Die Vermutung, dass die sieben Erdwärmesonden in Staufen im Breisgau hinter dem Rathaus für die Hebungsrisse an inzwischen 187 registrierten Gebäuden in der Fauststadt verantwortlich sind, hat sich erhärtet (siehe auch: „Bohrstopp bei Gips“ in TGA 06-2009). Am 18. Juni 2009 teilte die Stadt Staufen dazu folgendes mit (Auszug):
- die Hebungen halten an, maximal 1 cm/Monat
- die statischen Unterstützungsmaßnahmen (Injektionen, Anker) wurden ausgedehnt
- In unmittelbarer Nähe des Sondenfeldes wurde bei der Erkundungsbohrung 2 eine quellfähige Schicht von rund 70 m Mächtigkeit festgestellt.
- bei der Erkundungsbohrung 2 (EKB 2) wurde bereits in 20 m Tiefe quellfähiges Erdmaterial registriert; die Schicht soll bis in 90 m Tiefe reichen; das Quellvermögen wird mit „mehreren Metern“ angegeben, sofern keine Maßnahmen ergriffen werden
- um das Eindringen von Wasser in die Erkundungsbohrung zu verhindern, werden Sperrrohre verlegt
- Zieltiefe der EKB 2 sind 140 m; die Bohrstrecke wird wegen Verkarstungen und Hohlräumen als „bohrtechnisch sehr schwierig“ bezeichnet
- Messungen an den sieben Erdwärmesonden haben Abweichungen von bis zu 30° von der Senkrechten ergeben (2° Abweichung gelten bei dieser Art von Bohrung als normal). Jetzt soll ein Gerät entwickelt werden, mit dem man die Richtungsabweichung der Erdwärmesonden noch während der Bohrung messen kann. Dies wird wegen der notwendigen Sanierung des Sondenfeldes als wichtig erachtet.
- der Gasversorger Badenova hat begonnen, das 52 km lange Erdgasnetz der Stadt stärker zu segmentieren und Hausanschlüsse auf Spannungen zu überprüfen. Bisher wurden 120 Hausanschlüsse überprüft
- Um möglichen Zugspannungen auf die Erdgas-Versorgungsleitungen vorzubeugen wurden fünf Auftrennungen vorgenommen, flexible Dehnungsbögen verlegt und Messpunkte gesetzt, um Bodenbewegungen zu kompensieren.
Das baden-württembergische Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau empfiehlt mittlerweile Erdsondenbohrungen zu stoppen, sobald Gipsschichten angebohrt werden. Nach den allgemeinen Erfahrungen mit Gipskeuper-Quellen kann der Hebungsprozess noch Jahrzehnte andauern. Schon heute lockt die Heimsuchung der Staufener Altstadt viele Neugierige an, ein regelrechter „Riss-Tourismus“ ist entstanden. Das wird wohl auch so bleiben. Kürzlich informierte „Geld & Leben – Das Sozialmagazin“ auf BR mit dem Beitrag „Desaster durch Geothermie?“ das gesamte Umland (auch auf YouTube findet sich bereits ein Fernsehbericht). Und die Altstadt wird wohl noch lange nicht zur Ruhe kommen. Teilsweise gibt es schon gravierende Schäden an der Statik betroffener Gebäude.
Wolfgang Schmid, München