Für morgen ist der Abschluss der Wartungsarbeiten an der russischen Erdgaspipeline Nord Stream 1 geplant. Russland hat bereits in den letzten Monaten sukzessive weniger Erdgas als vertraglich vereinbart geliefert, zuletzt noch 40 % der Maximalleistung über die Nord Stream 1. Nimmt Russland die Gaslieferung auch nach der Wartung nicht wieder auf, können die Speicher nicht weiter befüllt werden. In den Monaten Januar und Februar käme es zu einer Versorgungslücke. Nach derzeitiger Rechtslage muss der Gasmangel durch Liefereinschränkungen bei nicht-geschützten Kunden kompensiert werden. Zunächst müssen die Gaskraftwerke abgeschaltet werden, und Industriekunden bekämen weniger Gas.
Was bedeutet das genau für Heizungskunden in Deutschland?
Prof. Dr. Gerald Linke betont: „Selbst wenn nun gar kein russisches Gas mehr fließt, müssen die rund 19 Mio. Heizungskunden in Deutschland in ihren Wohnungen nicht frieren. Sie zählen zu den sogenannten geschützten Kunden und werden ähnlich wie Wärmekraftwerke, soziale Einrichtungen sowie Gewerbe- und Dienstleistungsunternehmen mit einer begrenzten Jahresentnahme auch den kompletten Winter über beliefert. Dies gibt der europäische Rechtsrahmen vor und ist im deutschen Energiewirtschaftsgesetz verankert.“
Und weiter: „Zwar ist für die Endverbraucher in jedem Fall genug Gas verfügbar. Dennoch begrüßen wir die von EU-Kommission und Bundesregierung vorgeschlagenen Einspar-Maßnahmen. Durch Absenken der Raumtemperatur, einen sorgsamen Umgang mit warmem Wasser sowie einer optimalen Einstellung der Heizungsanlage durch Fachleute, kann der Gasverbrauch signifikant reduziert werden. Als vollkommen falsch und fehlgerichtet stufen wir Entwicklungen ein, mit elektrischen Heizstrahlern überwintern zu wollen, denn mit Strom zu heizen ist teuer und kann zu Überlastungen des System führen. Mit Wärmebedarfsspitzen kann das Gasnetz viel besser umgehen, denn dafür ist es ausgelegt. Es liefert an kalten Wintertagen die dreifache Energiemenge wie das Stromnetz.“
Liefereinbußen müssen kompensiert werden
Deutschland verbraucht rund 1000 TWh Gas pro Jahr; ungefähr 30 % davon werden für das Heizen benötigt, knapp 40 % nutzt die Industrie. Um Bedarfslücken beim Ausbleiben von Mengen aus Russland zu schließen, wird es weiterhin zu einer erhöhten Einspeisung aus Norwegen, Belgien und den Niederlanden kommen müssen. Auch die Anbindung der schwimmenden LNG-Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel werden für Entlastung sorgen. Hierzu müssen die technischen Kapazitäten des deutschen Leitungssystems ertüchtigt werden, was durch die Branche bereits im Netzentwicklungsplan mitgedacht wurde. ■
Quelle: DVGW / fl
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