Nur wenige der von der EU-Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren landen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Meistens einigen sich die Mitgliedstaaten mit der Kommission auf eine Anpassung des nationalen Rechts, um es mit dem Europarecht in Einklang zu bringen. In Sachen der in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) vorgesehenen Mindest- und Höchsthonorare gelang dies in dem 2015 eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren nicht, im Juni 2017 reichte die EU-Kommission Klage beim EuGH ein. Nun hat der Gerichtshof am 04. Juli 2019 sein Urteil verkündet und damit einen Schlusspunkt gesetzt: Die in der HOAI festgelegte Pflicht zur Einhaltung der Höchst- und Mindestsätze stellt einen Verstoß gegen die Dienstleistungsrichtlinie und die Niederlassungsfreiheit dar. Die Bundesregierung ist nun aufgefordert, die Regelung über die Mindest- und Höchstsätze schnellstmöglich anzupassen. Außerdem können sich Architekten, Ingenieure, aber auch Bauherren nicht mehr auf die HOAI berufen, um eine Unter- oder Überschreitung des Honorarrahmens einzuklagen. Deutschland hat in dem Verfahren das HOAI-System mit Verbraucherschutz verteidigt. Doch schon der Generalanwalt hatte Deutschland vorgeworfen, das kein Nachweis erbracht wurde, dass ein System ohne Mindestpreise zu einem Marktversagen, also Dienstleistungen niedrigerer Qualität führen würde. Dies wäre aber notwendig gewesen, um im Sinne der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG Mindestpreise zu begründen.
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