Die bisherigen Klimaschutzanstrengungen Deutschlands reichen nicht aus, um die Klimaschutzziele für 2020 sowie die Jahre von 2021 bis 2030 in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Teilen der Industrie (also jene Bereiche, die nicht unter den EU-Emissionshandel fallen, deshalb als „Nicht-ETS-Bereich“ bezeichnet) einzuhalten. Erreicht Deutschland sie nicht durch eigene Maßnahmen, muss es bei anderen EU-Ländern Emissionsrechte in Höhe des Defizits zukaufen. Die daraus entstehenden Kostenrisiken zeigt eine Studie der Denkfabriken Agora Energiewende und Agora Verkehrswende.
Die Verpflichtungen Deutschlands, die Klimaschutzziele im Nicht-ETS-Bereich zu erreichen, fallen für die Zeit bis 2020 unter die EU-Effort-Sharing-Entscheidung, für den Zeitraum von 2021 bis 2030 unter die EU-Climate-Action-Verordnung. Diesem EU-Recht hat die Bundesregierung zugestimmt. Es verpflichtet Deutschland, seine Treibhausgasemissionen in den Nicht-ETS-Sektoren bis 2020 um 14 % und bis 2030 um 38 % im Vergleich zu 2005 zu senken. Dabei gilt für jedes Jahr von 2013 bis 2030 eine bestimmte Emissionsobergrenze.
Schon heute steht fest, dass Deutschland sein Klimaschutzziel 2020 im Nicht-ETS-Bereich deutlich verfehlen wird, voraussichtlich um 93 Mio. t CO2. Um das Defizit auszugleichen, muss die Bundesregierung Emissionsberechtigungen in entsprechender Höhe bei anderen EU-Mitgliedstaaten erwerben. Die Kosten für diese Rechte können 2020 bis zu 2 Mrd. Euro betragen – je nachdem, ob der aktuelle Preis von CO2-Emissionszertifikaten im Rahmen des Europäischen Emissionshandelssystems ETS angesetzt wird oder ob Deutschland dafür einen „politischen Preis“ zahlt, der beispielsweise in der Unterstützung eines anderen Mitgliedstaats bei einem für diesen wichtigen Thema besteht.
Doch das ist erst der Anfang: Während überschüssige Emissionsrechte anderer EU-Mitgliedstaaten bis 2020 noch reichlich vorhanden sind, weil andere EU-Länder ihre Klimaschutzziele übererfüllt haben, wird das Angebot nach 2020 infolge insgesamt schärferer Ziele knapper werden. Bei Fortschreibung des aktuellen Trends verfehlt Deutschland sein rechtlich verbindliches Nicht-ETS-Klimaschutzziel für die Jahre 2021 bis 2030 um konservativ geschätzte 616 Mio. t CO2. Der Ausgleich dieses Defizits könnte den Bundeshaushalt laut der Studie insgesamt mit Kosten in Höhe von 30 bis 60 Mrd. Euro belasten. Bereits für 2021 existiert ein Kostenrisiko von 0,6 bis 1,2 Mrd. Euro. Weil für jedes Jahr eigene Emissionsobergrenzen gesetzt werden, ist auch für jedes Jahr, in dem diese Obergrenzen überschritten werden, ein Nachkauf von Emissionsrechten notwendig.
Noch immer wird Klimaschutz oft als zu teuer hingestellt, obwohl schon vielfach aufgezeigt wurde, dass unterlassener Klimaschutz viel teurer kommt. Die Kompensation verfehlter Klimaschutzziele ist jedoch nur die Krone, obgleich pure Geldverschwendung, da sie nur Zeugnis nicht geleisteter Klimaschutzinvestitionen wäre und der Modernisierungs- und Transformationsstau trotzdem abgearbeitet werden muss. Man darf gespannt sein, wie Berlin auf die Studie reagiert und welche Maßnahmen zur Vermeidung der Kompensationszahlungen eingeleitet werden. Vorschläge, auch unserer Branche, existieren genug.
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · www.tga-fachplaner.de