Die Technische Universität in Delft forscht unter Realbedingungen an der Warmwasser- und Heizwärmeversorgung ohne fossile Brennstoffe. Hier ein paar vorläufige Ergebnisse.
Im Green Village der TU Delft befindet sich mit dem „DreamHûs“ ein Nachbau eines Einfamilienhauses mit Standard aus den 1970-er Jahren. Das moderat gedämmte Haus erfüllt die Anforderungen der Energieklasse B und ist während des gesamten Versuchszeitraums bewohnt. So lassen sich die klimafreundlichen Energieträger unter realistischen Bedingungen testen. Mitte 2020 begann man unter Beteiligung des Unternehmenszusammenschlusses Aalberts hydronic flow control, dem Flamco zugehörig ist, im DreamHûs, drei mögliche Alternativen zum Erdgas zu prüfen. Den Anfang machte FlexTherm Eco, eine thermische Batterie aus der Entwicklung von Flamco.
Batterielösung erstmals auch zum Heizen erfolgreich erprobt
Der FlexTherm Eco ist eine ultra-kompakte thermische Batterie, die Strom direkt in Wärme umwandelt. Diese wird gespeichert und bei Bedarf abgegeben. Während das Gerät in den Niederlanden bereits seit einiger Zeit an verschiedenen Standorten zur Warmwassererzeugung angewendet wird, kommt es im DreamHûs erstmalig auch für das Heizen zum Einsatz. Dafür sind drei Stationen (zwei des Typs 6E und eine des Typs 3E) in Reihe geschaltet. „Damit bieten wir eine große Wärmeleistung mit einem relativ einfachen Anschluss, bei dem keine zusätzliche Gruppe im Zählerkasten benötigt wird“, erklärt Ben Mureau, Projektleiter und Director Innovation bei Aalberts hydronic flow control.
Jede Einheit enthält zwei Wärmetauscher, wovon einer für das Brauchwasser oder die Heizung verwendet werden kann. Der zweite Wärmetauscher erlaubt den Anschluss an eine Wärmepumpe oder eine Photovoltaik-Anlage. Das Volumen der drei Batterien ist vergleichbar mit dem eines gasbefeuerten Kessels. „Weil der FlexTherm Eco im Gegensatz zu einem konventionellen Heizkessel jedoch wartungsfrei ist, wird die zusätzliche Investition über die Zeit wieder reingeholt“, so Ben Mureau. Des Weiteren liefern die drei Batterien jeweils 13 Liter Warmwasser pro Minute, was einer Abgabekapazität von mindestens 170 Litern warmen Duschwassers entspricht. Für die Bewohner waren somit unter Verwendung der Thermobatterien im täglichen Leben keine Komforteinbußen spürbar.
Erstes Haus mit Anschluss an unterirdisches Wasserstoffnetz
Im November 2021 begann auf dem Testgelände der TU Delft der zweite Versuchsabschnitt, bei dem zum ersten Mal auf dem europäischen Festland ein Haus an das örtliche Wasserstoffnetz angeschlossen wurde, um damit die Heizwärme- und Warmwasserversorgung zu realisieren. Federführend ist hier das H2@Home-Konsortium: ein Zusammenschluss aus Netzbetreibern, Herstellern und anderen Parteien die sich dem Voranbringen von Wasserstofftechnologien verschrieben haben.
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Der Wasserstoff im Versuchshaus wird über ein unterirdisches Leitungsnetz zugeführt, das grundsätzlich mit einem Erdgasnetz vergleichbar ist. Über einen individuellen Hausanschluss gelangt das Gas ins Gebäude, dessen Wasserstoffleitungen auch durch den Zählerkasten laufen. „Diese Kombination macht die Testumgebung sehr realistisch“, sagt Ben Mureau, der in dieser Versuchsphase ebenfalls leitend involviert war. Drei verschiedene Leitungen laufen dabei parallel und werden nacheinander getestet. „Das Gute ist: Wir konnten weitestgehend die bestehende Infrastruktur nutzen. Lediglich am Hausanschluss waren ein paar Anpassungen erforderlich“, so Ben Mureau weiter.
Sicherheit geht vor
Um eine sichere Verwendung von Wasserstoff in der Wohnumgebung zu gewährleisten, werden im Versuchshaus mehrere Vorkehrungen getroffen. Sensoren im Wohnraum messen unter anderem Druck und Temperatur, und die Rohrleitungen werden auf Vibrationen sowie Lecks überprüft. Gelegentliche Katastrophenübungen, bei denen zum Beispiel der Ausfall des Wasserstoffkessels simuliert wird, werden ebenfalls abgehalten. Außerdem testet H2@Home neue Module wie eine Sicherheitsvorrichtung, welche die Wasserstoffzufuhr im Falle eines Lecks sofort unterbricht.
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Auch wenn die ausführlichen Tests erst Im Juli 2022 abgeschlossen sein werden, fällt Ben Mureau bereits jetzt ein positives Fazit: „Es gibt keinen Grund, an der Sicherheit von Wasserstoff zu zweifeln. Das Medium ist nicht gefährlicher als Erdgas. Doch während Erdgas ein Duftstoff beigemischt werden kann, damit sich Leckagen schnell bemerkbar machen, muss beim Einsatz von Wasserstoff auf andere Warnsysteme gesetzt werden. Diese erproben wir in Delft. Hier können wir lernen, wie man in einer realen Umgebung mit Wasserstoff umgeht. Die Risikoanalysen sind umfassender, als es bald notwendig sein wird.“
Dritte Versuchsphase in Vorbereitung
Im Herbst 2022 wird die dritte Versuchsphase beginnen. Dann wird im Living Lab Green Village ein Wärmeverteilsystem mit Fernwärme getestet. Dabei steht die Fragestellung im Fokus, wie man auch mit niedrigen Vorlauftemperaturen von 40 bis 50 °C zuverlässig (d. h. legionellenfrei) Trink- und Brauchwasser bereitstellen kann. „In den Niederlanden ist das Aus für Erdgas zum Jahr 2050 bereits beschlossene Sache, die Ergebnisse haben aber auch für den deutschen Markt große Relevanz und eine Vorreiterfunktion. Aus Erfahrung wissen wir, dass sich ältere Gebäude nicht immer auf eine Wärmepumpen-Nutzung umrüsten lassen. Wir brauchen weitere, praxistaugliche Alternativen. Und wir haben mehrere geprüfte und erwiesen sichere Optionen, um erdgaslos zu heizen und Warmwasser zu bereiten“, schließt Ben Mureau. ■