Die Wärmepumpe ist für die Raumheizung des künftigen Gebäudebestands auf jeden Fall gesetzt, am anderen Ende des Taus ziehen Brennwertheizkessel und KWK-Anlagen, die mit grünen (Ersatz)Brennstoffen betrieben werden und eventuell mit Systemen kombiniert werden, die erneuerbare Energien gebäudenah nutzbar machen. Ungefähr so lässt sich beschreiben, wie Branchenverbände aktuell die künftige Wärmewelt sehen und dafür von der Politik einen Rahmen zur Entfaltung der jeweiligen Potenziale fordern. Je nach Ausrichtung wird dabei versucht, aus dem „All Electric Szenario“ ein volkswirtschaftliches Schreckgespenst zu machen. Was aus der Vogelperspektive ziemlich abstrus ist, da grüne Brennstoffe in großen Mengen nur auf Basis der Wasserstofferzeugung über die verlustträchtige Elektrolyse realistisch sind.
Nimmt man die Ausstellungsflächen der diesjährigen Branchenmessen als Spiegel, dominieren (im Gegensatz zur Marktrealität) Wärmepumpen sowie Wärmeerzeuger auf der Basis von Biomasse. Zusätzlich sind elektrische Direktheizsysteme stark im Kommen, bei der Trinkwassererwärmung aufgrund zahlreicher Vorteile sowieso. Aber auch bei Raumheizkörpern gehört der zusätzliche Heizstab insbesondere für Badwärmer fast schon zum Standard und rein elektrisch betriebene Heizkörper und Konvektoren füllen bei immer mehr Herstellern die Angebotspalette. Zusätzlich steigen viele Heiztechnik-Anbieter in den Vertrieb von Infrarotheizungen und elektrischen Flächenheizungen ein.
So ist zu erwarten, dass die direktelektrische Raumheizung, insbesondere in Einfamilienhäusern mit Niedrigstenergie-Standard, der Wärmepumpe künftig ernsthaft Konkurrenz machen wird. Nimmt man das Passivhaus zur Orientierung, ist es bei erwärmter Zuluft schon heute nicht mehr erforderlich, in jedem Raum eine „Notheizung“ vorzuhalten. Auch wenn der gesamte Heizwärmebedarf von 10 bis 15 kWh/(m2 a) zum Haushaltsstromtarif elektrisch gedeckt wird, sind die Betriebskosten viel geringer, als eine Jahresrate für heute typischerweise installierte Heizsysteme und Wärmeerzeuger.
Und mit einer eigenen Photovoltaik-Anlage lassen sich die Betriebskosten weiter drücken. Berücksichtigt man zudem – die auch bei bester fachlicher Ausführung unvermeidlichen – Verluste (Anlagenaufwand) klassischer Lösungen, erweitert dies die sinnvolle Einsatzgrenze direktelektrischer Heizungslösungen. Durch die große energetische Bedeutung der Trinkwassererwärmung in Niedrigstenergiegebäuden bieten sich zudem größere Speicher an, die solarthermisch und -elektrisch erzeugte Wärme vorhalten und auch einen größeren Teil des Heizwärmebedarfs über das Lüftungssystem decken und den Strombezug aus dem Netz weiter verringern können.
2017 hat die Wärmepumpe erstmals Gas bei neu genehmigten Wohngebäuden als primären Energieträger bzw. primäres Energiesystem zur Raumheizung von der Führungsposition verdrängt (siehe Seite 57). Die Investitionskosten sprechen allerdings dafür, dass sich schon bald die direktelektrische Heizung in Kombination mit einer PV-Anlage in der Statistik niederschlagen wird.
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · www.tga-fachplaner.de