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Ecodesign-Software

Per “Echtzeit-Analyse“: Form follows Energy

Kompakt informieren

  • Mit Ecodesign-Software können parallel zum Entwerfen eines Gebäudes und seiner Anlagentechnik die Energiebilanz und teilweise auch die Ökobilanz und die Lebenszykluskosten abgeschätzt werden.
  • Der Wechsel zu einem komplexen tabellenbasierten Berechnungsprogramm entfällt, Änderungen lassen sich unmittelbar qualitativ bewerten.
  • Wird es in fortgeschrittener Projektphase konkreter und komplexer, sind umfassende Berechnungs- und Simulationsprogramme jedoch unverzichtbar.

Etwa 80 % aller die Energieeffizienz eines Gebäudes prägenden Entscheidungen treffen Planer im ersten Fünftel ihrer planerischen Tätigkeit. Doch in dieser frühen Planungsphase wurde bisher hauptsächlich die Form, Funktion und städtebauliche Einbindung von Gebäuden berücksichtigt. Angesichts steigender Energiepreise und der daraus resultierenden Notwendigkeit, Energie effizient und ressourcenschonend zu nutzen, spielen zunehmend auch Energie- und Umweltaspekte eine entwurfsbestimmende Rolle.

Bereits bei der Wahl des Bauplatzes, der Gebäudeausrichtung und der Gebäudeform werden entscheidende Weichen gestellt. Zu den weiteren Faktoren zählen eine günstige Gebäudezonierung und Raumanordnung, eine sinnvolle Fensterausrichtung und -größe, die Vermeidung, respektive Minimierung konstruktiver Wärmebrücken, die Baumaterialwahl oder die Wahl energiesparender Dämm- und Heizsysteme. Diese und weitere Faktoren und Zusammenhänge sind zwar schon lange bekannt und fließen auch mehr oder weniger intensiv in die Planung ein. Welche quantitativen Auswirkungen auf die Energiebilanz eine kompaktere Gebäudeform, eine bessere Wärmedämmung oder moderne Heizsysteme haben, ließ sich bisher jedoch nur sehr grob oder mit viel Zeit- und Rechenaufwand ermitteln.

Eine neue Software-Kategorie ermöglicht eine in den Entwurfsprozess integrierte „Echtzeit-Analyse“ der Energiedaten eines Bauvorhabens und eine quantitativ nachvollziehbare energetische Optimierung von Gebäudeentwürfen.

Auswirkungen werden transparent

Schon bei kleinen Änderungen der Gebäudeausrichtung, der Gebäude- und Dachform, von Fenstern oder des Wandaufbaus lässt sich nicht ohne Weiteres abschätzen, was das energetisch bedeutet. So treten gegebenenfalls Probleme und Mängel im Sinne nicht erfüllter Anforderungen oder Ziele erst auf, wenn das Gebäude am Ende der Planungsphase vom Fachingenieur im Detail durchgerechnet wird. Dann ist es aber oft zu spät, denn sobald der Entwurf steht, sind Korrekturen relativ aufwendig.

Mit spezialisierten Programm(modul)en zur Optimierung der Energieeffizienz von Gebäudeentwürfen lassen sich Energiekennzahlen jedoch sehr schnell überschlägig berechnen und visualisieren: Dazu muss das im Rahmen des CAD-Entwurfs generierte 3D-Gebäudemodell zunächst Schritt für Schritt durch energetisch relevante Informationen ergänzt werden. Meist genügen schon wenige Angaben zur Lage (Klimadaten) und Funktion des Gebäudes, zur Gebäudestruktur, den Bauteilen (U-Werte) sowie den HKLS-Komponenten.

Danach kann bereits die Berechnung gestartet werden – teilweise ohne in eine andere Software-Umgebung wechseln oder Daten in ein anderes Programm importieren zu müssen. Die Ergebnisse und Auswertungen werden in Form einer Energiebilanz-Schätzung ausgegeben, welche Diagramme und überschlägige Werte zum Energieverbrauch, zur monatlichen Energiebilanz oder zum CO2-Ausstoß enthält. Für jede Entwurfsvariante kann dieser „Steckbrief“ als PDF-Dokument ausgedruckt und mit anderen Lösungen oder Alternativen verglichen werden.

