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- Die exakte Planung thermischer Solaranlagen setzt aufgrund zahlreicher Einflussfaktoren, wie lokaler, klimatischer, gebäude- und anlagenspezifischer Daten eine computergestützte Simulation voraus. Programmassistenten und Vorschlagswerte helfen bei der Eingabe, können aber Fachwissen nicht ersetzen.
- Bei Solaranlagen mit Heizungsunterstützung muss für den EnEV-Nachweis ein solarer Deckungsanteil größer 10 % anhand von Simulationsrechnungen nachgewiesen werden.
- Die verfügbaren Simulationsprogramme haben einen deutlich unterschiedlichen Leistungsumfang, auch innerhalb der Gruppen herstellerspezifisch / herstellerunabhängige Lösungen.
Trotz Modernisierungsstau in deutschen Heizungskellern – der Markt für energiesparende Heiztechnik ist laut aktueller Zahlen des Bundesindustrieverbands Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH) im Jahr 2012 lediglich um 3,4 % gewachsen. Bei der Solarthermie gab es 2012 sogar einen leichten Rückgang um knapp 3 % auf 145000 neu installierte Anlagen sowie einen um fast 10 % geringeren Absatz bei der Kollektorfläche auf 1,15 Mio. m2. Damit blieb der Solarthermie-Bereich erneut deutlich unter dem Rekordjahr 2008 mit 2,1 Mio. m2 neu installierter Kollektorfläche (und dem bisher höchsten Ölpreis im Juli 2008).
Das liegt – neben dem zunehmenden Angebot an Heizungslösungen und der damit verbundenen Unsicherheit der Verbraucher – auch an einer unsteten und wenig verlässlichen finanziellen Förderung und vergleichsweise langen Refinanzierungszeiten. Eine Chance, sich von staatlichen Förderprogrammen abzukoppeln, bietet die Berücksichtigung solarer Energiegewinne im Rahmen der Energieeinsparverordnung. Im Berechnungsverfahren zur EnEV können solare Energiegewinne erheblich dazu beitragen, die Höchstwerte des Jahres-Primärenergiebedarfs einzuhalten.
Außerdem ist es oftmals günstiger, die Anforderungen der EnEV (bzw. die der KfW-Effizienzhäuser) anstelle einer besonders dicken Dämmung durch eine optimal ausgelegte Solaranlage zu erfüllen. Eine EnEV-konforme Simulation des Jahresertrags der Solaranlage für entsprechende Nachweisverfahren im Rahmen der EnEV bieten beispielsweise die Programme GetSolar Abb. 2 von Hottgenroth/ETU, Polysun von Vela Solaris und T*Sol von Valentin. Zusätzlich sollte aber stets neben dem öffentlich-rechtlichen Nachweis ermittelt werden, in welchem Umfang sich der Energiebezug tatsächlich (voraussichtlich) verringert.
Genauere Prognosen durch Simulation
Insbesondere bei individuellen Klein- oder Großanlagen geraten konventionelle Auslegungs- und Rechenmethoden an ihre Grenzen. Zu zahlreich sind die Parameter, die es zu berücksichtigen gilt und zu komplex sind die Abhängigkeiten und Wechselwirkungen der einzelnen Anlagenkomponenten Abb. 3. Erst aus dem Zusammenspiel aller Einflussfaktoren ergibt sich der genaue Ertrag einer Anlage. Dieser ist auch für erfahrene Handwerker oder Planer kaum oder nur schwer vorherzusagen.
Deshalb setzt eine exakte und fundierte Planung thermischer Solaranlagen heute in der Regel computergestützte Planungs- und Simulationswerkzeuge voraus. Nach der EnEV-Berechnungsnorm DIN V 4701-10 [1] muss ein solarer Deckungsanteil größer 10 % ohnehin anhand dokumentierter Rechenergebnisse anerkannter Simulationsprogramme nachgewiesen werden. Wobei es auch sinnvoll sein kann, einen solaren Deckungsanteil von unter 10 % nachzuweisen – etwa wenn sich beispielsweise 9 % auf einen relativ großen Heizwärmebedarf beziehen und die Kollektorfläche nicht für den pauschalen 10-%-Ansatz ausreicht.
Simulationsrechnungen ermitteln solare Energiegewinne für die EnEV-Berechnung realistischer und präziser, als das mit einfachen DIN-Rechenformeln möglich ist. Dabei werden auf der Basis von Stundenwerten alle relevanten Betriebsparameter im Jahresverlauf berechnet: der Sonnenstand, die solare Einstrahlung, die Außentemperatur, der Kollektorwirkungsgrad, Solarkreisverluste, die Heizleistung, Zapfmengen, Speicherverluste etc. sowie die daraus resultierenden Energieströme und Anlagentemperaturen Abb. 4.
