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Referenzprojekt

Beheizte Sitz­kissen und Fuß­boden­heizung in der Kirche

Der helle und freundliche Kirchenraum der Erfurter Kaufmannskirche wird für unterschiedlichste kirchliche und kulturelle Veranstaltungen genutzt. Die moderne Bestuhlung erleichtert die flexible Nutzung.

Moonich / Günther Stöhr

Der helle und freundliche Kirchenraum der Erfurter Kaufmannskirche wird für unterschiedlichste kirchliche und kulturelle Veranstaltungen genutzt. Die moderne Bestuhlung erleichtert die flexible Nutzung.

Zwei Kirchen in Thüringen wurden mit einem neuen, flexiblen Heizkonzept auf Fußbodenheizungen und Sitzplatzheizungen umgerüstet. Die Bänke kamen raus und für die Stühle wurden Sitzheizlösungen „heatme smart“ von Moonich angeschafft, um nach Bedarf angenehme, körpernahe Wärme bereitzustellen. Die Akkus werden in kurzer Zeit kabellos geladen.

Rückläufige Mitgliederzahlen und sinkende Kirchensteuereinnahmen, Kirchenräume, die immer seltener genutzt werden, und gleichzeitig steigende Energiekosten und notwendige Klimaschutzmaßnahmen: Viele Kirchengemeinden stehen vor großen Herausforderungen. Ein Weg, gegenzusteuern und wieder mehr Menschen in die Kirchen zu holen, sind kulturelle Veranstaltungen wie Jazzkonzerte, Tanzabende und Kunstausstellungen – sei es eigene oder durch Vermietung der Räume.

Bei manchen dieser Veranstaltungen stören die schweren Kirchenbänke, wie sie traditionell üblich sind. Praktischer sind Stühle, die nach Bedarf aufgestellt und gruppiert werden können. Dies haben auch die Kirchengemeinden der Kaufmannskirche in Erfurt und der Johanniskirche in Ellrich beschlossen, als sie ihren Umbau planten. In beiden Kirchen waren Sanierungsmaßnahmen nötig. Im Zuge dessen wollten sie auch gleich so umbauen, dass die Kirchenschiffe vielseitiger genutzt werden können.

Die Substanz muss erhalten bleiben

Bei der Evangelischen Kaufmannskirche, eine der ältesten Pfarrkirchen der thüringischen Landeshauptstadt, war die Substanzerhaltung das drängende Thema. Ihr Vorgängerbau wurde 1248 erstmals erwähnt, zu der Zeit war es die Kirche der ansässigen Kaufleute. Direkt am Anger im Zentrum Erfurts gelegen, befand sie sich später am Marktplatz und heute ganz in der Nähe der beliebten Einkaufsstraßen.

In den 1960er Jahren wurde das Pfarrhaus abgerissen. Dies wurde von der Stadt angeordnet. Sie plante eine neue Verkehrsführung, das Gebäude war im Weg. „Mit dem Abriss gingen auch die Nutzräume wie die Küche, WC und Veranstaltungsräume verloren“, sagt Peter Tandler, Architekt und Mitinhaber des Erfurter Architekturbüros Smits + Tandler. Sein Büro berät die Kaufmannsgemeinde schon seit 2005 und hat auch die Pläne für die Sanierung erstellt. Dazu kam, dass Kirchen in der DDR-Zeit wenig Bedeutung zugemessen wurde und wenig Mittel für ihren Erhalt zur Verfügung standen. Entsprechend desolat war der Zustand der traditionsreichen Kaufmannskirche mit ihrem wertvollen Kunstgut wie der 1598 errichteten Kanzel sowie dem Altar und dem Taufstein aus dem 16. Jahrhundert.

An kalten Tagen legt die Kaufmannsgemeinde akkubetriebene Heizkissen für körpernahe Wärme auf die Stühle.

Moonich / Günther Stöhr

An kalten Tagen legt die Kaufmannsgemeinde akkubetriebene Heizkissen für körpernahe Wärme auf die Stühle.