So kann man Bauherren anschaulich vermitteln, wie sich die Energiekennzahlen ändern, wenn etwa anstelle einer Leicht- eine Massivbauweise oder eine stärkere Dämmung gewählt, die Fensterfläche auf der Nordseite verkleinert und auf der Südseite vergrößert wird oder anstelle eines Öl- oder Gas-Heizkessels eine Wärmepumpe zum Einsatz kommt. Im Wechselspiel zwischen Entwurf und Analyse und per Variantenvergleich kann der Planer das Entwurfskonzept auch gemeinsam mit dem Bauherrn Schritt für Schritt optimieren.

Spezielle Expertenprogramme für die dynamische Gebäudesimulation, die auch energetische Aspekte berücksichtigen, gibt es zwar schon seit geraumer Zeit (beispielsweise SMILE, TAS, TRNSYS etc.). Die Eingabe und Verknüpfung aller relevanten Gebäude-, Anlagen- und Umweltdaten ist jedoch relativ komplex und die Ergebnisse sind so umfangreich, dass sie von Experten analysiert und anschließend interpretiert werden müssen. Die Komplexität, personelle und organisatorische Trennung von Entwurf und Berechnung haben dazu geführt, dass aufwendige Gebäudesimulationen für die Entwurfsanalyse lediglich für räumlich oder anlagentechnisch komplexe, respektive öffentliche Bauvorhaben zur Überprüfung der Planung zum Einsatz kommen.

BIM beschleunigt Optimierungsprozess

Dass die Themen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit im frühen Planungsstadium nicht die Rolle spielen, die sie angesichts immer knapperer Energie- und Rohstoffressourcen und des Klimawandels eigentlich spielen müssten, liegt auch am Mangel an geeigneten Planungswerkzeugen. Eine neue Software-Kategorie könnte das ändern: Programme wie der Autodesk Ecotect Analysis, EcoDesigner STAR oder EcoLine lassen sich relativ einfach und intuitiv auch von Planern bedienen, die nicht über das Spezialwissen eines Bauphysikers, Gebäudeenergieberaters oder TGA-Fachingenieurs verfügen.

Entscheidend ist jedoch, das Ecodesign-Software Planungsprozesse zusammenführt, die zusammengehören. Eine Optimierung von Gebäudeentwürfen ist dann besonders effizient, wenn der Energiebilanz-Rechner möglichst in die vom Gebäudeplaner genutzte CAD-Software integriert ist. Nur dann können in der Konstruktionsphase eingegebene Gebäudedaten unmittelbar für die Energieoptimierung genutzt werden.

Teilweise kann ein Export der Gebäudedaten über die IFC- oder Green-Building-XML-Schnittstelle (gbXML) erfolgen. Das bietet die Möglichkeit, Gebäudehüllflächen sowie deren Volumina in andere Anwendungen einzulesen, um damit Energieausweise zu erstellen oder Berechnungen und Analysen durchzuführen. Damit entfällt die Notwendigkeit einer Neueingabe der Daten. Eine wichtige Voraussetzung ist, dass auf der Grundlage eines digitalen, dreidimensionalen Gebäudemodells geplant wird.

Im Zuge der Gebäudedaten-Modellierung (Building Information Modeling, kurz: BIM, siehe auch: TGA 08-2012 Wege aus der Sackgasse Webcode 369732 und TGA 08-2014 3D oder 7D, Little oder Big, Closed oder Open? Webcode 600067) setzt eine zunehmende Anzahl von Architektur- und Ingenieurbüros BIM-fähige Software ein. Dies dürfte mittel- und langfristig dazu führen, dass auch für den Betrieb von Gebäuden so wichtige Faktoren wie Energieverbrauch und Wirtschaftlichkeit beim Entwurf stärker als bisher berücksichtigt werden.

Welche Lösungen gibt es?

Alphabetisch an erster Stelle dieser vergleichsweise neuen Software-Kategorie steht Autodesk Ecotect Analysis. Das Programm analysiert BIM-Gebäudedaten und visualisiert Umweltfaktoren dreidimensional. Am Massenmodell lassen sich standortspezifische Faktoren wie Verschattung, Thermik und Belüftung simulieren und der zu erwartende Energieverbrauch als Richtwert ermitteln, ebenso die CO2-Emissionen. Werden Bauteilmaterialien und andere Basisdaten definiert, kann das thermische Verhalten analysiert werden. Tageslichtsimulationen ermöglichen eine Überprüfung der Belichtung und Verschattung.