Insbesondere komplexere Anlagen für die Trinkwassererwärmung und die solare Heizungsunterstützung mit mehreren Wärmeerzeugern erfordern wegen der zahlreichen Wechselwirkungen beim Zusammenspiel der Komponenten einen hohen Rechenaufwand. Aufgrund der vielen Variablen müsste man für jeden Zeitabschnitt die Energieströme und Anlagentemperaturen in Abhängigkeit vom tages- und jahreszeitlichen Solarertrag am jeweiligen Standort berechnen. Simulationsprogramme ermitteln diese Vielzahl von Werten automatisch in der gewünschten zeitlichen Auflösung Abb. 5.
Was kann Solar-Simulationssoftware?
Zu den wichtigsten Funktionen von Solarsoftware gehört eine Prognose über den zu erwartenden Solarertrag. Ein wichtiges Anwendungsgebiet sind deshalb Nachweisrechnungen. So lässt sich etwa der von der BAFA für die Innovationsförderung angesetzte jährliche Mindestertrag von 300 bzw. 350 kWh/m2 Bruttofläche nachweisen. Zwar verfügen alle Lösungen über eine Solarertrags-Funktion, jedoch ist die Qualität und Präzision der Aussagen unterschiedlich. Je genauer Rahmendaten wie Globalstrahlung, Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit, Verschattung oder Verbrauchswerte Abb. 6 abgefragt und im Rechengang berücksichtigt werden, desto genauer sind die Ergebnisse.
Neben Basisinformationen (Welche Ausrichtung und Neigung der Solarmodule ist optimal? Welche Kollektorfläche und Speichergröße ist erforderlich? etc.), liefert Software zur Anlagenplanung und -simulation auch Antworten zu Detailfragen: Welche maximalen Solarspeicher-Temperaturen werden erreicht? Wie wirkt sich die Änderung des Verbrauchsverhaltens aus? Wie hoch ist der Hilfsstrombedarf, wie hoch sind die Speicherverluste etc.? Dazu werden Solaranlagen-Komponenten mithilfe mathematischer Modelle rechnerintern abgebildet, sodass diese einem simulierten „Härtetest“ unterzogen und technisch optimiert werden können.
Eine größere wirtschaftliche Entscheidungssicherheit kann Solarsoftware ebenfalls bieten: Ab welchem Zeitpunkt sich eine Solaranlage „rechnet“, hängt nämlich von einigen Unwägbarkeiten ab, etwa der Entwicklung des Öl- und Gaspreises. Eine Simulation des Ertrags im frühen Projektstadium trägt insbesondere bei Großanlagen dazu bei, Investitionsrisiken zu minimieren, Investoren zu überzeugen und so Projekte reibungsloser zu verwirklichen.
Neben der Auslegung und Optimierung leistet Solarsoftware auch bei der nachträglichen Analyse bestehender Anlagen oder der Entwicklung gute Dienste. Auch für die Akquisition und Beratung sind Simulationsprogramme ideal. So kann anhand von Varianten quasi „live“ während des Gesprächs mit Kunden oder mit anderen Planungsbeteiligten während der Vorplanung berechnet werden, welche Auswirkungen die Änderung einer Anlagenkomponente oder eines -parameters auf den Ertrag hat.
Wichtige Ergebnisse wie Temperaturen, Energien, Nutzungsgrade, der solare Deckungsanteil oder die Wirtschaftlichkeit können in Form eines Reports oder als Grafik ausgedruckt, in einer PDF-Datei abgespeichert und versandt oder exportiert und in anderen Programmen weiterbearbeitet werden.
Was bietet der Markt?
Im Vergleich zur Photovoltaik (Solarstrom virtuell vorplanen, TGA 07-2008, Webcode 206269) ist der Markt für Solarthermie-Planungssoftware überschaubar. Etwa ein Dutzend Programme werben um die Gunst von Fachplanern und Handwerkern. Einige davon sind abgespeckte „Firmenversionen“, die eine optimierte Auslegung ausschließlich mit den Komponenten eines bestimmten Solarthermie-Herstellers ermöglichen (z.B. Logasoft GetSolar von Bosch/ Buderus, die Junkers-Solarsimulation oder ESOP-Online Abb. 7 von Viessmann).
