Das Bundeskartellamt hat sein Bußgeldverfahren gegen elf Anbieter von Technischer Gebäudeausrüstung (TGA) abgeschlossen. Der Abschluss des behördlichen Bußgeldverfahrens erfolgte bereits im Dezember 2019, die Information der Öffentlichkeit über den Verfahrensabschluss war seither durch Rechtsstreitigkeiten verzögert worden.
In dem Verfahren wurden Bußgelder in Höhe von insgesamt rund 110 Millionen Euro wegen Absprachen bei der Vergabe von Großaufträgen verhängt. Es handelt sich um die folgenden Unternehmen: Caverion Deutschland GmbH, München; DS Elektrotherm GmbH, Landshut; Engie Deutschland GmbH, Köln; Engie Gebäudetechnik GmbH, Wien; Ferrostaal Air Technolgy GmbH, Saarwellingen; Karl Lausser, Heizungsbau- und Sanitär GmbH, Rattiszell; Kraftanlagen München GmbH, München; Nickel GmbH, Bergisch Gladbach; Sell GmbH, Helmbrechts; Siegle + Epple GmbH & Co. KG, Stuttgart und Stingl GmbH, München. Ausgelöst wurde das Verfahren im November 2014 infolge eines Kronzeugenantrags.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Zahlreiche führende technische Gebäudeausrüster hatten sich teils über Jahre bei der Vergabe von Großaufträgen abgesprochen. Angebote wurden oftmals nur zum Schein und nur zum Schutz anderer Anbieter abgegeben. Für die Abgabe derartiger Schutzangebote hatten die Unternehmen im Gegenzug in vielen Fällen konkrete Gegenleistungen, wie Unteraufträge, Ausgleichszahlungen oder das Angebot eines Schutzangebotes bei einer anderen Ausschreibung, erhalten. Insgesamt haben wir wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen bei 37 verschiedenen Ausschreibungen im Zeitraum von 2005 bis 2014 nachgewiesen.“
Der Kronzeugenantrag erfolgte in Kenntnis bevorstehender Medienberichte über den Verdacht von Absprachen im Zusammenhang mit der Ausschreibung von TGA-Leistungen für die Steinkohlekraftwerke in Hamm-Uentrop und Eemshaven in den Niederlanden. In den Tagen nach Erscheinen der Medienberichte erklärten drei weitere Unternehmen ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Bundeskartellamt im Rahmen der sogenannten Bonusregelung.
In der Folge führte das Bundeskartellamt in enger Kooperation mit der Staatsanwaltschaft München I und der Kriminalpolizei München Ermittlungen durch. Im Februar und März 2015 erfolgten gemeinsame Durchsuchungsmaßnahmen bei mehreren Unternehmen und auch in Privatwohnungen. Die Staatsanwaltschaft übernahm die Verfahren gegen die an etwaigen Submissionsabsprachen beteiligten natürlichen Personen, das Bundeskartellamt führte die Verfahren gegen die Unternehmen.
Die vorgeworfenen Verhaltensweisen betreffen die Konzeption und Errichtung von technischer Gebäudeausrüstung im Bereich großer Gebäudekomplexe, wie Kraftwerke, industrielle Anlagen, Einkaufszentren oder Bürogebäude, wobei von den Absprachen überwiegend Ausschreibungen im Bereich der „Mechanik“ (Heizung, Klima/Lüftung, Sanitär) betroffen waren. Der Auftragswert für ein TGA-Gewerk lag jeweils zumeist zwischen vier bis 35 Mio. Euro, in einem Fall bei etwa 100 Mio. Euro.
Bei der Bußgeldfestsetzung wurde berücksichtigt, dass die Unternehmen Caverion Deutschland GmbH, Nickel GmbH, Ferrostaal Air Technology GmbH, Stingl GmbH, Siegle + Epple GmbH & Co. KG und in einem Fall auch Engie Deutschland GmbH bei der Aufklärung der Absprachen mit dem Bundeskartellamt im Rahmen der Bonusregelung kooperiert haben, und dass die Verfahren gegen diese Unternehmen sowie gegen DS Elektrotherm GmbH und Engie Gebäudetechnik GmbH im Wege der einvernehmlichen Verfahrensbeendigung (Settlement) abgeschlossen werden konnten.
Die Geldbußen gegen die Unternehmen Caverion Deutschland GmbH, Nickel GmbH, Ferrostaal Air Technology GmbH, Engie Deutschland GmbH, Stingl GmbH, Engie Gebäudetechnik GmbH, DS Elektrotherm GmbH und Siegle + Epple GmbH & Co. KG sind bereits rechtskräftig.
Die Unternehmen Kraftanlagen München GmbH, Karl Lausser, Heizungsbau- und Sanitär GmbH und Sell GmbH haben jeweils Einspruch gegen die Entscheidungen eingelegt, über den das OLG Düsseldorf zu entscheiden hat. Nach Einspruchseinlegung überprüft das Gericht den Vorwurf mitsamt den ihm zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen. Auf den Einspruch der Karl Lausser, Heizungsbau- und Sanitär GmbH hat das OLG Düsseldorf das Verfahren gegen sie wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung eingestellt. Hiergegen hat die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf Rechtsmittel eingelegt, über das der Bundesgerichtshof zu entscheiden hat.