Autodesk Green Building Studio ist ein webbasierter Service zur Energieanalyse, mit dessen Hilfe Autodesk-Kunden mit Servicevertrag bereits in frühen Projektphasen Verbrauchs- und Emissionsanalysen des gesamten Gebäudes durchführen können, um die Energieeffizienz zu optimieren.

DK-Integral ist ein Simulationswerkzeug für die schnelle Analyse von Entwürfen und Bestandsgebäuden, das weder digitale, noch 3D-Gebäuedaten voraussetzt. Dank Eingabeassistenten und tabellarischer Eingabe erhalten auch ungeübte Benutzer einen schnellen Vergleich des Energiebedarfs, der Behaglichkeit oder des Energiekonzepts unterschiedlicher Entwurfs- oder Gebäudevarianten.

EcoDesigner STAR ergänzt das in die CAD-Software ArchiCAD integrierte Energiebewertungs-Werkzeug. EcoDesigner STAR ermöglicht eine frühzeitige Vorhersage des Energiebedarfs, die CO2-Emission sowie die monatliche Energiebilanz auf Basis der Gebäudegeometrie, detaillierter Klimadaten, der Gebäudenutzung, der U-Werte, Bauteile und HKLSE-Komponenten. Für Nachweise und detaillierte Berechnungen kann das Gebäudemodell per IFC oder gbXML exportiert werden, respektive an das PHPP (Passivhaus Projektierungspaket, siehe auch: TGA 06-2011 Aktiv planen, passiv bauen Webcode 318640 übergeben werden.

Das mit der 3D-Architektursoftware ArchLine verknüpfte Programm Ecoline bietet nicht nur die Möglichkeit, den Gebäudeentwurf energetisch zu optimieren, sondern mit der Gebäudeplanung auch gleich den Energieausweis in einem Arbeitsschritt zu erstellen. Dabei berücksichtigt Ecoline alle relevanten Ö-Normen, die OIB-Richtlinie 6 sowie alle länderspezifischen Energieausweisregelungen.

Legep deckt alle relevanten Teile zur Berechnung der Ökobilanz und der Lebenszykluskosten ab und orientiert sich ebenfalls am DGNB-Zertifizierungssystem. Zum Leistungsumfang gehören die Ermittlung des Energiebedarfs gemäß EnEV und DIN V 18 599, eine Ökobilanzierung (Sach- und Wirkungsbilanz), eine Prüfung relevanter Nachhaltigkeitsaspekte hinsichtlich Planung, Ausführung und Nutzung.

Mit VE for Architects und VE for Engineers kann man bereits in der Vorentwurfsphase überschlägig den Energieverbrauch oder die CO2-Emission eines 3D-Gebäudemodells ermitteln, das mit SketchUp, Revit, ArchiCAD oder anderen XML-basierenden Planungswerkzeugen generiert wurde. Erweiterungsmodule (Plug-ins) ermöglichen die integrierte CAD-Planung und Berechnung.

Die Preise der hier vorgestellten Lösungen bewegen sich zwischen kostenlos (beispielsweise VE for Architects / Engineers) und mehreren 1000 Euro (beispielsweise Autodesk Ecotect Analysis 3300 Euro oder Legep 5990 Euro, jeweils zzgl. MwSt.).

Ecodesign? Aber (öko)logisch!

Rund 40 % des weltweiten Energieverbrauchs fällt bei der Gebäudenutzung an, was in den Industriestaaten etwa 40 % aller Treibhausgasemissionen verursacht. Betrachtet man die Gebäude-Lebenszykluskosten, so entfallen nur etwa 20 % auf die Baukosten, aber rund 80 % auf die Betriebskosten, wovon etwa 50 % Energiekosten sind. Die Optimierung der Energieeffizienz von Gebäuden ist folglich nicht nur eine ökologische, sondern auch eine ökonomische Notwendigkeit.