Herstellerunabhängige Programme basieren teilweise auf Hochschulentwicklungen. Während einige davon kostenfrei sind, allerdings nicht kontinuierlich weiterentwickelt werden (z.B. Desire), mündeten andere in kommerzielle Produkte mit regelmäßigen Updatezyklen. Zu den wichtigsten herstellerunabhängigen Produkten zählen die Programme GetSolar, Polysun und T*Sol. Für die unterschiedlichen Anwendungsfälle und Einsatzgebiete werden jeweils mehrere Produktvarianten offeriert: Basis-Versionen für die Auslegung konventioneller Anlagen mit Standardkomponenten Abb. 8, Professional-Versionen für die Berechnung thermischer Solar-Großanlagen (z.B. für Hotels, Sportanlagen, Schwimmbäder etc.), sowie Experten-Versionen zur detaillierten Untersuchung und Optimierung thermischer Solarsysteme und deren Komponenten Abb. 9 Abb. 10.
Mit den erheblich komplexeren Gebäude- und Anlagensimulationsprogrammen wie TRNSYS lassen sich ebenfalls Solarthermie-Großanlagen in Kombination mit beliebigen anderen Heizsystemen simulieren. Diese wurden hier jedoch nicht berücksichtigt, da sie eine eigene Produktkategorie bilden und erheblich teurer sind (ab 5000 Euro). Für Architekten und Bauplaner gibt es auch noch CAD-orientierte Solarthermie-Planer (z.B. ViCADo.solar), die aber eher für die geometrische Grobauslegung und Visualisierung der Anlage auf der Dachfläche konzipiert sind. Auch Online-Versionen oder Apps (z.B. T*Sol Online, Solartoolbox etc.) sind eher für die Grobauslegung durch Bauplaner oder ambitionierte Hausbesitzer gedacht.
Tabellarischer Vergleich
Auf folgende Programm-Merkmale sollte man besonders achten:
Da man sich mit der Kaufentscheidung an einen Anbieter im Hinblick auf Updates/Upgrades, Wartungsverträge etc. bindet, sollte man neben dem Programm auch ihn kritisch hinterfragen: Seit wann ist er auf dem Markt? Wie viele Lizenzen sind im Einsatz? In welcher Version gibt es das Programm bereits?
Über das Softwarekonzept kann man die jeweilige Lösung einordnen: Dient sie der Grobauslegung, der Berechnung oder handelt es sich um eine Zeitschritt-Simulation? Ist es eine für den regelmäßigen Einsatz konzipierte Kaufsoftware oder eine für Gelegenheitsanwender vorteilhaftere Mietsoftware?
Der Anlagentyp gibt an, welche Anlagen (von Standard- bis Großanlage) berechnet werden können, d.h. ob zur Trinkwassererwärmung zusätzlich eine Heizungsunterstützung, das solare Kühlen, Drain-Back- oder Nah-/Fernwärme-Systeme, Schwimmbäder oder Großanlagen etc. berücksichtigt werden können.
In Verbindung mit regenerativen Heizungssystemen oder auch einer Wärmepumpe ergeben sich andere Dimensionierungsanforderungen. Deshalb sollte die Solaranlage kombinierbar mit einer Öl-, Gas-, Pellets-, Holz-, einer Wärmepumpen- oder einer BHKW-Anlage sein.
In der Kollektoren-Datenbank sollten sowohl gängige als auch spezielle Flach-, Vakuumröhren-, Luft-, PVT-Kollektoren (Photovoltaik-Thermie (Sole oder Luft)-Kollektoren), Freibadabsorber etc. zur Verfügung stehen. Diese sollten modifizierbar sein und über Parameter auch individuell definiert werden können. Das gilt ebenso für Schicht-, Kombi-, Puffer-, saisonale und andere Speicher. Zu den sonstigen Komponenten sollten Pumpen, Wärmeerzeuger, Wärmeübertrager, das Rohrnetz und andere gehören.
Auch in der Frage, welche Klima-/Solardaten für welche Länder im Lieferumfang enthalten, respektive optional zur Verfügung stehen, wie viele Standorte enthalten sind, ob der Import von Daten oder einer Horizontdatei zur Berücksichtigung der umgebenden Verschattung möglich ist, unterscheiden sich die Programme. Teilweise müssen die Klimadaten für jedes Land außer Deutschland separat erworben werden (z.B. für GetSolar). Für die meisten Anwender dürfte dies jedoch ausreichend sein.
Zu den Eingabedaten gehören der Trinkwarmwasser- und der Heizwärmebedarf, alternativ sollten aber auch eine Eingabe von Gebäudedaten und die Definition von Lastprofilen möglich sein.
Welche Kenngrößen werden berechnet/simuliert: die Einstrahlung, die Verschattung, der Solarertrag, der Hilfsstrombedarf, Speicherverluste, der solare Deckungsanteil und Nutzungsgrad, die Energiebilanz und die Emissionseinsparung?
Zu den Ausgabedaten sollten Hydraulik-Schemata und Reports gehören. Stücklisten für ein Angebot sind eher für ausführende Betriebe wichtig, wohingegen Wirtschaftlichkeits- und Variantenvergleiche oder Visualisierungen auch für Planer relevant sind.