In Etappen saniert und modernisiert

Nach einem vierjährigen Entwurfsprozess fand die Modernisierung in mehreren Etappen statt. Den Anfang machten von 2007 bis 2009 die Maßnahmen für die Außensanierung und die Substanzerhaltung. 2013/2014 wurden der Altarraum und der Altar saniert. Von 2016 bis 2021 wurde das Kirchenschiff saniert und umgebaut. Eine der größten Maßnahmen war der Rückbau der im 19. Jahrhundert errichteten Emporen auf der Süd- und Nordseite. „Sie wurden aktuell im Wesentlichen als Abstellfläche genutzt, sorgten aber für Verschattung und machten den Kirchenraum dunkel“, erzählt Architekt Tandler. Seitdem sie entfernt wurden, fällt viel Licht durch die großen gotischen Fenster in den Kirchenraum, wodurch er nun viel heller ist und freundlicher wirkt.

Die Westempore wurde vergrößert und die Orgelempore wiedererrichtet. Unter der Westempore entstanden neue Nutzräume wie eine kleine Küche und WC-Räume. Zudem wurden in der gesamten Kirche die Elektroinstallationen aus den 1950er Jahren erneuert.

Der Fußboden bestand aus unterschiedlichsten Materialien, weil er im Laufe der Zeit immer nur dort ausgebessert wurde, wo es gerade nötig war. Nun befinden sich dort warme hellgraue Muschelkalkplatten in farblich zueinander passenden Nuancen.

Fußbodenheizung, Fernwärme und Heizkissen

Im Zuge der Erneuerung des Fußbodens wurde auch eine Fußbodentemperierung eingebaut. Sie läuft mit einer Vorlauftemperatur von 60 °C und wird mit Fernwärme betrieben. Unterteilt ist sie in drei Heizkreise, die je nach Veranstaltung in Betrieb genommen werden können. Eine Fußbodentemperierung ist gleichwohl ein träges System und sollte nicht zu oft ein- und ausgeschaltet werden. Deshalb lohnt es sich nur, sie einzuschalten, wenn in einer Woche mehrere Veranstaltungen stattfinden. Für die Übergangszeiten, in denen es noch wechselhafte Temperaturen gibt, hat die Kirchengemeinde deshalb eine andere Lösung gefunden.

In jedem Heizkissen verbirgt sich ein Akku, der zeitsparend kabellos im innovativen Ladetower geladen wird.

Moonich / Günther Stöhr

In jedem Heizkissen verbirgt sich ein Akku, der zeitsparend kabellos im innovativen Ladetower geladen wird.
Einfach in den Ladetower einschieben und schon werden die Akkus der „heatme smart“-Heizkissen kabellos per Induktionstechnologie geladen.

Moonich / Günther Stöhr

Einfach in den Ladetower einschieben und schon werden die Akkus der „heatme smart“-Heizkissen kabellos per Induktionstechnologie geladen.

Sie hat 72 Wärmekissen „heatme smart und zwei Ladetower von Moonich angeschafft. Mit den akkubetriebenen Sitzheizkissen kann die Kirchengemeinde ihren Besuchern körpernahe Wärme nach Bedarf und so auch mehr Komfort bieten. „An einem kalten Tag oder Abend werden sie einfach auf die Stühle gelegt, so dass die Besucher die Wärme unmittelbar am Körper spüren und ein Gefühl der Behaglichkeit empfinden“, erklärt Moonich-Geschäftsführer Lars Keussen das Prinzip. Die Akkus mit Lithium-Eisen-Phosphat (LiFePO)-Technologie werden im Ladetower mittels Induktionstechnologie kabellos geladen. So ist der Zeitaufwand für das Laden der Akkus minimal, was ein Vorteil bei den knappen haupt- und ehrenamtlichen Ressourcen in Kirchengemeinden ist.

Mit einer Speicherkapazität von 20 000 mAh und max. 15 W Heizleistung beträgt die Heizdauer der Wärmekissen bei durchgehend höchster Stufe min. 4,5 Stunden und im Ökomodus min. 8 Stunden.

Der in den Kissen integrierte Präsenz-Sensor sorgt dafür, dass die Kissen nur heizen, wenn jemand darauf sitzt. Das dreistufige Heizsystem kann über eine Bedienlasche angesteuert werden.

Die Baumaßnahmen in der Kaufmannskirche wurden durch Förderung aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Sparte Kultur und Tourismus, Fördermittel des Bundes, des Landes Thüringen sowie kirchliche Mittel finanziert. Die Sitzheizlösungen als Teil des Heizsystems sind darin enthalten.

Körpernahe Wärme

Die Temperierung mit der Strahlungswärme über dem Fußboden und den Heizkissen schont zudem die Kunstgüter. Indem nun vor allem in den Übergangszeiten bei Bedarf temperiert wird, sinken auch die Energiekosten, zumal die Heizkissen einen minimalen Energiebedarf haben.