Ecodesign-Software kann in früher Planungsphase, wenn die entscheidenden Weichen gestellt werden, dabei helfen, die Energie- und Ökobilanz von Gebäuden zu optimieren und grobe Fehler beim Gebäudeentwurf zu vermeiden. Allerdings haben die Programme ihre Grenzen. Insbesondere englischsprachige Programme berücksichtigen nur teilweise hierzulande geltende Regelwerke. Auch besondere Konzepte zur Energieeinsparung, wie etwa die Nutzung der thermischen Speicherfähigkeit von Bauteilen (Betonkernaktivierung) oder eine komplexe Heiztechnik mit der parallelen Nutzung mehrerer regenerativer Energiequellen bleiben ebenso wie individuelle Verbrauchsprofile unberücksichtigt.

Wird es in fortgeschrittener Projektphase konkreter und komplexer, sind Experten-wissen und Fachprogramme für die Berechnung, Simulation und Nachweisführung daher unverzichtbar.Marian Behaneck

Literatur und weitere Infos

[1] Richtlinie 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, auch „EU-Gebäuderichtlinie“

[2] DIN V 4108-6 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 6: Berechnung des Jahresheizwärme- und des Jahresheizenergiebedarfs. Berlin: Beuth Verlag, Juni 2003

[3] DIN EN ISO 13 790 Energieeffizienz von Gebäuden – Berechnung des Energiebedarfs für Heizung und Kühlung (ISO 13790:2008). Berlin: Beuth Verlag, September 2008

[4] DIN V 18599 Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung. Berlin: Beuth Verlag, Dezember 2011

[5] Ecodesign-Infoknoten auf https://www.tuwien.at/mwbw/ikp/klft-ecodesign/ecodesign

[6] Green Building XML,   https://www.gbxml.org/

[7] Suchworte „Building Information Modeling“ und „Ecodesign“ auf https://www.wikipedia.de/

Ecodesign-Faktoren

Viele Faktoren beeinflussen den Energiebedarf von Gebäuden. Bereits die Standortwahl und Gebäudeausrichtung sind entscheidend: Liegt das Gebäude windgeschützt an einem Südhang oder exponiert auf einer Bergkuppe? Öffnet sich das Gebäude nach Süden, um möglichst hohe solare Gewinne erzielen zu können? Neben diesen Fragen wirkt sich auch die Gebäudeform aus, das A/V-Verhältnis sollte möglichst klein sein. Wichtig sind zudem eine günstige Gebäudezonierung und Raumanordnung: Unbeheizte Treppen- oder Abstellräume sollten nach Norden orientiert sein und zusammen mit niedrig temperierten Räumen (Flur, WC, Schlafzimmer etc.) einen Puffer um die Kernzone mit den vorzugsweise nach Süden ausgerichteten Wohnräumen bilden. Zu den weiteren Faktoren zählen die geschickte Fensteranordnung (großzügige Südfenster, kleinformatige Nordfenster), die Vermeidung konstruktiver Wärmebrücken, die Wahl energiesparender Bauprodukte und HKLSE-Systeme, die Einhaltung von Energieeinspar-Standards (EnEV, Luftdichtigkeit etc.) und das Nutzerverhalten.

Glossar

Ecodesign: … (englisch: Sustainable Design) orientiert sich an den Prinzipien der Nachhaltigkeit und hat zum Ziel, bei der Gestaltung von Objekten verfügbare Ressourcen möglichst effizient einzusetzen und dabei soziale und Umweltaspekte zu berücksichtigen.

Energieeffizienz: … steht für das Bestreben, einen erbrachten Nutzen mit möglichst geringem Energieeinsatz zu erzielen und entspricht dem „Wirkungsgrad“ respektive dem Verhältnis aus Nutzenergie und eingesetzter Primärenergie.

Green Building: …  bezeichnet Gebäude, deren gesamter Lebenszyklus (Konzeption, respektive Sanierung bis Abriss) darauf ausgerichtet ist, dass Ressourcen möglichst effizient genutzt und schädliche Auswirkungen auf die Umwelt und Gesundheit minimiert werden.

Nachhaltigkeit: … steht ursprünglich für das Prinzip, ein regenerierbares System so zu nutzen, dass es im Wesentlichen erhalten bleibt und sein Bestand auf natürliche Weise nachwachsen kann (Handlungsprinzip zur Nutzung von Ressourcen). Der Begriff unterliegt in letzter Zeit einem Wandel mit großer Definitionsvielfalt.

Nachhaltiges Bauen: … strebt für alle Phasen des Lebenszyklus von Gebäuden eine Minimierung des Verbrauchs von Energie und Ressourcen sowie eine möglichst geringe Belastung des Naturhaushalts an.