Für die Weiterbearbeitung oder Präsentation der Ergebnisse spielen Ausgabe-Formate eine wichtige Rolle. Zusätzlich zum Ausdruck auf Windows-Druckern sollten die Ergebnisdaten im DOC-, PDF-, XLS- oder HTML-Format exportiert werden können Abb. 11.
Zum Service sollten ein Telefon- und E-Mail-Support, ein Update-Download für das Einspielen neuester Programm-Korrekturen sowie ein in der Regel kostenpflichtiger Wartungsvertrag gehören, der auch alle jährlichen Upgrades (Aufstieg auf die nächste Version) beinhaltet. Über den Software- und Updatepreis kann man die einmaligen und laufenden Kosten der Software abschätzen.
Ohne Fachwissen geht es nicht
Solar-Simulationsprogramme sind mehr oder weniger intuitiv bedienbar und stellen keine Anforderungen an das Computerwissen des Anwenders. Assistenten Abb. 12 und kontextsensitive Hilfen unterstützen den Ein-, respektive – nach längeren Anwendungspausen – den Wiedereinstieg. Auch vorkonfigurierte Anlagensysteme für die Trinkwassererwärmung, die solare Heizungsunterstützung oder Prozesswärme sowie Standard-Vorgabewerte helfen über die ersten Klippen hinweg.
Fachwissen ist dennoch erforderlich, denn ein Simulationsprogramm ist immer nur so gut, wie der Nutzer, der es anwendet Abb. 13. Per Hydraulikschema-Generator lassen sich nämlich alle möglichen Anlagenkombinationen zusammenstellen. Ob diese auch plausibel und technisch sinnvoll sind, prüft die Software nicht – ebenso wenig, ob das Ergebnis realistisch ist. Letzteres hängt auch davon ab, wie präzise und schlüssig die Anlage und deren Randbedingungen erfasst wurden. Sind die Eingaben (individuelle Verschattung, Ausrichtung, Neigungswinkel, Temperaturanforderung, Leitungslängen, Heizkessel-Sommerbetrieb etc.) ungenau, können Simulationsprogramme erhebliche Fehlprognosen liefern.
Deshalb sollte man das Ergebnis stets kritisch hinterfragen und anhand überschlägiger Rechnungen auf Plausibilität prüfen. Ein Problem haben mehr oder weniger alle Programme: Die zunehmend komplexer werdende Anlagentechnik und die Vielfalt der Anlagenkomponenten und Kombinationsmöglichkeiten macht auch die Programme aufwendiger und komplizierter im Hinblick auf die Eingabe und Bedienung, aber auch Schulung und Wartung. Damit wird es für den Anwender immer schwieriger, im Spannungsfeld von Einfachheit und Schnelligkeit sowie Flexibilität und Leistungsfähigkeit die zumindest mittelfristig richtige Programmlösung zu finden. Marian Behaneck
Fachberichte zum Thema enthält das TGAdossier 974: Webcode 974
Quellen und Literatur (Auswahl)
[1] DIN V 4701-10 Energetische Bewertung heiz- und raumlufttechnischer Anlagen – Teil 10: Heizung, Trinkwassererwärmung, Lüftung. Berlin: Beuth Verlag, August 2003
[2] Augsten, E.: Planen und planen lassen. Bielefeld: Bielefelder Verlag, Sonne, Wind & Wärme 17+18/2012
[3] Interessengemeinschaft Energie Umwelt Feuerungen (Hrsg.): Solare Heizungsunterstützung, Teil 1: Grundlagen und Systeme, Teil 2: Praxistipps zu Planung und Installation, Infoblätter 27-1, 27-2, Köln, 2011, Download (Publikationen | Informationsblätter): https://www.bdh-industrie.de/
[4] López, J.U.; Klesse, A.; Wagner, H.J.: Solares Heizen und Kühlen in Niedrigenergie- und Passivhäusern. Berlin: Lit Verlag, 2011
[5] Quaschning, V.: Regenerative Energiesysteme: Technologie, Berechnung, Simulation. München: Carl Hanser Verlag, 2013
http://www.bafa.de BAFA-Förderungsrichtlinien
http://www.bsw-solar.de Bundesverband Solarwirtschaft
http://www.solarenergie.com Solarstrom, Solarwärme, Windenergie
http://www.solarserver.de Internetportal zur Solarenergie
http://www.sonnenenergie.de Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie
https://www.energie.de/sonne-wind-waerme/aktuell/uebersicht Solar- und Windenergie-Magazin
https://www.volker-quaschning.de/ News, Literatur, Daten & Werkzeuge