden laut DWD im Sommer häufiger als heute Wetterverhältnisse auftreten, die zu einem Wärmestau in der Stadt führen können. Gebäude, die heute geplant und gebaut werden, haben dann noch nicht einmal die Hälfte ihrer kalkulierten Nutzungsdauer erreicht.
Der Klimawandel könne für die Bauwirtschaft aber auch gute Seiten haben. Als Beispiel nennt der DWD die Schlechtwettertage. Dazu wurde untersucht, wie sich die räumliche Verteilung und die Anzahl der Tage, an denen das Kriterium „erschwerte Bautätigkeit“ erfüllt ist, bis zum Jahr 2100 verändern wird. Gegenwärtig treten im Flachland im Durchschnitt bis zu 20 solcher Schlechtwettertage auf. Die Untersuchung habe gezeigt, dass deren Zahl in fast ganz Deutschland bis zum Jahr 2050 im Mittel um etwa drei pro Jahr zurückgehen wird. Dies werde sich in der zweiten Jahrhunderthälfte beschleunigen. Becker: „Je nach Region erwarten wir bis zum Jahr 2100 eine Abnahme um bis zu zehn Tage pro Jahr.“
Zugleich könnten spürbare Beeinträchtigungen des Bauens durch mehr Hitzeperioden im Sommerhalbjahr eintreten. Bisher ist Hitze kein Kriterium für Schlechtwettertage. Vielleicht gibt es aber schon bald Hitzefrei auch am Bau. Vor allem in Süddeutschland sei bis 2050 eine Zunahme der Hitzetage mit Höchsttemperaturen über 30 °C um bis zu acht Tage zu erwarten. Heute sind es im Mittel sechs bis sieben. Diese Entwicklung werde sich ab 2050 beschleunigen und ganz Deutschland erfassen.
„Der Klimawandel erfordert Anpassungen bei der Bausubstanz, bei der Bauplanung und Bautätigkeit. Er wird das Bauen und die Bauwirtschaft in Deutschland verändern“, fasst Becker die Ergebnisse der DWD-Untersuchungen zusammen. Für die Branche ergeben sich daraus zahlreiche Herausforderungen: Anpassung der Normung, der Auslegungsbedingungen, der energetischen Bilanzierung, der Gebäude- und TGA-Konzepte. 2050 ist für Planer nicht in 40 Jahren, sondern heute, spätestens morgen. •
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner
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