Auf die Stühle fiel die Entscheidung, da der Gemeindekirchenrat eine flexible Bestuhlung haben wollte. Anders als bei den Kirchenbänken aus dem 19. Jahrhundert, können sie für eine Tanzveranstaltung z.B. einfach zur Seite geräumt und für neue Gottesdienstformen im Kreis aufgestellt werden. „Für die Gemeinde war es wichtig, mit einer flexiblen Bestuhlung auch unterschiedliche Gottesdienstformen besser umsetzen zu können“, sagt Pfarrer Tilmann Cremer mit Blick auf die schon vor Jahren getroffene Grundsatzentscheidung.

Das Stuhlmodell wurde von der Gemeinde ausgesucht und passend zu dem Material der anderen beim Umbau verwendeten Materialien von der Herstellerfirma angefertigt. Die neuen Stühle aus Eichenholz harmonieren mit dem neuen Redepult und dem Altartisch. Letztere wurden von der Innenarchitektin Lea Machtolf vom Büro Smits + Tandler entworfen und von einer Tischlerfirma für die Kaufmannskirche angefertigt. Das Material passt zu den Wänden aus Eichenholz mit weiß pigmentierter Öl-Wachs-Behandlung. Die schlichte moderne Optik bildet einen Kontrast zu dem prunkvollen Altar und der Kanzel, die das Bild des Altarraums nach wie vor prägen.

Seit Ende 2021 sind die Sanierungsarbeiten abgeschlossen, jetzt finden noch kleinere Arbeiten statt, so wurde z.B. das Orgelprospekt restauriert. Entstanden ist ein heller freundlicher Kirchenraum, der für klassische und innovative Gottesdienste, aber auch unterschiedlichste Veranstaltungen genutzt werden kann sowie Tradition und Moderne verbindet.

In der Johanniskirche in Ellrich sind die alten Kirchenbänke modernen Stühlen, die flexibel aufgestellt werden können, gewichen. Der 500 m2 große Veranstaltungsraum kann für kirchliche Veranstaltungen, aber auch Konzerte, Lesungen und Tagungen genutzt werden.

Smits + Tandler

In der Johanniskirche in Ellrich sind die alten Kirchenbänke modernen Stühlen, die flexibel aufgestellt werden können, gewichen. Der 500 m2 große Veranstaltungsraum kann für kirchliche Veranstaltungen, aber auch Konzerte, Lesungen und Tagungen genutzt werden.

Johanniskirche in Ellrich

Das Architekturbüro Smits + Tandler hat auch den Kirchenbauverein der evangelischen Kirchen St. Johannis und St. Marien in Ellrich bei der Modernisierung unterstützt. Ellrich ist die nördlichste Stadt des Freistaates Thüringen und liegt am Südrand des Harzes. Der Turm und seine zwei Hauben wurden zu DDR-Zeiten abgetragen, da keine Kapazitäten zum Erhalt des Bauwerks zur Verfügung standen. Seit Ende 2022 liegt die Baugenehmigung vor, dass der Glockenturm wieder aufgebaut werden darf.

Die Geschichte der dreischiffigen Hallenkirche St. Johannis geht bis in das Jahr 950 zurück. Zwischenzeitlich war die Kirche nach schweren Beschädigungen durch einen Blitzschlag mit anschließendem Brand und nachfolgenden Fehlern beim Wiederaufbau viele Jahre gesperrt. Ab 1991 wurde sie saniert und 2008 wieder eingeweiht. Ende 2022 war der Umbau zur Netzwerkkirche weitgehend abgeschlossen und auch hier wurde ein flexibles Nutzungskonzept nach den Plänen von Smits + Tandler umgesetzt.

Die Johanniskirche soll nun eine Begegnungsstätte sein, heißt es auf der Website, „ein offener Raum für viele Anlässe, ein kultureller Mittelpunkt für Ellrich und die ganze Region“. Der Veranstaltungsraum mit ca. 500 m2 bietet Platz für bis zu 150 Personen. Die multifunktionalen Einrichtungen können für verschiedenste Anlässe wie Konzerte, Lesungen und Tagungen genutzt werden. Das Angebot wird bereits von zahlreichen Institutionen genutzt. Für die kühlen Tage stehen 36 Heizkissen mit dem dazugehörigen Ladetower zum Laden der Akkus bereit. ■
Quelle: Moonich / fl